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Schönmacher

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21.04.2014
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Schönmacher

Jasmin. Wenn man genau hinsieht – und das mache ich immer – erkennt man das rhythmische Zittern der Haut, dort, wo die Halsvene nahe an der Oberfläche pocht. Ich folge ihren Konturen weiter bis zu den Ohren. »Mm.« Ich stehe auf. »Darf ich?« Sie sitzt auf einem Stuhl und nickt. Ich streiche mit den Daumen über ihre Wangenknochen – die Haut gibt ein wenig zu schnell nach –, nehme ihren Kopf in beide Hände und kippe ihn nach hinten, leicht nach rechts, etwas weiter nach links, dann nach vorne auf meine Brust. Die Fingerkuppen betasten ihre Wirbel, wühlen sich durch blondiertes Haar, das ein wenig struppig ist. Ich tauche die Nase hinein, sie hat es vor ein, zwei Tagen gewaschen, was mich etwas ärgert. Die Parfumnote ignoriere ich so gut es geht und ein Hauch von Liebstöckel kriecht meinen Riechnerv entlang. Ich setze mich wieder und lächele, warte. Sie sieht mich fragend an, ich hebe eine Braue. Wie es scheint, will sie Antworten von mir, also sage ich, man könne hier, vielleicht auch da, und wenn sie möchte ... Sie hebt die Hand und nickt.

Ist eine noble Geste, will ich meinen, jedenfalls verlange ich nichts, außer einer Winzigkeit. Ich sage den Frauen, sie sollen sich nicht waschen, kein Make-up und ja kein Parfum auftragen, das verbessere das Ergebnis. Ein Bad gehöre ohnedies zur Prozedur, was natürlich Blödsinn ist, also das mit dem Waschen, nicht das mit dem Bad. Es funktioniert auch, wenn sie nach Moschus oder Ambra duften – ewiges Versteckspiel, ewige Täuschung. Sie halten sich an meinen Rat, selbst wenn es ihnen schwerfällt.

»Nein, nicht so, ans Fußende, mit dem Kopf voran.« Ich knie vor dem Bett – ihr Kopf auf Höhe meines Nabels – und bitte sie, die Augen zu schließen. Dann recke ich wie ein Sonnenanbeter beide Arme in die Höhe und denke an das Nichts im Universum, öffne und schließe die Hände im flotten Takt, auf und zu und auf und zu, und irgendwann spüre ich, wie etwas aus dem Äther in mich eindringt, ein heißkaltes Fluidum, das durch die Arme fließt, bis hin zur Brust. Die Frau schläft. Ich zittere, würge, die Lippen beben. Meine Finger beenden die Zappelei, ich reibe die klebrig gewordenen Handflächen aneinander. Es fühlt sich so an, als seien sie mit Leim bepinselt, doch da ist nichts. Ich beuge mich über Jasmins Gesicht, ihr feuchter Atem riecht nach Honigminze, kleine Tröpfchen, Perlen bilden sich am Kinn, auf der Oberlippe, der Stirn. Wie eine Sonde hänge ich über ihr, sauge jeden ihrer Gerüche ein; Liebstöckel wieder, Pfeffer und überreifer Käse. Geschmacksknospen öffnen sich. Ich kann das wirklich spüren. Meine Lippen gebären ein Lächeln, die Zunge halte ich herausgestreckt wie ein Maorikrieger vor der Schlacht. Dann die erste Kostprobe, Verzückung macht sich breit. Ich denke an Schwarzwaldwiesen, Frauen mit Sensen im hochgewachsenen Gras, Kühe fressen Löffelkraut, der Himmel öffnet alle Schleusen und Champagner benetzt die Tannenwipfel. Mein ganzer Körper schüttelt sich. Die Zunge gleitet weiter, über ihr Kinn, die Oberlippe, zu den Wangen. Ich fahre zur See, bin Kapitän – Salz liegt in der Brise! –, Kokosnüsse sind die Fracht, Störe segeln durch die Luft und Gischt glänzt schwarz vom Rogen.
Die Brauen: Ich bin Torero aus Toledo. Paella, Rioja, ein Stier durchpflügt Arenasand.
Die Stirn: Wüste, Hitze, eine Oase – nicht weit entfernt –, Dattelpalmen säumen meinen Weg, ich saufe Nektar aus Ambrosia.
Zügeln muss ich mich! Der Lohn im Voraus ist entrichtet. Ich öffne die Augen und betrachte das feucht glänzende Gesicht unter mir. Die Zornesfalte ist merklich tief geworden, mein Speichel füllt die Kerben auf der Stirn. »Sch«, mache ich, mehr zu mir selbst, sie gibt ja keinen Laut. Ich bearbeite Jasmin nun mit den Klebehänden. Die Haut schiebe ich hierhin und dorthin, in kreisenden Bewegungen. Mal wie ein Fisch, mal zugeschwollen wie von Bienenstichen sieht sie aus, die Frau.
Ich tippele über Kieferknochen wie auf einer Tastatur. Der Mensch erwacht, ich lehne mich zurück und atme langsam aus.

Das Bad. »Ein Teil Milch, neun Teile Wasser.« Ziegenmilch vom Ökohof, das sei wichtig! Das Futter – sie versteht. In Zukunft keine Sonne ohne Blocker, nicht den hell gewordenen Teint noch ruinieren! Und Pellegrino. »Ja, mit Kohlensäure.« Die verleiht Frische und Natürlichkeit.
Jasmin lächelt, also der Mund. Die Augen wie von Barbie, die Stirn von Villeroy & Boch. Sie dankt mit Tränen, Hand- und Kopfgeschüttel – ich bin ihr Ken, aber ich muss gehen. Das Highboard wird durchwühlt, das Portemonnaie – pah! – ignoriere ich. Ob sie mich ... Ich nicke, reiche ihr die Karte und wandle von dannen.

***​

Aller guten Dinge sind nicht drei, sondern sieben. Ist so. Und ich mache grundsätzlich Hausbesuche. Ausschließlich Frauen, keine Männer.
Erreichbar bin ich nur per Telefon. Weder Namen – hier nennen sie mich Schönmacher –, noch Adresse teile ich mit, nur die Nummer. Jeden Monat habe ich eine neue. Sie spricht sich rum, breitet sich wie ein Virus aus. Mundpropaganda: Ist die beste!
Sieben Anwendungen, maximal – das mein Rat. Jasmin will acht. Da kann ich noch so mahnen, sie besteht darauf. Gut, was soll’s, es ist nunmehr ihr Wunsch.

