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Stil Platsch (Gefühlvolle Schilderung)

sim

Seniors
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13.04.2003
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Zuletzt bearbeitet:

Platsch (Gefühlvolle Schilderung)

»Hey Alex, was machst du heute noch?« Thomas kommt von hinten, legt mir einen Arm fest um die Schulter.
Ich will mit den Schultern zucken, kann es aber nicht. »Ich weiß nicht«, antworte ich. »Erstmal Sozialkunde büffeln, dann ein bisschen chillen.«
Lena greift sich Thomas‘ Arm und legt ihn um die eigene Schulter. Sie muss sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihren Freund zu küssen. »Du wolltest mit mir ins Einkaufszentrum fahren.«
»Nee, kein Bock«, sagt Thomas und schaut zum Eingang, ob Florian endlich kommt. »Wo bleibt der Spacken nur?«
»Arschloch«, sagt Lena, bevor sie geht. Nach ein paar Metern schaut sie sich noch einmal um, dann verschwindet sie.
»Na endlich.«
Florian kommt. Wir schlendern los, die Hauptstraße entlang.
»Was machen wir heute Abend denn nun?«, fragt Thomas erneut. »Ihr seid richtig lahm geworden.«
»Ich muss lernen. Wir schreiben morgen ‘ne Klausur.«
»Seht mal, die Katze!« Florian nickt kurz in Richtung Bürgersteig. Ein paar Meter vor uns jagt eine Katze einem Saftkarton hinterher.
»Geil«, sagt Thomas lachend, »was für ein beklopptes Vieh.«
»Voll Palle«, sage ich und steige in das Lachen ein. Wir kommen der Katze näher, der Tetrapak rutscht über den Fußweg.
»Lasst uns doch ‘ne DVD sehen«, mault Thomas. »Ich bring auch Bier mit.«
»In China essen sie Hunde?«, fragt Florian und tritt den Pappkarton im Vorbeigehen auf die Straße.
Ich stimme zu. »Aber erst um acht. Vorher muss ich lernen.« Ich sehe zu Thomas, will wissen, ob er mit der Planung einverstanden ist. Der sieht auf die Straße.
»Platsch«, sagt Florian.
»Geil«, sagt Thomas lachend, »was für ein beklopptes Vieh.«
»Krass«, sagt Florian, »läuft die doch diesem bescheuerten Karton hinterher.«
»Zum Glück muss ich den Saukram nicht von der Stoßstange kratzen«, sagt Thomas immer noch lachend und schüttelt den Kopf.
Sie drehen sich um, wir gehen weiter, die Show ist vorbei.
»In China essen sie Hunde ist okay«, sagt Thomas. »Den habe ich lange nicht gesehn.«

 

Hi ihr Lieben,

dies ist sozusagen der Gegenschuss zu meinem ersten Text. Gefühle lassen sich ja auch verschiedene Weise erzeugen.

 

Hallo sim,
beim Lesen deines Textes musste ich breit grinsen, weil ich die gleiche Idee auch hatte (nur noch nicht umsetzen konnte): Noch einen Alternativtext schreiben, der Gefühle eben nicht über die Bindungen Junge-Katze oder auch Junge-Leser erreichen will, sondern über die Teilnahmslosigkeit der Jungen.

Das kommt authentisch rüber. Bei mir löst es in erster Linie Ärger über diese Typen aus, denen man richtig anmerkt, wie wichtig ihnen ihr cooles Auftreten ist. Dass sich Thomas auch gegenüber seiner Freundin so beträgt (er beugt sich nicht zu ihr herunter, damit sie ihn küssen kann, er hat keinen Bock, etwas mit ihr zu machen, sogar seinen Arm muss sie sich selbst um die Schulter legen, weil er sich eher für seine Freund einteressiert), ist konsequent und bereitet mich als Leser auf den Umgang mit der Katze vor.

Als bisher einziger reduzierst du also wirklich auf die Beobachtung und verzichtest ganz auf eine wie auch immer geartete positive Beziehung zwischen den Jungen und dem Tier.

Wie illu finde ich auch das "Platsch" gelungen.
Teilnahme am Schicksal der Katze erreichst du über die Wut, die du mit der kommentarlosen Schilderung der Jungen auslöst.

