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Thema des Monats Schirokko

Seniors
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22.10.2004
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Schirokko

Heute wird sie wiederkommen.
Ich weiß das, wie ich es jedes Mal weiß, denn ich habe gelernt, den Wind zu deuten. Es gibt Tage, an denen trägt er den Geruch der Ferne mit sich, der immer anders ist. Diesmal habe ich Salz gerochen, zart, unbestimmt, ein Hauch von Feuchte, die Erinnerung an den sturmgrauen Ozean und tanzende Gischt. Ich habe auf dem Balkon gestanden, tief eingeatmet und die Erinnerung des Windes geteilt. Er kündigt sie an. Meine Seele beginnt zu tanzen.
Fast ein Jahr ist Malinka diesmal fortgeblieben.

Wir zogen gemeinsam in diese Wohnung, als Malinka glaubte, endlich zu schwer für den Wind geworden zu sein. Er zupfte noch an ihrem Haar, während wir das erste Mal auf der Kuppel des Petersdoms standen und in kupferner Abendwärme badeten, aber sie schüttelte den Kopf und breitete die Arme aus.
„Siehst du, Tiberio, es ist vorbei. Er nimmt mich nicht mehr mit!“
Ich zog sie an mich und spürte ihr Lächeln, als sie ihr Gesicht an meiner Brust barg.
„Lass uns hier bleiben“, flüsterte sie, und ich blickte auf die Stadt zu unseren Füßen.
Rom hatte eine ganz eigene Art zu leuchten, in einem matten Licht, das immer da war. Als ob sich die alten Steine an die Abendsonne vergangener Jahrhunderte erinnern würden. Das machte den Abend in Rom so besonders.
„Du willst wirklich hier bleiben?“
Malinka schaute zu mir hoch und nickte.
„In einer Wohnung in einem alten Haus. Aus den Fenstern muss man den Fluss sehen können, und Zedern, und Dächer, und Horizont. Ich werde mein Haar offen tragen und zum Markt gehen wie eine Römerin, und wir spannen eine Leine zum Haus gegenüber und trocknen unsere Wäsche über den Köpfen der Vorbeigehenden.“
Ich musste lächeln.
„Und was ist, wenn wir so eine Wohnung nicht finden?“
Sie nahm meine Hand und zog mich von der Brüstung weg. „Das werden wir aber.“
Sie behielt Recht. In der Via Vincoli wartete die Wohnung auf uns, von der sie träumte und von der auch ich geträumt hatte, seit Malinka mir in die Arme geweht worden war. Es war eine recht kleine Wohnung, aber wir brauchten ja auch nicht viel. Ein Nest muss nicht groß sein.
Malinka wollte es behaglich haben. Die Wände malerte sie alleine, und ich durfte nur danebenstehen und ihr zusehen, wie sie lachend mit der Farbrolle hantierte, ein buntes Tuch um die Haare geschlungen, die Wangen gerötet. Sie hatte einen sanften, sandfarbenen Ton ausgesucht. Schirokkofarben, sagte sie dazu.
Es dämmerte schon über der Ewigen Stadt, als sie fertig war und auf den Balkon trat. Sie trug noch immer das Tuch, es war jetzt voller Schirokkokleckse. Ich hatte eine Flasche Wein geöffnet, den wir einfach so trinken wollten im Abendlicht, ohne Gläser, auf uns, auf das Zuhause.
Malinka drehte sich nicht um, als ich nach draußen kam.
Sie stand an der Brüstung, aufrecht, angespannt, als ob sie auf etwas lauschte. Wie auf dem Sprung. Und ich wusste plötzlich, was passieren würde. Wir hatten uns beide geirrt. Hätte ich es nicht schon ahnen müssen, als sie vom scirocco sprach?

