Was ist neu

Raider heißt jetzt Styx

Seniors
Beitritt
10.10.2006
Beiträge
2.635
Zuletzt bearbeitet:

Raider heißt jetzt Styx

Nur weil wir aufgehört haben, an eine Sache zu glauben,
bedeutet das nicht, dass sie aufgehört hat, zu existieren.

[Bartholomäus von Tyrone, spätes 16. Jahrhundert]

Fulda ist mir nie trostlos erschienen. Bis jetzt.
Es gab vor ein paar Jahren einen Werbespot. Zahnlose Rentner, leergefegte Straßen, grau in grau: Fulda.
So ein Werbefuzzi hat den gedreht, weil ihn mal eine Tussi aus Fulda hat sitzen lassen, oder weil er in Fulda warten musste, nachdem er abgelegt wurde. Das weiß ich nicht mehr genau.
Wieder sehe ich auf die verlockende Bank, wieder gehe ich zwei Schritte auf sie zu. Doch sie ist noch immer taunass und ein rosafarbenes Kaugummigeschwür prangt dort, wo ich eigentlich sitzen sollte.
Vier Uhr zweiundzwanzig, zeigt die Busbahnhofsuhr. Eigentlich keine Zeit, in der man wach sein sollte. Der Körper ist daran gewöhnt, in Daunen zu schlafen, und nicht zu stehen und auf einen Bus zu warten.
Ich greife in die Tasche meines Mantels. Lucky Strike, eine jungfräuliche Packung. Ich reiße sie auf, knittere die Folie kurz zwischen meinen Fingern und will sie schon an meinem Bein vorbei zu Boden gleiten lassen - unauffällig, obwohl mich keiner beobachtet -, aber dann sehe ich den Mülleimer und, na ja, ich werfe die Folie hinein. Ökologisches Bewusstsein und auch ein bisschen Mitleid für die Straßenkehrer, nehme ich an. Aber wahrscheinlich liegt es vor allem an dem Kaugummi.
Die Lucky-Folie segelt in den Mülleimer hinab, gesellt sich zu einer Twix-Packung und den Titten des gestrigen Bildzeitungsmädchens.
Ich verdränge das Déjà-vu-Gefühl, schiebe mir die Zigarette in den Mund, zünde sie an, ziehe, schmecke und vermisse den Geschmack der alten Luckies, denn der wurde auch geändert, genau wie Twix. Man hat etwas erhöht, was „Barley“ heißt. Also den Anteil daran, oder den Gehalt, oder so was. Mir haben sie früher besser geschmeckt, aber das will nichts heißen. Sie haben bestimmt umfangreiche Befragungen durchgeführt, also vorher, und ich habe eben ein Minoritätsgeschmacksempfinden. Damit muss ich leben. Daran kann ich nichts ändern.
Ich lehne mich gegen einen Pfeiler, während ich rauche, und winkle ein Bein an, damit die Fußsohle gegen den Pfeiler drückt. Dann fällt mir auf, dass ich jetzt bestimmt so aussehe wie eine Nutte in einem amerikanischen Film, aber das stört mich nicht, weil ich alleine bin, und irgendwie ist es ja auch gut, sich wie in einem Film zu fühlen, egal in welcher Rolle. Außerdem kann ich meinen Rücken ein bisschen am Pfeiler reiben und das fühlt sich gut an.
„Du solltest nicht in den Bus steigen“, sagt der Pudel zu meinen Füßen.
Natürlich sehe ich gleich, dass es ein Pudel ist. Und ich frage mich auch, warum ich ihn nicht vorher gesehen habe. Ein weißer Pudel, um genau zu sein. Am Schwanzende – er wackelt damit – hat er so einen Bommel, wie man ihn an Wintermützen trägt oder wie ihn Clowns als Knopf benutzen. Der Pudel erinnert mich ein wenig an den Hund von dem dicken Schwulen, der in München gestorben ist.
So, sage ich. Sprechender Pudel, was? Bist du mit Mister Ed verwandt?
„Tu dir einen Gefallen und steig nicht in den Bus“, sagt der Pudel.
Dann lächelt er, obwohl Hunde gar nicht lächeln können. Aber dieser Hund lächelt. Er zieht die Lefzen hoch und lächelt. Sein Zahnfleisch hat die Farbe von einem Steak medium. Eine Schweißperle wird auf des Pudels Stirn geboren, hinterlässt eine drückende Spur im weißen Fell und kullert zu Boden.
Ich denke an das Déjà-Vu-Gefühl von vorhin und frage mich, was Barley nun eigentlich genau ist und ich frage mich auch, ob das jetzt vielleicht der Flashback von den Pilzen ist, die ich vor vier Jahren gegessen habe, obwohl ich an dem Abend schon Whiskey getrunken hatte.
Die ganzen Gedanken dauern nur Sekunden und enden alle in einer Sackgasse, bis auf die Idee mit dem Film von vorhin, die wieder auftaucht. Also beschließe ich, ganz ruhig zu bleiben.
Son of Sam, frage ich ihn sehr ernsthaft und mit meiner besten Filmstimme.
Aber ich muss geblinzelt haben, denn der Pudel ist verschwunden.

Dann kommt auch schon der Bus. Ich krame in meiner Manteltasche nach dem abgezählten Fahrgeld. Ich zähle es immer ab, am Abend vorher schon, ein bisschen neurotisch, das mag sein, das gestehe ich mir gerne zu. Aber heute sind meine Taschen leer.
Die Türen öffnen sich geräuschlos. Dabei ist das hydraulische Schnaufen meine Lieblingsstelle bei jeder Busfahrt. Ich habe gar nicht gewusst, dass sie das geändert haben.
Ich steige in den Bus und krame in meiner Potasche nach dem Portmonee und versuche mich daran zu erinnern, wo ich eigentlich hin will.
Der Fahrer hält sein Lenkrad fest und starrt stur geradeaus.
Er hat keinen Bart, fällt mir auf, obwohl alle Busfahrer einen Bauch und einen Bart haben. Aber vielleicht wurde auch das geändert.
Guten Morgen, sage ich. Es sei mir etwas peinlich, aber ich hätte vergessen, wo ich hin wolle und auch meine Brieftasche verlegt.
Der Bus setzt sich in Bewegung, aber der Fahrer nicht. Starrt stur gerade aus.
Guter Mann, könnten Sie mir wohl ein wenig Aufmerksamkeit schenken, frage ich ihn.
Dann gerät er in Bewegung, eine Hand erhebt sich vom Steuerrad, langgliedrige Spinnenfinger weben ein mystisches Muster in die Luft und tippen schließlich auf ein Messingschild oberhalb seines Kopfes: Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen.
Ich drehe mich um, aber natürlich ist die Tür schon geschlossen.
Also greife ich mir mit Mittel- und Zeigefinger an die imaginäre Hutkrempe, räuspere mich, sage Nichts für ungut und setze mich auf einen freien Platz in der Mitte des Busses. Dort sind die Räder, dort wird mir nicht so leicht übel.

Ich winkle die Beine ein wenig an und drücke sie gegen den Vordersitz. Man sollte das eigentlich nicht machen, man ist ja keine vierzehn mehr und auch in Filmen sieht man das nicht, zumindest nicht oft, aber mir ist danach. Dann spiele ich das alte Spiel und linse in den Spiegel des Fahrers hinein. Das fand ich schon immer toll. Ganz egal, wo man sitzt, man hat das Gefühl, dem Fahrer direkt in seine bananengelben Augen zu schauen und man hat das Gefühl, als würde der Fahrer einen selbst, und nur einen selbst, zurückbeobachten. Dabei weiß man, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, natürlich, dass dem nicht so ist. Und dass so was mit konkaven oder konvexen Spiegeln zu tun hat und mit Optik und mit Physik.
Aber der Fahrer schaut ohnehin nicht nach oben und ich kann nur die gelben Augen sehen. Die würden normalerweise gut zu Fulda passen. Dort ist nachts alles orange, so ein angenehm sattes, orangiges Orange, ein wenig fruchtig. Aber anscheinend haben sie auch das geändert, denn die Stadt ist nicht orange, sie ist schwarz.
Ich halte Ausschau nach der himmelblauen Leuchtreklame des Maritim Hotels. Ich vermisse das nervöse Flackern der dauerdefekten Straßenlampe an der Kreuzung. Ja, ein bisschen sehne ich mich sogar nach der kalten Beleuchtung des Hospitals, wo ja rund um die Uhr im Hellen gestorben wird.
Aber nichts, nur Dunkelheit. Vielleicht haben sie das geändert. Energiesparmaßnahmen. Liest man ja viel drüber. Sollte froh sein, dass wenigstens im Bus ein paar Kerzen an der Wand hängen.