Ein bisschen unsicher bin ich, ob ich wirklich sicher wüsste, die Katze ist überfahren worden, wenn ich die Aufgabenstellung nicht kennen würde - bei deiner Beschreibung entsteht in mir das Bild einer Straße ohne Autos. Gut wäre es, wenn die Jungs noch mal kurz warten müssten, oder wenn irgendwo Bremsen quietschen, oder auch ein beiläufiger Kommentar am Ende: "Aber geiler Wagen". Ich will gar keine direkte Verbindung zwischen Katze und Auto, aber ganz selber denken will ich mir das Auto eben auch nicht.

Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Hallo Illu,

genau das war meine Überlegung. Durch Gefühllosigkeit bis an die Schmerzgrenze Emotionen erzeugen.
Wenn es mir gelungen ist, trotzdem Sympathie für die Katze zu erzeugen, ist es prima.

Hallo Malinche,

deinen Hinweis, mit einem Kommentar den Tod der Katze deutllicher zu machen, habe ich gern aufgenommen.
Wie du, finde ich halt einfach die unterschiedlichen Möglichkeiten zu diesem Thema spannend, die sich gerade aus der eng definierten Vorabe ergeben.

Schön, dass es dir gefallen hat.

Auf deinen Alternativtext bin ich gespannt.

Lieben Gruß, sim

 

hallo sim!
mir hat deine kG auch ganz gut gefallen - ich habe schon selber einige Leute gesehen, die fast genauso reagieren, wie du sie in deinem Text geschrieben hast. Wirklich gut getroffen!
mm

 

Hi mongmong,

ja, solche Menschen gibt es bestimmt. :)
Vielen Dank fürs Lesen und fürs gut finden.

Lieben Gruß, sim

 

»Platsch«, sagt Florian.
»Geil«, sagt Thomas lachend, »was für ein beklopptes Vieh.«
Eine der heftigsten Szenen, die ich in der letzten Zeit gelesen habe.

Hi sim,

deine Art, die Vorgabe zu interpretieren, trifft bei mir voll ins Schwarze. Durch diese bloße Gefühlslosigkeit, erzeugst du eine enorme Traurigkeit in mir.

Auch ich fragte mich bei der Aufgabe, wie es ein Autor schafft, Traurigkeit beim Leser hervorzurufen. Du zeigst eine interessante und wirkungsvolle Alternative.
Prima!

LG! Salem

 

Hi sim,

ja, das ist wirklich eine gute Idee von dir - wie mit der Aufgabenstellung gespielt werden kann, ist interessant. Hat mir sehr gut gefallen, sim, ich würde die Jungs am liebsten mal so richtig Ohrfeigen.

»Lasst uns doch ´ne DVD sehen«, mault Thomas. »Ich bring auch Bier mit.«
»In China essen sie Hunde?«, fragt Florian und tritt das Stück Pappkarton im Vorbeigehen auf die Straße.
Ich stimme zu. »Aber erst um acht. Vorher muss ich lernen.«

Ist das Absicht, dass der Ich-Erzähler eigentlich auf Thomas Frage antwortet,obwohl Florian dazwischen was anderes fragt? Oder stimmt er Florian zu und antwortet Thomas? Das ist etwas wirr.


»In China essen sie Hunde ist okay«, sagt Thomas. »Den habe ich lange nicht gesehn.«
Zum besseren Verständnis könntest du den Filmtitel vielleicht kursiv setzen.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo sim,

das ist beeindruckend, wie du mit dieser Szene Gefühle erzeugst. Es ist das Entsetzen über die Gefühllosigkeit der Protagonisten, die ich empfinde. Die Katze bleibt emotional bei mir aussen vor. Es gelingt dir, dass ich mich vor diesen Jugendlichen zu fürchten beginne.

Hier hat sich noch ein Tippfehler eingeschlichen:

legt mir einem Arm fest

Und diese Formulierung fand ich ein bisschen steif:
»Voll Palle«, sage ich und steige in das Lachen ein.
Ich hätte auch : sage ich und lache mit ...
in Ordnung gefunden. Schlicht, aber mehr ist dazu ja auch nicht zu sagen.

Und passt dieser Satz wirklich zu den Jungs?

Zum Glück muss ich den Saukram nicht von der Stoßstange kratzen«
Ist es so, dass sie sich um die Katze nicht scheren, aber nun indirekt Mitgefühl mit dem Fahrer des Fahrzeugs haben? Ich denke eher, sie würden einfach durchschalten zur nächsten Schadenfreude und sich über die Stoßstange und, dass man lange daran säubern muss oder wie hässlich jetzt das Ding aussieht weiter grinsen.