Die Arbeit macht mir keinen Spaß, das wusste ich. Jasmin liegt vor mir, nackt, ein ganzes Universum – ebenso steril. Sie riecht nicht mehr! Sie schmeckt nicht mehr! Aller guten Dinge ... Tja. Ein Scheißjob kann das sein. Beim achten Mal ist alles weg. Aber schön, ja, schön, das ist sie. Noch ein, zwei Partien, am Hals, dort an der Hüfte, die Hände auch und zuletzt die Füße, genauer: der rechte kleine Zeh.
Es ist vollbracht. Ich trommele behutsam mit den Fingern auf ihr Kinn, die Wangen. Nichts. Ich rüttele, drücke wie von Sinnen, doch erwachen will sie nicht.

***​

Die Brillenlupe aufgesetzt, betrachte ich sie haargenau. Manche nehme ich mit heim. Stelle sie ins Schlafzimmer oder den Salon. Und jetzt Jasmin. Meine Finger fahren die Konturen ab, gleiten über die stolze Nase, das erhabene Kinn, Schultern, Brüste, bis hinunter zu den Füßen. Eine gute Arbeit. Dennoch ... Ich stöhne auf und entscheide mich: nicht als Ganzes. Die Beine, der Bauch, hm, ich weiß nicht. Der Kopf aber! Der ist ein Muss! Ein kleines bisschen mehr vielleicht.

Amara nehme ich vom Fensterbrett und stelle sie aufs Regal, Anabels Torso nun vor Augen. Jasmin bekommt das helle Plätzchen.
Ein Sonnenstrahl fällt auf ihr Haupt. Draußen wirbt ein Star mit Schöngesang, ganz nah ans Fenster zischt er hin, und kurz bevor er dagegen rumst, flattert er wie wild und fliegt davon.
Ich packe meinen Koffer, denke an Hotels. Klinken muss ich wieder putzen. Es braucht Zeit für einen Namen, den keiner kennt. Das achte Mal, ach, diesmal nicht, das nehme ich mir vor. Und seufze.

 
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Hey GoMusic,

Ich spüre, wie Hitze von ihr aufsteigt, als ich ihr ganz nahe bin. Wenn man genau hinsieht – und das mache ich immer – erkennt man das rhythmische Zittern der Haut, dort, wo die Halsvene nahe an der Oberfläche wummert.
ich, ihr, ich, ihr, ich: Da könnte man sicher eines einsparen.
Wer ist "man"? Das wirkt etwas unpersönlich.
Stimmt schon, stilistisch gebe ich dir recht. Allerdings drückt das ja auch was aus, nicht? Dieses "Ich, Ich ,Ich".
Zum "man": Ich hätte auch die Konjunktiv-Konstruktion mit "würde" schreiben können, um vielleicht klarer zu werden. Na ja, ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass in den Augen des Prota im Allgemeinen nicht genau hingesehen, wahrgenommen wird. Er grenzt sich damit halt von der Allgemeinheit ab, bestärkt das dadurch, dass er anmerkt "das mache ich immer".
Ich überdenke das aber noch mal, GoMusic.

Sie sitzt auf einem Stuhl und nickt.
Das klingt, als sei sie seine Patentien, würde ihr Einverständnis geben.
Damit lockst du die Leser auf die falsche Fährte.
Gefällt mir.
Das freut mich.

Die Fingerkuppen betasten ihre Wirbel,
Ich habe die Kritk über dieses "Eigenleben der Körperteile" in einem Kommentar gelesen ...
Also, ich persönlich finde das gut, kann man durchaus machen, wenn es nicht so oft vorkommt.
(Zufälligerweise lese ich gerade ein Buch von A. Eschbach, wo er schreibt: "Bitte?", fragte der weiche Mund mit den geschwungenen Lippen.)
Ich meine auch, dass das geht. Sicherlich muss man vorsichtig damit sein - ich kann da Kritik schon nachvollziehen.

Sie halten sich an meinen Rat, selbst wenn es ihnen schwerfällt.
Die Frauen bestellen ihn also tatsächlich zu sich (in ein Hotel) für eine Behandlung (Masage o.ä.
Ja, sie machen das freiwillig, obwohl sie letztendlich gar nicht genau wissen, was und wie ihnen geschieht - wollen das vielleicht auch gar nicht. Nur das Ergebnis zählt. Schon spannend, finde ich, worauf sich Jasmins so einlassen, ohne en détail zu hinterfragen - und welchen (unbekannten) Personen sie sich so anvertrauen :).

i
rgendwann spüre ich, wie etwas aus dem Äther in mich eindringt, ein heißkaltes Fluidum, das durch die Arme fließt, bis hin zur Brust.
Er ist irre.
die Zunge halte ich herausgestreckt wie ein Maorikrieger vor der Schlacht. Dann die erste Kostprobe,
Jetzt leckt er sie auch noch ab. Völlig irre.
Ha ha, ja, immerhin voller Inbrunst.

Ich nicke, reiche ihr die Karte und wandle von dannen.
Er steckt ihr also seine "Visitenkarte" zu, die die Polzei später findet. So. wie man es öfter in Filmen gesehen hat. Ein Narzist.
Mir gefällt deine Lesart.

Erreichbar bin ich nur per Telefon. Weder Namen – hier nennen sie mich Schönmacher –, noch Adresse teile ich mit, nur die Nummer. Jeden Monat habe ich eine neue. Sie spricht sich rum, breitet sich wie Viren aus. Mundpropaganda: Ist die beste!
Demnach müsste er ja viele Behandlungen gemacht haben, ohne zu töten.
Gab es da Zeugen oder waren die Frauen nicht nach seinem Geschmack?
Nicht alle wollten das Rund-um-Paket. Viele wollten nicht mehr, als sieben "Behandlungen" - so meine Denke.

Klinken muss ich wieder putzen. Es braucht Zeit für einen Namen, den keiner kennt
Die bisherigen Überlebenden, die augenscheinlich eine "normale Behandlung" bekommen haben, werden ihn doch weiterhin empfehlen.
Wieso braucht es Zeit?
Na ja, falls das achte Mal den Weg zur Mundpropaganda findet ... Zudem: Du dachtest zwischenzeitlich ja auch mal an die Exekutive (Judikative inbegriffen).

Hat mir gut gefallen und mich natürlich an Süskind erinnert. Nur, ob dein Prota auch die Menschen zwingen will, sie zu lieben, denke ich nicht unbedingt
Klar, ich habe es Jimmy schon geschrieben, Süskind wirft einen sehr langen Schatten.
Lieben wird er sich womöglich selbst schon genug, der braucht vielleicht nicht mehr.


