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Schattenhände

Seniors
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31.10.2003
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Schattenhände

„Dean?“
Sie strich über die Falten der Bettdecke, die seinen Körper einhüllte, spürte seine Schulter.
„Dean!“ Sie rüttelte kräftiger.
Irgendetwas hatte sie geweckt. Der Schweiß, der sich zwischen ihren Brüsten gebildet hatte, begann zu trocknen, doch schlug ihr Herz immer noch so kräftig, dass sie meinte, es durch ihre nackte Haut hindurch sehen zu können.
Sie zog die Hand zurück. Dean rührte sich nicht. Im schwachen Mondlicht, das durch den Vorhang drang, sah sie ihn auf der Seite liegen. Abgewandt.
Sollte sie ihn wirklich wecken? Im Bett sitzend sah sie sich um, klemmte eine feuchte Haarsträhne hinter ihr Ohr. Der bis zum Boden reichende Vorhang wehte, ganz leicht nur; sie konnte dahinter das Fensterkreuz erkennen. Es schien sich ebenfalls zu bewegen. Was hatte sie geweckt? Alles war so wie immer. Die Regale, der alte Sessel ihrer Großmutter, der in der Ecke neben einer Standleuchte ruhte. Alles nur undeutlich, doch genauso wie immer. Hatte sie einen Albtraum gehabt? Sie versuchte, sich zu erinnern, doch hinter ihrer Stirn war es blass, hohl. Sie konnte nicht einmal sagen, ob sie überhaupt geträumt hatte.
Dean würde sie auslachen.
Und wenn er gar nicht mehr lebte?
Sie riss den Kopf herum, sah das bewegungslose Laken über dem bewegungslosen Körper. Ein gezwungenes Grinsen umspielte ihre Lippen. Für einen Moment war es ihr peinlich, einen solchen Gedanken überhaupt gehabt zu haben. Warum sollte er tot sein?
Sie legte ihre Finger wieder auf die sich abbildende Schulter unter der Decke. Warum tust du das? Er schläft lediglich!
„Dean?“, flüsterte sie sanft. Sie wollte ihn nicht wecken.
Der Körper unter dem Laken fühlte sich weich an. Schwammig.
Erneut riss sie die Hand zurück, drückte sie gegen ihre Brust, zwischen der sich wieder ein winziges Rinnsal Schweiß gebildet hatte.
Warum hörte sie ihn nicht atmen? Was, verdammt noch mal, hatte sie geweckt?

„Sarah, was tust du da?“ Er setzte sich auf. „Sarah?“
Die Silhouette ihres nackten Körpers zeichnete sich vor dem hellen Vorhang ab. Er konnte nicht genau ausmachen, ob sie ihn ansah oder hinausblickte. Ihre Arme hingen neben dem Körper. Dean erstarrte bei dem, was er dann erblickte.

Sie schwang ihre Beine aus dem Bett, zog die Zehen zusammen, als die Kälte des Laminatbodens ihre Haut berührte. Noch einmal blickte sie hinüber zu Dean, der seine leblose Position noch nicht verändert hatte.
Sie würde jetzt zur Toilette gehen, und wenn er sich bis dahin immer noch nicht bewegt hatte, würde sie ihn wecken. Sie streckte den Arm aus, um die Nachttischlampe anzumachen. Dann schrie sie.

Ihre Hände waren verschwunden! Dean schluckte, doch da war nichts in seinem Mund, was er herunterwürgen hätte können.
„Sarah …“ Seine Stimme war ein Krächzen. Was war das, das da vor dem Fenster stand?
Ihre Arme endeten an den Handgelenken, hingen direkt neben ihrem Gesäß, welches er jetzt, nachdem sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, deutlich erkennen konnte. Sie blickte also aus dem Fenster, genauer gesagt: gegen den Vorhang.
Sein Blick wanderte hoch, und jetzt wusste er, dass es sich hier nur um einen Traum handeln konnte. Ihre Augen funkelten genau in seine Richtung.
Dean stammelte irgendwas, wollte ihren Namen rufen.
Der verdrehte Körper ohne Hände setzte sich in Bewegung; und Dean stellte mit Grauen fest, dass Sarah – seine Sarah -, in etwa zehn Zentimetern Höhe über dem Boden schwebte. Seine Blase entleerte sich.

