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Scheiß Krieg
Leutnant Pippin sah sich um. Das Wetter hatte sich seit gestern immer mehr verschlechtert. „Wenn das so weitergeht“, dachte er bei sich, „dann können wir die Latrine nicht mehr lange halten.“
An der gegnerischen Front hatten Spähtrupps neu herangeführte starke Kotwerferverbände ausgemacht. Wahrscheinlich würden sie in den nächsten Tagen Stellung beziehen und sich einscheißen. Prost Mahlzeit! Wenn der Gegner dann auch noch mit der Luftwaffe käme! Stinkbomben, Urinsprühangriffe, nicht auszudenken! Dagegen konnten sie mit ihren spärlichen Scheißleistungen wenig ausrichten.
Einzige Hoffnung waren die versprochenen neuen Jauchewerfer. Aber wann die wohl kommen würden? Und überhaupt! Die Infanterie in ihren Löchern saß natürlich am meisten in der Scheiße. Gut getarnte Kuhfladen und Selbstbeschissanlagen erschwerten jeglichen Auftrag. Ja, der Gegner hatte sich sehr gut geschützt. Verdammt noch mal, warum mußte die Pissensive ausgerechnet hier zum Stoppen kommen? Hätte der doofe Oberbescheißhaber uns diese eine Hürde nicht auch noch nehmen lassen können? Bevor sie fast unüberwindbar wurde? Bevor die Fladenpimzer das ganze Gelände vor ihnen mit ihrem Mist überzogen? Jetzt mußte man ja fast täglich mit einer großen Gegenpissensive rechnen. Diese verdammte Welt, die müßte mal von vorn bis hinten ausgemistet werden. Besonders hinten, dort wo die größten Arschlöcher hocken. Ach ja, was waren das doch für herrliche Zeiten unter dem Oberkommando von Oberst Shit. Da wurde nicht gekleckert, da wurde noch richtig geklotzt. Aber jetzt... warum nur hatten sie Oberst Shit das Kommando entzogen? Einfach so, ohne Grund - bestimmt nicht! Wenn er nur wüßte, was da passiert war. Dabei hatte er sich so gut mit Shit verstanden; sie waren beinahe per Du gewesen, trotz des Rangunterschiedes.
„Hallo, Leutnant Pippin! Schön, daß ich Sie endlich finde.“
Pippin fuhr erschrocken herum. „Oberst Shit! Aber, was machen Sie denn hier? Welch eine Überraschung!“
„Mein lieber Pippin, ich bin nicht mehr Oberst, ich bin degradiert worden. Zum Hauptmistmann. Leider.“
„Degradiert – aber warum das denn? Was ist denn passiert?“
„Haben Sie die Nachrichten über die Schlacht im Abschnitt 00 der vierten Südlinie gehört?“
„Ja, das war doch vor ca. 4 Monaten, im Dezember 2834, wenn ich mich recht erinnere. Ja, sicher, das ging doch durch alle Zeitungen. Damals hieß es, ein führender Stabschef sei degradiert worden. Und das waren Sie!“
„Ja, so ist es. Wegen Verschwendung von Toilettenpapier.“
„Verschwendung von Toilettenpapier?“
„Nun, sehen Sie – aber weißt Du was, wir könnten uns doch ruhig duzen, oder? Also ich heiße Abbott, Abbott Shit. Und Du?“
„Peter, Peter Pippin. Aber nenn’ mich einfach Pitti, alle meine Freunde nennen mich so.“
Peter streckte Abbott seine schlanke, aber starke und feste Hand hin, schräg nach oben gehalten. „Abbott!“. Und Abbott schlug ein: „Pitti!“ Und, auch wenn es streng verboten war: sie umarmten sich. So wie es Fußballsportler vor über 840 Jahren bei erfolgreichen Torabschlüssen getan hatten.
„Jetzt erzähl’ mir mal, Abbott, was ist passiert im Abschnitt 00?“
„Weißt Du, der Nachschubkanal zur Südlinie war damals völlig vernachlässigt worden. Wir hatten für die Küchenrollengeschütze keine Munition mehr. Taschentücher oder Mullbinden wollten wir nicht nehmen, also haben wir Klopapier verwendet. Aber meine Entscheidung war fehlerhaft, denn ich hatte befohlen, das 3-lagige einzusetzen. Welch ein Irrtum! Das war doch nur zur Verteidigung gedacht, nicht für den Angriff. Und deshalb bin ich degradiert worden. Verschwendung von 3-lagigem Verteidigungstoilettenpapier!“
„Und was machst Du jetzt hier, Abbott?“
„Ich bin eingeteilt zur Überwachung der Rückstandsbeseitigung an der zweiten und dritten Südlinie.“
„Harter Job, was?“ meinte Pippin.
„Kannst Du wohl sagen, Mann! Kein Tag vergeht, ohne daß jemand mich oder einen meiner Unterhosiziere nach 4766-Döschen oder Chanel No. 9-Fläschen fragt.”
„Hast Du welche vorrätig, Abbott?“
„Nein Pitti, tut mir leid. Ich muß mir meine Ration auch genau einteilen. Zum Glück habe ich die schlechte Nase meines Vaters geerbt, somit rieche ich diesen Gestank weit weniger als andere. Und meine letzte Ration habe ich fast vollständig einem meiner Unterhosiziere gegeben. Der arme Kerl ist nämlich gegen Schwefelwasserstoff ziemlich allergisch.“
„Tja, Du Glücklicher. Ich muß das hier immer alles ertragen; da kommst Du mit der normalen Ration nicht immer besonders gut aus. Aber im Moment geht es ja, weil der Regen eingesetzt hat.“
„Aber schau mal hier, Pitti, was ich hier habe.“
„Lavendelsamen! Getrocknete Maiglöckchenblüten! Wo hast Du denn diese Kostbarkeiten her?“
„Verrat’s bitte nicht weiter, aber auf dem Weg hierher zu Euch, zu Dir, bin ich durch das Städtchen gekommen, und dort gibt es ein Mädchen, in einem Lädchen, und die hat ein geheimes Lager, oijoijoij ...“
„Aber verstößt so ein geheimes Lager nicht gegen die Spouckinger Konvention?“
„Nein, ganz und gar nicht. Nur Extrakte, Öle und Essenzen sind vom Lagerverbot der Spouckinger Konvention betroffen. Wie wär’s, wollen wir das Mädchen mal besuchen? Hast Du demnächst irgendwann frei? Ich habe gerade drei Tage Sonderurlaub bekommen!“
„Ja, morgen vormittag habe ich Zeit. Gerne! Das ist eine klasse Idee! Wie heißt sie eigentlich?“
„Florence Flakon.“
„Seltsamer Name.“
„Aber sie arbeitet sehr effektiv. Sie hat sich in der Schlacht von Klobursthausen sehr um die Nasen der Verwundeten gekümmert, und auch sonst so. Kaum, daß einer rief ‚Hilfe, ich stinke’, schon kam sie angelaufen und hat ihn gewaschen, gepudert und parfümiert.“
„Diese Frau will ich kennenlernen! Auf Abbott, morgen früh fahren wir beide nach Alcolitan!“