Vielen Dank GoMusic, hab' mich sehr über deinen Besuch, deine Gedanken, ja, den ganzen Kommentar gefreut! Spannend, wie der Text so aufgenommen wird. Gefällt mir, die recht nüchterne, sachliche Art, wie du dich ihm angenähert hast.


Lieber Gruß


hell

 

So, lieber hell,

die Brillenlupe aufgesetzt und dann wollen wir mal gucken … Hm, ist schon ein ziemlich runder Text, ich kann gar nicht mehr so viel zum Rummosern finden.

Jasmin. Den ersten Satz mag ich schon mal. So ein sinnlicher Name, seufz.

blondiertes Haar, das ein wenig struppig ist

Gut beobachtet: Blondieren trocknet die Haare aus.
Ist so.*
[sub] * Mir gefällts übrigens, dieses staubtrocken nachgesetzte „Ist so“ in deinem Text. [/sub]

und ein Hauch von Liebstöckel kriecht meinen Riechnerv entlang

Liebstöckel ist ein grandioses Wort. Einfach grandios. Wie viele Leser wissen eigentlich, dass es der Geruch von Maggiwürze ist? Fällt mir schwer, zu glauben, dass dieses verwöhnte Püppchen, dieses gelangweilte Vorstadtfrauchen, diese desperate housewife, ausgerechnet nach Maggi riecht. Aber gut. Das Wort ist … grandios. Gerüche kriechen auch formal betrachtet nicht den Riechnerv entlang, da sinds schon elektrische Impulse, aber egal. Gefällt mir.

ein Stier durchpflügt Arenasand

Im Spanischen bedeutet arena übrigens Sand. Nun sind wir hier natürlich in einem deutschen Text. Trotzdem gefällt mir dieses Kompositum nicht, das mag mein ganz privates Problem sein. Arenasand, weiß nicht, ist mir zu kompakt. Mir würde der Sand genügen. Bei den Worten Torero und Stier ist hinreichend klar, wo der Sand liegt.

Wüste, Hitze, eine Oase – nicht weit entfernt –, Dattelpalmen säumen meinen Weg

Das Zusammenstoßen eines Gedankenstriches mit einem Komma, ich frage mich schon immer, ob das eigentlich schön ist.

Zügeln muss ich mich! Der Lohn im Voraus ist entrichtet.

Spontan denke ich an Yoda und den Zwang, Syntax zu variieren.

nur die Nummer. Jeden Monat habe ich eine neue. Sie spricht sich rum, breitet sich wie Viren aus.

Wie ein Virus (Singular) würde mir besser gefallen. Die Nummer ist ja auch Singular. Also: Sie spricht sich rum, breitet sich aus wie ein Virus.

das mein Rat

Bin nicht sicher, ob du das „ist“ vergessen hast oder ob es so sein soll. Ich finde es so auch ganz hübsch.

Ich rüttele, drücke wie von Sinnen, doch erwachen will sie nicht.

„… doch sie will nicht erwachen“ würde mir besser gefallen, flüstere ich, aber ich nehme an, du hast dir was dabei gedacht und möchtest es so haben.

Ein kleines Bisschen mehr vielleicht.

Schreibt man bisschen hier wirklich groß?

Klinken muss ich wieder putzen.

Yoda, die Syntax, du weißt schon …

Und seufze.

Der arme Kerl. Immer unterwegs, im Dienste der Schönheit. Jetzt tut er mir richtig leid. :D

Ja, hell, was soll ich sagen: Ein irre sinnliches Leseerlebnis, die Geschichte deines Psychopathen, und sorry, die Ladies tun mir auch nicht so wirklich leid.
Ist so.

Schöne Grüße!
Anne

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo hell ,

Schönmacher, da denk' an ein Beautysecret von einem Supermodel. Vielleicht so etwas richtig krankes ... wie Blut?
Aber der Titel hat auch etwas Technisches. Es hört sich ein bisschen so an wie "Weichmacher", also wie ein Industrieprodukt.

Jasmin
Ich mag die Blume.

Die Parfumnote ignoriere ich so gut es geht und ein Hauch von Liebstöckel
Es gibt Seife oder Parfüm mit Liebstöckelgeruch? Davon habe ich noch nie etwas gehört.

Ich sage den Frauen, sie sollen sich nicht waschen, kein Make-up und ja kein Parfum auftragen, das verbessere das Ergebnis.
Prostituierte?

ihr feuchter Atem riecht nach Honigminze
Er war doch vorher ihrem Körper so nah. Warum fällt ihm erst jetzt der Atem auf?

Die Zornesfalte ist merklich tief geworden
Also Vergewaltigung?

:confused:

Ausschließlich Frauen, keine Männer.
Jetzt denke ich, dass der Mann der Prostituierte ist.

Es ist vollbracht. Ich trommele behutsam mit den Fingern auf ihr Kinn, die Wangen. Nichts. Ich rüttele, drücke wie von Sinnen, doch erwachen will sie nicht.
Und jetzt denke ich an eine Operation. Vermutlich Fettabsaugung, weil da ja nichts bleibt, wie dein Prot sagt.

Soso, es rätselt ja jeder, was denn jetzt der Text zu bedeuten hat. Ich denke, der Typ saugt illegal das Fett von Frauen ab und schnuppert währenddessen heimlich an ihnen. Dann füllt er das Fett in Sexpuppen und macht dann so etwas: https://www.youtube.com/watch?v=VjJtmcJM-Rw
So etwas ähnliches habe ich mal mitbekommen, aber da hat der Mann nicht Fett benutzt, sondern ein (echtes?) Skelett und hat sein Schaffensprozess im Internet gepostet. Hier ein Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=L6H71QMJPUI (Die Sache mit dem Skelett ist Platz sieben und kommt bei Minute 12:49)

Ich finde das irgendwie süß, aber ich fände es schöner, wenn du die emotionale Bindung an die Puppen ausführlicher beschreiben würdest. Hell, du beschreibst die erotische Atmosphäre voll gut, aber wo bleibt da die Liebe? ;)

Aber ich habe das Gefühl, dass du am meisten Wert auf den Brainfuck gelegt hast. Dieser ist dir übrigens gelungen.

Liebe Grüße,
alexei

 
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Hey Bea Milana,

schön, wieder von dir zu lesen. Freut mich!

ja, das ist eine abgefahrene Geschichte, Glückwunsch!
Danke.

