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Saddam Hussein

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24.04.2003
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Saddam Hussein

Ich bin die Macht.
Du kannst mich ficken, prügeln, und an dich reißen.
Nie aber wirst du mich besitzen.


Sie legten blindes Dauerfeuer über kalten Wüstenteppich, zur Erhellung sternenklarer Nacht.
Zehn Sekunden, dann Stille.
Es klingelte Tinnitus in seinem Ohr; heißer Lauf stülpte Blasen auf angesengter Haut.
"Wir warten", sagte eine Stimme weiter weg.
Das war der Rhythmus des (erloschenen) Krieges: Stunden des Nichts, unterbrochen von Augenblicken der Eskalation.
Mittendrin unsichtbare Mitstreiter. Schemen und Schatten. Ruhe und Lärm. Bruchteile von Wörtern, Fetzen von Sätzen. Alles gerät in Vergessenheit, wenn man nur lange genug nicht darüber nachdenkt.
"Wer hat was gesehen?"
Schweigen. Umsonst gefeuert; den Feind unnötig alarmiert?
Der grüne Schweif zog wie eine träge Sternschnuppe übers Firmament.
"Sie sind da!"

In dem Zelt hagelte es ziellos Funksprüche, als spiehe der Äther von der Zeit versetzte Fragmente wie ein Rätsel in die stickige Luft.
Eines jedoch kristallisierte klar, hob sich ab von Kauderwelsch und Nonsens.
"Reife Feige entdeckt ... wiederhole: Reife Feige entdeckt!"

Das Haus hatten sie angezündet, gesprengt, beschossen und vergessen gemacht. Der Gestank verbrannten Fleisches stob einem Exorzismus gleich in willkürlichen, dämonischen Wolken davon, so meinte er, während der Herzschlag ratterte und Salven glühend knisternd den Freiheitswunsch überschlugen, dabei Oberflächlichkeit verdrehten wie frisch gewaschene Socken ineinander gestülpt werden.
Hier Leichen und da Märtyrer, doch keine Märchen. Uniformen unterschieden, selektierten zwischen schwarz und weiß.
Eingebettete Kameras waren Live dabei. Material konnte man schneiden wie zu lange, rebellische Frisuren.
Zwei gestorbene Schemen, ein wenig ließ es nach, das Flüstern.
In einer Ecke saß er, den letzten Widerstand gebrochen.

"Die Platte kommt auf das Erdloch."
Glorifizierung in Anbetracht von Chaos. Und genau hier kommen die Märchen nun doch zum Zug.
"Es ist inszeniert."
"Ist es das nicht immer?"
Wie primitiv es war, ohne die Zentralen des Mächtigen.
"Legt ihn in Lumpen, damit unsere Feinde wissen, welche Stunde ihnen geschlagen hat!"

Die geraubte Kunst schwieg, als die Medienpanzer rollten. Ohne Wiederkehr ... auf in die Freiheit.

 

Hallo Cerberus,

Ich bin die Macht.
Du kannst mich ficken, prügeln, und an dich reißen.
Nie aber wirst du mich besitzen.
Tja, darüber könnte man lang und breit philosophieren. Ein Funken Hoffnung, wenn man die Geschichte von Despoten über die Jahrtausende verfolgt? Vielleicht. Ich mag Deine Einleitung.

Der Gestank verbrannten Fleisches stob einem Exorzismus gleich in willkürlichen, dämonischen Wolken davon, so meinte er, während der Herzschlag ratterte und Salven glühend knisternd den Freiheitswunsch überschlugen, dabei Oberflächlichkeit verdrehten wie frisch gewaschene Socken ineinander gestülpt werden.
Mit dieser Textstelle habe ich auch leichte Probleme. Exorzismus ist ja die Tat an sich. Der Gestank wäre also eher exorziert, oder so. ;) Die blumige Sprache ist o.K. für mich, sie passt gut zum Orient.

Habe Deinen Text "nachfühlen" können - und das ist die Hauptsache, nicht wahr? Sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo zusammen.