Damals bin ich das erste Mal alleine geblieben in der Wohnung, von der wir geträumt hatten. Es ist nicht das letzte Mal gewesen. Vielleicht wird es nie ein letztes Mal geben.
Ich lasse die Balkontür offen, damit der Wind jeden Winkel hier drinnen mit Ferne tränken kann. Sie soll überall sein, wenn Malinka zurückkommt.
In der Küche nehme ich eine der Teedosen aus dem Regal und schüttle sie leicht. Es ist kaum noch etwas darin. Ich lasse meinen Blick über die anderen Dosen gleiten, jede einzelne irisiert sanft in einer anderen Farbe. Sie alle, das weiß ich, sind so gut wie leer.
Malinka und ich trinken viel Tee.

Sie hatte diese Dosen mitgebracht, als sie aus Granada zurückkehrte.
An jenem Tag roch der Wind nach Orangenblüten und Anis. Er brachte die Erinnerung des spanischen Sommers mit und das Bild der roten Burg, die unter der Mittagssonne schlief, und den wilden Hauch aus der Sierra Nevada. Es war das erste Mal, dass ich den Wind verstand und ihre Rückkehr erriet.
Malinka traf in der Abenddämmerung ein, als die Schwüle des Tages langsam gewichen war und der kühle Wind wieder genug Kraft für sie hatte. Ich hörte sie auf dem Balkon aufschlagen und eilte nach draußen, um ihr hoch zu helfen.
„Es ist alles in Ordnung“, sagte sie und lächelte mich von unten her an. Dieses Lächeln hatte nur sie: so schön, dass es wehtat. Nur Malinka konnte den Schmerz, den sie in sich trug, in ihren Augen zum Leuchten bringen.
„Sicher“, antwortete ich und zog sie hoch. „Du bist ja wieder da.“
Sie hielt sich an mir fest, und wieder einmal spürte ich, wie leicht sie doch war. Eine kleine Feder hatte sich in ihrem Haar verfangen, schirokkofarben.
„Dass du auf mich wartest“, murmelte Malinka an meiner Schulter, „immer und immer wieder … Es tut mir so Leid, Tiberio. Ich tue dir weh.“
„Hör auf. Es ist nicht schlimm. Du bist zurück, das ist die Hauptsache.“
Sie löste sich von mir und schaute mir in die Augen. Das Lächeln war einem tiefen Ernst gewichen. „Das war das letzte Mal, Tiberio. Ich bleibe jetzt bei dir.“
Das hatte sie schon so oft gesagt, und ich strich ihr sacht über die Lippen, um sie daran zu erinnern, dass ihre Versprechen zu leicht waren, um vor dem Wind zu bestehen, genau wie sie selber. Aber sie schob meine Hand beiseite und deutete nach unten, wo das Bündel lag, das sie während der Reise an ihrer Brust geborgen hatte.
„Ich war in Granada, Tiberio. Ich habe die Lösung mitgebracht.“ Ihre Augen blitzten auf, und diesmal war da kein Schmerz.
„Was ist das?“
„Das“, sie bückte sich nach ihrem Bündel, „sind die Geheimnisse des Albaicín.“
Wir setzten uns in die Küche, und Malinka stellte eine Dose nach der anderen auf den nackten Holztisch. Als sie fertig war, betrachtete sie für einen Moment mit einem gewissen Stolz die aufgebaute Reihe. Ich ließ meinen Blick über die irisierenden Farben gleiten. Malinka griff nach meiner Hand.
„Ich war im Albaicín“, sagte sie. „Das maurische Viertel Granadas. Es war Mittag, und ich konnte nicht fort, weil der Wind schlief. Also bin ich durch die Gassen gegangen, dieses hingewürfelte Gewirr aus Schatten, Stein und einem Hauch von Orient. Ich bin an bunten Läden vorbeigegangen, wo sie bestickte Tücher, Öllampen und silberne Teekannen verkaufen, und dann stand ich plötzlich vor einer Tür, die halb geöffnet war. Es war kein farbenfroher Laden, und es gab keinen märchenhaften Kram zu kaufen, aber ich wusste, dass ich hineingehen musste. Denn diese Tür, die war offen, damit der Wind hineinkonnte. Gerade so, wie ich sie früher auch offengelassen habe. Ich wusste es, und so ging ich hinein.“
Sie machte eine Pause und betrachtete die Dosen. Ich schwieg.
Schließlich blickte sie auf und sprach weiter.
„Drinnen war ein alter Mann, ein Araber, der im Halbdunkel in seinem Koran las. Er schaute hoch, als ich hereinkam, und er lächelte. ‚Ich grüße dich’, sagte er. ‚Ich grüße dich, Windkind. Der Chamsin ist dein Vater.’“
„Er hat dich erkannt?“
Malinka spielte mit meinen Fingern und lächelte.
„Er sagte mir, er erkenne meinesgleichen in dem Moment, in dem wir durch seine Tür kämen. ‚Ihr wisst immer, wann eine Tür geöffnet ist, um den Wind willkommen zu heißen. Ihr wisst immer, zu welchen Orten er Zutrauen gefasst hat und sie aufsucht, um auszuruhen. Ihr wisst es, und daran erkenne ich euch.’
Es war so gut, jemandem zu begegnen, der mich durchschaute. So gut, dass ich mich zu ihm setzte und anfing zu weinen, und er schaute mich nur an, ohne etwas zu sagen. Aber auch das war gut. Ich glaube, er sah alle Spuren des Windes an mir, und alle Spuren der Welt. ‚Oh, mein Kind’, murmelte er schließlich. ‚Du willst nicht mehr sein, was du bist.’
‚Sie können mir helfen’, sagte ich zu ihm. Er blickte mich an, seine Augen waren wie Wüstensand, fast golden. Und ich erzählte ihm alles. Von mir und von dir. Und er saß nur da und schwieg immerzu.
‚Ja, der Chamsin ist dein Vater’, wiederholte er endlich, ‚der trockene, brennende, erbarmungslose Chamsin. Aber du bist nicht wie er, und ich bin es auch nicht. Ich werde dir helfen.’ Er wies mit dem Kopf auf ein Regal, und dort standen diese Dosen.“
Ihre Finger umklammerten die meinen, und sie strahlte mich an.
„Das hier ist die Lösung, Tiberio. Unsere Lösung.“
Ich schüttelte nur den Kopf.
„Aber was ist denn da drin? Was hat der Alte gesagt?“
Sie strahlte weiter. Wie ein kleines Mädchen, das vor einem riesigen Geschenk sitzt.
„Riech mal.“
Sie öffnete die Dose, die ihr am nächsten stand, und hielt sie mir hin. Ich linste hinein und schnupperte.
„Das ist Tee.“
„Das ist ein ganz besonderer Tee. Das sind die Erinnerungen der Winde, verstehst du? Wir haben sie jetzt bei uns. Ich muss nie mehr fort, Tiberio!“