Ich wüsste gerne, ob sich ein Déjà-Vu-Gefühl bei allen Menschen gleich anfühlt. Da spricht man ja nicht drüber. Ich weiß auch gar nicht, ob ich jemals so was hatte. Natürlich, es kommt einem dann kurz etwas merkwürdig vor, klar, aber ist das schon ein Déjà-Vu-Erlebnis? Es spricht ja keiner darüber. Also woher soll man das wissen?

Ein Fahrgast steigt zu. Ich kann ihn mit dem Fahrer reden hören. Natürlich antwortet der nicht, Messingschild, und so weiter.
Dann kommt der Gast durch den Gang und im Kerzenschein sehe ich, dass es eine Frau sein muss, denn sie trägt ein Kleid. Ein recht hübsches Kleid sogar. Ein weißes Kleidchen, das ihr nur bis zum Oberschenkel reicht und die Schultern freilässt. Über die Schultern fallen wild straßenköterblonde Haare. Sie hat eine richtige Mähne, diese Frau, und irgendwie denke ich bei so einer Mähne immer an Amanda Marshall. Das ist eine Sängerin, die kaum einer kennt.
Als Amanda näher kommt, sehe ich, dass am Saum ihres Kleids so kleine gestickte Muster sind, wie auf einer Tischdecke, und ich sehe auch, dass sie barfuss ist.
„Entschuldigen Sie, ist hier noch frei?“
Ich nicke, aber sie bleibt stehen.
Ja, sage ich. Natürlich.
„Kennen Sie das?“, fragt sie. „Man sieht jemanden und hat das Gefühl, als würde man ihn schon kennen.“
Hmm, sage ich. Aber ich denke, dass es eigentlich eine Frechheit ist, mit was für Sprüchen Frauen so durchkommen.
Sie setzt sich neben mich und legt eine Hand auf meinen Oberschenkel. „Ich glaube, ich hatte gerade ein Déjà-Vu“, sagt sie.
Ich winde einen Arm um ihre Schulter und ziehe sie zu mir. Schön, sage ich und meine sie.
„Wo wollen Sie hin?“, fragt sie und reibt ihren Kopf leicht an der Kuhle meines Schlüsselbeins, also an dieser Stelle, an der man bei den Bundesjugendspielen die schwere Kugel hält.
Ach, sage ich.
„Sie wissen nicht, wohin?“
Weil sie dabei den Kopf ein wenig wegnimmt, sage ich schnell Doch und sie bettet ihn wieder auf den angestammten Platz, so dass ich anfangen kann, ihren Nacken zu kraulen.
„Fällt Ihnen der Geruch auf?“
Nein, sage ich. Ich röche nichts.
„Ja“, sagt sie. „Das ist es ja.“ Dann küsst sie mich. Sie küsst herb, irgendwie ägyptisch, ein wenig märzig, mit einem Schuss November und dabei berühren sich nur unsere Lippen. Keine Zunge, das macht man ja nicht.

Schönes Kleid, sage ich, während ich ihre linke Brust durch den Stoff knete. Fühle sich irgendwie erfrischend an.
„Ach, das ist doch nur mein Nachthemd“, antwortet sie.
Hmm, sage ich, massiere weiter und hoffe auf den nächsten Kuss.
„Sie machen das sehr gut.“
Danke, sage ich.
„Ein angenehmes Gefühl. So lebendig.“
Ich visiere jetzt den mittleren Kreis an. Dazu muss man wissen, dass Brüste ja etwas von Zielscheiben haben, mit drei immer kleiner werdenden konzentrischen Kreisen: Die ganze Brust, der Warzenhof und die Nippel.
Aber irgendwas mache ich falsch, denn auf einmal hält sie meine Hand fest, schaut mir in die Augen und sagt: „Kommt Ihnen das nicht seltsam vor?“
Ich nicke ein wenig, streiche mit der Zunge über meine Unterlippe und versuche, ihr mit meiner freien Hand zwischen die Beine zu fassen.
„Nein, jetzt wirklich“, sagt sie und hält meine andere Hand nun auch fest. „Hat der weiße Papagei Sie nicht gewarnt?“
Pudel, antworte ich. Und irgendwie hat sie es jetzt ruiniert, also den magischen Moment.

Ohne den Feenstaub über ihrem Gesicht, sehe ich sie jetzt natürlich ganz anders. Also gerade war sie noch Amanda und jetzt ist sie eben eine Sterbliche. Aber so schlimm ist das gar nicht, es ist eine recht hübsche Sterbliche, wenn auch schon ein bisschen älter, zugegeben. Noch nicht verlebt, oder so, aber halt Abnutzungsspuren. Ein paar Fältchen auf der Stirn, Tränensäckchen, etwas knollige Nase. So was halt.
Dann fällt mir auch ein – Oh, wie hatte ich das vergessen können? – ihr auf die Fingerspitzen zu schauen. Aber im Kerzenlicht könnten da Verfärbungen sein, oder auch nicht.
Deshalb frage ich sie, ganz offen und ehrlich heraus, denn das ist ja wichtig. Ich frage sie also, ob sie denn rauche. Denn Rauchen, füge ich gleich hinzu, ginge ja mal gar nicht bei Frauen. Das wisse wohl jeder. Man müsse sich nur anschauen, was das Rauchen aus Penélope Cruz gemacht habe, also in diesem Film. Die rissen den Männern das Herz raus, diese Raucherinnen.
„Glauben Sie, dass wir tot sind?“, fragt sie.
Ach, denke ich mir. So eine ist das also. Rauchbomben zünden. Blendwerk und so weiter. Bestimmt eine Raucherin.
„Schauen Sie sich doch mal um“, sagt sie.
Ich tue ihr den Gefallen und stelle fest, dass sich der Bus gefüllt hat. Um uns herum sitzen Gestalten. Dort drüben ein Motorradfahrer in voller Kluft. Den Helm noch auf den Schultern. Aber das Visier hat einen Riss und auch sein Lederanzug hat ein paar Verfärbungen, wie von Asphalt.
Neben ihm: Eine dicke Frau in Blümchenkleid mit Brille und wachen Augen.
Vor ihnen sitzen zwei Säuglinge, nicht mal in Kindersitzen oder angeschnallt, sondern sie sitzen einfach nur da. Aber vielleicht haben sie das ja auch geändert, also die Kindersitzpflicht. Das ist ja wirklich nicht mein Fachbereich.
„Fällt Ihnen nichts auf?“
Ich sage, dass es vielleicht ein wenig kühl sei für ein Blümchenkleid, aber das müsse man schon zugestehen. Freier Wille, und so weiter. Und sie könne da wahrlich nicht den ersten Stein werfen. Sie solle sich doch mal ansehen. Nachthemd, das hätte sie ja selbst gesagt.
Sie schaut mich mit leeren Hundeaugen an und es tut mir ein bisschen leid, dass ich sie so angefahren habe.
„Gucken Sie sich doch mal ihn an“, sagt sie und zeigt auf jemanden.
Ich murmle noch, dass es unhöflich sei, mit nacktem Finger auf angezogene Leute … und dann sehe ich ihn. Verkohlte Hautfetzen blättern in Purpur und Pastell von ihm ab. Fast meint man, vom kahlgebrannten Schädel noch Rauchzeichen aufsteigen zu sehen. Aber das kann auch an den Kerzen liegen.
Der habe wohl im Bett geraucht, sage ich. Davor hätte mich mein Vater auch immer gewarnt.
„Sehen Sie es denn nicht?“, fragt sie. „Sie sind tot.“
Unsinn, sage ich. Tote führen nicht mit dem Bus. Dies sei allgemein bekannt.
Aber so ein bisschen freue ich mich auch. Eine Verrückte hatte ich noch nie, die sind ja irgendwie spannend, weil unberechenbar. Und ich ziehe sie wieder ein Stückchen zu mir, greife um sie und streiche über die Stelle, an der ihr Rücken zum Po wird. Sie murmelt irgendwas, aber dann streichelt sie auch über meinen Rücken und ich grinse ein bisschen vor mich hin und mache dabei die Augen zu.
Dann ist aber schon wieder was, denn sie stöhnt auf, schubst mich von sich weg und hält mir ihre nasse Hand genau vor die Nase.
„Blut“, sagt sie. „Auf deinem Rücken. Du blutest. Dreh dich mal um, ich glaube, da ist ein großes Loch.“

