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Sünde

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28.11.2004
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Sünde

Sünde

Gerade noch war ich in Träumen bei dir. Jetzt weckst du mich auf, obwohl du wie jedes Mal versucht hast leise zu sein, bist du doch zu laut für mein angestrengtes Gehör. Mein Unterbewusstsein weiß genau, dass es Zeit ist, Zeit für dich zu gehen. Eines meiner Beine strecke ich unter der weißen Seidenbettwäsche hervor, mein Haar liegt ausgebreitet um mich. „Wie ein goldener Schein.“ Hast du gesagt, das erste Mal als wir uns so vollkommen einnander hingaben.
Nicht wirklich wollend öffne ich meine müden Augen und blinzle dich leicht an. Der Morgen ist noch nicht weit vorangeschritten und es schneit, welch passendes Wetter.
Lautlos beobachte ich, wie du deine Sachen zusammen suchst und dich bekleidest. Erst als du dies vollständig erledigt hast drehe ich mich auf den Rücken.
„Musst du schon gehen?“ Meine Stimme so monoton, so weit weg.
Erschrocken drehst du dich zu mir um, doch deine Gesichtszüge entspannen sich als du in meine Augen blickst, ein Lächeln. „Ich wollte dich nicht wecken.“ Du setzt dich zu mir auf die Bettkante, deine Finger gleiten durch meine Haare bis du deine Hand auf meiner Wange zu liegen bringst. Ich führe meine Hand zu deiner, nehme sie, geleite sie zu meinen Lippen und liebkose sie sanft mit diesen, dabei lassen meine Augen nicht von deinen ab und einen kurzen Moment scheint die Welt still zu stehen, als gäbe es nur uns beide.
Dein tiefes Seufzen durchbricht die Stille, zerstört den Moment, zerschneidet ihn wie eine Schere Papier.
„Die Kinder, ich habe versprochen Lukas heute zum Kindergarten zu bringen.“
Ein wehmütiges Lächeln huscht über meine Lippen, dein Sohn. Eigentlich unser Sohn, wenn alles anders wäre und nicht der Ring einer anderen deinen Finger zieren würde. Resignierend lasse ich deine Hand los, ich gebe auf, spüre ein letztes Mal deine wohlschmeckenden, mir so sehr vertrauten Lippen, dann stehst du auf und gehtst. Wie jeden Tag.
Zu deiner Familie.
Deinen Kindern.
Deinem Haus
Und vorallem deiner Frau.
Ich weiß das alles, weiß dass du mir niemals ganz gehören kannst, weiß, dass du ein Lügner bist, ein Betrüger, ein Schuft. Und trotzdem, ja trotz alle dem, liebe ich dich. Wie ich es schon immer getan habe und immer tun werde, solange ich atme. Vielleicht gehört du niemals mir, immer einer anderen, doch solange du mich jede Nacht in deinen Armen hältst ist mir das egal. Doch bitte lass mich nicht los, denn sonst falle ich. In das große Nichts namens Einsamkeit.
All das denke ich, während auch ich mich ankleide und das Hotelzimmer verlasse, verlasse bis heute Nacht, wenn die Sünde weitergeht.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Littleblackwitch,

ich erlaube mir mal, die Begrüßungsformalitäten zu erledigen.

Du hast dich in "Sünde" für einen altbekannten Plot entschieden: die Dreiecksbeziehung, beschrieben aus der Sicht der "Zweitfrau". Ein immer wieder aktuelles Thema, darum spricht auch nichts dagegen, es immer wieder in Geschichten aufzugreifen. Allerdings lässt deine Umsetzung in meinen Augen zu wünschen übrig.

Zunächst mal solltest du dir überlegen, ob du statt der Ich-du-Perspektive nicht lieber die Ich-er-Schreibweise wählst, damit würdest du dich mehr an den "zuhörenden" Leser wenden und ihn nicht so ausgrenzen wie in der Dialogform.

Dann gibt es in meinen Augen einen logischen Fehler: Jede Nacht besucht der gebundene Mann also seine Geliebte - welche (Ehe-)frau würde da nicht misstrauisch?