Nur soviel, dass ich extrem unsicher war, ob es sich nicht um einen Sexpuppenfetischisten handelt. Es gibt ja mittlerweile eine große Auswahl an Sexpuppen (von einfach bis Super-Deluxe und beinahe echt) und so manches einsame männliche Herz hat sich eine solche Ersatzpartnerin zugelegt, mit der er redet und Zärtlichkeiten austauscht.
Ich hab' das schon mehrmals geschrieben: Ich finde echt spannend, was hier so assoziiert, interpretiert wird. Bei den Sexpuppen musste ich ein wenig lachen, wenngleich das ein spannendes Feld ist und ich absolut nachvollziehen kann, dass der Text so ausgelegt werden könnte. Ein Thema, das ich, glaube ich, ein wenig anders angehen würde, hätte ich es beackern wollen, aber wie gesagt, ich finde es schon plausibel, dass du das irgendwie vor Augen hattest.

Das Gute ist, sie widerspricht nicht und macht alles mit. Und so bewunderte ich die kranke Fantasie und Einbildungskraft, mit der dein Psychopath Gerüche und Antworten und sein eigenes Univerum heraufbeschwört, und war zunehmend irritiert, aber auch fasziniert von ihm.
Das klingt ganz prima für mich :).

Jedenfalls dachte ich von Anfang an, dass er der Typ wahnhafter Lügner sein muss, also der Typ unglaubwürdiger Erzähler. Doch, welche seiner Aussagen über die erzählte Welt sind nun wahr und welche nicht?
Wir sind hier halt auch ein skeptischer Haufen, denke ich. Wobei es schon so ist, dass mich kaum was mehr fasziniert, als "der unglaubwürdige Erzähler". Gerade ich der Ich-Perspektive bietet er sich an, und ein wenig spielen wollte ich schon damit, das darf gerne offen bleiben, du darfst den Erzähler also gerne so wahrnehmen. Im RL sind wir mMn ja immer ein Stück weit unglaubwürdig, betrachten die Welt durch unseren Filter und geben nur das wider, was in unserem eigenen Universum Verbindungen eingegangen ist. Mich fasziniert das und es macht mich selbst zum Skeptiker.

... meinte den Autor zu hören und nicht die Figur und dachte, na, wer das glaubt ... gute Nacht. Was für ein Scharlatan!
Meintest du etwa mich damit? Scharlatan? :)

Vielen Dank für das irritierende Vergnügen!
Aber gerne, Bea, und danken möchte ich dir. Dafür, dass du dir Zeit für meinen Text genommen hast, mich an deinem Leseeindruck teilnehmen lässt, ach, für den ganzen Kommenatr.
Hat mich sehr gefreut!


Lieber Gruß


hell


PS: linktofink, der Gedanke, Bea Milana (s) "Idee" ist wirklich sehr reizvoll und inspirierend. Finde ich auch!


Hey Anne49,


wie schön! Auch du beehrst mich hier.

Hm, ist schon ein ziemlich runder Text, ich kann gar nicht mehr so viel zum Rummosern finden.
Das werte ich mal als, hm, ja, gut halt :).

Jasmin. Den ersten Satz mag ich schon mal. So ein sinnlicher Name, seufz.
Mir gefällt er auch, an dem habe ich sehr lange schrauben müssen, bis er saß, hin und her habe ich gedreht :D. Nein, ernsthaft, ich mag den Namen auch sehr; von der Bedeutung her, passt er mir auch gut in den Kram. Um verschiedene Quellen zu zitieren: "Der Name steht für Schönheit, Reinheit und Ordnung." Betrachtet man ihn zudem botanisch, wäre man tatsächlich bei Süskind, denn die Essenz der Pflanze wird für Parfums verwendet. Lag mir jedoch fern, eine Süskind-Kopie einzustellen, das müsste kläglich scheitern.

blondiertes Haar, das ein wenig struppig ist
Gut beobachtet: Blondieren trocknet die Haare aus.
Ist so.*
* Mir gefällts übrigens, dieses staubtrocken nachgesetzte „Ist so“ in deinem Text.
Gefällt mir selbst auch. Ist so.

und ein Hauch von Liebstöckel kriecht meinen Riechnerv entlang
Liebstöckel ist ein grandioses Wort. Einfach grandios. Wie viele Leser wissen eigentlich, dass es der Geruch von Maggiwürze ist? Fällt mir schwer, zu glauben, dass dieses verwöhnte Püppchen, dieses gelangweilte Vorstadtfrauchen, diese desperate housewife, ausgerechnet nach Maggi riecht. Aber gut. Das Wort ist … grandios. Gerüche kriechen auch formal betrachtet nicht den Riechnerv entlang, da sinds schon elektrische Impulse, aber egal. Gefällt mir.
Er will ja, dass sie sich nicht wäscht und es sind ein/ zwei Tage vergangen. Einen kleinen Hauch Maggi-Würze wird sie schon ausdünsten.
Natürlich kriechen Gerüche nirgends entlang, klar, die künstlerische Freiheit nehme ich mir hier einfach.
Und das Wort finde ich auch großartig, da sind wir uns definitiv einig.

ein Stier durchpflügt Arenasand
Im Spanischen bedeutet arena übrigens Sand. Nun sind wir hier natürlich in einem deutschen Text. Trotzdem gefällt mir dieses Kompositum nicht, das mag mein ganz privates Problem sein. Arenasand, weiß nicht, ist mir zu kompakt. Mir würde der Sand genügen. Bei den Worten Torero und Stier ist hinreichend klar, wo der Sand liegt.
Ehrlich, das wusste ich nicht. Trotzdem glaube ich, du schreibst es selbst - deutscher Text und so -, das geht schon.
Alleine wegen des Rhythmus, der Melodie wegen ... Vor Sand muss schon was stehen, diese drei Vokale passen mir schon gut rein. Aber ich denke noch mal darüber nach, Anne.

Wüste, Hitze, eine Oase – nicht weit entfernt –, Dattelpalmen säumen meinen Weg
Das Zusammenstoßen eines Gedankenstriches mit einem Komma, ich frage mich schon immer, ob das eigentlich schön ist.
Immerhin lehnst du es nicht ab. Gibt ein paar Autoren, die das ganz gerne machen, vielleicht hab' ich das unbewusst übernommen, aber mir gefällt das. Ich finde das passend. Gerade hier: Aufzählung, Aufzählung, Aufzählung, ein Gedanke dazwischen ... Irgendwie so empfinde ich das.

