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Rebellion

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30.11.2003
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Rebellion

Kalle kaute einen Moment auf dem saftigen Gras und spuckte es dann in hohem Bogen wieder aus.
„Die Messe beginnt“, machte ihn unnötigerweise sein Freund Ole auf das Glockenläuten aufmerksam, das gerade bis auf den Hügel hinauf drang, auf dem die beiden Jungen es sich gemütlich gemacht hatten.
„Meine Mutter wird mir den Hintern versohlen, wenn ich nicht in zehn Sekunden bei der Messe bin“, meine Ole besorgt und kaute nervös auf einem Grashalm herum.
„Ach komm, so schlimm ist’s doch nicht“, bot Kalle den perfekten, lässigen Gegenpol zu seinem veränstigtem Freund; sah Kalle doch mit seinem halb heraushängendem Grashalm sehr verwegen aus.
Kalle strich sich das dunkle, dichte Haar zurück und legte sich rücklings auf das Gras.
„Glaubst du an das, was dir alle erzählen, Ole?“, fragte Kalle und schaute zu seinem Freund, mit dem Gesicht voller Sommersprossen empor.
„Naja, es wird wohl war sein, wenn es alle sagen, oder?“
Kalle schnaubte verächtlich durch die Nase, woraufhin Ole ein wenig von ihm abrückte. Kalle setzte sich auf und packte seinen Freund bei den Schultern.
„Ole, ich erzähle dir jetzt etwas in vollstem Vertrauen. Das erfährst nur du, verstanden?“
Ole nickte, wobei ihm einige blonde Haarsträhnen ins Gesicht fielen. Hastig strich er sie zurück, um nur ja keinen Gesichtsausdruck von Kalle zu verpassen. Der sonnte sich einen Moment in dem von ihm kreierten Spannungsmoment, dann brach das Kindliche in ihm durch und er sprach mit glühender Leidenschaft:
„Ich habe gesehen, wie sich alles bewegt hat! Gestern bei Vollmond, ich stand draussen im Feld und habe gesehen, wie sich der Mond bewegte und die Bäume, alle samt, nicht nur die Zweige! Und dann habe ich gespürt, wie ich selbst mich bewegte, ich bewegte mich mit dem Mond. Wir waren im gleichen Rhythmus, verstehst du?“
Ole sah Kalle mehr als skeptisch an:
„Was ist daran so besonders? Es ist doch bekannt, dass wir uns drehen und die Sonne und der Mond drehen sich um uns herum.“
Jetzt verlor Kalle ganz seine Fassung und sprang auf:
„Aber verstehst du denn nicht? Wie können wir das wissen? Ich habe dich eben gefragt ob du alles glaubst und du sagtest ja, wenn es doch alle sagen! Aber ich sage hier und jetzt etwas anderes! Ich sage, nicht alles dreht sich um uns, sondern wir, die Erde, drehen uns mit dem Mond um die Sonne!“
Ole keuchte und sprang auf.
„Wie kannst du - “ Dann brach er ab, denn Kalles Blick nagelte ihn fest. Er erkannte die wilde Entschlossenheit in dem dunklen Blick seines Freundes. Kalles Augen funkelten nur so vor Rebellion.
„Pass nur auf. Pater August ist sehr streng in diesen Sachen“, flüsterte Ole schwach, und die Rebellion machte der Verachtung Platz.
„Wie kannst du dich vor allem ducken, Ole? Ich habe selbst nachgedacht und weißt du was? Das ist so viel besser, als für dich denken zu lassen!“
Ole sonst immer schüchtern und im Schatten seines mutigen Freundes stehend, wurde nun wütend:
„Und woher weißt du, dass es stimmt, was du sagst? Vielleicht liegst du falsch und wir alle anderen richtig!“
„Ja, vielleicht. Aber ich will zu mindest die Möglichkeit haben, anzuzweifeln, dass die Erde der Mittelpunkt von Allem ist.“

