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Schlimme Beobachtung

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20.04.2010
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Schlimme Beobachtung

Voller Entsetzen schrecke ich zurück. Mein Gott ist das ekelhaft. Beinahe wäre ich die Treppe runter gefallen, kann mich in letzter Sekunde aber noch am Geländer festhalten. Ich stehe auf und will diese Wohnung verlassen. Ich laufe die Treppe runter, aus der Haustür und quer über die Straße ohne mich umzudrehen. Mein Umfeld nehme ich nur schwach in Form eines einzigen Streifens wahr. Alles zischt an mir vorbei. Die Fußgänger springen zur Seite und schauen mir verständnislos hinterher. „Pass doch auf, du Gör!“, schreit ein Mann, den ich wohl fast gerammt hätte, aber ich achte nicht weiter auf ihn. Plötzlich sehe ich eine Leiter, die an einer Hauswand lehnt und kletter sie hoch. Sie scheint garnicht enden zu wollen, aber schließlich erreiche ich doch das Dach.`Hier bin ich sicher`, denke ich mir und lasse meinen Körper auf den Ziegeln ruhen. Meine Brust hebt und senkt sich rasend schnell. Dieses ekelhafte Bild geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Wie konnte man nur so unglaublich widerlich sein? Diese glitschig feucht glitzernden Hände und schmatzenden Geräuche.
Wenn ich das meinen Freundinen in der Schule erzähle, werden sie bestimmt nicht mehr mit zu mir nach Hause kommen wollen.
Ich würde es einfach für mich behalten und so tun, als hätte ich es nie gesehen. Vorallem würde ich erstmal hier oben auf dem Dach bleiben, sicher vor weiteren ekelhaften Dingen und warten bis der Schock nachgelassen hatte.

Als die Sonne hinter dem Haus auf der anderen Straßenseite verschwindet, mache ich mich wieder auf den Weg nach Hause. So im halbdunklen die Leiter herunterzuklettern war garnicht so leicht, sie war mir schon beim Aufstieg beinahe unendlich vorgekommen und nun schien sie tatsächlich unendlich zu sein. Verrückt.
Ich fasse meinen ganzen Mut zusammen und schaffe es dann doch sicher, auf dem Bürgersteig zu landen. Ich gehe zügig und als ich vor unserer Haustüre stehe, habe ich ein wenig Angst, meine Eltern könnten gemerkt haben , dass ich sie bei ihrer grausigen Tat beobachtet habe. Ich schleiche mich die Treppe hoch und öffne langsam die Türe. Sie sitzen im Wohnzimmer und schauen fern. Ohne etwas zu sagen husche ich geräuschlos in mein Zimmer und lege mich ins Bett. Hoffentlich träume ich nicht von dem ekeligen Zeug. Ich bin mir sicher, ich werde so etwas nie mit einem Jungen machen. Nein, so etwas werde ich mit niemanden machen`, und kuschel mich in meine Wolkendecke ein. Ohne es zu merken schlafe ich sofort ein.

Auch in den nächsten Wochen geht mir das Bild nicht aus dem Kopf, wie meine Eltern verschwitzt und glitzernd am Küchentisch stehen und diesem armen Fisch die Eingeweide entfernen, damit wir ihn in Ruhe genießen können.