Auf dem Bett sitzend hielt sie ihre Arme vors Gesicht. Was war mit ihren Händen passiert?
Ein Kribbeln durchzog ihre Finger, sanften Stromschlägen gleich. Und durch ihre Hände konnte sie die Umrisse der Nachttischlampe ausmachen. Sie waren durchsichtig! Das Kribbeln wurde stärker. Heißer.
Sie stieß die Fingerspitzen gegeneinander, die augenblicklich verschmolzen, wie zwei aufeinander treffende Schatten.
Das Kribbeln kroch ameisengleich ihre Arme hinauf, und sie ließ ihren Körper zurück auf das Bett gleiten. Es war ein Gefühl wie Müdigkeit, das sie sanft einhüllte.
Sie schloss die Augen, konnte den Mond durch den geschlossenen Vorhang sehen. Sie stand vorm Fenster, und als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Dean, der mit offenem Mund im Bett hockte. Er lebte!
„Dean.“ Ihre Stimme war so weich, zart.

Ein heiseres Fauchen drang ihm entgegen.
Dieses Ding, das einmal Sarah gewesen war, hatte das Fußende des Bettes erreicht, schwebte nun nach oben. Jetzt sah Dean das Gesäß seiner Frau ganz deutlich, sah die Rundungen, die er immer so geliebt hatte, immer so gern verwöhnt hatte. Wieder fauchte sie, und ein bestialischer Gestank nach Kadaver und Fäkalien schlug ihm entgegen.
Dean wollte schreien, zurückweichen, doch nichts funktionierte. Er war gelähmt.
Das Sarah-Ding schwebte jetzt knapp über der Matratze.

„Dean, was hast du denn?“ Leichtigkeit ließ sie lächeln. Was war mit ihm los? Warum sagte er denn nichts?
„Schatz.“ Sie stieg auf das Bett. Roch es hier nach Urin? „Schatz, geht es dir nicht gut?“
Ihr ganzer Körper war diesem Kribbeln verfallen. Ein Zentrum entstand an ihrer Scham, ließ sie kurz aufstöhnen. „Dean ...“

Jetzt schaffte er es doch, seinen Körper nach hinten zu schieben, doch war da nicht mehr viel Platz, bis der Rücken gegen die Wand stieß.
Das Wesen streckte seine Arme nach ihm aus. Arme ohne Hände. Oder waren da doch welche? Dean blinzelte. Finger waren zu erkennen. Schemenhaft, wie … Schatten.
Wieder öffnete das Ding den Mund; der faule Gestank ließ ihn würgen. Seine Beine begannen unkontrolliert zu zittern, wie nach einem Zehn-Meilen-Lauf. „Sarah“, würgte er hervor, als die Schattenhände in seinen Brustkorb eindrangen.

Sarah stöhnte, leise nur, dann ein wenig fordernder. Zärtlich berührte sie seine haarlose Brust, verschmolz mit ihm, drang tief in ihn ein. Ihre Hände öffneten ihn sanft, als würden sie ein großes Gebetsbuch aufschlagen. „Oh, Dean.“
Sie strich an ihm hinab, öffnete das Buch auch hier, legte sich hinein in diese heiße Feuchtigkeit, die ihre Hände zu verbrennen schien. Sie wühlte, ihr Stöhnen wurde zu einem Schrei. Sie schloss die Augen. Schrie weiter ...

„Dean?“ Sie strich über die Falten der Bettdecke, die seinen Körper einhüllte.
Irgendetwas hatte sie geweckt. Sie würde aufstehen und nach den Kindern sehen.