Ich schütte den letzten Rest aus der Dose in das Teesieb, setze Wasser auf und schaue aus dem Küchenfenster, ohne dort wirklich etwas zu sehen. Vor meinen Augen tanzen stattdessen die Farben der Teedosen. Windfarben, die ich anfangs ebenso wenig deuten konnte wie den Wind selbst, aber ich habe es gelernt. Dafür bin ich lange genug alleine gewesen.
Dieses zarte Schimmern zwischen Hellblau und Perlmutt, das ist die Farbe des Mistral. Es gibt auch das dunstige Blau des Tramuntana, das kalte Grün der Bora, das samtige Dunkel des Levante.
Ich gieße den Tee auf. Ein unbestimmter Duft durchzieht die Küche, lässt erste blasse Bilder in mir aufflackern, während ich tief einatme.
Mediterranes Leuchten. Der Geschmack des Sommers. Die Farben der Provence.
Ich weiß, dass diese Bilder sich verstärken werden mit jedem Schluck, den ich gleich von diesem Tee trinken werde. Dass sie sein werden wie meine eigenen Erinnerungen, obwohl ich sie nie gelebt habe, obwohl sie nur getrocknet und aufgegossen sind.
Mir ist es genug, so zu reisen. Ich bin froh, die Straßen von Rom vor meiner Tür zu haben, mir reicht es, von einer Brücke auf den Tiber zu blicken, ich muss mir kein Boot bauen und davon paddeln.
Aber Malinka ist anders.
Ich schenke mir den Tee ein, goldenes Wasser, das von der Ferne erzählt.

