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Richard Wagner im Jahre 2220

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26.04.2005
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Richard Wagner im Jahre 2220

Nun hatte man technisch viel errungen. Niemand wurde mehr ausgebeutet wie in finstrer Neuzeit; unser Jahrtausend hatte sich wie durch göttliche Einwirkung in ungeahnten Ereignis-Schüben, hin und wider, quer durch Nationen und Institutionen, zu quellender, fruchtender Blüte entfaltet. In den ersten Jahren des Milleniums hatte sich die Streitlage um die ganze Erde herum durch ein paar letztlich absurde Kriege entspannt, bei denen es vorgeblich um Religionen, in Wirklichkeit aber um verborgene Kampfeslust ging. Drauf versöhnte man sich, mehr und mehr umarmten sich Paare aus verschiedenen Ländern, die Staatengemeinschaften wurden zusammengeschlossen. Keine Armut gab es mehr. Horatio Obermann aus Teutschland wurde zum Boss in der Weltregierung berufen, die ihren Sitz nach Cork an der irischen Südwestküste verlegte. Er wurde als ein zweiter großer Karl gefeiert, weil er das Recht erneute, aber nach seinem Tod im Jahre 2085 sofort für immer vergessen. Am 25.8.2220 strich aber das Kleid von Annadiama Sulfapraga über Obermanns Epitaph. Sie hatte sich mit ihrem Liebsten, einem stattlichen Schweden, in die Gelasse der UNO begeben und zog ihn nun mit ihrem wonnigen elektromagnetischen Polsterkleid durch den Flur. Im Innenhof des Gebäudes, in dem sie grad waren, wusste sie eine lauschige Oase, und beide freuten sich auf ein dort vorzunehmendes Schäferstündchen. Was berichtete Annadiama, als sie mit ihrem Freund Rückzug vom Grauen des Arbeits-Alltags suchte, was flötete sie dem Gemahl ins Ohr? Sie erzählte ihm einen Vorfall, der sich auf der Straße begeben hatte, und frohlockte mit ihrem Partner über dessen zärtliche Arme, darüber, wie sie bis zu ihnen, zu Annadiama und Flodur, auf ihre Gartenmatte reichten und sie beide mit Frohmut erfüllten:

"Flodur, auf der Straße hab ich ein Mädchen gesehn, sie war vielleicht – – – ja ja, so, wie dein Hund. Mascha hat sie geheißen. Sowas Freches! Als ihre Mutter sie schalt, sie soll endlich ihren Kindergarten zusammenfalten und ihn in die Tasche von ihrem Kleid stecken, hat sie sich auf ´ne Bank gesetzt, da war so ´ne Bank, und hat den Titicacasee aufgerufen, aber so laut, ich bin total verschrocken: ´Titicacaaaaah!` Ich hab`s echt nicht glauben können. Den Kindergarten hatte sie auf den Beinen ausgebreitet, da sind so bolivianische Reiche-Leute-Kinder rumgelaufen, die haben gerufen: ´Hallo Mascha! Wir gucken grade Tiefseefische!` Dann hat sie sich auch die Tiefseefische angeguckt, es waren so orange leuchtende Dinger, du weißt schon..."

Da waren sie schon an ihrem geheimen Fleck angekommen... Halb zog sie ihn, halb sank er hin – da war`s um ihn geschehn (Goethe). Annadiama sagte zu ihrer Bluse zwischen den Blüten ein Wort, und ohne Lautsprecher erklang, durch Ionen um die beiden Liebenden erzeugt, Wagners "Walkürenritt" in einer Aufnahme von Furtwängler.

Wagner war in den letzten 150 Jahren mehr und mehr als der astralische, als der Komponist des dritten Jahrtausends erkannt worden und wurde nun um die ganze Welt herum verehrt und gefeiert... Man konnte sich darin gar nicht mehr genug tun, und kein nationalistisches Vorurteil trübte die Freude derer, die ihn mochten.

 

Hi Hans!