Zügeln muss ich mich! Der Lohn im Voraus ist entrichtet.
Spontan denke ich an Yoda und den Zwang, Syntax zu variieren.
Mag manieriert wirken, verstehe ich. Ich rede mich mal mit Meister Yoda raus: Der wird keinen Zwang verspüren, Syntax zu variieren. Der spricht (und denkt) wohl wirklich so. Nein, ich denke mal darüber nach, ob ich das wirklich so will und brauche. Merci.

nur die Nummer. Jeden Monat habe ich eine neue. Sie spricht sich rum, breitet sich wie Viren aus.
Wie ein Virus (Singular) würde mir besser gefallen. Die Nummer ist ja auch Singular. Also: Sie spricht sich rum, breitet sich aus wie ein Virus.
Stimmt, das ändere ich gleich, danke!
das mein Rat
Bin nicht sicher, ob du das „ist“ vergessen hast oder ob es so sein soll. Ich finde es so auch ganz hübsch.
Ellipse - ja, wollte ich.

Ich rüttele, drücke wie von Sinnen, doch erwachen will sie nicht.
„… doch sie will nicht erwachen“ würde mir besser gefallen, flüstere ich, aber ich nehme an, du hast dir was dabei gedacht und möchtest es so haben.
Mehr so aus dem Bauch: das bleibt wohl so.

Ein kleines Bisschen mehr vielleicht.
Schreibt man bisschen hier wirklich groß?
Verkleinere ich gleich, danke.

Klinken muss ich wieder putzen.
Yoda, die Syntax, du weißt schon …
Ja, ach, ich mag das manchmal einfach :).

Und seufze.
Der arme Kerl. Immer unterwegs, im Dienste der Schönheit. Jetzt tut er mir richtig leid.
Kanji hat auch Mitleid empfunden.
Interessant, dass du keins für die Ladies empfindest. Lese ich da etwa Antipathie heraus? Interessant auch, wie du die Ladies eingruppiert hast - "gelangweilte Vorstadtfrauchen, diese desperate housewife". Hat der Text was zum Klingen gebracht? Was Persönliches :D?

Ja, hell, was soll ich sagen: Ein irre sinnliches Leseerlebnis, die Geschichte deines Psychopathen, und sorry, die Ladies tun mir auch nicht so wirklich leid.
Ist so.
Mir doch auch nicht.
Vielen Dank, Anne, werte ich als Kompliment.


Schön und hilfreich, wenn du was unter Texte schreibst. Was es dazu braucht, weiß ich echt zu schätzen und bedanke mich ganz herzlich dafür, dass du auch meine Geschichte kommentiert hast!


Lieber Gruß


hell

 

Hey alexei,


schön, dass du vorbeischaust!

Schönmacher, da denk' an ein Beautysecret von einem Supermodel. Vielleicht so etwas richtig krankes ... wie Blut?
Aber der Titel hat auch etwas Technisches. Es hört sich ein bisschen so an wie "Weichmacher", also wie ein Industrieprodukt.
Finde die Assoziation(en) sehr treffend für den Text. Freut mich schon mal.

Jasmin
Ich mag die Blume.
Ich auch, ebenso den Namen.

Die Parfumnote ignoriere ich so gut es geht und ein Hauch von Liebstöckel
Es gibt Seife oder Parfüm mit Liebstöckelgeruch? Davon habe ich noch nie etwas gehört.
Ich meine, er ignoriert die Parfümnoten so gut er kann, dann erst nimmt er Jasmins Eigengeruch (leichte Maggiblume :)) wahr.

Ich sage den Frauen, sie sollen sich nicht waschen, kein Make-up und ja kein Parfum auftragen, das verbessere das Ergebnis.
Prostituierte?
Ha ha, ja, bestimmt gibt es solche Spezialwünsche von so manchem Freier. So hatte ich es zwar nicht gemeint, aber okay :D.

ihr feuchter Atem riecht nach Honigminze
Er war doch vorher ihrem Körper so nah. Warum fällt ihm erst jetzt der Atem auf?
Ja, stimmt schon, ich behaupte einfach mal, dass er erst jetzt ihrem Mund ganz nahe kommt, gezielt schnuppert.

Die Zornesfalte ist merklich tief geworden
Also Vergewaltigung?
Eine Art Vergewaltigung ist das tatsächlich in meinen Augen. Also, Jasmin gibt zwar das Einverständnis, aber sicherlich nicht für seine ... ja ... obsessive "Zuwendung". Wie bei diesen "Missbrauchsfällen" im OP zum Beispiel, wo der Chirurg, Anästhesist, whoever über die Einverständniserklärung hinaus agiert, um es mal ... ähm ... sehr diplomatisch auszudrücken.

Ausschließlich Frauen, keine Männer.
Jetzt denke ich, dass der Mann der Prostituierte ist.
Deine Gedankengänge sind sehr spannend, alexei. Ja, schließlich ist er Dienstleister, insofern ... :D. Andererseits möchte er ja in erster Linie der eigenen Obsession nachkommen, was ja aber auch kein Widerspruch sein muss.

Es ist vollbracht. Ich trommele behutsam mit den Fingern auf ihr Kinn, die Wangen. Nichts. Ich rüttele, drücke wie von Sinnen, doch erwachen will sie nicht.
Und jetzt denke ich an eine Operation. Vermutlich Fettabsaugung, weil da ja nichts bleibt, wie dein Prot sagt.
Ich dachte, es handele sich einfach um eine Schön(er)macherei. Insofern passt die Richtung schon für mich, also die von dir erwähnte "Fettabsaugung".

Soso, es rätselt ja jeder, was denn jetzt der Text zu bedeuten hat. Ich denke, der Typ saugt illegal das Fett von Frauen ab und schnuppert währenddessen heimlich an ihnen. Dann füllt er das Fett in Sexpuppen und macht dann so etwas: https://www.youtube.com/watch?v=VjJtmcJM-Rw
So etwas ähnliches habe ich mal mitbekommen, aber da hat der Mann nicht Fett benutzt, sondern ein (echtes?) Skelett und hat sein Schaffensprozess im Internet gepostet. Hier ein Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=L6H71QMJPUI (Die Sache mit dem Skelett ist Platz sieben und kommt bei Minute 12:49)
Ich hab' es schon geschrieben: spannend, was so interpretiert und assoziiert wird.
Die Videos: creepy!, vor allem letzteres :eek:.

Ich finde das irgendwie süß, aber ich fände es schöner, wenn du die emotionale Bindung an die Puppen ausführlicher beschreiben würdest. Hell, du beschreibst die erotische Atmosphäre voll gut, aber wo bleibt da die Liebe?
Puppen hatte ich zwar nicht im Sinn, aber klar, wenn man das so lesen möchte ... Ich hab' nix dagegen. Was die Liebe anbelangt. Der Schönmacher liebt sich selbst am meisten, vielleicht auch nicht, vielleicht hasst er sich auch, Liebesbeziehungen wird er aber vermutlich keine aufbauen können, nicht mal zu Puppen :). Ich denke, was er liebt, ist seine Arbeit, die Schaffenskraft und ein kleines bisschen mehr vielleicht ...

