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Regen

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04.08.2005
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Regen

Regen

Die Dunkelheit hinter der Scheibe lies nichts erkennen. Nur die am Fenster klebenden Regentropfen waren zu sehen, beleuchtet von dem kalten Licht im Wagen.
Sie schienen ein Eigenleben zu haben. Neben den kleinen Perlen fing ein größerer Tropfen an sich nach unten zu hangeln. Er hielt sich an den kleinen fest und schloss sie in sich ein, bis er immer größer und schwerer wurde, bis er schließlich mit beschleunigter Geschwindigkeit nach unten tropfte und von der Bildfläche verschwand.
Immer wieder blieb die Bahn stehen, um -wenn überhaupt- ein oder zwei Menschen in den Regen zu entlassen. Die Schwärze schien sie zu verschlucken, sobald sie aus der Tür traten.

Er wendete sich lieber wieder den Regentropfen zu. Sie waren so sehr mit dem Hinunterklettern und Rutschen beschäftigt, dass sie nichts von der Kälte innerhalb des Wagens mitzubekommen schienen. Er strich langsam mit seinen Fingern über das Glas, versuchte den Regentropfen zu folgen, sie in seine Richtung zu zwingen. Er mochte seinen Blick nicht wieder auf die leeren, grauen Sitze wenden, auf die gelbblassen, kalten Stangen. Sie waren ihm zuwider, bedeutungslos und leer. Der ganze Raum war voll von dieser Leere, die ihn zu erdrücken schien. Das kalte Licht, der kalte Boden, der Fahrscheinautomat - wie aus eine anderen, fremden Welt. Ekel vor dieser nackten Ignoranz ihm, als Mensch gegenüber, stieg in ihm auf.
Er stellte sich vor, wie er sich langsam in ein Ungeheuer verwandeln würde. Seine Muskeln würden wachsen, das Gesicht würde sich zu einer hässlichen Fratze verzerren, die Haare wild vom Kopf abstehen. Sein Hemd würde dem Druck der Muskelmassen nicht standhalten können und aufreißen. Die letzten Fahrgäste würden mit angsterfüllten Augen zu ihm hinaufschauen. Er würde sich erheben und mit seine wuchtigen Faust in die Glasscheibe schlagen, die mit einem Ohrenbetäubenden klirren in alle Richtungen zerbersten würde. Er würde wie wild um sich schlagen, die Sitze, die grauen nichtssagenden Sitze auseinandernehmen und bis ans Ende der Bahn schmeißen, damit dieser die Leere durchschneiden konnte.
Und dann würde er brüllen. Er würde so laut brüllen, dass es die ganze Welt hören würde. Ein heiserer, hasserfüllter Schrei. Ein Schrei geboren in der tiefsten Trauer, schrill wie die Angst vor dem Nichts. Er würde schreien, so lange, bis nichts mehr von ihm übrig blieb, als ein leises Echo seiner Selbst.

* * *

Das Ehepaar drängte sich an dem jungen Mann vorbei in die Bahn. Lachend stützte der Mann seine Frau, die kichernd auf einen der vielen freien Plätze deutete. Der Mann trocknete sich die Augen und wollte gerade tief einatmen, als seine Frau ihn plötzlich in ironischer Verzweiflung ansah und sagte: "Schau mal, es hat reingeregnet!". Sie zeigte auf die Tropfen, die an der Innenseite der Scheibe nach unten tropften.

 
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Hallo Yasi,
der Text hätte vor der Veröffentlichung ein wenig besser redigiert werden dürfen.

beschleunigter Geschwindigkeit
unglückliche Ausdrucksweise

wie aus eine anderen, fremden Welt.
einer

mit einem Ohrenbetäubenden klirren
"Klirren" groß, "ohrenbetäubenden" klein

..., damit dieser die Leere durchschneiden konnte.
der Bezug ist nicht vorhanden

Gruß
Chris

 

Hallo Yasi,

ich bin geteilter Meinung bei deiner Geschichte.
Der Anfang hat mir sehr gut gefallen, die Beschreibung der Regentropfen, wie sie an dem Fenster herunterlaufen, an Masse zunehmen und dann verschwinden.

Aber mit dem Mittelteil kann ich weniger anfangen. Es kommt mir vor, als würdest du nun von einem ganz anderen Menschen reden. Zuerst die gefühlvollen Beschreibungen bei den Regentropfen und jetzt das Ausarten in eine Monsterfigur, die alles zerstört.

Der Schluss voll wohl den Leser wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringen.

Tut mir Leid, der Mittelteil der Geschichte ist so gar nicht meine Richtung. Ich weiß auch nicht, was du mit den Kontrasten in deiner Story bewirken willst.