Die Kirche bot nicht viel Licht. Draußen schien blendend hell das sommerliche Licht, aber in der Kirche war es so dunkel, dass Kalle Schwierigkeiten hatte, zu sehen. Einen Moment stand er still und gewöhnte sich an das dämmrige Licht.
„Komm her, Junge.“ Fast gespenstig drang die körperlose Stimme an das Ohr des Jungen. Doch für Kalle hatte es nichts gespenstiges. Er wusste woher die Stimme kam und kannte auch den Körper, der dazu passte.
Quietschend öffnete er die Tür des Beichtstuhls und ließ sich auf der harten Bank innen nieder.
„Hallo, Kalle.“ Kalle senkte die Augen.
„Guten Tag, Pater.“
„Was führt dich zu mir? Eine reuige Seele?“
Kalle konnte durch das Gitter, das ihn und den Pater trennten, sehen, wie sich die Lippen des alten Herrn zu einem Lächeln verzogen.
„Nein, meine Mutter schickt mich.“ Das Lächeln erstarb.
„Das ist nicht gut. Du sollst aus freien Stücken kommen.“
Ja, aber sie wird mir den Hintern blau schlagen, wenn sie herausfindet, dass ich nicht hier war!
Nun war es an Kalle sein Lächeln zu unterdrücken.
„Und welche Sünde will sie gereinigt sehen, Kalle?“
Der Junge senkte erneut seinen Kopf.
„Mein Freund Ole hat seiner Mutter etwas erzählt und die hat es meiner erzählt.“
„Und was war dies?“
„Ich habe gesagt, dass die Erde mit dem Mond um die Sonne kreist.“
Kalle hatte dies sehr schnell gesagt, denn auch sein jugendlicher Mut ließ deutlich nach, sahen ihn doch die forschen Augen des Paters streng durch das Gitter hindurch an. Nun verengten sie sich zu Schlitzen.
„Du hast sicher in deinem jugendlichen Übermut, Unsinn daher geredet und siehst es jetzt ein, nicht wahr?“
Hab Mut, Kalle, hab Mut!
„Nein, Pater, ich ziehe es noch immer in Erwägung.“
Einen Moment herrschte Stille in der Kirche. Kalle wusste sehr genau, dass dies die untergründige Bestrafung des Paters gegen seine Ungehorsamkeit war. Der Pater trieb es auf die Spitze, bis das Schweigen kaum noch zu ertragen war, dann brach er es, mit einfachen Worten, die Kalles Mut dennoch brachen.
„Ich dulde dies nicht, gottlose Seele.“
Bei seiner Mutter hätte Kalle gelacht, Ole hätte er geboxt, aber so etwas aus dem Mund des sonst so gutmütigen Paters zu hören, war schmerzlicher als ein Schlag in die Magengrube.
„Wie kannst du anzweifeln, dass wir, Gottes Geschöpfe, der Mittelpunkt der Welt sind? Wer sonst, außer uns sollte es sein? Die Sonne! Ich bitte dich, Kind! Nur wir, wir allein sind dazu auserkoren im Mittelpunkt zu stehen. Im wahrsten Sinne des Wortes.“
Sag es, sag es! Sag, vielleicht ist es anders!
„Vielleicht ist es anders, Pater“ Kalles Stimme war schach, aber sie zitterte nicht.
Wieder nutzte der Pater aus, dass er die Kunst der Bestrafung perfekt beherrschte. Nach langem Schweigen sagte er:
„Wage es nicht noch einmal, Junge. Und ich kann nicht mehr gegen den Zorn Gottes für dich beten.“
Wieder legte sich diese angespannte Stille über den Beichtstuhl.
„Also“, setzte der Pater ruhig an „ist die Erde der Mittelpunkt der Welt?“
Kalle senkte den Blick.
„Natürlich ist sie das, Pater.“
Der Pater sah eindringlich durch das Gitter hindruch auf das Gesicht des Jungen. Aber es war verborgen unter einem dichten Haarschopf. Wäre dies nicht so gewesen, hätte der Pater es sicherlich mit seiner hervorragenden Beobachtungsgabe gesehen. Aber so entging ihm das kurze Aufleuchten aufkeimender Rebellion in den dunklen Augen des Jungen.