Aber ich habe das Gefühl, dass du am meisten Wert auf den Brainfuck gelegt hast.
Zumindest, was er bewirkt ;).

Dieser ist dir übrigens gelungen.
Das freut mich.


Lieber alexei, echt interessanter Kommentar. Toll, dass du mich an deinen Gedankengängen teilhaben lässt! Besten Dank für deine Zeit und alles andere. Hab' mich sehr über deinen Besuch gefreut!


Lieber Gruß


hell

 

Hallo hell,

angelockt von der Empfehlung, eine kleine Verschnaufpause nutzend, lese ich Deinen Text und schreibe kurz mit, was mir so auffällt, wobei ich die anderen Kommentare bestenfalls überflog und ich daher sicherlich auf Punkte hinweise, die schon anderen vor mir aufgefallen sind:

Ich spüre, wie Hitze von ihr aufsteigt, als ich ihr ganz nahe bin. Wenn man genau hinsieht – und das mache ich immer – erkennt man das rhythmische Zittern der Haut, dort, wo die Halsvene nahe an der Oberfläche wummert.

Dieses "von ihr ... als ich ihr" finde ich sprachlich unschön und ehrlich gesagt kenne ich solch ungelenken Formulierungen von Deinen Texten sonst gar nicht. Wärest Du nicht "hell", hätte ich an der Stelle womöglich abgebrochen.

Ferner steckt auch noch eine gewisse Dopplung in dem Satz, denn die Wärmestrahlung wird man wohl spüren, wenn man nahe genug ist (dass sich die Wärmestrahlung mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet und man von daher das "Aufsteigen" nicht wahrnehmen kann, lasse ich mal unter den Tisch fallen).

Tja, und wenn ich schon dabei bin, finde ich es von der Kamera- oder "Sinnesführung" ungeschickt, denn zuerst hätte ich den Ort festgelegt und dann die Sinneswahrnehmung erwartet, also erst die Nähe, dann die Hitze.

Ja, kleinliche Kritik auf hohem Niveau, aber das hältst Du aus, denke ich und wenn nicht, sag es einfach direkt.

Und im nächsten Satz eine sprachliche Ungenauigkeit, denn "Zittern" ist für mich eher eine unkontrollierte und daher chaotische Bewegung, was nicht zum Pulsschlag passt. Auch das "Wummern" ist etwas ungenau, denn es impliziert ein heftiges Schlagen auf etwas, was nicht so recht zum Pulsschlag passen mag.

Ich streiche mit den Daumen über ihre Wangenknochen – die Haut gibt ein wenig zu schnell nach –, nehme ihren Kopf in beide Hände und kippe ihn nach hinten, leicht nach rechts, etwas weiter nach links, dann nach vorne auf meine Brust.

"Haut gibt ein wenig zu schnell nach" - ist für mich ein nicht nachvollziehbarer Satz, denn es fehlt der Bezug - in Bezug auf "was" gibt die Haut zu schnell nach?

Die Parfumnote ignoriere ich so gut es geht und ein Hauch von Liebstöckel kriecht meinen Riechnerv entlang.

Hier stört mich, dass Du zwei nicht zusammenpassende bzw. sich widersprechende Sachverhalte mit einem "und" verknüpfst, "nämlich Parfumnote ignorieren" und "Hauch von Liebstöckel am Riechnerv entlangkriechen".

Ich bitte sie, die Augen zu schließen. Dann geht es los. Ich knie vor dem Bett

"Dann geht es los" passt einfach nicht - würde ich streichen. Der Satz davor und danach hat die gleiche Konstruktion, klingt ein wenig zu sehr nach Tätigkeitsbeschreibung, "Ich tu dies, ich tu das".

Meine Finger beenden die verrückte Zappelei

"verrückt" finde ich unpassend für den Protagonisten, der wird sein Schönheitsritual nicht als verrückt empfinden.

Übrigens sind in dem ganzen Absatz sehr viele Sätze mit dem Muster "Ich mache ...".

Dieses Bild

die Zunge halte ich herausgestreckt wie ein Maorikrieger vor der Schlacht.

Finde ich zu witzig im Kontext (im Übrigen finde ich Bilder, die auf Klischees beruhen auch immer schwierig, denn, wenn man ehrlich ist, weiß keiner von uns wie die Maorikrieger wirklich vor der Schlacht aussehen bzw. aussahen.)

Champagner benetzt die Tannenwipfel.

Warum nur die Wipfel?

Die Zornesfalte ist merklich tief geworden
Warum macht er die Zornesfalte tiefer, ich dachte, er macht die Frauen schöner? An der Stelle lebt die Frau doch auch noch, oder?

Die Augen wie von Barbie, die Stirn von Villeroy & Boch.

Das finde ich zu witzig, passt aus meiner Sicht auch nicht zum Protagonisten, der vorher Bilder benutzte, die stark mit der Natur verknüpft sind, was bei Barbie (konkreter, künstlicher Gegenstand) und "Villeroy ..." (Firmenname) nicht der Fall ist.

Draußen wirbt ein Star mit Schöngesang, ganz nah ans Fenster zischt er hin,

Strenggenommen ist das "hin" falsch und müsste "her" oder "heran" heißen

flattert er wie wild

Warum nicht einfach "flattert er wild"?

In den letzten beiden Absätzen steckt für mich ein gewisser Widerspruch:

Manche nehme ich mit heim. Stelle sie ins Schlafzimmer oder den Salon.

Impliziert, dass er einen festen Wohnsitz hat.

Ich packe meinen Koffer, denke an Hotels. Klinken muss ich wieder putzen. Es braucht Zeit für einen Namen, den keiner kennt. Das achte Mal, ach, diesmal nicht, das nehme ich mir vor. Und seufze.

Impliziert, dass er immer auf Reisen ist und die Morde auf Reisen begeht.

***

Da war jetzt recht viel Kleinkram dabei, der mich beim genauen Lesen gestört hat. Insgesamt finde ich den Text aber sehr gut in seiner Rätselhaftigkeit und Bildgewalt im mittleren Teil und ich bin froh, dass er mir nicht durch die Lappen gegangen ist.


Gruß
Geschichtenwerker

 

Hey Geschichtenwerker,


klasse, dass du reinschaust.

