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Rüdiger der Wanderer
Rüdiger der Wanderer
Gekleidet nur mit seinem Unbehagen, macht sich Rüdiger auf zu neuen Welten.
Eine würde sich ungeschminkt, unrasiert, obwohl das nicht der Notwendigkeit entspricht, ungekleidet auf einer Hundeshow in Kasachstan befinden, die, wenn man Eurasien heranzieht, so nah, aber doch so fern ist, und deswegen nicht im Anspruchsdenken von Rüdiger vorkommt.
Darum verschlägt es ihn in die nächstgelegene Gaststätte, wo die Aufmerksamkeitsanziehung von diesem, sich von selbst ergibt. Trotz der verwirrten und an- und betrunkenen Blicke, bestellt er sich lässigen Scharfblicks ein Maß Schnaps, dass er dem rotangelaufenen, alten, stotternden Wirt guten Mutes abjuxen konnte, wenngleich der Wirt sich von allen Seiten und Wesen ausgelacht fühlte, was aber, wenn man die Blickrichtung der Gäste zu Rate zieht, leicht verständlich ist.
Das Maß Schnaps vor den Augen, wandern die Finger zwischen die Beine und wollen verbergen, was nicht ganz funktionieren kann, wenn man bedenkt, dass das Maß kräftige Hebearbeit erfordert, um den Drang nach Durst und Begierde zu stillen. „Doch was nicht ist, kann ja noch werden.“
So entschließt sich Rüdiger den Wirt zu fragen, ob er ihm nicht den Eierbecher reichen könne, der sich neben den Flaschen feinstem Rheinischen Rotweins zu verstecken versucht, wenngleich der gelbe Eierbecher mit einer Leichtigkeit, die ihres Gleichen sucht, sich von den öden Glasflaschen abgrenzen lässt.
Der Wirt, unter dem Gefühl völliger Beobachtung und gleichkommender Kontrolle, ist nicht abgeneigt, einzunicken. So maskiert sich Rüdiger mit dem Eierbecher und fährt fort, dass er gerne eine Plastiktüte hätte, die im äußersten Eck der dunkelfarbigen Theke platziert ist, wenngleich keiner weiß wie die dahin gekommen ist. Mit einem Augenzwinkern will Rüdiger, das aus den Gehirnströmen des Wirts entfesseln. Allerdings muss sich der Wirt leidiger Vergessenheit ergeben und ist nicht in der Lage den vorherigen Standorts der Tüte Preis zu geben.
Wie auch immer. Mit pfeilschnellem Fingergeschnippse ergreift er die Tüte aus der Hand des Wirts, der mit einem schüchternen, freundlichen Gesicht, so aussieht als könne man mit ihm alles machen. Dem Gebrauchszweck der Tüte zum Trotz, stieren seine Zähne, mit löwenartiger Musterarbeit, drei Löcher in die Tüte. Aufgesetzt ergibt das, einen Mann mit einer Tüte auf dem Kopf bekleidet, dessen Nase wie ein Becher aussieht, aus dem man harte Eier genießen kann.
Das Maß Schnaps vor den Augen, muss sich Rüdiger seinem Schicksal ergeben und erzürnten Blicks von der Schnapserfrischung ablassen, was zur Folge hat, dass keiner sein italienisches, machomäßiges Gesicht wahrnehmen kann und er sich geschmeidigen Ganges aus dem Staub macht, wobei er dem Staub wie ein Kung-Fu-Kämpfer mühelos ausweicht.
Angekommen an dem Brunnen unweit der Gaststätte, nimmt er nun ein erfrischendes Bad ein, um einen der heißesten Sommertage zu trotzen, wenngleich diese Hitze viele Menschen nach Estland verschlagen hat, die mit dieser enormen Hitze nichts anfangen können.
Nachdem der Brunnen sein Rad ab bekommen hat, und Rüdiger in die Ferne schweifen wollte, sieht er eine alte Frau auf der Straße, die das Herumhantieren mit ihren Massen an Geldscheinen nicht lassen kann. Im ersten Moment ist Rüdiger der räuberischen Handlung nicht abgeneigt, im zweiten Moment sieht er einen armen Schlucker in der Mülltonne wühlen, was ihn eines besseren belehrt. Im dritten Moment lässt ihn sein Blickfeld, was etwas größer scheint als das anderer Menschen - möglicher Grund: seine großen Augen -, einen von weißer Hautfarbe glänzenden Angolaner betrachten, der sich mit dem Trällern eines froh- und mutmachenden Liedes beschäftigt, was sich um diese eine Strophe dreht: „Wenn ich Geld hätt, würd ich mir das kaufen, und das was ich da sehe wenn ich nach rechts schau, und das wenn ich nach links schau, und alles wenn ich nach vorn schau. Hab ich ja auch und deswegen mach ich des auch.“
Das bekehrt Rüdiger wieder, seinen armen Verhältnissen zu trotzen. Im nächsten Moment rennt er wie einer, der das Laufen bei einem Affen gelernt hat, auf die Dame mit den Geldhänden zu, reißt ihr die Scheine aus der Hand, obwohl manche dabei zu Bruch gingen, wenn man Porzellan aus chinesischer, feinster Handarbeit mit Geldscheinen vergleicht, und stolpert sich, mit Schürfwunden gezeichnet an allen Körperbereichen, in die nächste Bank, die ihn im Eingangsbereich einen kleinen, vermummten Stuhl für Kinder sehen lässt, der das Sprechen noch lernen muss, wenn er die Kinder unterhalten will.
Den Batzen Mäuse in der Hand, versucht er nun seine Gliedmaßen in die Höhe zu treiben, was das schwere Geld gerade noch zulässt. Abgesehen auf den reinen Karamellschmaus für Kinder am anderen Ende des Bankeingangs, gelingt es ihm die Zuckermasse auf seinem brütendheißen Körper zum Schmelzen zu bringen. Diese in Anspruch nehmend, befeuchtet er die Scheine damit und pappt diese auf seine Beine, sodass diese ausschauen, als wäre man einer der zur reichen Randgruppe gehört und sich voller Eifer mit seinem Reichtum bekleckert.
Nun kommt die alte Frau angetigert und spricht mit schlendernder, erregter Stimme:
„Sie haben mir, mein Geld weg-genommen. Ich will es wieder, du noch nie in meinem Wissensarsenal vorkommender.“
„Nun nicht mehr. Ich hab sie mir um die Schenkel geklebt. Da dürften sie nicht mehr in der Lage sein, von solch „großem Genommen“ zu sprechen. Ich werde mir nichts davon kaufen. Ich schmücke mich damit, wie ein Neandertaler seinen Pelz braucht, um im Winter der Kälte die Stirn zu bieten.
„Ahhhh ahhhhh ahrg. Du törichter, maskierter Hummer. Ich will mir mit dem Geld 9 Hummer kaufen“
„Wieso denn 9 Hummer und nicht die Hände voll machen?“
„Das tut hier nichts zu Sache, weil der Käufer gesagt hat, dass ich gerne auch 109 bestellen, was er bescheinigt hat, auch nichts für ihn zur Sachen beitragen würde.“
„Irgendwas muss es zur Sache tun, sonst gehört das Geld mir, denn ich bin der Besitzer.“
„Aber du Gauner. Ich bin die Eigentümerin“
Da kommt ein Polizist in die Bank:
„Gibt es irgendwelche Probleme um dieses Geld was um ihre Schenkel klebt.“
„Ja“, entgegnet Rüdiger, „sie will es von mir.“
„Wer ist denn der Besitzer dieses Geldes?“, muss der Polizist erfragen um die Situation abzukühlen.
„Ich“, erwidert Rüdiger, was die Frau mit Mundabschlecken bestätigt.
Unbeeindruckt von der lässigen Erscheinung der alten Dame, schießt er sich aus der Ziellinie, mit einer solchen Präzision, dass der Jäger eines Wilds erschreckt in den Schlamm stolpern würde, während der Polizist, die ganze Zeit die Antwort Rüdigers aufgreift und jedes Mal die Frau bei jedem neuen Wort auskontert, was zu keinem Ende führt, und viele Tage dauern kann bis das menschliche Bedürfnis erweckt wird.
Nachdem Rüdiger aus der Bank geflüchtet ist, sieht er einen verfaulten Apfel auf der Straße, den er im ersten Moment essen will, aber wenn, dann würde er die Vöglein fliegen sehen und außerdem lässt das seine Maskierung weiterhin nicht zu. Und so besteigt er ein schwarzes Auto um sich darauf zu sonnen, was möglicherweise genetische Veränderungen hervorrufen kann. Allerdings muss er nach kurzer Zeit erkennen, dass eine solche Hitze nur schädigen kann, wenngleich man schnell mal, einige Menschen in punkto Dunkelheit der Haut übertreffen kann.
Im Anschluss daran, legt sich Rüdiger einfach auf den Fußgängerweg, um zu zeigen, dass er da ist, was eigentlich auch so ein Umkehrschluss ist, wenn er seine Auffälligkeit unter Beweiß stellt. Nach vielen Minuten springt er auf und zeigt einem alten Mann, dessen Blick sich ständig auf den muskulösen Körper Rüdigers konzentriert, wie man aus den danebenliegenden Blättern Flugzeuge baut, die weiter fliegen, als manches Flugzeug, das von mehr Volumen sprechen kann. Des Interesses des Mannes zum Trotz, schleicht sich Rüdiger davon.
Seine verzückten Augen sehen dann zwei kleine Mädchen, die mit ihren Puppen spielen. Eine Puppe heißt Alfred, die andere Wanda, was Rüdiger dem Geschrei der Mädchen entnehmen kann, was sich hauptsächlich darauf konzentriert, dass das eine Mädchen denkt, ihre Stadt heißt Phillamonka, die andere, sie heißt Phillanmonka.
Doch das tut nichts zur Sache, will er doch nur den Kasten Schnaps unweit der Kinder, welcher besitzlos zu sein scheint. Dann geht er zu den Kindern und beruhigt sie erst einmal. Im Anschluss fragt er, ob es ihm gestattet sei, mit den Prinzessinnen zu spielen. Beide Mädchen sagen zu. Alfred sagt auf einmal, „hallo“, Wanda auf einmal, „tschüss“. Das hat Rüdiger so überrascht, dass er seinen Blick tunnelblickartig auf die zwei Puppen konzentriert, während sein linker Arm zum Schnapskasten wandert und sich einer Flasche bedient.
Im Zuge der Überraschung betätigt er sich der ganzen Flasche und setzt die Mädchen mit der Frage unter Druck, ob das nun echt war, was die Puppen anbelangt. Die Mädchen bestätigen.
Nachdem er über den Schock hinüber ist, sodass sein Alkoholdrang zunimmt, nimmt er den Schnapskasten, läuft gegen eine Glaswand und muss einstecken. Das ganze Glas kommt ihm ziemlich nützlich vor und daher kommt der Entschluss das Glas einzusammeln nicht von ungefähr. Allerdings muss er erkennen, dass das Glas kaputt ist und so fällt er hin und muss seinen Rausch auskurieren.
Als er aufwacht, merkt er wieder, dass er so ist, wie ihn Gott geknetet hat und macht sich bereit für den Tag als Postbote von Phillamonka. Rüdigers Job besteht hauptsächlich daraus, den Leuten Knete zu geben, zu nehmen, aber nichts zu behalten.