Die erste Zeit war gut, sie war sogar sehr gut.
Malinka lehrte mich, den Tee zu trinken, den sie aus den Erinnerungen brühte. Sie brachte mir bei, aus den verschwommenen Eindrücken, die ich am Anfang in meiner Seele spürte, deutliche Bilder zu formen, so lebendig, dass ich mich in sie hineinbegeben, sie schmecken und riechen konnte. Dann hielt sie meine Hand, und noch mit geschlossenen Augen spürte ich in den Bildern der Welt ihr Lächeln. Wir reisten zusammen, und doch waren wir daheim. Sie trank ihre Freiheit, und doch blieb sie bei mir.
Ich dachte nicht darüber nach, dass der Tee zur Neige gehen könnte. Es waren so viele Dosen. Man brauchte nicht viel für eine Kanne. Und mir reichte eine am Tag, oder weniger.
Aber um mich ging es nicht.
Eines Nachts fand ich Malinka in der Küche, in ihren Morgenmantel gehüllt, eine Tasse an den Lippen, die sie absetzte, als sie mich fast entschuldigend anlächelte.
„Ich konnte nicht schlafen, weißt du.“
Auf dem Tisch schimmerte das stumpfe Rot des Sahelwindes.
In jener Nacht ahnte ich, dass sie süchtig war.
Eine Kanne am Tag war nicht genug. Malinka brauchte viel mehr, und die Geschichten eines einzelnen Windes reichten ihr ebenso wenig. Sie begann, den Tee zu mischen, schmeckte den Passat mit einer Prise Taifun ab, den Monsunwind mit dem Poniente. Sie sprach nur noch in den Bildern, die sich in ihr formten. Sie lebte in fremden Erinnerungen.
Abends sah ich sie oft auf dem Balkon stehen. Wie damals. Wie früher. Und ich begriff, dass es ein weiteres Mal nur eine Frage der Zeit sein würde.
Eines Morgens schüttelte sie den letzten Rest aus der Dose, deren Glanz so sehr der Farbe unserer Wände ähnelte.
„Kein Schirokko mehr“, stellte sie fest und wirkte nicht halb so bekümmert, wie ich es mir vorgestellt hätte. „Ich werde noch einmal nach Granada müssen.“
Sie bemühte sich, Bedauern in ihre Stimme zu packen. Aber in ihren Augen sah ich etwas Anderes, eine zitternde Freude, die mit dem Schuldbewusstsein um den Vorrang kämpfte und schließlich gewann.
Ich nahm sie in den Arm zum Abschied.
„Es wird nicht lange dauern, Tiberio“, sagte sie mit dieser Zuversicht, die nur Lüge sein konnte. „Der Wind steht günstig, ich werde schnell sein.“
Ach, Malinka.

Ich kann ihn nicht trinken, ich kann einfach nicht.
Ich will nicht in Bildern ertrinken.
Stattdessen halte ich die Tasse mit beiden Händen umfasst und atme den Duft, begnüge mich mit den Schemen dessen, was soviel stärkere Illusion sein könnte.
Malinka, meine Malinka, die mir damals ein Wind in die Arme geweht hat und die mir so fest in die Augen geschaut hat, als wolle sie in meinem Blick Anker werfen.
Es sind Malinkas Erinnerungen, an denen ich hier rieche, nicht die eines fremden Windes, die ihr eines Tages nicht mehr gereicht haben. Es sind ihre eigenen, die sie selber gesammelt hat, auf den Schwingen der Winde, die sie um die Welt getragen haben.
Immer und immer wieder.
Manchmal, nur selten, finde ich in diesen Erinnerungen etwas, das nicht einfach nur nach Weite und Fernweh schmeckt und nach dem Glück, dort draußen zu sein und nicht hier, frei zu sein.
Manchmal, nur selten, nehmen meine Sinne etwas wahr, das sich bitter anfühlt und mich trotzdem glücklich macht.
Heute ist einer dieser Tage, heute finde ich eine dieser Perlen.
Der Tee duftet und duftet und es ist nicht nur ihr Flug, von dem er berichtet, es ist ihre Sehnsucht, die Sehnsucht nach mir.
Vielleicht sollte ich doch einen Schluck trinken.
Meine Wangen sind feucht, als ich die Tasse ansetze.
In solchen Momenten weiß ich, dass Malinka mich liebt. Und ich verstehe wieder, warum ich auf sie warte.