Noch einige Anmerkungen:

Die Dunkelheit hinter der Scheibe lies nichts erkennen.

ließ

... bis er immer größer und schwerer wurde, bis er schließlich mit beschleunigter Geschwindigkeit nach unten ...

... bis er immer größer und schwerer wurde, schließlich, je weiter er nach unten floss, an Geschwindigkeit zunahm ....

Ekel vor dieser nackten Ignoranz ihm, als Mensch gegenüber, stieg in ihm auf.

Diesen Satz verstehe ich nicht!!!

Er stellte sich vor, wie er sich langsam in ein Ungeheuer verwandeln würde. Seine Muskeln würden wachsen, das Gesicht würde sich zu einer hässlichen Fratze verzerren, die Haare wild vom Kopf abstehen. Sein Hemd würde dem Druck der Muskelmassen nicht standhalten können und aufreißen. Die letzten Fahrgäste würden mit angsterfüllten Augen zu ihm hinaufschauen. Er würde sich erheben und mit seine wuchtigen Faust in die Glasscheibe schlagen, die mit einem Ohrenbetäubenden klirren in alle Richtungen zerbersten würde. Er würde wie wild um sich schlagen, die Sitze, die grauen nichtssagenden Sitze auseinandernehmen und bis ans Ende der Bahn schmeißen, damit dieser die Leere durchschneiden konnte.
Und dann würde er brüllen. Er würde so laut brüllen, dass es die ganze Welt hören würde.

Siehst du es selbst?

als seine Frau ihn plötzlich in ironischer Verzweiflung ansah und sagte:

Wieso ist die Frau ironisch verzweifelt, wenn es hereingeregnet hat. Verzweiflung vielleicht, wenn sie sich in die Wasserlache hineinsetzt.

Ich glaube hier bedarf es noch einiger Überarbeitung.

Viele Grüße
bambu

 

Hallo Bambu!

Ich freue mich sehr über die eingehende Kritik! Ich muss dazu allerdings sagen, dass ich noch nicht lange schreibe und (wie du schon gemerkt hast) Probleme mit meiner Ausdrucksweise habe oder damit den Faden in einer Geschichte zu halten.
Texte, die ich schreibe müssen immer überarbeitet werden, weil ich (blöderweise) immer impulsiv schreibe. Und das ist genau das worauf ich keine Lust habe, aber bei mir geht es nicht anders... Ich bemerke auch selber, dass einige Stellen irgendwie nicht stimmen, aber ich weiß nie genau was. Deswegen danke für die Kritik und die Hinweise. Ich werde die Geschichte noch mal überarbeiten und dann ersetzen.

Ekel vor dieser nackten Ignoranz ihm, als Mensch gegenüber, stieg in ihm auf.

Diesen Satz verstehe ich nicht!!!


Das hab ich wohl zu undeutlich geschrieben. Es geht dabei um die "nackte Ignoranz" der Unnatürlichkeit der Maschienen, zu denen "er" als Mensch keine Verbindung finden kann. Er sucht Wärme und kann sie nicht finden, er fühlt sich von den Geräten und Gegenständen, von dem Metall ignoriert.

Vielleicht erklärt das für dich auch den Verlauf der Geschichte einbisschen:
Der Protagonist sieht die Regentropfen und es scheint, als wenn er sich mit ihnen verbunden fühlt als wären sie lebendig. Er will ihre Zuwendung.

[er] versuchte den Regentropfen zu folgen, sie in seine Richtung zu zwingen
Das selbe scheint er auch von den Dingen in der Bahn zu erwarten. Diese erfüllen seine Erwartung von Wärme nicht.
Er mochte seinen Blick nicht wieder auf die leeren, grauen Sitze wenden, auf die gelbblassen, kalten Stangen. Sie waren ihm zuwider, bedeutungslos und leer.

Es geht aber im Grunde nicht um seine Außenwelt, es geht um ihn als Menschen. Die Leere, die er fühlt ist nicht im Wagen, sondern in ihm selbst. Und diese ihm unerklärliche Leere staut sich auf und bildet Aggressionen in ihm. Er ist aber nicht fähig diese auszuleben und fängt an zu phantasieren.


Das Ehepaar drängte sich an dem jungen Mann vorbei in die Bahn. Lachend stützte der Mann seine Frau, die kichernd auf einen der vielen freien Plätze deutete. Der Mann trocknete sich die Augen und wollte gerade tief einatmen, als seine Frau ihn plötzlich in ironischer Verzweiflung ansah und sagte: "Schau mal, es hat reingeregnet!". Sie zeigte auf die Tropfen, die an der Innenseite der Scheibe nach unten tropften.