Während ich mich umdrehe, frage ich mich, ob es jetzt ein gutes Zeichen ist, dass sie mich duzt.
„Was hast du eigentlich gestern gemacht?“, fragt sie und berührt mich dabei mit ihren Fingerspitzen. Ein seltsames Gefühl, denn ich weiß nicht so recht, wo sie mich berührt.
Ach, sage ich.
„Du weißt nicht, was du gemacht hast?“, fragt sie.
Ach, sage ich. Man könne sich ja nicht alles merken. Außerdem sei es verfrüht, solch intime Fragen zu stellen. Was habe sie denn, bitte schön, wo wir gerade dabei seien. Was also habe sie denn gestern gemacht!
„Ich weiß es nicht“, sagt sie.
Aha, sage ich. Quod erat und so weiter.
Das hat sie jetzt getroffen. Ist auch unhöflich von mir, so mit ihr umzuspringen, wo sie doch Raucherin ist und ein bisschen verrückt. Ihre Augenlider flattern auf und ab, so als blättere jemand ein Daumenkino durch. Das macht mir Angst, also schaue ich auf die beiden Wölbungen unter ihrem Nachthemd und frage mich, wie sie wohl so aussehen und schmecken.
„Es tut mir leid, Stefan“, sagt sie.
Ihre linke Brust ist größer als die rechte. Ich frage mich, ob sie spezielle Büstenhalter braucht. Das müsste ich vorher wissen, im Falle eines Geschenks.
„Es tut mir wirklich leid.“
Es ist jetzt natürlich noch zu früh, sie danach zu fragen, aber spätestens morgen sollte ich das tun. Ich werde ihr bald ein Geschenk machen. So viel steht schon mal fest. Bevor sie die Preise ändern oder entscheiden, dass Frauen nur noch eine Brust haben oder eine dritte oder so was.
„Wir müssen hier raus. Wir fahren beide in die Hölle.“

Sie greift mich am Handgelenk und schleift mich hoch. Sie hat etwas sehr Resolutes und Amazoniges, etwas Archaisches und auch, ich sage es nicht gerne, Verkehrtes. Denn eigentlich, wenn wir in einem Film mitspielten, dann wäre das ja mein Part. Also das Retten. Aber Frauen und Verrückten sollte man ihren Willen lassen, und für verrückte Frauen gilt das wahrscheinlich doppelt.
Also tipple ich im Kerzenschein hinter ihr her, stoße gegen Schienbeine und Ellenbogen, während sie mich zum Eingang und zum Busfahrer schleppt.
Der Bus muss gerade angehalten haben, denn sie schreit: „Schnell jetzt, solange die Tür noch auf ist!“ Und schon sind wir an der Tür und wir lassen einen jungen Mann an uns vorbei, der eine Heftklammer in seiner Nase trägt, aber ansonsten nackt ist.
Sie greift jetzt fester um mein Handgelenk und schreit: „Spring!“
Und wir springen auf die Tür zu, die Stufen hinunter, aber da wo eigentlich die Tür ist, prallen wir von der leeren Luft ab. Obwohl die Tür ja noch gar nicht zu ist, sondern noch offen steht.
Der Abprall tut nicht richtig weh, eigentlich gleiten wir eher von der Luft nach unten. Also nicht wie in einem Cartoon, sondern ganz sanft, so dass wir mit den Beinen auf dem Busboden zum stehen kommen.
Die Tür schließt sich stumm.
„Kein Wind“, sagt sie. „Ich spüre keinen Wind.“
Ja, sage ich. Kein Wunder. Die Tür sei ja auch mittlerweile wieder verschlossen.

Ein bisschen schäme ich mich für sie. Sie benimmt sich sehr unhöflich. Versucht sich an der Frau im Blümchenkleid und am Motorradfahrer vorbei zu quetschen. Will nach dem Fenster greifen und am Öffnungsgriff rütteln. Also an diesen Klappen, wo normalerweise ein bisschen Luft reinkommt.
Woher ich weiß, was sie vorhat, weiß ich nicht so genau, aber ich weiß es. Telepathie wahrscheinlich. Müssen sie geändert haben.
Wir sollten das bei den Säuglingen machen, sage ich geistesgegenwärtig. Die störten wir nicht. Die schliefen bestimmt. Es sei ja schon spät. Wenn man das nicht auch geändert habe.
Sie liegt schon halb auf der dicken Frau, als ich das sage. Und dann rappelt sie sich hoch, dreht sich zu mir, nimmt meinen Kopf in beide Hände, schaut mir in die Augen und sagt: „Ich liebe dich.“
Ich nicke und sage, dass ich es wisse. Und dass es wohl auch okay sei. Dann schürze ich ein wenig die Lippen, aber sie zerrt mich schon weiter.
Grob reißt sie den linken Säugling vom Sitz und reicht ihn mir. Ich halte ihn eine Weile im Arm, er hat etwas Karamelliges, aber es kann sein, dass das jetzt das falsche Wort ist. Dann reicht sie mir auch den zweiten Säugling und ich komme mir ziemlich blöd vor, mit diesen zwei Karamelldingern im Arm, während sie auf die freigewordene Sitzbank klettert – sie hat einen ganz knochigen Hintern, der gar nicht zu ihrer Mähne passt - und mit beiden Händen an der Klappe rüttelt.
„Luft, Stefan. Da ist Luft. Schnell das Fenster. Wir müssen das Fenster aufmachen.“
Irgendwo tief in meinem Hirn taucht ein Gedanke auf. Ich verstehe ihn nicht richtig, ich glaube, er ist auf französisch und das habe ich nur zwei Jahre in der Schule gehabt. Aber der Gedanke ist da. Und ich bekomme eine Gänsehaut.
Sie dreht sich zu mir und sieht mich an. Sie steht ein bisschen gebückt, weil ihr Kopf sonst gegen das Dach des Busses stoßen würde.
„Sie stehen dir“, sagt sie. Und ich schaue auf die beiden Babys in meinem Arm.
Dann drischt sie ihren Ellenbogen gegen die große Fensterscheibe. Drischt einmal, drischt zweimal, drischt dreimal. Doch nichts.
Ich kann das Elend nicht mehr mit ansehen, gehe zu der Bank mit der dicken Frau und dem Motorradfahrer und reiche der Frau die beiden Babys.
Sage noch, dass sie gut auf sie aufpassen solle. Sie sei jetzt ihre Mama. Aber vielleicht spreche ich auch französisch, denn die Säuglinge müssen sich am Blümchenkleid festkrallen, die Frau schaut nämlich weiter gerade aus.
Ich greife an ihr vorbei zu dem Motorradfahrer, löse mit spitzen Fingern den Kinnriemen seines Helms. Murmle dabei, dass es für einen guten Zweck sei und er sich keine Sorgen machen müsse.
Mit einem Ruck ziehe ich den Helm von seinem Kopf. Und der Schädel, ohne den Panzer des Helms, baumelt zur Seite weg, aber zur Fensterseite hin, so dass ich und die Babys seine Augen nicht sehen müssen.
Mit dem Helm gehe ich zurück zu Veronique, deren Ellenbogen schon ganz aufgeschrammt und blutig ist, so als hätte sie ihn aus Versehen in eine frische Pizza gesteckt.
Hier, sage ich und reiche ihr den Helm.
Sie reißt ihn mir aus der Hand und schlägt damit gegen das Glas. Eigentlich wieder mein Part, aber es hat sich so viel geändert in letzter Zeit, dass es bestimmt okay ist.
Das Glas bekommt einen Riss, ein Spinnennetz entsteht, salzige Luft dringt in den Bus ein, aber es gibt kein Geräusch.
„Halt mich“, sagt sie und lässt sich zu mir hinunterfallen, so dass ich ihr unter die Achseln greifen muss. Der Helm fällt zu Boden. Sie hebt ihre nackten Füße hoch, stemmt sich gegen mich und tritt wuchtig und beidfüssig gegen die Scheibe.
Es macht Klirr und die ganze Scheibe fällt heraus. Nur noch Luft und jetzt rieche ich sie. Und jetzt bin ich in einem Film. Und jetzt erinnere ich mich.

