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Regieanweisungen für das Gehen
Bidi, Wolf. In Wolfs Zimmer.
Bidi im Rock, Wolf in der Tür.
Bidi packt. Wolf atmet tief.
„Du gehst“, stellt er fest. Bidi nickt.
Bidi sucht ihren Pulli im Schrank, Wolf im Rücken.
Bidi vertraut. Wolf nicht mehr.
„Du kannst immer zurückkommen“, sagt er.
Bidi sagt nichts, packt und weint.
Von draußen hört man Autolärm, das ist die Großstadt. Bidi lässt das Fenster trotzdem immer offen.
Bidi im Pulli, Wolf in Gedanken. Bidi: „Es tut mir alles so leid.“ Wolf lächelt bitter. Er fragt nicht mehr, warum sie das getan hat. „Manchmal“, sagt er, „manchmal glaubt man einen Menschen vollkommen zu kennen und dann macht er etwas, was man ihm nie zugetraut hätte.“
Bidi sieht ihn an. Wolf denkt zurück. Vor einer Woche? Nein, da wussten es schon alle außer ihm. Vor einem Monat? Nein, da haben sie sich schon nicht mehr anfassen können. Vor einem Jahr?
Vor einem Jahr. Bidi in Unterwäsche, Wolf in der Küche, macht Tee. Bidi im Halbschlaf. Wolf ist Wolf, bleibt Wolf, doch für Bidi immer zahm, doch für Bidi fast ein Lamm, doch mit Bidi über schneebedeckte Nachtsteppen um die Wette laufen.
Zurück, die Schranktür knallt.
Bidi: „Oh.“ Wolf: „Wieso lernt sie das nie?“, und findet sie auf einmal wieder niedlich.
Bidi in dem Schulterfreien, kurz vorm Ende gekauft. „Du willst einem anderen gefallen“, sagt Wolf und wartet auf den Schmerzensschlag. „Was soll ich dazu sagen?“, fragt Bidi und Wolf fühlt sich elend.
Bidi ab. Wolf bleibt zurück, bleibt Wolf. Struppig, grob, traurig, einsam. Für Atemzug zahm, es bleibt der Weg zurück in die Wälder. Wolf sieht sich um. Es dunkelt.