Sie blieb nur ein paar Wochen weg, zuerst, und kehrte mit mehreren Päckchen Tee zurück, braunes Packpapier statt schimmernder Dosen, weil das leichter war. Zuhause füllte sie die Erinnerungen um. Es war kein Problem, zu erkennen, welches Päckchen für welche Dose bestimmt war. Jedenfalls nicht für sie.
„Das wird eine Weile reichen!“, sagte sie und zog mich auf ihren Schoß, hielt mich fest und presste ihr Gesicht an meine Schulter. Ganz fest, um den Tränen den Weg zu versperren. Vielleicht war das der Moment, in dem sie anfing, ihren Lügen nicht mehr zu glauben.
Die Weile war kurz. Sie musste bald wieder fort, weil die Dosen sich leerten, obwohl sie diesmal so vorsichtig war, den Tee stark verdünnte, um sparsam zu sein.
Aber es half nichts. Es konnte ja nicht.
Immer wieder fand ich sie nachts mit ihrer unvermeidlichen Kanne Tee, wortlos mittlerweile. Doch was spielte das noch für eine Rolle. Ich sah sie auch tagsüber nicht anders. Nachts, wenn wir nebeneinander lagen, schmiegte sie sich an mich, ihr Atem roch nach Euros und Mistral, und wenn ich sie festhielt, wusste ich, dass sie nicht von mir träumte.
Und wieder ein Abschied, wieder ein Versprechen, das sie nicht halten konnte, aber trotzdem gab.
„Ich bin bald wieder da, Tiberio, ich werde ganz schnell sein.“
Es wurden zwei Monate. Zwei. So lange wie nie zuvor. Ich blieb mit den kümmerlichen Resten des Tees, von dem ich ab und zu trank, um ihr näher zu sein. Damals begriff ich, dass ihr Weg sie nicht direkt nach Granada führen konnte, wenn er es überhaupt tat, wenn sie den alten Mann dort überhaupt noch brauchte.
„Wie machst du es?“, fragte ich sie, als sie zurück war, und es war das einzige Mal, dass ich das wagte. „Wie kannst du sie zu Tee machen?“
„Er hat es mir gezeigt“, erwiderte sie nur und sah mich nicht an.
Sie sagte mir nie, was der Preis dafür war, was in Wahrheit geschah, damals in Granada, und ich fragte nie nach. Ich wusste, dass ich keine Antwort bekommen würde. Außerdem war ich nicht sicher, ob ich eine haben wollte.
Malinka teilte ihre Erinnerungen mit mir, nur eine einzige blieb ihr Geheimnis.

Der Tee kühlt ab, und Rom erwartet den Abend.
Ich stelle die Tasse auf den Tisch und trete auf den Balkon, atme tief ein. Endlich Luft ohne Bilder. Es ist ein Abend wie damals, als wir auf dem Petersdom standen. Kupfern und traurig.
Meine Hände umklammern die raue Brüstung. Ich frage mich, warum ich nicht bin wie Malinka. Warum ich ein Nest brauche, Sicherheit, Windstille. Eine Antwort gibt es, die ich gerne vergesse: Ich bin zu schwer für den Wind und werde es immer sein. Ich werde nie anders können als auf Malinka zu warten. Warten, wie ich es bis jetzt getan habe. Jedes Mal aufs Neue.
Bald wird Nacht sein in Rom, und ich stehe auf dem Balkon und atme die Dunkelheit. Werde hier stehen, bis sie kommt, wie ich es schon so oft getan habe. Und sie auch. Sie ist immer zurückgekommen. Immer.
Irgendwann immer, in all den Jahren.

