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Saskia

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11.10.2006
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Saskia

Mama sagt immer, sie wisse nicht womit sie mich verdient hat. Sie sagt, ich würde zu wenig reden und zu oft weinen. Bei mir in der Schule ärgern sie mich dauernd. Meine Lehrerin sagt, ich wäre nicht normal und solle endlich lernen mich anzupassen. Mama findet, dass sie recht hat. Manchmal glaube ich das auch selbst, so oft habe ich es schon gehört. Also, dass ich nicht normal bin. Doch dann kommt Saskia und richtet mich auf. Saskia ist der einzige Mensch außer Mama, mit dem ich gerne spreche. Oft spielen wir zusammen in meinem Zimmer und sie hilft mir bei den Hausaufgaben. Wenn meine Mitschüler mich ärgern, dann ist sie die einzige, die zu mir hält. Sie findet die nämlich auch doof. Wir sind fast immer einer Meinung. Eigentlich mag ich keine Mädchen. Die in meiner Klasse sind alle blöd. Keine lässt mich in ihr Poesiealbum schreiben. Nur Saskia ist anders. Saskia hat zwar kein Poesiealbum, aber wenn sie eins hätte, dann dürfte ich reinschreiben, hat sie gesagt. Ich weiß schon genau, was ich dann schreiben würde. Vielleicht bekommt sie ja irgendwann eins. Saskia ist nur manchmal gemein zu mir. Meistens wegen Mama. Saskia zwingt mich dann gemeine Sachen zu machen. Sie sagt, Mama hätte mich nicht lieb, deshalb müsse ich das tun. Ich glaube das nicht. Neulich hat mich Saskia gezwungen im Wohnzimmer alle Blumentöpfe vom Fenstersims zu nehmen und an die Wand zu werfen, damit sie kaputt gehen. Die Blumenerde musste ich auf dem Teppich verteilen. Als Mama von der Arbeit nach Hause kam, hat sie es gesehen und geweint. Meine schönen Begonien, hat sie gesagt, und das schöne Wohnzimmer. Danach hatte ich eine Woche lang Stubenarrest. Ich war richtig sauer auf Saskia. Wir haben uns aber schnell wieder vertragen. Saskia ist meine beste Freundin. Ich erzähle immer allen, wie gern ich Saskia habe. Wenn ich einmal groß bin, werde ich sie heiraten.

Die Leute fragen mich oft, wer ist diese Saskia eigentlich, wo kommt sie her? Sie sagen, sie hätten sie noch nie hier gesehen. Ich sage dann, ich weiß nicht wo sie herkommt, aber sie wohnt dort wo ich wohne. In deiner Straße, fragen sie mich dann manchmal. Nein sage ich, sie wohnt in meinem Kopf.

 

Hi Pacman,

der letzte Satz zerstört es ein bisschen, denn dieser Icherzähler kann nicht wissen, dass Saskia nur in seinem Kopf wohnt. Für ihn ist sie real.
Ich vermisse den gesellschaftlichen Bezug. Zwar könte das Thema durchaus gesellschaftlich sein, dazu aber erzählst du es zu sehr durch die Kinderperspektive, gesellschaftliche Bedingungen wie Überforderung finden in der Geschichte nicht statt.
Ein paar mehr Kommas könnte die Geschichte auch gut vertragen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Pacman und ein herzliches Willkommen von mir

Hm, also sprachlich auf jeden Fall Ok. Lässt sich flüssig lesen und Fehler sind mir jetzt auch keine ins Auge gesprungen.
Inhaltlich bin ich bei Geschichten, in diesem und ähnlichem Stil, immer ein bisschen im Zwiespalt. Es ist zwar nicht schlecht, kann man so machen, aber ich frag mich stets ob es nicht besser gewesen wäre, wenn die Szenen, die mir hier in Kurzfassung erzählt werden, richtig ausgebaut würden.
Auf die Weise, erreicht man eine größere Nähe zum Prot und vor allem bei einer solchen Geschichte, die sehr auf die Pointe gerichtet ist und den Leser ein bisschen hinters Licht führt, wäre es denke ich ganz dienlich.
Aber gut, das hätte in diesem Fall eine extreme Stiländerung zur Folge und ich schätze mal deine Intention lag zu einem Grosteil in der sprachlichen (also "kindlichen") Gestaltung, oder?
Ist also eher ein Tipp für zukünftige Geschichten.

Was mich wirklich gestört hat, war der letzte Absatz. Liest sich, als hättest du ihn nachträglich eingefügt, weil bisherige Leser die Pointe nicht verstanden haben (Ist natürlich nur ne Vermutung, hab ich aber schon sehr oft gehört).
Ist, denke ich, nicht nur unnötig sondern macht auch einiges Kaputt. Belass es bei Andeutungen und lass den Leser die finale Erkenntnis selber machen. Spätestens ab den Blumentöpfen ist nämlich eh ziemlich klar, dass Saskia keine reale Person ist.

Ok, also im großen und ganzen eine solide Sache würde ich sagen, vor allem für ein Erstlingswerk. ;)

Gruß, Skalde.

 

Vielen Dank für Anregungen und Kritik. Es handelt sich übrigens, von einem missglückten Versuch mal abgesehen, tatsächlich um ein Erstlingswerk. Wie Skalde richtig erkannt hat, ging es mir hauptsächlich um die Auseinandersetzung mit der Erzählweise eines Kindes, deren Schnörkellosigkeit und gnadenlose Ehrlichkeit mich fasziniert. Außerdem war es mir wichtig, dass der Leser unbedingt am Ende der Geschichte weiß, dass Saskia keine real existierende Person ist. Rückblickend war es jedoch sicher nicht die glücklichste Entscheidung, dies mit der Brechstange bewerkstelligen zu wollen. Dennoch glaube ich, dass der Protagonist Saskia für real halten und sich gleichzeitig darüber im Klaren sein kann, dass sie nur in seinem Kopf "stattfindet".

 

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