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Rufus

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12.05.2025
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Rufus

Schwacher Lichteinfall. Eine rechteckige Fensterscheibe. Kaum mehr als ein halber Quadratmeter. Für Tageslicht. Innen spartanische Einrichtung. Ein karg möblierter Raum. Vor weißer Wand. Sonnenstrahlen selten. Nur frühmorgens. Schattenspiel von Gitterstäben. Später am Tag Abwechslung. In freudloser Umgebung. Dann erscheint Elisa. Seit einigen Tagen. Das einzige Lebewesen. Beseelt die Kulisse. Selten zur gleichen Zeit. Andere kommen regelmäßig. Zeitversetzt. Bleiben aber nicht. Erscheinen nur kurz. Bringen Essen. Schieben Geschirr durch die Luke. Verschwinden wieder. Wachpersonal eben. Erfüllen ihre Aufgabe. Elisa bleibt. Oft stundenlang. Meistens regungslos. Bringt Ablenkung. Allein durch Präsenz. Ein faszinierendes Geschöpf. Filigrane Erscheinung. Sehr scheu. Rufus bleibt auf Distanz. Nur nicht aufschrecken. Er studiert sie. Täglich. Aus sicherer Entfernung. Elisa ist sein Medium. Rufus fixiert sie. Fürs Kopfkino. Zur mentalen Stabilität. Die Isolation zermürbt. Sein Seelenleben in Bedrängnis. Schleichend.

Rufus hat Angst. Er fürchtet den Verlust. Von Elisa. Stubenfliegen leben nicht lange. Jeden Tag bange Blicke. Zum Fenster. Wie lange noch? Dann bleibt sie weg. Mehrere Tage. Ein Desaster. Und erscheint wieder. Erleichterung. Vermutlich eine andere. Ähnliche Art. Rufus ritualisiert Abläufe. Bleibt distanziert. Vermeidet unruhige Bewegungen. Er nennt sie Elisa. So wie alle folgenden. Vertraute Bilder. Durch intensive Beobachtung. Fast identisch. Die gleiche Färbung. Schmaler Kopf. Darauf Facettenaugen. Mit rot gefärbtem Gitter. Leib überwiegend grau. Gemischt mit gelb. Feingliedriger Körperbau. Mit zarten Haaren. Zwei häutige Flügelpaare. Hinten in Stummelform.

Es folgen Generationen identischer Geschöpfe. Rufus verinnerlicht sie. Allesamt. In sämtlichen Details. Werden zur Vorlage. Für Meditation. Er bleibt psychisch stabil. Überwiegend. Auftakt zur Selbsthypnose.

Dann Ende der Isolation. Die Zellentür wird geöffnet. Er verlässt den Raum der Erniedrigung. Rufus ist erschüttert. Zum Glück mental nicht zerbrochen. Dank Elisa. Maßgeblich. Sein Innenleben geschmeidig. Weitgehend. Die Seele porös. Bizarre Wachträume bleiben. Verzerrte Emotionen. Freiheit als kategorischer Konjunktiv. Spielraum innerhalb des Möglichen. Dies weiß er. Aus Erfahrung.

 

In freudloser Umgebung. Dann erscheint Elisa.
Was aus meiner Sicht ein Kampfmittel gegen den Gott vom vollständigen Satz wirkt, wird zur Parodie, wenn ein von Geburt an sich zusammenhängender Satz wie
Das einzige Lebewesen. Beseelt die Kulisse. Selten zur gleichen Zeit.
in drei Sätze zerschlagen wird, wobei sich – folgerichtig – so was wie ein Bild der „Monade“ früherer Zeiten offenbart der nicht nur durch Marx verehrten Herren Hegel und Kant.

Der Mensch in der Zelle mit einem dürftigen Ausguck (der in der Gefängnistür ja nur die Ausschau nach innen zulässt -,
außer die arme Seele schafft es, bis ans Gitter hochzukommen).

