Scheißen ist Befreiung
„Scheißen ist eine Befreiung, wusstest du das nicht?“
„Du widerst mich an, verpiss dich.“
Das Ende war gekommen. Es stand einfach da, in der Mitte des Raumes und es kotze mich an.
„Immer hast du nur dein Scheißen in Kopf, du spinnst wohl!“ Er schrie. Er war wütend.
„Wenigstens lass ich die Dinge einfach raus.“
Ich musste lächeln. Musste einfach. Die Dinge rauslassen, ja, das war der richtige Begriff dafür.
Mit hochrotem Gesicht stand er dort, dicke, wulstige Adern pulsierten an seiner Schläfe und sahen aus wie verdauende Schlangen. Sein Mund arbeitete, seine Zähne malmten unaufhörlich, die Zunge durchwühlte noch den letzten Winkel seines Mundes. Seine knochigen Finger, Hexenfinger, waren zu Fäusten geballt. Zu Fäustchen. Eh war er ein schmaler Kerl, winzig geradezu- im Vergleich zu mir.
„Tu es nicht!“, brachte er dann hervor, und es klang fast flehend. Ich musste grinsen. Das Ende. Es stand neben ihm, doch er konnte es nicht sehen. Er schaute gar nicht so genau hin, war nur beschäftigt mit sich und seiner Angst. Erneut fragte ich mich, was mich davon abhielt.
Die Hölle, was ist das schon? Was ist denn das? Scheiß drauf, scheißen ist Befreiung. Scheiß auf die Welt, scheiß auf die Leute, scheiß auf die Hölle.
„Du hast zu viel Schiss!“, flüsterte ich ihm zu, und sah, dass er mich nicht verstand. Es ging hier um Scheiße, das ist doch wohl Sonnenklar. Aber er, er lebte schon immer in seiner Frühlingswelt, mit Sonne satt und blühenden Obstbäumen. Kein Anzeichen von Kacke zu sehen.
„Komm raus aus deiner heilen kleinen Welt, sie kann dir hier nicht helfen!“, brüllte ich ihn an. Versuchte ihm klar zu machen worum es ging. Und ich sah ihm tief in die Augen.
Rund um seine Iris hatte sich ein gelber Nikotinschleier abgesetzt, belagerte die Pupille. Scheiß Nikotin!
„Lass es sein.“, sagte er noch eindringlicher als vorher. Das Ende grinste mich an. Ja, es grinste. Hämisch. Böswillig. Es grinste mich an. Es stand einfach dort, in der Mitte des Raumes, als gäbe es nichts natürlicheres in der Welt. Es stand da, ganz gelassen, und grinste mich an.
„Fick dich und deine Scheiße.“
Noch immer grinste es. Es war ja auch ganz klar überlegen. Ja, natürlich. Auf einmal war es mir klar, wäre ich so überlegen würde ich schließlich auch hämisch grinsen.
„War es das?“, fragte ich, und er fühlte sich angesprochen. Verwirrt sah er mich an, ich schaute schließlich an ihm vorbei, und er hatte das Ende noch gar nicht kommen sehen. Scheiße, wie es grinste!
„Was soll das?“, fragte er, und machte einen Schritt auf mich zu. Aber ich war schneller und die Kugel raste durch die Luft, brannte durch die Luft, sprang durch Fleisch und Knochen und ließ alles zusammen explodieren in einem Feuerball aus Schmerz und Blut. Grinsend sank ich zu Boden, als ich fühlte, dass meine Hosen voll waren. Scheißen ist Befreiung, dachte ich noch. Scheißen ist Befreiung, dachte ich. Warum hatte ich es nur mit Schießen versucht? Schießen statt scheißen, kein guter Tausch, doch jetzt ist es zu spät.
Wie Rotze sabberte mein Gehirn aus dem fingergroßen Loch in meinem Schädelknochen und mit ihm ... ich.