Ich glaube, ich habe den Sinn deiner Geschichte begriffen:
Dein Prot ist ein Autor, der sich von seiner eigenen Inspiration verarschen lässt, willkürlich ein paar Koksphantasien hinwürfelt und dann nicht müde wird, sich vor den Kritikern zu rechtfertigen.
Also, bei mir hat das seine Wirkung nicht verfehlt: Ich hab' mich gekringelt vor Vergnügen!

Ganz besonders Stellen wie:

Als ihre Mutter sie schalt, sie soll endlich ihren Kindergarten zusammenfalten und ihn in die Tasche von ihrem Kleid stecken, hat sie sich auf ´ne Bank gesetzt, da war so ´ne Bank, und hat den Titicacasee aufgerufen, aber so laut, ich bin total verschrocken: ´Titicacaaaaah!` Ich hab`s echt nicht glauben können.

Oder *prust*:

Da waren sie schon an ihrem geheimen Fleck angekommen... Halb zog sie ihn, halb sank er hin – da war`s um ihn geschehn (Goethe).

Aber am besten waren Stellen wie:

Nichts für ungut. Aber machen Sie sich nicht lächerlich!
:D

Ich kann und will die Einzelteile meines Werkes nicht auf erbsenzählerische Weise zusammenklauben und dann ausrechnen, warum man meinen Text gut finden muss, wie in der Mathematik. Wie ich schon gesagt hab, will ich eine bestimmte Atmosphäre schaffen. Um aber die spezifische Aura der Wagnerschen Musik möglichst originalnah nachzuschaffen, so scheint mir, hat mich die Inspiration dazu gebracht, ähnlich wenig literaturwissenschaftlichen Gesetzen zu gehorchen, wie Wagner denen der Harmonielehre gehorchte. Ist das jetzt angekommen?
:lol:

Auch dass die Figuren einem fremd erscheinen, kennen wir durchaus aus Sagenstoffen wie Parzival oder dem der Nibelungen (???).
:lol:

Alles im Sinne von Richard Wagner: Viel Unfug, aber gnadenlos dem gehorchend, was einem die Inspiration vorschreibt.

Diese Inspiration schrieb mir unter anderem auch vor, dass der Tüp aus Deutschland kommen solle. Gedacht habe ich mir dabei überhaupt nichts.

:lol: :lol:

Auch hier hat mir die Inspiration befohlen, den Titicaca-See zu nehmen, obwohl das etwas Fui-Kaka klingt.
:rotfl:


Aber eigentlich gehört deine Geschichte in den Humor-Thread. Solche Autoren gibt es nämlich schon heute, auch auf dieser Website. :D

Okay, jetzt mal im Ernst:

Du hast also gemerkt, dass deine Geschichte nicht so richtig angekommen ist. Gründe werden zuhauf dafür angegeben, aber anstatt dass dich das nachdenklich macht, verteidigst du deine Formulierungen mit aller Verbissenheit.
Nicht, dass das nicht legitim wäre; schließlich kann auch der Autor mit seiner Intuition richtig liegen und der Kritiker bildet mit seinem Missfallen nur die Minderheit.
Aber kannst du dir vorstellen, dass ein Leser, der noch nie Wagner gehört hat, durch deinen Text eine Ahnung von der Atmosphäre einer Wagner-Symphonie bekommt?
Also ich jedenfalls nicht. Ich habe mich nur über die drei stilistisch unbeholfen formulierten, unzusammenhängend erzählten Abschnitte gewundert, die in kaum einer Verbindung zueinander stehen. Von Atmosphäre war nicht im Mindesten etwas zu spüren.
Was die Kritik im Einzelnen angeht, so kann ich meinen Vorkritikern nur eifrig beipflichten. Dein Experiment, dich von deiner "Inspiration" leiten zu lassen, ist kläglich gescheitert.

Vom Genre her gehört dein Text auch eindeutig nach "Experimente". Dort wird es kein Problem sein, wenn du deine Intention nachträglich "erklärst", vielmehr wirst du dort auch eher Verbesserungsvorschläge bekommen, wie du deine Intention besser unterstützen kannst.

Unnötig zu sagen, dass du dafür auch empfänglich sein musst.

Ciao, Megabjörnie

 

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