 
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Hallo PPasing,

Mein Auge schaut suchend durch das metallige Loch und was es mich sehen lässt, lässt mich zurück schrecken.
Wenn man es literarisch will, kommen oft solche Formulierungen dabei raus. Da Literatur auch in der Prosa vor allem aus der Verdichtung entsteht, passiert leider eher das Gegenteil, denn dieser Satz ist für den Informationsgehalt zu lang und zu passiv. Das Auge wird wie ein selbstständiges Sinnesorgan behandelt, das nicht der Steuerung des Erzählers unterliegt. Als wandere es aus seiner Höhle, unternähme einen Ausflug durch das metallene Loch und würde sozusagen über wireless-LAN Bilder versenden.
Als Einstieg reichte Ich schrecke zurück. Mein Gott, ist das ekelhaft. Da weiß man schon, dass der Erzähler etwas gesehen haben muss.
Ich stehe auf und laufe die Treppe runter aus der Wohnung und aus dem Haus. Ich laufe quer über die Straße und dreh mich nicht um. Obwohl alles an mir vorbei zischt, komme ich mir noch zu langsam vor.
Hier geht es um Tempo. Dein Erzähler läuft gehetzt, nur wird das in der Satzstellung nicht spürbar. Auch die Reihenfolge stimmt nicht, denn er muss erst aus der Wohnung laufen, dann die Treppe herunter. Für Tempo sind stakkatoartige kurze Sätze oder Satzabschnitte ohne "und"-Verbindung sinnvoller. Eine Möglichkeit: Aufstehen - laufen: Raus aus der Wohnung, Treppe hinunter, raus aus dem Haus, über die Straße. Nur nicht umdrehen.
Dass er sich zu langsam vorkommt, brauchst du dabei nicht zu erwähnen, wäre es nicht so bräuchte er nicht immer weiter hetzen.
Die Fußgänger springen an Seite
zur Seite
und schauen mir verständnislos hinterher. „Pass doch auf, du Gör!“, schreit ein Mann mit Hut, aber ich achte nicht auf ihn.
In der Wahrnehmungsmöglichkeit deines Erzählers bleiben. Auf seine Flucht wird er keine Blicke, egal wie verständnislos, wahrnehmen, er kann höchstens den Ruf hören. Wenn er laut eigener Aussage nicht auf den Rufer achtet, woher weiß er dann, dass der einen Hut trägt? Allenfalls das Geschlecht lässt sich an der Stimme ausmachen.
Wenn ich das meinen Freundinen in der Schule erzähle,
Ah ein Mädchen.
Das Problem ist ja auch, dass ich es selber kaum glauben kann, dass meine Eltern so etwas tun und ich erstmal nicht mehr nach Hause will.
Auch viel zu lang, außerdem sind Satzkonstruktionen mit "dass" immer ungünstig, braucht man in einem Satz gleich zwei davon, sollte man ihn umformulieren. Dafür spräche hier auch wieder die Umständlichkeit und die Frage, warum du dich hier an den Leser wendest? Formulierungen wie "Das Problem ist ja auch" benutzt man, wenn man etwas weiter erklären möchte. Das entfernt dich hier von der Erzählerin, ist zu indirekt. Sie denkt ja für sich, nicht für andere. Insofern reicht: Ich würde es einfach für mich behalten und tun, als hätte ich es nie gesehen. Wie können meine Eltern so etwas Widerwärtiges tun? Ich kann unmöglich nach Hause zurück.
Als die Sonne hinter dem Haus auf der anderen Straßenseite verschwindet, mache ich mich wieder auf den Weg nach Hause.
Ist natürlich blöd, wenn sie es dann gleich im nächsten Satz doch kann.
So im halbdunklen die Leiter herunterzuklettern war garnicht so leicht und von unten hatte es auch nicht so verdammt hoch ausgesehen
im Halbdunklen - hinunterzuklettern - sie hatte sich schon beim Erklimmen der Leiter über deren Unendlichkeit beschwert.
habe ich ein wenig Angst, dass meine Eltern gemerkt haben könnten, dass ich sie beobachtet habe,
zweimal dass
Sie sitzen im Wohnzimmer und schauen Fernseher.
Sie sitzen im Wohnzimmer vor dem Fernseher oder Sie sitzen im Wohnzimmer und schauen fern
Auch in den nächsten Wochen geht mir das Bild nicht aus dem Kopf, wie meine Eltern in der Küche am Tisch stehen und diesem armen Fisch die Eingeweide entfernen, nur damit wir ihn essen konnten.
Solche Pointen finde ich doof, wenn sie nicht vorbereitet und trotzdem überraschend sind. Das Konzept mit der Erwartung zu spielen, die Eltern hätten wohl Sex gehabt, ist ja ganz nett (Wenngleich Sex die am häufigsten angesprochene Erwartungshaltung in solchen Geschichten ist, wenn es sich am Ende als "harmlos" herausstellen soll.), nur wäre es besser gewesen, über ein paar Details richtige Spuren zu legen, die sich durch das Ende in der Interpretation ändern müssen (Zum Beispiel "Schuppen" auf dem Boden, glitschige Finger).

Liebe Grüße
sim

 

Danke erstamal für deine Tipps.

Ich werde sie gerne verwende. Werde den Text unter dieser Berücksichtung auch nochmal schreiben, einfach zur eigenen Übung.

Liebe Grüße

PPasing

 

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