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Pogo
Als Maluma nach einer viertel Stunde immernoch nichts sagte, schlug Roman ihr die Faust ins Gesicht und ihr Kopf knallte gegen die Wand.
Maluma sackte zusammen.
Roman riß ihr die Kleider vom Leib und rammte ihr unter wüsten Beschimpfungen seinen Schwanz in den Unterleib.
Maluma rührte sich nicht.
Erst als er, wie ein Wahsinniger, ihren Namen kreischend, immer heftiger gegen ihr Becken stieß, kam sie zu sich.
Für einen Moment überlegte sie sich, sich zu wehren, entschied sich aber dagegen. Es war zu spät.
Wortlos guckte sie Roman in die Augen.
Der Hass von vorhin war aus ihnen verschwunden, statt dessen starrte sie in eine grauenhafte Leere, von der sie nie geglaubt hätte, einmal Teil davon zu sein.
Roman stieß sie noch ein paar Mal, dann wälzte er sich abrupt zur Seite, stand auf und ging ins Bad.
"Deine Nase blutet", sagte er.
Er gab Maluma den nassen Lappen den er geholt hatte, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich neben sie aufs Bett.
"Warum hast Du mir nicht wenigstens ins Gesicht gespuckt?", fragte er nach einer Weile.
"Das, hast Du selbst übernommen, Roman", entgegnete Maluma, "und ich sollte Dir fast dankbar dafür sein. Meine Spucke wäre Verschwendung gewesen im Vergleich zu der Säure die Dich ab jetzt zerfressen wird, mein Schatz."
Sie griff sich Romans Sachen, zog sich hastig an und ging zur Tür.
"War das ein Fluch, Liebling? Hatte ganz vergessen, daß Du zu so tiefen Regungen fähig bist."
"Fick Dich ins Knie, Roman!"
"Und noch was: Ich gehe jetzt runter in die Bar. Sollte es Dir, aus welchem beschissenen Grund auch immer, einfallen, mir hinterher zu kommen, bringe ich Dich um!"
Maluma ließ die Tür ins Schloss krachen und rannte weinend den Gang runter zum Fahrstuhl.
Ich hätte sie getötet.
Roman lehnte am Fenster und schaute rüber zum Hafenbecken von Veracruz.
Aber nichts von dem was er sah, drang zu ihm durch, ergab einen Text, geschweige denn eine Melodie.
Ich hätte sie getötet.
Diese dumpfe Ahnung wurde immer mehr zur Gewissheit, je weiter er darüber nachdachte.
Und diese Gewissheit schockierte ihn zutiefst.
Daran änderte auch nichts, daß er tatsächlich die Kraft seines Schlages abgebremst hatte, als er die kindliche Fassungslosigkeit in ihrem Gesicht registrierte.
Er wusste genau, wäre er betrunken gewesen; sie wäre jetzt tot.
Die absolute Ohnmacht ihrem Schweigen gegenüber hatte er durchbrechen wollen, und seine Hilflosigkeit, schon an einer so simplen Waffe zu scheitern, entlockte Roman ein bitteres Lächeln.
Innehalb von Sekunden hatte er Grenzen überschritten, die wesentliche Markierungen eines Denkens waren, dem er sich, teils aus Bequemlichkeit, teils aus Angst vor der Alternative, einmal anschloss, als er aufgehört hatte zu träumen.
Seit langem war ihm klar, daß, wenn er diese Haltung beibehielt, irgendwann der Punkt kommen würde, an dem ihm dieser Zustand unertraglich werden musste, und er sah nur eine Möglichkeit, seine Selbstachtung zu bewahren: Abschied nehmen.
Abschied nehmen von allem was je für ihn von Bedeutung war.
Alles auslöschen was sich Zugang zu seiner Seele verschafft hatte.
Alles vergessen, was er tat um sie zu schützen.
Nichts übrig lassen von dem Denken der anderen, an deren Netz er mitwebte.
Keine Fäden mehr spinnen, wie es seit Jahrtausenden immer und immmerr wieder aufs Neue geschah, um damit ein lächerliches Glück zu fangen, dessen Nährwert bei Null lag, gemessen an der Last des Beifangs.
Nie mehr kleben bleiben an dem selbstproduzierten, schleimigsüßen Gift der Hoffnung und mangels anderem Futter allmählich und qualvoll daran zu verrecken.
Dann lieber in Würde verhungern.
Es genügte nicht, einfach die Aufhängung des Netzes zu durchtrennen.
Wie schnell und leicht das geht, hatte er ja eben erst be- und gemerkt.
Das Netz als solches blieb, wenn auch frei schwebend, so doch bestehen.
Wenn es mir gelingt, auf diese Art und Weise, auch nur einen Grund zu finden, warum ich, ich allein, für Augenblicke die Welt liebe, unfähig sie zu verlassen, oder, wenn ich singe, zu fühlen glaube, Teil von ihr zu sein, dachte Roman, dann werde ich das Leben mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen.
Nicht an sich, aber für mich.
Er ersparte es sich vorerst darüber nachzudenken, was er tun würde, sollte er keinen Grund finden.
Zu sehr beschäftigte es ihn noch, wie er es fertig gebracht hatte, die Frau, deren Gesicht ihm von der Welt geschenkt worden war, und die, wenn sie ihn anlächelte oder er mit ihr schlief, für Momente mit dieser versöhnte, zu vergewaltigen.
"Immerhin mein Freund", sagte er laut zu sich selbst, "immerhin, den ersten Abschied, hast du damit glorios vollzogen."
Roman warf einen Blick nach unten, entdeckte die vielen verliebten Pärchen die an der Uferpromenade ihren Neujahrsspaziergang machten, oder um die große Blumenuhr hockend, sich gegenseitig grässlich gefärbte Zuckerwatte oder die Zunge ins Maul stopften.
Er brach in zynisches Gelächter aus.
Dann zündete er sich eine Zigarette an, suchte seinen besten Anzug aus dem Schrank heraus, verließ, betend nicht erkannt zu werden, das Hotel und ließ sich von einem Taxi zum nächsten Polizeirevier bringen.
Dort erstattete er Anzeige gegen Roman Takete, geboren am 15. September 1973, staatenloser Sänger chilenischer Herkunft, derzeitiger Aufenthaltsort, Sheraton Veracruz / Mexico.
Laut Eigenaussage handelte es sich bei den Delikten um Körperverletzung, versuchten Mord und Vergewaltigung.
Auf diese Trennung legte er Wert.
*H*