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Rauchen kann tödlich sein
Andrea hockt im Straßengraben und zieht gierig an ihrer Zigarette. Wie gut das tut, mal wieder zu rauchen! Plötzlich ziehen dunkle Wolken auf, es beginnt zu regnen, und Schritte nähern sich. Klaus. „Hier bist du also! Komm, gib mir die Zigarette.Du wolltest doch aufhören.“ Panisch greift sie nach dem blitzenden Messer, das neben ihr liegt. Klaus beugt sich über sie, da sticht Andrea zu. Überall Blut, der Regen spült es in den Gully...
Schweißgebadet fuhr Andrea im Ehebett auf und hörte Klaus friedlich schnarchen. Vor drei Wochen hatte sie mit dem Rauchen aufgehört. Zunächst lief alles gut, doch irgendwann kamen diese verrückten Träume. Sie ging sogar zu einem Psychologen. Nichts weiter als Entzugserscheinungen, hatte er ihr versichert. Die würden bald von selbst aufhören. Ihre Sorge, dass sie als Schlafwandlerin an die Zigaretten ihres Mannes gehen oder Schlimmeres anstellen könnte, zerstreute der junge, gutaussehende Dr. Wertschmidt.
Der Mensch, erklärte er, sei mit einem Selbstschutz ausgestattet, der in Traumphasen die Muskeltätigkeit weitgehend lahm lege, und Schlafwandeln komme ohnehin nur bei wenigen Menschen oder in extremen Ausnahmezuständen vor. Er könne, lächelte der Doktor die blonde Enddreißigerin an, ihr das ja gern einmal näher erläutern. Vielleicht in privaterem Rahmen, bei einem Kaffee...?
Andrea entschied sich dagegen. Auch wenn ihr Mann sie schon oft verletzt und betrogen hatte, dass sie nicht einmal wusste, ob sie ihn überhaupt noch liebte.
Als sie an diesem Abend heimkam war Klaus noch nicht da. Um Sieben rief er an, dass es später würde, Überstunden im Büro. Weit nach Mitternacht klapperten die Schlüssel. Er war betrunken, roch nach Qualm, nach Schnaps, und (dafür hatte sie inzwischen eine besonders feine Nase) nach Frauenparfüm. Wo er gewesen sei, fragte sie zutiefst verletzt.
„Überstunden“, lallte er.
„Du bist betrunken.“
„Quatsch.“
„Und hattest was mit einer anderen Frau!“
„Quatsch“, sagte er wieder und: „Lass mich in Ruhe, ich will schlafen.“ Andrea lag lange wach neben ihm, heulend vor Schmerz und Wut. Dieser Mistkerl! Zum ersten Mal dachte sie ernsthaft daran, wieder mit dem Rauchen anzufangen. Sie schniefte, wischte sich die Tränen aus den Augen und hörte ihren Mann neben sich laut schnarchen. Erst als der Morgen dämmerte, schlief sie ein.
Sie hockt im Straßengaben, zieht gierig an ihrer Zigarette. Der Boden ist kalt unter ihren bloßen Füßen. Jetzt fängt es an zu regnen und sie hört die Stimme: „Hier bist du also! Komm, gib mir die Zigarette.Du wolltest doch aufhören.“ Sie greift nach dem Messer, die Klinge blitzt, der Griff ist kühl – dann sticht sie zu, einmal nur, mit aller Kraft. Jetzt ist Ruhe. Endlich.
Andrea wachte auf, wischte sich das schwitzige Haar aus dem Gesicht und atmete schwer.
„Oh Gott. Ich hatte wieder diesen Traum.“
Ihr Mann antwortete nicht. Sie hörte ihn auch nicht schnarchen. Alles blieb still. Andrea schaltete die Nachttischlampe ein, blickte zur Seite – und ihr entsetzter Schrei blieb ihr im Hals stecken.