 

Hallo zusammen!
Vorweg, ich habe versucht kursiv zu drucken, hab aber gemerkt, dass ich nicht weiß wie dies funktioniert, wäre sehr dankbarm wenn mir dies jemand erklären könnte. Danke und lg, bluna

 

Hallo bluna,

die Geschichte hat mir leider nicht sonderlich gut gefallen.

Das liegt nicht am Thema. Wir brauchen immer wieder Menschen, die alte Erkenntnisse in Frage stellen und den Mut aufbringen, dass um jeden Preis zu tun. Den hat Kalle. Aber genau die Spannung des Themas, die Zerrissenheit zwischen der Möglichkeit, es sich einfach zu machen und der, für seine Überzeugung einzutreten, die hat mir deine Geschichte nicht vermittelt.

Ich habe mich auch die ganze Geschichte über gefragt, was genau für eine Erfahrung Kalle da in dieser Nacht macht und wie er daraus seine Erkenntnis ableitet, dass die Erde nicht der Mittelpunkt ist. Das wurde mir nicht klar.

Du hast auch noch einige kleine Fehler in deiner Geschichte, besonders am Anfang sind mir auch mehrere Wortwiederholungen aufgefallen (kauen, Grashalm).

Aber ich will zu mindest die Möglichkeit haben
zumindest
Der Pater sah eindringlich durch das Gitter hindruch auf das Gesicht des Jungen.
hindurch

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hallo Jushi!
erst einmal danke für deinen Kommentar. Du kannst also die Zerrissenheit nicht so ganz nachvoll ziehen... kannst du mir vielleicht sagen wieso? Hätte ich mehr auf die Gefühle Kalles eingehen sollen? Oder mehr Situationen schildern sollen?
Zu der Sache mit der sich drehenden Erde: Ist es wirklich so wichtig für die Geschichte genau zu beschreiben, was passiert ist? Es ist einfach ein Gedanke Kalles, der von der normalen Meinung abweicht.
Also, danke für deine Kritik, lg, bluna
P.S. @ Blaine: danke für den hilfreichen Link!

 

Hi Bluna,

eine nette Geschichte ;-)
Etwas hat mich aber deutlich gestoert: Es war das staendige direkte und indirekte kommentieren des Erzaehlers an Stellen, bei dene das nicht noetig ist, oder die sowieso offensichtlich sind. Beispiele:

Ganz krass die schraeggestellten Saetze wie:

Hab Mut, Kalle, hab Mut!
Wenn Du stattdessen beschreibst wie Kalle zittert, dann bin ich mir sicher, dass das jeder versteht und Du nicht die Keule auspacken musst.
Aehnliches findet sich in vielen Kleinigkeiten innerhalb Deiner Geschichte. Es ist staendig der Farbton eines Erzaehler zu spueren, der in diesem Falle der Glaubwuerdigkeit der Geschichte schadet (manchmal ist so etwas gut, meist eher in ulkigen Geschichten). Ein Beispiel:
„Ach komm, so schlimm ist’s doch nicht“, bot Kalle den perfekten, lässigen Gegenpol zu seinem veränstigtem Freund; sah Kalle doch mit seinem halb heraushängendem Grashalm sehr verwegen aus.
(das fette ist uebrigens ein kleiner Fehler ... ups ...) Es klingt so, als waere dieses verwegene Aussehen die Einschaetzung des Erzaehlers. Es ist aber die Einschaetzung von Ole. Viel besser waere fuer diese Szene meiner Ansicht nach eine einfache Darstellung der Dinge, vielleicht aus Sicht eines der Protagonisten oder eines neutralen Erzaehlers:
„Ach komm, so schlimm ist’s doch nicht“, sagte Kalle verwegen und spielte dabei lässig mit einem halb heraushängenden Grashalm im Mundwinkel.
Nimm Dir einfach noch einmal die Geschichte zur Brust und ueberlege Dir: Wo bist Du es, wo sind es Deine Protagonisten, die sprechen, denken etc ... Danach ueberleg' Dir einfach (wenn Du es bist, der hier etwas beschreibt oder denkt ... ), ob das nicht besser einer der Protagonisten machen koennte oder der Leser (der ja mitdenkt) diesen Eindruck nicht auch ohne Kommentar gewinnen kann ...
soviel fuer heute

sarpenta

 

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