Morgen wird sie wiederkommen.
Ich weiß das, wie ich es immer weiß, denn ich habe gelernt, den Wind zu deuten, auch wenn er mich betrügen will, narren, verhöhnen.
Morgen, ich bin ganz sicher.
Malinka.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Malinche, ich möchte dir wie die vielen Leser vor mir meine Hochachtung vor dieser Geschichte versichern.
Die Eigentliche Stärke des textes sehe ich in der Phanstastik die Bildnis für ein menschliches Grundbedürfnis ist. Aus einem gewissen blöickwinkel ist die geschichte nicht einmal Fantasy sondern kann eins zu eins in eine Grundlegende Wunschproblematik der Menschlichen Empfindungswelt übersetzt werde: Die Suche und die Sucht nach Freiheit.
Dein flüssiger und leichtfüßiger Erzählstil, unterstützt dies natürlich hervorragend.
ich habe nicht alle Kommentare zu deiner Geschichte gelesen, aber zu zwei die mir aufgefallen sind würd eich gerne meine meinung kund tun.

1. Sinnvolles Ende?
Ich halte den Abschluss für überaus sinnig, da es bei einem solchen Problematik und der Erzählweise so oder so keine wirkliche Lösung geben kann.
Die Suche nach Freiheit und der Wunsch nach Geborgenheit beißen sich nun einmal, vor allem wenn man eine phyische Komponente vorraussetzt.
Es kann also kein Ende dieser speziellen Episode geben, und so muss die geschichte sanft ausgleiten, wie der Wind selbst. Höchstens eine Lösung der Gesamttheamtik könnte man Anstreben, aber dazu mehr am ende

2. Ist das thema Sucht ausreichend behandelt?
Ja. Wenn man zwischen den Zeilen liest, geht es doch eigentlich nur darum.
bedie Charakteräre winden und quälen sich in ihren unterschiedlichen Abhängigkeiten.
Er ist süchtig nach ihrer Nähe, sie nach der Freiheit. Deutlicher als in der Grundthematik muss man das meienr Ansicht nach nicht herausarbeiten.Das kann der Leser selbst viel besser.

Fazit: ich finde diese Geschichte wunderschön und doch stört mich ein wenig das Ausmaß des Ganzen. Hier kann man noh viel mehr erzählen. Diese Episode ist meiner Ansicht nach nur ein winziges Stück einer viel größeren Geschichte, aber wenn ich dein letztes Kommentar lese weist du das ja offensichtlich schonn selbst. Ich hoffe auf mehr und verharre in freudiger Erwartung
Gruß Marot

 

Hallo Marot,
danke für deinen ausführlichen Kommentar!

Marot schrieb:
Aus einem gewissen blöickwinkel ist die geschichte nicht einmal Fantasy sondern kann eins zu eins in eine Grundlegende Wunschproblematik der Menschlichen Empfindungswelt übersetzt werde: Die Suche und die Sucht nach Freiheit.
Stimmt. :)

Er ist süchtig nach ihrer Nähe, sie nach der Freiheit. Deutlicher als in der Grundthematik muss man das meienr Ansicht nach nicht herausarbeiten
Schön, dass du das so siehst.

Hier kann man noch viel mehr erzählen? Das ist wahr, das kann man bestimmt. Als ich mit der Geschichte angefangen habe, wollte ich eigentlich auch viel mehr erzählen - aber irgendwie ging es nicht. Ob ich hier mehr erzählen kann, ohne im Grunde nur zu wiederholen? Das ist eben das Schwere.

Mal sehen, was daraus noch wird, in dieser oder anderen Geschichten. Ein bisschen von Malinka und Tiberio steckt ja sicherlich auch in jedem von uns ...

Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Eine schöne Geschichte und echt gut zu lesen.
-bisher die einzige Geschichte, bei der ich keine Durchleseprobleme hatte.:)

Grüsse
A.Merg

 

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