Sie hieß Veronika und war meine Frau. Ich liebte sie einmal, aber dann nicht mehr. Sie hatte Leukämie und eine Schwester. Die Schwester war bei uns eingezogen, weil meine Frau Leukämie hatte.
Ich schlief mit ihrer Schwester, weil die keine Leukämie hatte. Und sie schlief mit mir, weil ich keine Leukämie hatte.
Ich schlief mit ihr im Wohnzimmer.
Und meine Frau schlief im Schlafzimmer.
Zu schwach, um aufzustehen. Zu schwach, um zu hören. Dachte ich. Im Film.
Aber sie konnte hören. Sie konnte aufstehen. Sie konnte den Umweg in die Küche machen. Sie konnte die Geschirrspülmaschine öffnen. Sie konnte das große Messer nehmen.
In dem Moment, bevor Menschen sterben, das habe ich einmal gehört, geht ein letzter Kraftschub durch ihren Körper.

„Jetzt weißt du es“, sagt sie mir.
Ja, sage ich.
„Schlimm?“, fragt sie. Während wir weiter in dieser abnormalen Position stehen. Ich aufrecht, sie halb in meinem Armen, halb auf der freien Sitzbank. Mit dem offenen Fenster vor uns.
„Dafür kommen wir in die Hölle“, sagt sie. „Du wegen Ehebruch und ich wegen Mord. Wir müssen jetzt springen.“
Hm, sage ich.
Wir klettern über die freie Sitzbank hinaus auf den Rand des Fensters. Sie sitzt schon dort wie ein Vogel auf der Stange, als ich mich zu ihr setze. Es ist unbequem, im Fensterrahmen ist noch Glas und meine Hände tun weh, weil ich sie mir am Glas aufgeritzt habe. Aber das sind wahrscheinlich Phantomschmerzen, von dem Küchenmesser merke ich ja auch nichts.
Sie hält meine Hand fest und drückt sie.
Unter uns ist nur die Dunkelheit, hinter uns der Bus im Kerzenschein.
„Vergibst du mir?“, fragt sie ganz leise.
Hmmm, sage ich. Und sie lässt meine Hand los.
„Auf drei“, sagt sie.
Was ist aus der Schwester geworden? Ist sie im Himmel? Gibt es einen zweiten Bus? Ohne Kerzen, ohne einen Fahrer mit gelben Augen?
„Eins.“
Und wenn sie ihre Schwester nicht umgebracht hat? Wie sah die Schwester überhaupt aus? Könnte sie hier im Bus sitzen und mir nicht auffallen?
„Zwei.“
Der Pudel. Faust. Dort ist Mephisto der Pudel. Und Mephisto der Teufel. Aber das ist ein schwarzer Pudel. Und wie zum Teufel passt ein Papagei da rein?
Und … seit wann kommen Säuglinge in die Hölle? Nein, ich muss …
„Drei.“
Veronika springt, ich nicht.
Ich höre ein dumpfes Platschen und einen schrillen Schrei.
Ich schlucke zweimal und weine.
Dann hangle ich mich wieder in den Bus hinein und gehe auf den Fahrer zu.
Die beiden Säuglinge schlafen friedlich unter den gewaltigen Brüsten der Frau im Blumenkleid.
Ich stehe vor dem Fahrer, mein Mund öffnet sich und will ein Wort, einen Namen formen, einen Namen, den ich noch nie gesagt habe. Charon.
Aber bevor ich diesen schwierigen Namen artikulieren kann, tippt er auf das Messingschild. Und irgendwie weiß ich nicht mehr, was ich von ihm wollte, also setze ich mich wieder auf meinen Platz.

 

Hallo Quinn!

Wahrlich seltsam, Deine Geschichte! Obwohl ziemlich bald klar wird, in welcher Lage sich der Erzähler befindet, sorgen Aufbau und Stil für einen angenehmen Spannungsbogen. Dein Prot strahlt trotz seiner irritierenden Situation eine beneidenswerte Gelassenheit aus. Nun ja, aus Raider wurde Twix, also sind auch andere Änderungen wohl eher unkritisch zu bewerten. *g*
Klasse in diesem Zusammenhang auch der genial gewählte Titel! Aus Raider wird Rider und aus Twix wird Styx. Hinweis dazu:

Ich stehe vor dem Fahrer, mein Mund öffnet sich und will ein Wort, einen Namen formen, einen Namen, den ich noch nie gesagt habe. Charon.
Interessant finde ich, dass der Busfahrer seinen Fahrgast auch ohne Obolus befördert. Wahrscheinlich wurde das sehr früh schon geändert ...

Was mir u. A. fürs Edit auffiel:

Start stur gerade aus.
Starrt ...
Dann reicht sie mir auch den zweiten Säugling und ich komme mir ziemlich blöd vor, mit diesen zwei Karamelldingern im Arm, während sie auf die freigewordenen Sitzbank klettert ...
... freigewordene ...

Was mir u. A. besonders an Sätzen gefiel:

„Wo wollen Sie hin?“, fragt sie und reibt ihren Kopf leicht an der Kuhle meines Schlüsselbeins, also an dieser Stelle, an der man bei den Bundesjugendspielen die schwere Kugel hält.
Aber das sind wahrscheinlich Phantomschmerzen, von dem Küchenmesser merke ich ja auch nichts.

Sehr gerne gelesen!


Ciao
Antonia

 

Hallo Quinn,

tatsächlich seltsam und ungewöhnlich. Die gradlinige Entwicklung des mysteriösen Plots macht dabei einen besonderen Lesereiz aus. Du lässt dir viel Zeit mit der Geschichte, was du dir bei deinem unterhaltsamen Stil und deinen vielen gelungenen Formulierungen glücklicherweise leisten kannst. So fügen sich die Teilchen über Hinweise und Anspielungen langsam zusammen, ohne dass mir beim Lesen langweilig wurde, und sie ergeben schließlich einen sich auch über den Titel erschließenden Sinn.

Empfinde ich als sehr gelungen und sehr ansprechend geschrieben. Oder um es schlicht und ergreifend auf den Punkt zu bringen: tolle Geschichte!

Grüße von Rick

 

Hi Quinn,

gute, sehr detailverliebte Geschichte.

Meine Eindruecke direkt nach dem Lesen in Stichpunkten:

* Der Anfang ist mir zu langatmig, es dauert lange bis die Geschichte Fahrt aufnimmt, vielleicht auch deshalb, weil etwas viel Details beschrieben werden, die nicht unbedingt alle noetig sind.

* Die apthische Wahrnehmung des "Toten" ist ganz gut getroffen; allerdings bin ich etwas ins Straucheln gekommen mit der Art wie er einfach diese abstrusen Dinge akzeptiert. ich bin mir nicht sicher, ob die Idee mit den: "das wurde sicher geaendert" so einfach immer greift und die beste Loesung dafuer ist. Dazu muesstest Du etwas mehr reale Beispiele mit einfliessen lassen (nicht nur Raider und Twix) damit das besser rueberkommt.
Momentan wirkt das teilweise wie eine Ausflucht des Erzaehlers und dieser Eindruck sollte nun wirklich nicht entstehen.