 

Hi nic, nochmal.

"vielseitig interpretierbar" - kann man positiv oder negativ sehen.
Da hast du völlig Recht. Allerdings schreibe ich meine Geschichten nicht unbedingt zum Rätseln.
Mit dieser Story hier wollte ich eine kleine, unterhaltsame Gruselstory bringen. Eine Frau wacht auf, denkt, ihr Mann sei tot und stellt fest, dass ihre Hände verschwinden (zunächst nichts Außergewöhnliches ...:D ). Dann geschieht irgendwas mit ihrem Körper, was sie selbst als schön empfindet.
Ihr Mann hingegen erkennt die ganze bittere Wahrheit: Seine Frau hatte sich in irgendeinen Dämon, Monster, Wesen ... verwandelt, welches ihn kurzerhand liebevoll ausweidet.
Sarah erwacht später aus ihrer Trance und kann sich an nichts erinnern. Sie wird feststellen, dass sie Dean getötet hat. So!

Alle Leser, die sich jetzt so schöne Gedanken gemacht haben, werden jetzt enttäuscht sagen: So´n Scheiß aber auch.
Deshalb mag ich meine Geschichten halt nicht erklären. Wenn man eine Geschichte von mehreren Seiten betrachten kann und seine eigene Interpretation auch noch gut findet, dann ist das für einen Autor doch eine tolle Sache, oder sehe ich das falsch?

Aber nächstes Mal wirds wieder klarer ... Hoffe ich!:Pfeif:

Gruß! Salem

 

:bonk:
ICH HABS GEWUSST!!!
:bier: :wein:
Wenn ich wieder nüchtern bin, werd ich das Ding editieren :heul:

 

Hoffentlich wars n Guter Tropfen. Jahrgang? Herkunft?
Männlich oder weiblich?

 

Hi salem,
Dieses Mal ja ganz was kurzes ;)

Ganz begeistern konnte mich die Geschichte nicht. Die Schleife wirkt für mich weit herbeigeholt. Vielleicht kapier ich halt auch nichts, ist aber auf jeden Fall frustrierend. Da musst du schon noch ein, zwei weitere Hinweise einbauen.
Atmosphärisch zum Teil nicht schlecht, aber am Anfang könntest du etwas kürzen: Ab hier

Es schien sich ebenfalls zu bewegen. Was hatte ...

Ansonsten ist mir noch eine Kleinigkeit aufgefallen.

dass sie meinte, es durch ihre nackte Haut hindurch sehen zu können.
das halte ich für überzogen

L.G.
Bernhard

 

Hi Bernhard.

Ja, mal wieder kurz; muss ja auch ab und an mal sein ...
Meine Intention zur Geschichte habe ich ja ein paar Antworten weiter oben genannt.
Im Moment fällt mir aber keine sinnvolle Änderung ein.

Ich danke dir aber fürs Lesen und Kommentieren!;)

Gruß! Salem

 

Hi salem,
Deine AUflösung habe ich vor meinem Kommentar überlesen.
Mein Kritikpunkt bleibt. Am Ende sollte es Sonnenklar sein, dass sie ihn umgebracht hat. Wie du das Machts, dass bleibt dir offen. aber ich denke immer an das Ende von The sixt sense, wo er am Ende das Einschußloch bei sich slebst sieht. So etwas in der Art brauchst du am Ende, dann bin ich vollauf begeistert

L.G.
Bernhard

 

Hi Bernhard nochmal.

Irgendwie gebe ich dir und den anderen natürlich Recht. Ich habe noch einen Schlusssatz eingefügt, um dieses "Schleifengefühl" auszumerzen.
Ich denke, jetzt müsste auch klar werden, dass sie irgendetwas mit Dean getan hat.
Danke nochmal für den Hinweis.

Gruß! Salem

 

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