Ich spüre, wie Hitze von ihr aufsteigt, als ich ihr ganz nahe bin. Wenn man genau hinsieht – und das mache ich immer – erkennt man das rhythmische Zittern der Haut, dort, wo die Halsvene nahe an der Oberfläche wummert.
Dieses "von ihr ... als ich ihr" finde ich sprachlich unschön und ehrlich gesagt kenne ich solch ungelenken Formulierungen von Deinen Texten sonst gar nicht. Wärest Du nicht "hell", hätte ich an der Stelle womöglich abgebrochen.
Ferner steckt auch noch eine gewisse Dopplung in dem Satz, denn die Wärmestrahlung wird man wohl spüren, wenn man nahe genug ist (dass sich die Wärmestrahlung mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet und man von daher das "Aufsteigen" nicht wahrnehmen kann, lasse ich mal unter den Tisch fallen).
Tja, und wenn ich schon dabei bin, finde ich es von der Kamera- oder "Sinnesführung" ungeschickt, denn zuerst hätte ich den Ort festgelegt und dann die Sinneswahrnehmung erwartet, also erst die Nähe, dann die Hitze.
Okay, du stolperst also auch darüber. Ich hab's einfach rausgenommen.

Ja, kleinliche Kritik auf hohem Niveau, aber das hältst Du aus, denke ich und wenn nicht, sag es einfach direkt.
Direkt: Ganz ehrlich, mMn gibt es keine kleinliche Kritik, auch wenn ich selbst immer wieder davon schreibe :D. Ich halte sie nicht nur aus, ich bin äußerst dankbar dafür!

Und im nächsten Satz eine sprachliche Ungenauigkeit, denn "Zittern" ist für mich eher eine unkontrollierte und daher chaotische Bewegung, was nicht zum Pulsschlag passt. Auch das "Wummern" ist etwas ungenau, denn es impliziert ein heftiges Schlagen auf etwas, was nicht so recht zum Pulsschlag passen mag.
Unkontrolliert, unwillkürlich, ja. Dass die Bewegung chaotisch verlaufen muss, sehe ich anders. Ich habe das ja auch präzisiert: "rhythmisch". Zittern kann durchaus rhythmisch sein. Der Tremor eines Parkinson-Patienten z. B. oder eben das "Zittern der Haut".
Wer einmal heftiges Pochen der Halsvene gesehen hat, könnte auch an Wummern denken, zumindest mir ging das so. Das heftige Schlagen findet ja auch statt. Von innen nach außen quasi. Wenn diese fingerdicke Vene in Fahrt kommt, steckt da ganz schön viel Power dahinter. Nicht umsonst dauert es nicht lange bis der Tod einsetzt, wenn man sie durchtrennt. Aber ich habe das Wörtchen trotzdem mal ersetzt. Muss ja nicht sein, dass da mehrere Leser hängenbleiben. So wichtig ist mir das hier jetzt nicht.

Ich streiche mit den Daumen über ihre Wangenknochen – die Haut gibt ein wenig zu schnell nach –, nehme ihren Kopf in beide Hände und kippe ihn nach hinten, leicht nach rechts, etwas weiter nach links, dann nach vorne auf meine Brust.
"Haut gibt ein wenig zu schnell nach" - ist für mich ein nicht nachvollziehbarer Satz, denn es fehlt der Bezug - in Bezug auf "was" gibt die Haut zu schnell nach?
Für den Schönmacher ist das aber ein nachvollziehbarer Satz, denn er impliziert, dass die Haut an Spannkraft verloren hat. Also in Bezug zur jungen, attraktiven, gesunden Haut. Und der Schönmacher weiß, wovon er da spricht, er ist der Profi :).

Die Parfumnote ignoriere ich so gut es geht und ein Hauch von Liebstöckel kriecht meinen Riechnerv entlang.
Hier stört mich, dass Du zwei nicht zusammenpassende bzw. sich widersprechende Sachverhalte mit einem "und" verknüpfst, "nämlich Parfumnote ignorieren" und "Hauch von Liebstöckel am Riechnerv entlangkriechen".
Ich sehe keinen Widerspruch. Er versucht, die künstlichen Parfumstoffe (Shampoo, Seife, Eau de Parfum etc.) auszublenden, um den natürlichen Körpergeruch wahrzunehmen.
Insofern geht es andererseits ja auch gerade um den Widerspruch von Körperduft und Körperduft. Künstlich und natürlich.

Ich bitte sie, die Augen zu schließen. Dann geht es los. Ich knie vor dem Bett
"Dann geht es los" passt einfach nicht - würde ich streichen. Der Satz davor und danach hat die gleiche Konstruktion, klingt ein wenig zu sehr nach Tätigkeitsbeschreibung, "Ich tu dies, ich tu das".
Okay, hab' ich jetzt auch rausgenommen. Das haben auch andere moniert. Die Tätigkeitsbeschreibung passt aber eben ganz gut, finde ich. Dieses Ich-Bezogene auch, dieses Kalt-sterile, ja, im Widerspruch zum Sinnlichen. Mit Widersprüchen spielt der Text.

Meine Finger beenden die verrückte Zappelei
"verrückt" finde ich unpassend für den Protagonisten, der wird sein Schönheitsritual nicht als verrückt empfinden.
Stimmt, ist raus, danke.

Übrigens sind in dem ganzen Absatz sehr viele Sätze mit dem Muster "Ich mache ...".
Damit wollte ich eben den Narzissmus, die Ich-Bezogenheit des Prota stilistisch unterstreichen. Auch - wie oben erwähnt - die Tätigkeitsbeschreibung :).

die Zunge halte ich herausgestreckt wie ein Maorikrieger vor der Schlacht.
Finde ich zu witzig im Kontext (im Übrigen finde ich Bilder, die auf Klischees beruhen auch immer schwierig, denn, wenn man ehrlich ist, weiß keiner von uns wie die Maorikrieger wirklich vor der Schlacht aussehen bzw. aussahen.)
Ich finde das eher spooky, denn witzig, ehrlich gesagt.
Natürlich wissen wir nicht genau, wie die Gesichter vor der Schlacht ausgesehen haben, ein Bild bekomme ich jedoch trotzdem, was daran liegt, dass Maori (-Nachkommen) diesen Gesichtsausdruck ... ja ... regelrecht pflegen :) - gilt als überliefert, wenn man so will. Ich denke im Speziellen an den Haka (die spezielle Mimik ist ja Bestandteil dessen), den "Kriegstanz", der einerseits zur Begrüßung von Gästen aufgeführt wurde (wird), andererseits der Einschüchterung galt (gilt?). Passt mir insofern auch ganz gut in den Kram.

