Schmerz
Der Gesang weinender Violinen durchklang den Raum. Jedermann horchte den traurigen, melancholischen Klängen der Instrumente, deren leidenschaftlichen Spieler, so schien es, ihr Herzblut in Form der musikalischen Kunst vergossen. Meine Wenigkeit beobachtete diese künstlerische Darbietung unterdessen mit Erstaunen. Dieses Stück sprach mir in mehrfacher Weise aus der Seele, es schien mir sogar regelrecht, als wenn es mir noch einmal mein ganzes Leben vorspielt, vom bitteren Anfang, bis hin zur bitteren Gegenwart.
Nie zuvor besuchte ich ein Konzert, ich fragte mich, ob es daran lag, mich in dieser schwierigen Lage selbst bemitleiden zu wollen, oder mich einfach von der Musik an die Hand nehmen zu lassen, und soweit es geht weg zu reisen, weg von der Realität. Als ich nun da saß, mit eingefallen Augen und vorgebeugtem Kopf, gelang ich immer weiter in meine eigene irreale Welt, und desto tiefer ich hinein geriet, desto besser fühlte ich mich, der Schmerz schien plötzlich nachzulassen.
Die Tatsache das meine Frau und meine Tochter noch bis vor einer Woche bei einem Autounfall ums Leben kamen, berührte mich nicht mehr so stark wie normalerweise, denn ich glitt weg von der Welt, die mir nun das Liebste in meinem Leben weggenommen hatte.
Ein betrunkener, er war schuld. Als er alkoholisiert das Auto rammte in dem meine Frau und mein einziges Kind saßen, war es noch an Ort und Stelle für sie vorbei, doch der Mann überlebte leicht verletzt, was für eine Ironie. Oft überlegte ich mich zu rächen, doch innerlich wusste ich es ist der falsche Weg. Ich wusste nicht von wo ich mir die Kraft holen sollte diese schwere Zeit zu überstehen, mir schien alles wie ein böser Traum der einfach an einem Punkt aufhört, doch dem war leider nicht so.
Das Konzert ging weiter, die Töne wurden immer schöner, die Spieler immer leidenschaftlicher, meine Gedanken immer leerer. der Schmerz wurde mir etwas genommen, ich war dankbar diesem Stück zuhören zu dürfen.
Die Musik neigte sich dem Ende zu und verschwieg langsam wie eine Flamme die mit einem leichten Hauch erlosch. Es klatschte Beifall, der von meinen Händen begleitet wurde, und jeder im Publikum war berührt. Alle standen auf und gingen zum Ausgang, manche noch mit ihren Jacken in der Hand, doch ich blieb noch sitzen und gelang langsam wieder in die Realität. Es schmerzte wieder, aber immerhin so kam es mir vor, nicht mehr so bestechend stark. Als auch nun ich als letzter aufstand und mich langsam mit gesenktem Kopf zum Ausgang begab, schienen die Tränen die mir dabei im Licht flossen, wie schimmernde Diamanten.