Und dann hab ich das Gefühl, jetzt hätt ichs herbeigeredet …

Erscheinen nur kurz. Bringen Essen. Schieben Geschirr durch Luke. Verschwinden wieder.
Passend zum Bild der maximierten Enge die Ankopplung der Enge an den Plural der Angst, das Engste und die Ängste - stell Dear mal unseren Straßenverkehr vor, gäbe es weder Furcht und Angst (wobei Furcht immer „vor diesem oder jenem“, Angst eher offen ist bis hin zu dem, was nach dem Tode wäre … als uneingelöster Hoffnungsträger.)

Rufus hat Angst. Er fürchtet den Verlust.
Freiheit als kategorischer Konjunktiv.

Mir gefällt’s!,

dear

@rubber sole

Freatle

 

Hallo @rubber sole,

bei einem Text, der stilistisch auffällig ist, frage ich mich: Unterstütz der Stil den Inhalt oder wird der dem Leser nur eine Kulisse aufgebaut, die nicht wirklich genutzt wird.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die zerhackten Sätze durchaus der Beschreibung der Art und Weise, wie der Mann seine Umwelt erfasst, dienen. Er befindet sich in einer extremen Situation, ist auf sich selbst und wenige Reize von außen zurückgeworfen. Insofern kann man es als mutig oder nachlässig Betrachten, dass du das Qualvolle nur durch die verzweifelten Reaktionen des Gefangenen auf die spärlichen Inputs beschreibst, mit wenig Innenschau.

Zum Glück mental nicht zerbrochen. Dank Elisa. Maßgeblich. Sein Innenleben geschmeidig. Weitgehend. Die Seele porös. Bizarre Wachträume bleiben. Verzerrte Emotionen. Freiheit als kategorischer Konjunktiv. Spielraum innerhalb des Möglichen. Dies weiß er. Aus Erfahrung.
Vielleicht diesen Abschnitt 'normal' formulieren, als Gegensatz zu der vorherigen Situation. Freiheit als Konjuktiv - gut gesagt! Leider kein Hinweis welche Erfahrung ihn diese Schlüsse ziehen lässt.

Interessanter Text mit nicht überstrapaziertem Plot!

Meint Woltochinon

 

@Friedrichardhard
@Woltochinon

Moin,
ja, diese minimalistische Ausdrucksweise ist auffällig. Eventuell werden hier auch mögliche längere Sätze 'erschlagen'. Der Stakkato-Stil diszipliniert mich beim Schreiben und soll das Lesetempo forcieren. Über den Protagonisten erfährt man nichts außerhalb der prekären Situation. Verknüpfungen zwischen Gewesenem und später Folgendem kann nur er philosophisch verarbeiten.
Pleasure, again, Freatle...
Danke fürs Interesse, Woltochinon

Herzliche Grüße.
rubber sole

 

Hi @rubber sole,

ich find auch, dass das im Großen und Ganzen funktioniert, diese Kopplung von Satzstruktur und Isolation.
An ein paar Stellen fällst du raus, hab ich den Eindruck, am deutlichsten für mich hier:

Es folgen Generationen identischer Geschöpfe.
Das fänd ich anders schöner, der Satz ist mir da zu aufgebläht (erstens in der Länge -- im Vergleich, zweitens im Vokabular). Die Info steht eigentlich schon etwas weiter oben, der Satz könnte sogar einfach raus ...

Dann nicht ganz so weitgehend, aber in eine ähnliche Richtung hier:

Er nennt sie ebenfalls Elisa.
- da würd ich auf jeden Fall "ebenfalls" streichen.

Zu kurz ist mir dagegen dieser Satz:

Schieben Geschirr durch Luke.
- da schadet der Artikel ("die Luke") nichts. Der Stil ist ja auch sonst nicht roboterhaft, sondern nur knapp, das würd ich an der Stelle nicht anders machen.

Also in einem Satz: Ich find's gar nicht schlecht, aber die Stringenz in der Durchführung kann man immer noch steigern.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

@erdbeerschorsch

Moin erdbeerschorsch,

danke für deine Anregungen - habe ich umgesetzt. Mit dem 'Stakkato-Stil', den ich gerne mal als Fingerübung benutze, soll der Lesefluss an das Minimalistische des Textes angepasst werden. Wie ich nun feststelle, kann man selbst in wenigen knappen Sätzen noch 'Unwuchten' unterbringen.

Herzliche Grüße.
rubber sole

 

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