Lieben Gruß
lakita


Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Salem,

es bleibt nur: Vielen Dank.


Hallo bernadette,

Alex beantwortet gleichzeitig beide Fragen, genau. Filmtitel Die Filmtitel sind jetzt kursiv gesetzt.
Auch dir vielen Dank. Schön, dass dir die Idee gefallen hat.


Hallo lakita,

Ich hatte ja ein bisschen gehofft, diese Variante würdest du dir schon wegen des Titels ersparen. Aber solange die Katze bei dir außern vor bleibt, geht es ja.
Die dir steif erscheinende Formulierung habe ich extra so gesetzt, um zu verhindern, dass die Jungen zu dumm wirken. Vielleicht sollte ich noch irgendwo einbauen, dass es Gymnasiasten sind.
Den Satz, den du als unpassend empfindest, finde ich eigentlich ganz passend. Er mag indirekt Mitgefühl ausdrücken, direkt bleibt er aber ichbezogen.

Schön, dass ich dich beeindrucken konnte. Auch dir vielen Dank.

Euch allen einen lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim,

diese Geschichte hat mich sehr berührt. Ähnlich wie in meiner Geschichte schaffst du - wenn auch drastischer - einen Gegenpart. Bei mir der Müllmann, bei dir die Jungs. Menschen, die gefühlskalt reagieren lassen eine Situation natürlich besser wirken, da man als Leser, wenn man jetzt kein Mitleid mit der Katze hätte, ja auf einer Stufe mit den Gefühlllosen stehen würden.

Diese Vorgehensweise wirkt vermutlich immer am besten, denke ich.

Allerdings sind die Storys meiner Meinung nach schwer zu vergleichen. Du rufst bei mir natürlich starke Gefühle durch die Geschichte hervor, allerdings sind dies im Vergleich zu anderen Geschichten nicht dieselben. Normalerweise empfinde ich Mitleid, Trauer mit der Katze oder dem Prot, bei der fehlt es für beide. Man fühlt als Leser er Ekel vor dem Verhalten. So gehen die Geschichten in eine ganz andere Richtung und sind schwer zu vergleichen.

Ich denke Hass und Ekel beim Leser hervorzurufen sind sicher leichter als Mitleid und Trauer. Was den Text auf keine Fall schmälern soll.

lg neukerchemer

 

Hallo Sim,

ehrlich gesagt bin ich beim ersten Mal direkt über die Pointe drüber gestolpert ohne zu checken was passiert ist.
Erst als ich beim letzten Wort angelangt war bemerkte ich, dass ich wohl irgendetwas verpasst habe.
Was soll ich sagen? Du hast mich mit dieser Geschichte sehr schockiert. Bei vielen Geschichten z. B. in der Horrorrubrik kann man darüber hinwegsehen, weil man weiß, dass es so etwas in der Realität vermutlich sowieso nicht geben wird - das ist bei dieser Geschicht anders. Sie trifft einen, weil es genau so passieren kann wie du es in deiner Geschichte schreibst. Dass das ganze Szenario und auch die Gespräche der Jungs so realistisch wirken, tut natürlich sein Übriges dazu.

Lieben Gruß, Bella

 

Hallo neukerchemer,

ich weiß nicht, ob diese Vorgehensweise am besten geeignet ist, sie erzielt nur einfach ein anderes Ergebnis, passt aber natürlich nicht für alles. Es muss ja auch immer in einen Kontext passen.
Ich weiß auch nicht, ob es leichter ist, Hass oder Ekel hervorzurufen. Beides wäre übrigens für mich viel zu starke Gefühle, mir ging es hier eher um Wut. Wenn diese Herangehensweise zu überzogen ist, wird sie aber eventuell auch lächerlich.


Hallo Bella,

das Risiko des Überlesens musste ich eingehen, wenn ich die Alltäglichkeit beibehalten wollte.
Und so scheint sich der Schock bei dir schleichender gemeldet zu haben.
Schön, dass ich dich treffen konnte.

Euch beiden vielen Dank fürs lesen und für eure Gedanken.

Liebe Grüße, sim

 

Hi Nachtschatten, ich habe es erst als reine Dialoggeschichte konzipiert und geschrieben, war aber nicht mit dem Ergebnis zufrieden, also habe ich noch einmal umgedacht.
Das Drumherum finde ich zur Charakterisierung schon notwendig. Aber es stimmt sicher irgendwie, dass die Gewichtung nicht stimmt. Auf der Katze dürfte der Fokus aber nicht länger liegen.