Das Ende ist wohl auch ziemlich uneindeutig. Hier geht es darum das Ende aus der Sicht eines Fremden zu zeigen. Vor allem um so auch zu zeigen, dass es der Junge war, der diese Kälte in der Bahn gespührt hat, dass diese für andere nicht vorhanden war. Außerdem, sollte die anonymität dargestellt werden, mit der Menschen aneinander vorbeigehen und sich nicht sehen.

in ironischer Verzweiflung

Hier meinte ich eigentlich nur diesen Gesichtsausdruck, den Betrunkene haben, wenn sie sich etwas nicht erklären können.

Sogar wenn es reingeregnet hätte, hätten die Tropfen nicht an der Innenseite der Scheibe geklebt. Das sind andere Tropfen, mit denen der Ausbruch der Aggressionen
in dem Jungen erklärt werden.

Naja...Also wie schon gesagt, es muss noch viel korrigiert werden, aber ich hoffe ich konnte jetzt einigermaßen verständlich machen, WARUM die Geschichte so ist, wie sie ist.

Danke nochmal

Yassi

PS: ja...hab ich gesehen-würdewürdewürde . . .

 

Hallo Yasi,

nur kurz zu

diesen Gesichtsausdruck, den Betrunkene haben,

Dies wäre vielleicht mit mit leicht verklärtem Blick ganz gut umschrieben?

Deine Erklärungen habe ich so einiger Maßen verstanden.

Das Feilen an Geschichten ist ganz normal. Auf Anhieb sitzt wohl bei keinem eine Story. Dafür gibt es ja Lektoren oder hier die Kritiker von Kg.de! *smile*
Übrigens, ich schreibe auch noch nicht so lange Kurzgeschichten und habe hier auf der Seite schon viel dazu gelernt. Wenn man sich mit den Vorschlägen der Kritiker auseinandersetzt, dann kann man einiges an seinem Schreibstil verbessern.

In diesem Sinn weiterhin viel Spaß beim Schreiben
wünscht
bambu

 
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Doch, ich fand den Kontrast gut.
Ein Regentropfen. Kann Blick und Gedanken beschäftigen, dass man die Leere vielleicht für den Moment der Betrachtung nicht so spürt. Kann Anlass für einen fröhlichen Ausruf sein.
Und dieser Regentropfen stellt die einzige Verbindung her, zwischen Menschen, die nichts miteinander zu tun haben. Worunter manche leiden.

ad:
Ekel vor dieser nackten Ignoranz, usw.
Bitte, was denn sonst, wenn nicht Ignoranz? Fahrscheinautomat und Boden sind tote Materie, was für eine Art von Aufmerksamkeit erwartet dein Held vom Fahrscheinautomaten? Wie könnte ein Fahrscheinautomat Anteilnahme bezeugen? Lieblicher surren beim Fahrschein Ausspucken?
Das ist jetzt keine Kritik am Text, dein Held darf natürlich erwarten, was er will; es ist auch durchaus nicht unhübsch, weil nett skurril. (Beleidigt sein auf den ignoraten Fahrscheinautomaten.., süß.). Ach, aber ich, nur ich persönlich wohlgemerkt, würde vielleicht etwas tiefer mitleiden, wenn du diesen Satz wegliesest..

Und der letzte Absatz vom 2. Abschnitt, der gefällt mir jetzt auch nicht ganz so gut. Wut, Schmerz, Leere, Angst, Trauer, usw. - das kommt alles in der oben - übrigens sehr schön - geschilderten Verwandlung deines Heldens in den Hulk ausreichend zum Ausdruck; dass er sich nicht nicht unbedingt aus überschäumender Lebensfreude in ein Monster verwandeln will, wird irgendwie klar.

 

Ekel vor dieser nackten Ignoranz, usw.
Bitte, was denn sonst, wenn nicht Ignoranz? Fahrscheinautomat und Boden sind tote Materie, was für eine Art von Aufmerksamkeit erwartet dein Held vom Fahrscheinautomaten? Wie könnte ein Fahrscheinautomat Anteilnahme bezeugen? Lieblicher surren beim Fahrschein Ausspucken?
Das ist jetzt keine Kritik am Text, dein Held darf natürlich erwarten, was er will; es ist auch durchaus nicht unhübsch, weil nett skurril. (Beleidigt sein auf den ignoraten Fahrscheinautomaten.., süß.). Ach, aber ich, nur ich persönlich wohlgemerkt, würde vielleicht etwas tiefer mitleiden, wenn du diesen Satz wegliesest..

Ich hab lange überlegt, aber ich kann den Satz nicht weg lassen, weil...es geht auch hier nicht nur um die Maschienen selbst, sondern die von Menschen erbauten Dinge für Menschen...Es ist schwer zu erklären, aber es ist auf jeden Fall das, was ich fühle.
Ja, er ist richtig Beleidigt...was sein Selbstmitleid eben einbisschen ins lächerliche zieht.... Hm....aber dafür klingt wohl der Satz nicht richtig. Gibt es da ein passenderes Wort für Ekel???

 

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