@Nachtschatten

manche sätze sind dir gelungen, andere overloaded und ein bisschen aufgesetzt. für solche sätze hättest du andere ausgelacht.

Okay, Anspielung verstanden :D
Aber ich muss dir Recht geben. Manchmal gehen die Pferde mit mir durch. Ein paar Sätze sollte ich wohl wirklich ändern, da zu dick aufgetragen.

was mich ein wenig wundert ist, dass deine sprache hier heftig wirken soll, als ob sie ein unschuldiges opfer verteidigt.

Hier hatte ich auch ein wenig Bedenken. Allerdings liegt es mir fern, mit diesem kurzen Text Symphatie für Saddam Hussein erwecken zu wollen. Vielmehr wollte ich die Wirrheit eines eigentlich beendeten Krieges drastisch in den Vordergrund stellen, in dem es nur noch darum geht, möglichst schnell einen Schuldigen zu finden, um den Krieg weiterhin rechtfertigen zu können.

dieses "nie aber wirst du mich besitzen" am anfang ist, finde ich, unpassend, weil ausgelutscht. auch das ficken im satz davor macht es nicht härter.

Hmm ... mag stimmen, aber das waren die ersten Worte, die mir eingefallen sind. Aus ihnen ist der Rest des Textes entstanden, daher möchte ich sie stehen lassen.

auch diese hier halte ich für fragwürdig, aber der kerngedanke, meine interpretation in deinem text, finde ich in ordnung. gut dass du das geschrieben hast, und das sage ich nie zu wem.

Wie gesagt: Dieser Text soll Saddam keinesfalls in Schutz nehmen. Er dreht sich eher - wie du richtig erkannt hast - um die inszenierten Szenarien und die allgegenwärtige Mediengeilheit.


@melisane

Mit dieser Textstelle habe ich auch leichte Probleme.

Ist auch ein ziemliches Satzungetüm geworden und wohl auch nicht ganz logisch. Muss ich zustimmen.


Euch beiden vielen Dank fürs lesen und kommentieren.

Rutscht gut ins neue Jahr!

 

Hallo lea!

Naja, wenn ein Regime und eine imperialistische Demokratie gegen einander Krieg führen ist der Kleinbürger verwirrt, weil er nicht weiss, was gut und was schlecht ist, und dann wird der Krieg eben als "wirr" bezeichnet/empfunden

Anscheinend bezieht sich diese Aussage auf meinen Kommentar. Allerdings liegt hier ein Missverständnis vor. Nicht ich als Autor und Außenstehender finde den Krieg wirr, sondern lege die Betrachtungsweise auf verschiedene, namenlose Soldaten, die Teil eines größeren Ganzen sind, das sie innerhalb ihres Einsatzes nicht mehr nachvollziehen können, da sie lediglich die absolut nötigsten Informationen erhalten.
Auch spielt diese Geschichte ja nach dem Irakkrieg. In dem Text geht es einzig darum, den ehemaligen Machthaber zu fassen, und er wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt.

1. Absatz: Ein kleiner Trupp in der Wüste, der sich dem vermeintlichen Aufenthaltsort nähert.

2. Absatz: Ein Zelt, das als provisorische Kommandozentrale dient.

3. Absatz: Ein zerstörtes Haus, in dem Saddam sich verbarrikadiert hat.

4. Absatz: Die Inszenierung eines unterirdischen Verstecks zwecks Medienglorifizierung.

deswegen hängt man sich an kleinen Moralismen auf, am besten "Medienkritik", oder man gibt seiner totalen Unfähigkeit die Verhältnisse zu deuten in wirrem Wortfeuere Ausdruck, das mit abgeschmackten Zitaten eingeführt und mit Gähnen beendet wird.

Ist Medienkritik neuerdings etwas verpöhntes?
Und weshalb abgeschmackte Zitate?

Kleinbürgerliches Geschwurbel, sinnlos, hilflos, überflüssig.

Gut, wenn du meinst.

Sorry!

Für eine negative Kritik brauchst du dich nicht zu entschuldigen. Ist schon okay.

Mit ganz normalen Grüßen

Kleinbürger Cerberus

 

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