Vielen Dank fürs Lesen und einen lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim,

finde deinen Entwurf auch gelungen. Die Katze war mir auch sympathisch, eine spielende Katze ist eben ein schöner Anblick und bei den Jungs dachte (fühlte) ich "Arschgeigen!"

Ziel erreicht!:)

LG
Katinka

 

Hallo sim,

eine sehr dichte stimmige Geschichte, die mir sehr nahe geht.

LG

Jo

 

Hallo Kantinka, hallo Jobär,

euch beiden vielen Dank und einen lieben Gruß,

sim

 

Lieber sim!

Bei mir ist leider nicht angekommen, was hier passiert ist, mir waren einfach nur die Typen unsympathisch. Ich hatte die Aufgabenstellung nicht mehr im Kopf und wurde erst durch die Kommentare wieder dran erinnert. Vielmehr war ich am Schluß erleichtert, weil ich erst dachte, sie wollten die Katze essen, dann aber doch nur von einem Film die Rede war.

Daß die "Show" vorbei ist, ging mehr oder weniger an mir vorüber, weil mich der erste Teil des Satzes, "Sie drehen sich um, wir gehen weiter", noch beschäftigt hat: Warum wird hier zwischen "sie" und "wir" differenziert? Ich weiß es immer noch nicht, denn der Protagonist ist doch mit dabei. Ich finde, das verwirrt unnötig.

"Platsch" finde ich auch ein unpassendes Geräusch für das, was Du damit rüberbringen willst, genausogut hätte die Katze mit ihrem Saftkarton in einer Pfütze landen können, das würde ein Platsch ergeben.

Wir schreiben morgen ´ne Klausur.«
»Seht mal die Katze!«
- 'ne
- mal, die

»Voll Palle«, sage ich und steige in das Lachen ein. Wir kommen der Katze näher, das Stück Tetrapak rutscht über den Fußweg.
"das Stück" klingt, als wäre es nur ein Stück von einem Getränkekarton, während ich im restlichen Text das Gefühl habe, es handelt sich um einen ganzen.

Tut mir leid, daß ich heute mal Negatives schreiben mußte - aber ich bin sicher, es ist nur die Ausnahme von der Regel. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

»Erstmal Sozialkunde büffeln, dann ein bisschen chillen.«
Erst mal ;) Und: Ich kenne echt niemanden, der büffeln und chillen gleichzeitig in seinem Wortschatz hat Und: "Palle" passt schon siebenundzwanzigmal nicht zu den beiden anderen Worten ;)
dann verschwindet sie.
»Na endlich.«
Florian kommt.
hier ist (mir) jetzt unklar, auf was sich das "na endlich" bezieht. Könnte ja für beides stehen.

Hallo sim,

Gefühle beim Leser erzeugen durch Beschreiben von Gefühlslosigkeit -> :thumbsup:

Was mich gestört hat, war die exakte Wiederholung von "Geil", sagte Thomas etc.
Da dachte ich zuerst, dir sei beim hier-rein-Kopieren ein Fehler unterlaufen.

Ansonsten aber gute Beschreibung einer "Alltags"situation, die ihre Wirkung nicht verfehlt hat.

Tserk

Ach ja, wie schon so oft, habe ich natürlich keine Ahnung von der Vorgabe, sondern habe einfach nur die Geschichte gelesen.

 

Liebe Häferl,

das ist schade, aber auch nicht schlimm, denn natürlich ist dies in erster Linie ein Arbeitstext, an den ich längst nicht den Anspruch stelle, den ich an die mir wichtigen Texte in den Rubriken stelle.
Natürlich ist der Erzähler dabei, aber er steht in einer anderen Richtung. Hat neben der Katze auch die beiden anderen im Blick, deshalb muss er sich nicht umdrehen.

Hallo Tserk,

du hast recht, kein Slangausdruck passt zeitlich zum anderen, da kannst du mal sehen, wie zeitlos der Text ist. ;)
"Na endlich" darf gern für beides stehen.
Thomas findet in seiner Betrachtung einfach keine neuen Worte, deshalb wiederholt er sich. Habe ich ja nur bei ihm angewendet, auch ein bisschen der Kurzcharakterisierung wegen.

Euch beiden einen lieben Gruß und vielen Dank :)

sim

 

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