* Apropos Aenderung: Veronique wird zu Veronika. Auch taucht ihr Name das erste Mal ganz unverhofft und unvorbereitet im Text auf. Beabsichtigt?

* Auf mich hat es sehr komisch gewirkt, dass er sich nicht an die Schwester seiner Frau erinnern kann (auch anfangs nicht an seine Frau), obwohl er beide sehr gut kennen sollte. Wenn das wirklich seine Frau ist, dann sollte er sie (meiner Ansicht nach) auch als solche erkennen oder sich zumindest denken: verdammt noch mal, ich kenn die Dame doch ... Ist vielleicht sonst zu seltsam. Insebsondere an der Stelle, an der er sie ploetzlich ohne erkennbaren Grund erkennt.

* Die implizite Wertung mit Ehebruch vs. Mord und deswegen Hoelle oder Himmel und noch dazu Charon und das Schattenreich (da gab's keine zwei Ebenen) der Antike am Ende - da geht mir etwas viel durcheinander. Ist das ein Versehen oder bewusst so gesetzt (Als Kritik an unserem Denken hinsichtlich dieser Vergehen)? Wenn Du damit eine Aussage machen willst, dann war sie mir nicht klar genug (sorry). Ansonsten ist die Stelle fuer mich ein seltsames Mix von nicht vereinbaren Jenseits-Vorstellungen.

So, muss jetzt weg,

spaeter eventuell mehr.

sarpenta

 

Hallo Antonia,

Interessant finde ich, dass der Busfahrer seinen Fahrgast auch ohne Obolus befördert. Wahrscheinlich wurde das sehr früh schon geändert ...
Nachdem man aufgehört hat, den Toten Silbermünzen auf die Zunge zu legen, musste das ja geändert werden, sonst würde es an den Bahnhöfen zu Staus kommen. :)

Deine Anmerkungen habe ich ausgebessert und dass dir der Titel gefällt, freut mich besonders.
Vielen Dank für deine Kritik

Hallo Rick,
wenn dir eine Geschichte von mir gefällt, freut mich das immer besonders, weil ich auch ein großer Fan deiner Geschichten bin.
Ich hab der Geschichte -und vor allem der Detailwut- schon recht viel Platz gelassen, dass erfordert dieser etwas seltsame Pop-Stil auch, denke ich mal. Freut mich natürlich, dass trotzdem keine Langweile aufkam und dass der Plot kontinuierlich voranschreitet und dass das funktioniert, freut mich auch wirklich.

Vielen Dank

Hallo sarpenta,

Der Anfang ist mir zu langatmig, es dauert lange bis die Geschichte Fahrt aufnimmt, vielleicht auch deshalb, weil etwas viel Details beschrieben werden, die nicht unbedingt alle noetig sind.
Du hast recht, die ersten Gedankengänge dienen dazu, den Auftritt mit dem Pudel vorzubereiten und ein paar grundsätzliche Gedanken einzuführen, die ich später noch benötige. Aber ab dem "Pudel" nimmt die Geschichte ja eigentlich sehr schnell Fahrt auf und der kommt ja "schon" nach 30 Zeilen.

Dazu muesstest Du etwas mehr reale Beispiele mit einfliessen lassen (nicht nur Raider und Twix) damit das besser rueberkommt.
Momentan wirkt das teilweise wie eine Ausflucht des Erzaehlers und dieser Eindruck sollte nun wirklich nicht entstehen.
Der Barley-Anteil der Luckies wurde auch geändert. Und viel mehr Beispiele wollte ich eigentlich nicht bringen. Es ist ja in der Tat eine "Ausflucht des Erzählers" sich der Realität zu stellen. Und der Bus scheint etwas magisches zu haben, dass die Passagiere verwirrt (siehe auch die anderen Fahrgäste).

* Apropos Aenderung: Veronique wird zu Veronika. Auch taucht ihr Name das erste Mal ganz unverhofft und unvorbereitet im Text auf. Beabsichtigt?
Ja, das war beabsichtigt. Ihm fällt gar nicht auf, dass der Name "plötzlich" da ist. Und "Veronique" deshalb, weil der Gedanke auf französisch ist. :) Der Erzähler ist schon sehr stark beeinflusst von irgendetwas, von dem er nicht weiß, was es ist.

Auf mich hat es sehr komisch gewirkt, dass er sich nicht an die Schwester seiner Frau erinnern kann (auch anfangs nicht an seine Frau), obwohl er beide sehr gut kennen sollte.
Sie hat ja ein Déjá-Vu, als sie ihn sieht. Und irgendetwas in seinem Inneren scheint sie auch wiederzuerkennen, sonst würde er sich nicht so schamlos an sie ranschmeißen. Die reden ja zwei Sätze miteinander und fangen an, rumzumachen.
Zu der Schwester scheint er keine so intensive Beziehung aufgebaut zu haben, sonst wäre die vielleicht auch eher präsent. Der Erzähler erinnert sich aber an nichts relevantes aus seinem Leben (er erkennt ja nicht mal seinen eigenen Namen, als Veronika ihn mit Stefan anspricht), sondern nur an Unwichtiges.

Ansonsten ist die Stelle fuer mich ein seltsames Mix von nicht vereinbaren Jenseits-Vorstellungen.
Ja, das macht ja den Reiz aus. Zumindest für mich. :)
Ich musste aber ein bisschen schummeln und dem Fluss "Styx" noch die Eigenschaften des "Lethe" geben (also den Vergessen-Aspekt), damit die Geschichte so funktioniert. In der Antike glaubte man ja, dass die Seelen vom Fluss des Vergessens trinken mussten, bevor sie reinkarniert wurden -damit sie sich nicht an ihr früheres Leben erinnern konnten.
Eine Botschaft oder Aussage über "Wertungen" oder ähnliches wollte ich nicht treffen. Die sensible Veronika, vielleicht geschult durch eine längere Zeit, in der sie dem Tod näher war als dem Leben, erinnert sich und zieht die falschen Schlüsse. Der tranige Protagonist überlebt, weil er einmal den richtigen zieht (den mit den Säuglingen).

Vielen Dank für deine Kritik und deine Fragen (und generell scheint dir der Text ja auch gefallen zu haben), ich muss dann immer nur aufpassen, durch meine nachträglichen Rechtfertigungsplappereien nicht zu viel kaputt zu machen :)

Gruß
Quinn

 

Hi Quinn,

ich muss zugeben, die Geschichte nur deswegen weiter gelesen zu haben, weil Deine Kritiker Dir eine gute seltsame Geschichte attestierten, und tatsächlich, nach dem mir sehr zäh vorkommenden Intro nimmt sie Fahrt auf und hat mich mit vielen Sätzen, Bildern, Formulierungen richtig erwischt.

Und so bin ich froh, sie beim zweiten Anlauf komplett gelesen zu haben, denn damit kann ich sagen, daß sie mir in ihrer Gesamtheit ausserordentlich gut gefällt, das ist mal eine, die ich auch hätte schreiben wollen. Und bin mir auch nicht mehr sicher, ob ich das Intro noch so und zu lang finde oder wo es überhaupt endet, haben sie das wohl auch geändert.

Großes Kino, hat mir sehr gut gefallen !

Grüße,
C. Seltsem

 

Hallo C. Seltsem,

für den zähen Anfang kann ich nichts, den haben SIE nachträglich geändert.
Ehm, ja, du hast natürlich recht, man könnte da kürzen. Ich habe das so angelegt - das wurde mir von IHR erklärt -, damit die "surrealen" Elemente um so stärker hervorstechen, später, also vor allem der Pudel. Ich könnte mich vielleicht überreden lassen, das Intro auf die Hälfte zu kürzen (Fulda und die Kaugummibank raus), aber ich finde man wird da so ein bisschen warm mit dem Protagonisten und der Geschichte, obwohl man es sicher nicht viel länger ertragen könnte. :)

Ansonsten: Wow, scheint dir ja sehr gut gefallen zu haben. Freut mich wirklich

Vielen Dank für deine Kritik
Quinn

 

Hallo Quinn,

der Titel hat mich angesprochen, keine Frage, als Liebhaberin von diversen Schokoriegeln, besonders die mit Karamel ...