Champagner benetzt die Tannenwipfel.
Warum nur die Wipfel?
Ach, Sprachmelodie? Ist bisschen manieriert vielleicht, ja. Ach, passt aber auch für mich. Steckt irgendwie ein wenig Theatralik drin :).

Die Zornesfalte ist merklich tief geworden
Warum macht er die Zornesfalte tiefer, ich dachte, er macht die Frauen schöner? An der Stelle lebt die Frau doch auch noch, oder?
Na, er macht sie ja nicht. Du schreibst es ja selbst, die Frau lebt ja noch, die macht das. Sie spürt unterbewusst, dass da was Ungutes passiert.

Die Augen wie von Barbie, die Stirn von Villeroy & Boch.
Das finde ich zu witzig, passt aus meiner Sicht auch nicht zum Protagonisten, der vorher Bilder benutzte, die stark mit der Natur verknüpft sind, was bei Barbie (konkreter, künstlicher Gegenstand) und "Villeroy ..." (Firmenname) nicht der Fall ist.
Das sollte auch nicht witzig sein, das ist andererseits genau der Witz. Sie verliert ihre Natürlichkeit. Du hast es also (beinahe) exakt erfasst :). Damit spiele ich im Text.

Draußen wirbt ein Star mit Schöngesang, ganz nah ans Fenster zischt er hin,
Strenggenommen ist das "hin" falsch und müsste "her" oder "heran" heißen
Sicher? Er zischt, geht zum Haus hin, zum Fenster; hingehen, hinzischen. Perspektivisch könnte man sich jetzt darüber streiten. Ich lasse das erst mal so, auch aus sprachlichen Gründen.

flattert er wie wild
Warum nicht einfach "flattert er wild"?
Ich wollte den Rhythmus hier.

In den letzten beiden Absätzen steckt für mich ein gewisser Widerspruch:

Manche nehme ich mit heim. Stelle sie ins Schlafzimmer oder den Salon.

Impliziert, dass er einen festen Wohnsitz hat.

Ich packe meinen Koffer, denke an Hotels. Klinken muss ich wieder putzen. Es braucht Zeit für einen Namen, den keiner kennt. Das achte Mal, ach, diesmal nicht, das nehme ich mir vor. Und seufze.
Impliziert, dass er immer auf Reisen ist und die Morde auf Reisen begeht.
Ich sehe da keinen Widerspruch. Weshalb sollte er keinen festen Wohnsitz haben und "die Morde", wie du schreibst, nicht auf Reisen begehen? Wenn er ein Mörder sein sollte, will er seine Opfer halt nicht zu Hause massakrieren.

Da war jetzt recht viel Kleinkram dabei, der mich beim genauen Lesen gestört hat. Insgesamt finde ich den Text aber sehr gut in seiner Rätselhaftigkeit und Bildgewalt im mittleren Teil und ich bin froh, dass er mir nicht durch die Lappen gegangen ist.
Na, das freut mich!


Geschichtenwerker, vielen lieben Dank für deinen hilfreichen Kommentar, der sicher dazu beigetragen hat, den Text weiter zu verbessern!


Lieber Gruß


hell

 

Hallo hell,

schön, dass Du mit meinem Kommentar etwas anfangen konntest.

Noch ganz kurz hierzu:

Ich sehe da keinen Widerspruch. Weshalb sollte er keinen festen Wohnsitz haben und "die Morde", wie du schreibst, nicht auf Reisen begehen? Wenn er ein Mörder sein sollte, will er seine Opfer halt nicht zu Hause massakrieren.

Wenn er die Morde auf Reisen begeht und längere Zeit in einem Hotel ist, um sich einen Namen zu machen (das dauert wohl eine Weile), müsste er dort die Leichen sammeln und längere Zeit lagern, um sie dann mit nach Hause zu nehmen und im Schlafzimmer/Salon aufzustellen. Das wäre für meinen Geschmack etwas weit hergeholt bzw. unrealistisch. Realistischer wäre für mich, dass er immer wieder umzieht, sich ein neues Haus in einer neuen Stadt sucht, langsam seinen Namen aufbaut, vielleicht eine Art "Schönheitssalon" hat und dort die Leichen produziert, die er mit nach Hause nimmt. Am Ende vielleicht dann die Bude abfackelt, um die Spuren zu beseitigen (vielleicht, wenn der Geruch zu penetrant wird) und dann wieder umzieht und das Spiel beginnt von neuem.

Lieber Gruß

Geschichtenwerker

 

Hey Geschichtenwerker,


Wenn er die Morde auf Reisen begeht und längere Zeit in einem Hotel ist, um sich einen Namen zu machen (das dauert wohl eine Weile), müsste er dort die Leichen sammeln und längere Zeit lagern, um sie dann mit nach Hause zu nehmen und im Schlafzimmer/Salon aufzustellen. Das wäre für meinen Geschmack etwas weit hergeholt bzw. unrealistisch. Realistischer wäre für mich, dass er immer wieder umzieht, sich ein neues Haus in einer neuen Stadt sucht, langsam seinen Namen aufbaut, vielleicht eine Art "Schönheitssalon" hat und dort die Leichen produziert, die er mit nach Hause nimmt. Am Ende vielleicht dann die Bude abfackelt, um die Spuren zu beseitigen (vielleicht, wenn der Geruch zu penetrant wird) und dann wieder umzieht und das Spiel beginnt von neuem.
Danke für die erneute Auseinandersetzung und die Ideen zum Text.
Ich wollte jetzt keinen Thriller oder Krimi schreiben, sonst hätte ich den entsprechenden Tag gesetzt.
Natürlich sollte die "(Rahmen-)Handlung" nachvollziehbar sein, insofern muss der Text schon glaubhaft (innerhalb seiner Welt und Gesetzmäßigkeiten) sein, klar. Allzu ausführlich und akribisch möchte ich allerdings nicht werden. Das mit den Morden und so muss jetzt für mich auch nicht der Schwerpunkt des Textes sein, ich wollte auch keine Pointengeschichte schreiben - klar, wenn man das so lesen will, soll's mir recht sein.
Zudem: Verankert ist, dass die achte "Anwendung" sehr risikobehaftet ist, es werden also nicht alle sterben, die den Schönmacher buchen, nein, die wenigsten vermutlich. Von daher passt das schon für mich, der braucht jetzt keine Riesenlogistik deswegen betreiben.


Merci für die Rückmeldung, Geschichtenwerker, hat mich gefreut!


Gruß


hell

 

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