Mein dritter Einwand wiegt am schwersten: Das Zentrum der Geschichte sind die Gefühle der Erzählerin: ihre Wut, ihre Abhängigkeit, ihre Angst vor Einsamkeit, ihre verzweifelte Liebe. Aber deine Geschichte strahlt nichts von diesen Emotionen ab, und das liegt ganz sicher an der prätentiösen, umständlichen, überliterarischen Sprache, die du wählst. Ausdrücke und Formulierungen wie "nicht wirklich wollend" (statt "unwillig"), "bekleiden" (statt "anziehen"), "Ich führe meine Hand zu deiner, nehme sie, geleite sie zu meinen Lippen und liebkose sie sanft mit diesen" (statt "ich ziehe deine Hand an meine Lippen und küsse sie sanft") und andere mehr wirken unbeholfen, künstlich, fast komisch und töten vor allem jede emotionale Wucht ab.

Du bist noch sehr jung, hast dir bei der Ich-Identifikation mit der Prot vielleicht ein paar Schuhe angezogen, die dir noch zu groß sind. ;-)
Glaub mir, sie denkt nicht so, wie du es schreibst. Sie denkt: 'Wieso muss gerade ich auf diesen gottverdammten Wichser reinfallen und schaffe es nicht, ihm die rote Karte zu zeigen?' Etwas mehr Lebendigkeit dieser Art braucht deine Geschichte!

Denk mal drüber nach bzw. formuliere probeweise um und lasse die verschiedenen Versionen auf dich wirken.

Chica

 

Hej kleine schwarze Hexe ;) ,

willkommen bei uns auf kg.de! :anstoss:

Ich finde Deine Sprache gar nicht schlecht, manchmal tatsächlich - wie Chica schon schrieb - etwas umständlich und gestelzt, aber durchaus literarisch.
Mir fehlt es allerdings auch ein wenig an Tiefe. Es ist ein winziger ausschnitt aus dem Leben einer Geliebten, aber die Emotionen, die das Paar aneinander binden, kommen nicht recht rüber. Ja, es muss nicht immer alles glatt und romantisch und schön sein, es kann auch sein, dass deine Protagonistin wütend und sauer auf ihn ist, ihn aber z sehr liebt, um ihn gehen lassen zu können.
Chicas Rat finde ich gut, vielleicht hilft es Dir ja, eine tiefere Geschichte draus zu machen, wenn Du mit verschiedenen Möglichkeiten spielst.

Liebe Grüße
chaosqueen

 

Auch wenn die Autorin aus welchen Gründen auch immer dieser Seite den Rücken gekehrt zu haben scheint, sollte die noch offene Diskussion über die Geschichtenlogik ruhig fortgesetzt werden:

Selbst unter der höchst realitätswackeligen Voraussetzung, dass die gehörnte Ehefrau jede Nacht arbeitet und zwar nicht nur bis in die ersten Stunden des neuen Tages, sondern bis zum Morgen ("Der Morgen ist noch nicht weit vorangeschritten..."), nie überraschend wegen Unwohlsein oder so nach Hause kommt, nie anruft, hakt ein in meinen Augen entscheidendes Detail:

Da gibt es Kinder, auch kleine. Die lässt der Fremdvögler also jede Nacht allein zu Hause... bzw. die bei extremer logischer Quälerei bemühte Kinderfrau oder Oma wundert sich nicht, dass der Kindsvater jede Nacht aushäusig ist... na ja, ist vielleicht ein Detail, dass nur Müttern mit ihrer beschränkt kinderzentrierten Weltsicht auffällt. :-p

Chica

 

Hallo Littleblackwitch,

Finde es auch schade, dass du dich nicht zu den Kommentaren äußerst.
Auch wenn all die Kritik durchaus berechtigt ist, fand ich deine Zeilen trotzdem ansprechend. Es ist nicht, was du schreibst, sondern wie du es schreibst.

Du malst ein unschuldiges und romantisches Bild. Deine Haupaarstellerin gehüllt in weiße Seidenbettwäsche und die Haare „wie ein goldener Schein“. - Sie ist das Opfer ihrer Liebe. Auch wenn es wahrscheinlich nicht der Realität entspricht, ist es doch gut dargestellt.

In der Realität ist es wohl wirklich eher so, das sie ihn dafür hasst, dass er ihr das antut und das sie sich selbst dafür hasst, dass sie nicht von ihm wegkommt. Doch vielleicht schreibst du diese Geschichte ja in 10 Jahren…

Auf jeden Fall solltest du nicht aufhören zu schreiben! Freue mich schon auf deinen nächsten Beitrag.

Gruß, Kai

 

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