Witzig: Mir gings genau wie C.Seltsem - es gab nach der Einleitung mal einen Punkt, an dem ich als Leser nicht mehr so das Interesse hatte, weiterzulesen, weil mir das eben Irrationale mit der Zeit zu schwammig wurde, ohne dass ich einen festen Faden sah.

ein rosafarbenes Kaugummigeschwür
sehr anschaulich :D

Vier Uhr zweiundzwanzig, zeigt die Busbahnhofsuhr.
Ganz verstehe ich es nicht, dieses Komma.
Der Körper ist daran gewöhnt, in Daunen zu schlafen,
ich schlafe eher unter Daunen, aber nun ja, wir sind ja in Seltsam
Ich lehne mich gegen einen Pfeiler, während ich rauche, und winkle ein Bein an, damit die Fußsohle gegen den Pfeiler drückt.
warum nicht einfach: ... Fußsohle dagegen drückt ... ?
Dann fällt mir auf, dass ich jetzt bestimmt so aussehe wie eine Nutte in einem amerikanischen Film,
Was mich vermuten ließ, der Prot sei eine Prota.

Ich winkle die Beine ein wenig an und drücke sie gegen den Vordersitz. Man sollte das eigentlich nicht machen, man ist ja keine vierzehn mehr und auch in Filmen sieht man das nicht, zumindest nicht oft, aber mir ist danach. Dann spiele ich das alte Spiel und linse in den Spiegel des Fahrers hinein. Das fand ich schon immer toll. Ganz egal, wo man sitzt, man hat das Gefühl, dem Fahrer direkt in seine bananengelben Augen zu schauen und man hat das Gefühl, als würde der Fahrer einen selbst, und nur einen selbst, zurückbeobachten. Dabei weiß man, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, natürlich, dass dem nicht so ist. Und dass so was mit konkaven oder konvexen Spiegeln zu tun hat und mit Optik und mit Physik.
Aber der Fahrer schaut ohnehin nicht nach oben und ich kann nur die gelben Augen sehen. Die würden normalerweise gut zu Fulda passen. Dort ist nachts alles orange, so ein angenehm sattes, orangiges Orange, ein wenig fruchtig. Aber anscheinend haben sie auch das geändert, denn die Stadt ist nicht orange, sie ist schwarz.
Diesen Absatz könntest du nach meinem Geschmack weglassen.
Dann kommt der Gast durch den Gang und im Kerzenschein sehe ich, dass es eine Frau sein muss, denn sie trägt ein Kleid. Ein recht hübsches Kleid sogar. Ein weißes Kleidchen, das ihr nur bis zum Oberschenkel reicht und die Schultern freilässt. Über die Schultern fallen wild straßenköterblonde Haare. Sie hat eine richtige Mähne, diese Frau, und irgendwie denke ich bei so einer Mähne immer an Amanda Marshall.
Dieser Absatz könnte noch etwas Feinschliff gebrauchen ;).
ch visiere jetzt den mittleren Kreis an. Dazu muss man wissen, dass Brüste ja etwas von Zielscheiben haben, mit drei immer kleiner werdenden konzentrischen Kreisen: Die ganze Brust, der Warzenhof und die Nippel.
Hier wird der Leser etwas sehr belehrend behandelt :shy:

Diese gut eingefangene, ungewöhnliche Atmosphäre hat sich nach dem Wiederholten einlesen in mir breit gemacht und ich hatte auch wirklich einen Film vor mir.

Die Geschichte hat mir gut gefallen, wenn auch erst auf den zweiten Blick ;).

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo Bernadette,

bernadette schrieb:
der Titel hat mich angesprochen, keine Frage, als Liebhaberin von diversen Schokoriegeln, besonders die mit Karamel ...
Wusste ich's doch, entweder Sex in den Titel oder Schokolade. Mein letztes Experiment mit Diamantem im Titel war eher nicht so der Bringer.

Witzig: Mir gings genau wie C.Seltsem - es gab nach der Einleitung mal einen Punkt, an dem ich als Leser nicht mehr so das Interesse hatte, weiterzulesen, weil mir das eben Irrationale mit der Zeit zu schwammig wurde, ohne dass ich einen festen Faden sah.
Da scheint was dran zu sein. Der Anfang könnte einige verschrecken. Ich könnte natürlich jetzt behaupten, dies sei ein Auslesemachinismus der Geschichte, aber in Wirklichkeit ist das ziemlich doof.


Zu deinen Stilanmerkungen, vor allem den Wortwiederholungen: Mir ist das beim Überarbeiten tatsächlich auch aufgefallen, aber bei "Konkreta" schafft so eine Wortwiederholung glaube ich ein eindringlicheres Bild, also bei mir zumindest. Ich muss zweimal "Pfeiler" lesen oder dreimal, damit ich mir auch wirklich einen Pfeiler vorstelle. Und bei Veronika ist das Bild mit den Schlagwörtern Schulter, Kleid, Mähne glaube ich auch deutlicher, weil die Reizwörter öfter kommen.
Aber es kann auch gut sein, dass das nur bei mir so ist und dass ich jetzt totalen Unsinn daherrede.

Aber freut mich, dass dir die Geschichte auf den zweiten Blick (auf den ersten Eindruck sollte man ja eh nichts geben :) ), auf den zweiten Blick also gefallen hat.

Gruß und vielen Dank für deine Kritik
Quinn

 

Da scheint was dran zu sein. Der Anfang könnte einige verschrecken. Ich könnte natürlich jetzt behaupten, dies sei ein Auslesemachinismus der Geschichte, aber in Wirklichkeit ist das ziemlich doof.
Er hat mich ja nicht verschreckt, im Gegenteil, ich fand das schon interessant, gerade auch die Sache mit dem Pudel, es ist eher die Situation im Bus, die anfangs nicht so recht in Schwung kommt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Quinny!

Der Beginn deiner Geschichte ist ein bisschen so wie dieses „Ecce homo“ am Beginn von „Mr. Bean“ - Jemand ist auf einmal einfach da, wie vom Himmel gefallen.
Der Protagonist ist eigentlich ein Typ, der aus seinem persönlichen Film (= Leben) gefallen ist, aber da er das noch nicht wirklich weiß, fällt er noch nicht aus seiner Rolle. Die Nonchalance des coolen Mannes hat er jedenfalls noch voll drauf.
Mir scheint, es geht hier überhaupt sehr um die männliche Rolle, um das männliche Selbstbild. Der Held beobachtet sich und seine Posen sehr genau, mit den beiden Säuglingen im Arm kommt er sich blöd vor, er fühlt sich unbehaglich dabei, dass Veronika die Aktive ist und nicht er. Seine Wahrnehmung ist sehr selektiv, er sieht nur die attraktive Frau, das Muster am Saum ihres Kleides, aber die anderen eigenartigen Gestalten nimmt er überhaupt nicht wahr. Und obwohl er ja tot ist, okay, er weiß es die meiste Zeit nicht, denkt er ständig nur an Sex und daran, mit dieser Frau eine Beziehung zu haben. Als erstes mal die Gunst der Stunde nutzen und sie abtatschen, und nicht fragen, warum die sich eigentlich so eigenartig verhält.

