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- 13.07.2005
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Rote Perlen
Rote Perlen
Ich sehe sie. Sie sind meinetwegen da. Kostbar, wie nichts auf dieser Welt. Aber sie fallen zu Boden. Vermischen sich mit dem Staub der dort liegt. Machen ihn heilig.
Wie schön sie sind!
Die Sonne geht auf. Wie oft sie schon aufgegangen ist? Viele Male und sie wird wieder aufgehen. Es ist egal, was auf dieser Erde passiert. Sie geht jeden Tag auf und am Abend wieder unter. Ganz unbekümmert. Sie ist der Grund, warum wir leben. Ohne sie wäre kein Leben möglich, aber doch ist sie unbeteiligt. Ja es scheint so, als würde sie ihr Gesicht abwenden. Als ginge es sie nichts an was hier passiert.
Mächtig ist sie und sie färbt den Himmel rot.
Also wird es schlechtes Wetter geben, wenn der Himmel so früh am Morgen schon rot ist.
Aber er ist nicht so leuchtend rot, wie die Perlen.
Die Perlen, die auf den Boden fallen. Unaufhaltsam.
Ich versuche sie aufzufangen, aber meine Finger können sie nicht halten. Nichts kann sie aufhalten, sie werden fallen. Immer weiter und wenn sie am Ziel ihrer Reise angekommen sind, vermischen sie sich mit dem Staub. Was für ein Schicksal ist das?
So etwas heiliges, landet im Staub, wird selbst braun vor lauter Dreck.
Sie müssten fliegen. Endlos fliegen, damit sie nicht in diesem Schmutz landen. Schmutz, der ihnen ihre Heiligkeit nimmt. Der sie befleckt. Aber sie können nicht fliegen, sind nicht zum Fliegen geboren. Ist es ihr Schicksal so zu enden? Warum können sie es sich nicht aussuchen? Aber es scheint ihnen nichts auszumachen, dass sie im Dreck landen.
Sie akzeptieren ihr Schicksal.
Sie wissen, dass sie nichts daran ändern können, also fallen sie. Sie erfüllen ihre Bestimmung.
Nehmen das Leben mit sich. Sind befreiend. Denn wenn sie alle gefallen sind, dann ist es ruhig. Das Pochen hört auf, die Schmerzen hören auf.
Doch die Erde dreht sich weiter. Alles geht weiter und keiner hat es bemerkt. Niemand hat es bemerkt, wie die Perlen gefallen sind. Wie sie das Leben mit sich genommen haben. Ganz still und heimlich.
Erlösung.
Es ist unwichtig geworden, was war, was ist und was kommen wird. Denn die Perlen sind gefallen. Unaufhaltsam.
Keiner konnte sie aufhalten.
Die Sonne wird sichtbar, doch sie verschwimmt vor meinen Augen. Es wird dunkel. Es kommen nicht mehr viele Perlen. Vorher waren es viele, aber es werden weniger.
Dunkelheit umgibt mich. Eine tröstende Dunkelheit. Endlich scheint die Zeit stillzustehen.
Eine letzte Perle fällt zu Boden.
Alles hat sich verändert und trotzdem ist die Sonne nun vollständig aufgegangen und wird ihren Lauf fortsetzen, als hätte gar nichts sich verändert.
Und doch ist alles anders...
Denn ich bin nicht mehr da.