- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 2
Schlimme Beobachtung
Voller Entsetzen schrecke ich zurück. Mein Gott ist das ekelhaft. Beinahe wäre ich die Treppe runter gefallen, kann mich in letzter Sekunde aber noch am Geländer festhalten. Ich stehe auf und will diese Wohnung verlassen. Ich laufe die Treppe runter, aus der Haustür und quer über die Straße ohne mich umzudrehen. Mein Umfeld nehme ich nur schwach in Form eines einzigen Streifens wahr. Alles zischt an mir vorbei. Die Fußgänger springen zur Seite und schauen mir verständnislos hinterher. „Pass doch auf, du Gör!“, schreit ein Mann, den ich wohl fast gerammt hätte, aber ich achte nicht weiter auf ihn. Plötzlich sehe ich eine Leiter, die an einer Hauswand lehnt und kletter sie hoch. Sie scheint garnicht enden zu wollen, aber schließlich erreiche ich doch das Dach.`Hier bin ich sicher`, denke ich mir und lasse meinen Körper auf den Ziegeln ruhen. Meine Brust hebt und senkt sich rasend schnell. Dieses ekelhafte Bild geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Wie konnte man nur so unglaublich widerlich sein? Diese glitschig feucht glitzernden Hände und schmatzenden Geräuche.
Wenn ich das meinen Freundinen in der Schule erzähle, werden sie bestimmt nicht mehr mit zu mir nach Hause kommen wollen.
Ich würde es einfach für mich behalten und so tun, als hätte ich es nie gesehen. Vorallem würde ich erstmal hier oben auf dem Dach bleiben, sicher vor weiteren ekelhaften Dingen und warten bis der Schock nachgelassen hatte.
Als die Sonne hinter dem Haus auf der anderen Straßenseite verschwindet, mache ich mich wieder auf den Weg nach Hause. So im halbdunklen die Leiter herunterzuklettern war garnicht so leicht, sie war mir schon beim Aufstieg beinahe unendlich vorgekommen und nun schien sie tatsächlich unendlich zu sein. Verrückt.
Ich fasse meinen ganzen Mut zusammen und schaffe es dann doch sicher, auf dem Bürgersteig zu landen. Ich gehe zügig und als ich vor unserer Haustüre stehe, habe ich ein wenig Angst, meine Eltern könnten gemerkt haben , dass ich sie bei ihrer grausigen Tat beobachtet habe. Ich schleiche mich die Treppe hoch und öffne langsam die Türe. Sie sitzen im Wohnzimmer und schauen fern. Ohne etwas zu sagen husche ich geräuschlos in mein Zimmer und lege mich ins Bett. Hoffentlich träume ich nicht von dem ekeligen Zeug. Ich bin mir sicher, ich werde so etwas nie mit einem Jungen machen. Nein, so etwas werde ich mit niemanden machen`, und kuschel mich in meine Wolkendecke ein. Ohne es zu merken schlafe ich sofort ein.
Auch in den nächsten Wochen geht mir das Bild nicht aus dem Kopf, wie meine Eltern verschwitzt und glitzernd am Küchentisch stehen und diesem armen Fisch die Eingeweide entfernen, damit wir ihn in Ruhe genießen können.