Sie murmelt irgendwas, aber dann streichelt sie auch über meinen Rücken und ich grinse ein bisschen vor mich hin und mache dabei die Augen zu.
Dann ist aber schon wieder was, denn sie stöhnt auf, schubst mich von sich weg und hält mir ihre nasse Hand genau vor die Nase.
„Blut“, sagt sie. „Auf deinem Rücken. Du blutest. Dreh dich mal um, ich glaube, da ist ein großes Loch.“
Während ich mich umdrehe, frage ich mich, ob es jetzt ein gutes Zeichen ist, dass sie mich duzt.
Sehr gut! Er kommt von seinem Gleis nicht so schnell runter! :D
Der Bus scheint so etwas wie ein Vakuum zu sein, in dem Erinnern nicht mehr möglich ist: Erst als Veronika das Fenster aufschlägt, und Luft hereinkommt, erinnert er sich.
Sie hieß Veronika und war meine Frau. Ich liebte sie einmal, aber dann nicht mehr. Sie hatte Leukämie und eine Schwester. Die Schwester war bei uns eingezogen, weil meine Frau Leukämie hatte.
Ich schlief mit ihrer Schwester, weil die keine Leukämie hatte. Und sie schlief mit mir, weil ich keine Leukämie hatte.
Ich schlief mit ihr im Wohnzimmer.
Und meine Frau schlief im Schlafzimmer.
Zu schwach, um aufzustehen. Zu schwach, um zu hören. Dachte ich. Im Film.
Aber sie konnte hören. Sie konnte aufstehen. Sie konnte den Umweg in die Küche machen. Sie konnte die Geschirrspülmaschine öffnen. Sie konnte das große Messer nehmen.
In dem Moment, bevor Menschen sterben, das habe ich einmal gehört, geht ein letzter Kraftschub durch ihren Körper.
Das ist sehr gut gemacht. Die Nacherzählung dieses äußerst melodramatischen Geschehens derart trocken, in knappen Worten, ohne irgendeine Gefühlsregung, nur die Tatsachen sagend, das passt natürlich hervorragend zum Helden. Nur in dem „Ich schlief mit ihrer Schwester, weil die keine Leukämie hatte. Und sie schlief mit mir, weil ich keine Leukämie hatte“ wird gerade in dieser etwas umständlichen Wiederholung bzw. Doppelung das ganze Belastende dieser Geschichte deutlich. Das ist wirklich toll!
Die Botschaft des Textes scheint ja schon zu sein, dass Ehebruch nicht ganz so schlimm ist wie Mord ... Da besteht ja noch Hoffnung ... :Pfeif: Er wird wiedergeboren werden, sie fährt zur Hölle, weil sie auf den Teufel hört. Die wahren Opfer sind halt immer die Frauen, die Männer ziehen den Kopf immer rechtzeitig aus der Schlinge ...:p

Ich glaube, der Reiz der Geschichte besteht vor allem in diesem Widerspruch: die Coolness des Helden auf der einen und die Dramatik und das Unheimliche des eigentlichen Geschehens auf der anderen Seite. Außerdem besticht sie vor allem durch starke Bilder, der imaginäre Augensinn wird sehr gut bedient!


Fehler:

Verkohlte Hautfetzen blättern in purpur und pastell von ihm ab
groß: Purpur und Pastell
Sie hat etwas sehr resolutes und amazoniges, etwas archaisches und auch, ich sage es nicht gerne, verkehrtes.
groß: Resolutes, Amazoniges, Archaisches, Verkehrtes
er hat etwas karamelliges
groß: Karamelliges
Halt mich“, sagt sie und lässt sich zu mir herunterfallen, so dass ich sie unter ihre Achsel greifen muss
hinunterfallen, und besser: so dass ich ihr unter die Achseln greifen muss

Schon wieder Ideen für neue Geschichten? :D

Gruß
Andrea

 

Hallo Quinn,

auch mich hat der Titel deiner Geschichte angesprochen - und letztlich hat der ja auch gehalten, was er versprochen hat.
Für mich persönlich war es etwas zu abgedreht - aber es ist natürlich nicht deine Schuld, dass ich mich in der Rubrik Seltsam nicht heimisch fühle. Keine Ahnung, ob ich alles verstanden habe, aber amüsiert habe ich mich beim Lesen auf jeden Fall.
Du hast einen nicht mehr ganz neuen Plot originell umgesetzt - besonders gut haben mir die surrealen Wahrnehmungen deines Protagonisten gefallen. Diese geben deiner Geschichte meines Erachtens ihren besonderen Charme.

Stilistisch hat mich deine Geschichte ebenfalls begeistert. Deine Sprache ist sehr metaphernreich und ich bin auf sehr, sehr viele notierenswerte Sätze gestoßen. Gut gepasst hat bei dieser Geschichte auch der Plauderton, den du gelegentlich anschlägst. Das brachte mir deinen Protagonisten sehr nahe und gab dem ganzen Geschehen einen sehr realistischen Anstrich.

Sehr gern gelesen.

Lieben Gruß, Bella

 

Hallo bernadette,
ach die Sache mit dem Bus meinst du. Ich finde das persönlich schon bedrückend, wenn das drumherum dunkel und tot ist und der Busfahrer gelbe Augen hat (das sind ja nach dem Pudel die ersten richtig surrealen Elemente). Aber hmm, vielleicht fange ich da auf zu niedrigem Niveau an.

Danke für den Hinweis
Quinn

Hallo Andrea,

Andrea H. schrieb:
Der Protagonist ist eigentlich ein Typ, der aus seinem persönlichen Film (= Leben) gefallen ist, aber da er das noch nicht wirklich weiß, fällt er noch nicht aus seiner Rolle. Die Nonchalance des coolen Mannes hat er jedenfalls noch voll drauf.
Ich glaube, er ist gar nicht "cool", er kriegt einfach nur nichts mit. Und durch das Drumherum, also diesen Wirbel, wirkt er dann cool. Aber ein richtig "Cooler" würde ja nicht ständig die Dame angrabschen. Und einem richtig Coolen wäre auch aufgefallen, dass, wenn man schon eine "freie" Bank braucht, man auch einfach die nehmen könnte, auf der man selbst gesessen hat. :)

Mir scheint, es geht hier überhaupt sehr um die männliche Rolle, um das männliche Selbstbild. Der Held beobachtet sich und seine Posen sehr genau, mit den beiden Säuglingen im Arm kommt er sich blöd vor, er fühlt sich unbehaglich dabei, dass Veronika die Aktive ist und nicht er. Seine Wahrnehmung ist sehr selektiv, er sieht nur die attraktive Frau, das Muster am Saum ihres Kleides, aber die anderen eigenartigen Gestalten nimmt er überhaupt nicht wahr. Und obwohl er ja tot ist, okay, er weiß es die meiste Zeit nicht, denkt er ständig nur an Sex und daran, mit dieser Frau eine Beziehung zu haben. Als erstes mal die Gunst der Stunde nutzen und sie abtatschen, und nicht fragen, warum die sich eigentlich so eigenartig verhält.
Ja, genau. Es gibt aber auch Frauen, die man einfach anfassen möchte. Und irgendeinen Vorteil muss der Tod ja mit sich bringen, wenn es nur ein reduziertes Schamgefühl ist - es spielt ja in dem Fall auch viel von der ehemaligen Vergangenheit der beiden mit rein.

Das ist sehr gut gemacht. Die Nacherzählung dieses äußerst melodramatischen Geschehens derart trocken, in knappen Worten, ohne irgendeine Gefühlsregung, nur die Tatsachen sagend, das passt natürlich hervorragend zum Helden.
Es ist auch ein furchtbar abgegriffenes Szenario, da reichen ein paar Schlagwörter, damit sich jeder was vorstellen kann. Das Lob ist ein wenig unverdient, weil ich auch als Autor diesen Punkt möglichst schnell abhandeln wollte. :)


Nur in dem „Ich schlief mit ihrer Schwester, weil die keine Leukämie hatte. Und sie schlief mit mir, weil ich keine Leukämie hatte“ wird gerade in dieser etwas umständlichen Wiederholung bzw. Doppelung das ganze Belastende dieser Geschichte deutlich. Das ist wirklich toll!
Ja, mir war das fast schon eine Spur zu dick und zu pseudo-literarisch kindersprachlich schlicht. Aber offensichtlich komme ich damit durch.


