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Saskia
Mama sagt immer, sie wisse nicht womit sie mich verdient hat. Sie sagt, ich würde zu wenig reden und zu oft weinen. Bei mir in der Schule ärgern sie mich dauernd. Meine Lehrerin sagt, ich wäre nicht normal und solle endlich lernen mich anzupassen. Mama findet, dass sie recht hat. Manchmal glaube ich das auch selbst, so oft habe ich es schon gehört. Also, dass ich nicht normal bin. Doch dann kommt Saskia und richtet mich auf. Saskia ist der einzige Mensch außer Mama, mit dem ich gerne spreche. Oft spielen wir zusammen in meinem Zimmer und sie hilft mir bei den Hausaufgaben. Wenn meine Mitschüler mich ärgern, dann ist sie die einzige, die zu mir hält. Sie findet die nämlich auch doof. Wir sind fast immer einer Meinung. Eigentlich mag ich keine Mädchen. Die in meiner Klasse sind alle blöd. Keine lässt mich in ihr Poesiealbum schreiben. Nur Saskia ist anders. Saskia hat zwar kein Poesiealbum, aber wenn sie eins hätte, dann dürfte ich reinschreiben, hat sie gesagt. Ich weiß schon genau, was ich dann schreiben würde. Vielleicht bekommt sie ja irgendwann eins. Saskia ist nur manchmal gemein zu mir. Meistens wegen Mama. Saskia zwingt mich dann gemeine Sachen zu machen. Sie sagt, Mama hätte mich nicht lieb, deshalb müsse ich das tun. Ich glaube das nicht. Neulich hat mich Saskia gezwungen im Wohnzimmer alle Blumentöpfe vom Fenstersims zu nehmen und an die Wand zu werfen, damit sie kaputt gehen. Die Blumenerde musste ich auf dem Teppich verteilen. Als Mama von der Arbeit nach Hause kam, hat sie es gesehen und geweint. Meine schönen Begonien, hat sie gesagt, und das schöne Wohnzimmer. Danach hatte ich eine Woche lang Stubenarrest. Ich war richtig sauer auf Saskia. Wir haben uns aber schnell wieder vertragen. Saskia ist meine beste Freundin. Ich erzähle immer allen, wie gern ich Saskia habe. Wenn ich einmal groß bin, werde ich sie heiraten.
Die Leute fragen mich oft, wer ist diese Saskia eigentlich, wo kommt sie her? Sie sagen, sie hätten sie noch nie hier gesehen. Ich sage dann, ich weiß nicht wo sie herkommt, aber sie wohnt dort wo ich wohne. In deiner Straße, fragen sie mich dann manchmal. Nein sage ich, sie wohnt in meinem Kopf.