Die Botschaft des Textes scheint ja schon zu sein, dass Ehebruch nicht ganz so schlimm ist wie Mord ... Da besteht ja noch Hoffnung ... :Pfeif: Er wird wiedergeboren werden, sie fährt zur Hölle, weil sie auf den Teufel hört. Die wahren Opfer sind halt immer die Frauen, die Männer ziehen den Kopf immer rechtzeitig aus der Schlinge ...:p
Interessant, dass du das so liest. :)
Ich glaube, die Frau "fährt zur Hölle"/"fällt in den Fluß", weil sie glaubt handeln zu müssen, weil sie die "Nemesis" fürchtet, während der Mann einfach zu tranig ist (ab einem bestimmten Punkt sagt er nur noch "Hmm"). So ein bisschen das Hamlet-Syndrom.

Ich glaube, der Reiz der Geschichte besteht vor allem in diesem Widerspruch: die Coolness des Helden auf der einen und die Dramatik und das Unheimliche des eigentlichen Geschehens auf der anderen Seite. Außerdem besticht sie vor allem durch starke Bilder, der imaginäre Augensinn wird sehr gut bedient!
Das geht ja runter wie Milch und Flakes. :)

Um die Fehler kümmere ich mich sofort, vielen Dank für deine sehr wohlwollende Kritik, das motiviert mich ungemein. Freut mich jedesmal, wenn du dich so intensiv mit meinen Ergüssen auseinandersetzt. :)

Gruß
Quinn

Hallo Bella,

was soll ich zu so einer schönen Kritik anderes sagen als "Danke"?
Mit dem Stil ist es immer so eine Gradwanderung. Der Plauderton kann auch schnell anfangen, nervig zu werden, da muss ich immer am Rießen reißen.
Offensichtlich hat das -aus deiner Sicht- bei dieser Geschichte funktioniert.
Und wenn du Spaß am Lesen und an der Sprache hattest, ist das wunderbar.

Gruß und Danke für die Kritik
Quinn

 

Ich glaube, er ist gar nicht "cool", er kriegt einfach nur nichts mit. Und durch das Drumherum, also diesen Wirbel, wirkt er dann cool. Aber ein richtig "Cooler" würde ja nicht ständig die Dame angrabschen. Und einem richtig Coolen wäre auch aufgefallen, dass, wenn man schon eine "freie" Bank braucht, man auch einfach die nehmen könnte, auf der man selbst gesessen hat.

Ach, Quinn, Coolness und Dummheit schließen sich doch nicht aus! ;) :D

 

Tach Ernie!

Mann, ich weiss nicht, was ich sagen soll. Mir hat's saugut gefallen. Ehrlich! Und zwar alles: Der Aufbau, die Anspielung im Titel (wenn auch geschummelt), die detailverliebten Beschreibungen und Beobachtungen und vor allem der Ton. Die ganze Geschichte über hat mich der stimmige und nie aus der Reihe tanzende Ton des Erzählers gefesselt. Da gab's (ausser den bananengelben Augen) nix, was mich rausgerissen hätte. Und das Ende ... unerwartet und daher gut.

Also, ich find Deinen Stil klasse. Kann ich ehrlich nicht anders sagen.Wenn das Pop-Stil ist, dann sollte ich mal mehr Pop lesen.

War das konstruktiv? Nö. Egal. :)

Auf bald,
Bert

 

Sehr geehrter Herr Stäbchen,
sehr habe ich mich über ihre so wohlwollende Kritik gefreut und würde mich freuen, wenn weitere, will meinen zukünftige, Geschichten aus meiner Feder ebenfalls die Ehre erhielten, von ihren Augen erfasst und ihrem scharfen Verstand kommentiert zu werden.
Bezüglich des Popstils drückte ich mich vielleicht unklar aus, tatsächlich ist es kein üblicher Pop-Stil, sondern eine Parodie auf ihn, respektive so etwas ähnliches. Wenn Sie, Herr Stäbchen, mit dem Gedanken spielen, sich näher damit zu befassen, empföhle ich "Faserland" von Christian Kracht, den ich jenen Ergüssen des Benjamins von Stuckard-Barre vorzöge.

Hochachtungsvoll und in Bewunderung verbleibend
Ihr Quinn

 

Hallo Quinn,

ja, seltsam ist die Geschichte, aber der Titel. Irgendwie passt er wegen dem Styx, aber irgendwie nicht, wegen dem Raider.
Wie dem auch sei, mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Sie lässt sich flüssig lesen und du hast den Spannungsbogen gut hinbekommen. Es setzt sich alles Stück für Stück zusammen. Besonders gut haben mir die Metaphern, wie "ein rosafarbenes Kaugummigeschwür", gefallen.
Alles in allem, ein tolle Geschichte.

Ciao MiK

 

Hallo MiK,
freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat. Der Titel ist ja ein Spiel mit dem bekannten Slogan "Raider heißt jetzt Twix ... sonst ändert sich nix."
Da habe ich im Prinzip nur "Twix" durch "Styx" ersetzt. So ganz ernst gemeint ist der Titel -wie auch die Geschichte- also nicht. :)

Gruß
Quinn

 

Hallo Quinn,

mich hätte der Titel beinah abgehalten, die Geschichte zu lesen, unter ihm habe ich reinen Trash Humor erwartet, nicht eine sensible surreale Geschichte über eine Vorstellung von Nahtoderfahrung.
Zum Glück habe ich den Titel dann doch überwunden, denn die Geschichte hat mir gut gefalen.
Trotzdem ein paar Anmerkungen:

Als Amanda näher kommt, sehe ich, dass am Saum ihres Kleids so kleine gestickte Muster sind, wie auf einer Tischdecke, und ich sehe auch, dass sie barfuss ist.
ist zwar unhöflich, aber die beiden Wörter halte ich auch atmosphärisch für überflüssig.
Nein, sage ich. Ich röche nichts.
Konjunktuv finde ich ja immer schwierig. Hier bin ich unsicher, ob der Konjuktiv 2 wirklich der richtige Tempus ist. Ich habe das Gefühl, du hast ihn genutzt, um deutlich in der indirekten wörtlichen Rede zu bleiben.
so dass ich sie unter die Achseln greifen muss.
ihr unter die Achseln? unter ihre Achseln?
Du wegen dem Ehebruch und ich wegen dem Mord
arghhh (naja, ist ja wörtliche Rede)

Lieben Gruß, sim

 

Hey sim,
vielen Dank dafür, dass du die Geschichte doch gelesen hast. Mit dem Titel ist es so eine Sache, man könnte Action-Trash dahinter vermuten - ich war eher auf dem Popliteratur-Trip, weil dieses "Raider heißt jetzt Styx" so ein beliebtes Motiv aus der ganzen Schiene ist. Und ich vor hatte, mit diesem Pop-Stil in dem Gefilde zu operieren (die ganze erste Szene, gerade mit dem Fulda-Werbespot, und die eigentliche Ereignislosigkeit ist für mich typisch Pop und auch später einige Wendungen noch).

Zu deinen Anmerkungen: Das "dass" ist auch wieder ein Kompromiss zum Popstil, ich finde es klingt so "besser", auch diese Demonstrativpronomen und das typischen "so eines von diesen Dingern", also eine gewollte Unschärfe im Ausdruck, eine Armut an Begriffen, zu einem gewissen Teil.
Den "betonten" Konjunktiv fand ich sehr schön, weil er auch diese Distanz mit sich bringt, die Distanz zwischen dem Protagonisten und der Geschichte. Den benutze ich sehr gerne in meinen Geschichten.
Die Achseln änder ich - dachte sogar, ich hätte das schon gemacht nach Andreas Kommentar.
Und mit dem Genetiv bei wegen ... ich find's ganz ehrlich "unnatürlich" mittlerweile. Durch Sick ist da zwar eine Sensibilisierung aufgetreten, aber mir kommt der heutzutage einfach schon antiquiert und schriftsprachlich vor. In einer anderen Perspektive würde ich ihn vielleicht nutzen, aber auch dann würde ich bei diesen Stellen wohl jedesmal stolpern.
Die Lösung, wie sie jetzt ist, ist aber auch noch nicht so der Bringer, generell sollte ich wirklich versuchen, die "wegen"-Konstruktion zu meiden. Wie man's im Moment macht, ist es irgendwie klanglich "unsauber", finde ich.

Gruß
Quinn

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom