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Schmerzende Erinnerung

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28.06.2003
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Schmerzende Erinnerung

Fahl scheint das Licht der einsamen Straßenlaterne auf eine weiße Wand aus Stein, an der das grüne Efeu mühelos nach oben wächst. Scheinbar unbeeindruckt von der Schwerkraft wächst es an der senkrechten Wand, jedes einzelne der grünen Blätter bewegt sich im leisen Nachtwind, unregelmäßig, keine Gemeinsamkeit erkennbar. Das graue Mondlicht an der weißen Wand. Sternenklarer Himmel, freie Sicht auf hohe, leuchtende Sterne, oben. Unten, mit schmutzigen Schuhen auf rauhem Beton, mit frierenden Händen am bürgerlichen Gartenzaun, mit salzigen Tränen auf zitternden Wangen, mit brennendem Herzen, ist nichts klar - statt dessen düsterer Nebel und eine Leere, die von innen würgt.

Ich weiß nicht, wie lange ich vor ihrem Haus stand, ich weiß nicht einmal mehr genau, wie ich dort hingekommen bin. Ich muss wohl zu ihr gelaufen sein, nachdem ich es auf der Party nicht mehr ausgehalten hatte, nachdem leere Menschen über leere Themen philosophiert hatten und leere Flaschen nicht mehr über leere Ideale hinweg täuschen konnten. Ich wusste nicht, wo ich sonst hätte hingehen sollen.
Der Sänger einer "Punkband" hatte von dringend erforderlichen, sozialen und politischen Umstrukturierungen in diesem Lande "gesprochen", so weit ich das verstehen konnte, indem er stolz von einer Schlägerei mit der Polizei berichtete, bevor er sich seines persönlichen, intellektuellen Künstlerstatuses rühmte, während er sich an das Mädchen, das ich liebte, ranmachte.
Später begann er jemanden, der stolz ein "Bayern braucht Jesus"-Wahlplakat mit sich herumtrug, darüber aufzuklären, dass sein Vater Religionslehrer sei, und deshalb nur er über Gott und Religion bescheid wüsste. Weiterhin habe sein Gegenüber nicht das Recht, sich auf Gottes Seite zu stellen.
Zum Glück hatte ich es vorgezogen, mich mit ekelerregendem Bier zu beschäftigen und war deshalb auf keine Konversation angewiesen. Naja, zuvor hatte ich ja noch versucht, sie, die ich liebte zurück zu gewinnen.

Sie war umringt von komischen Typen, oder Verehrern... Leute, die sich einbildeten, in sie verliebt zu sein oder so etwas. Ich weiß ganz genau, dass keiner von ihnen sie so liebte wie ich. Von Liebe zu sprechen war in diesem Zusammenhang sowieso lächerlich.

Das war jedenfalls der Anfang vom Ende dieses Abends, der so enden musste. Ich habe mich im Endeffekt total besoffen, gerade mal ein paar Worte mit ihr gewechselt, ihr zugesehen wie diese andren bei ihr waren und zugesehen, wie sie sich in Bewunderung badet, wie sie sich einst in meiner Liebe gebadet hatte.

Am Ende übernahm ich dann die dankbare Aufgabe, ihrer beste Freundin zu trösten, die scheinbar sehr darunter litt, dass immer alle nur von IHR schwärmten. Das war auch eine Sache, die ich nicht verstand. Abgesehen davon, dass diejenige, die mir das erzählt hatte wirklich hübsch war, hatte sie seit 9 Monaten einen Freund, und ich verstand wirklich nicht, was sie denn davon hätte, wenn ich jetzt wegen ihr weinte, anstatt wegen ihrer besten Freundin. Als ich ihr das sagen wollte, rannte sie allerdings irgendwie weg, wahrscheinlich um sich woanders Mitleid zu holen. Da konnte ich ja wirklich noch froh sein, dass ich keine Probleme hatte...

Als ich dann mit Katrin reden wollte - sie war eine andere Freundin von ihr und meiner Ansicht nach, war sie diejenige, mit der man am ehesten vernünftig reden konnte - musste ich feststellen, dass ihr eben dieses zum Verhängnis geworden war. Sie war gerade damit beschäftigt, einen der Verehrern zu trösten.

Nun stand ich also vor ihrem Haus. Ich stellte mir vor, wie sie nach Hause kommen würde, und irgendjemand ihre Hand halten würde - so wie ich sie einst gehalten hatte - und mit ihr ins Haus gehen würde. Wie die Tür ins Schloss fallen würde. Wie man Schritte im Treppehaus hören würde. Wie in ihrem Zimmer das Licht ausgehen würde.

Immernoch stand ich am Gartenzaun, starrte an die Mauer und sah alles noch einmal. Ich erinnerte mich auch an die Nacht, in der sie mir die Rose geschenkt hat, als ich mit ihr im Auto lag, an die Nächte die wir zusammen bei Kerzenschein am See verbracht haben und über das Schicksal redeten.
Der Gedanke, dass sie mich nie geliebt hat, ist wie eine Lanze, die sich in meine Brust bohrt, schmeckt wie süßes Gift, die Essenz, die brennende Fragen hart und flächendeckend beantwortet und danach dem Leiden ein Ende bereitet. Ich musste an Werther denken. Der Gedanke amüsierte mich. Ich habe leider die Angewohnheit, mich über mich selbst lustig zu machen. Was stand da doch für ein verwirrter, kleiner Mensch in der Nacht, klammert sich an einem Zaun fest, starrt auf eine weiße Wand und denkt an Klassiker der Weltliteratur. Selbstmord. Wie lächerlich.
Ich war wie auf Drogen - ich war süchtig nach ihr. Sie macht mich kaputt, ich gehe an ihr zu Grunde. Ich wünschte mir, zu sehen, wie sie einen anderen hat, damit mein Herz endlich stirbt und ich keinen Schmerz mehr fühle.

 

Hi flowercamel,

weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie unglaublich frustrierend eine unkritisierte Geschichte ist, schreibe ich dir mal eine.

Ich finde, du hast die Angeödetheit (was für ein Wort :D) des Prots ziemlich gut dargestellt. Seinen Sarkasmus - und ganz am Ende auch seine Verzweiflung. Sicher haben die meisten hier schon einmal eine verzweifelte Liebe miterlebt, aus welcher Position auch immer. Du hast diese Stimmung gut eingefangen...

Komplimentierende Grüße
Vita

 

Hi vita

*lol*
Ja.
Ich danke.
Dass der Antrieb deins Posts deine mitleidige Erfahrung war ist ja im Endeffekt indifferent :)

Gruß flowercamel

 

und hier gibt es noch eine ...
hi flowercamel,
nachdem ich die geschichte durch hatte, war meine erste frage: Ja, und wie geht es weiter?
wie kannst du es wagen, den leser hier ein offenes ende zu präsentieren??? *smile*.
2. frage, was genau ist der grund (in der geschichte), dass der protagonist glaubt, dass sie ihn nicht mehr liebt? bewunderung ernten lasse ich nicht gelten.
also ... am inhalt haperts kräftig.
die einleitung ist dagegen schwer, zu lang und nicht wirklich ausreichend passend!
ausserdem sind da noch zwei unschönlinge drin:

[Fahl scheint das Licht der einsamen Straßenlaterne auf eine weiße Wand aus Stein, an der das grüne Efeu mühelos nach oben wächst. Scheinbar unbeeindruckt von der Schwerkraft wächst es an der senkrechten Wand, jedes einzelne der grünen Blätter bewegt sich im leisen Nachtwind, unregelmäßig, keine Gemeinsamkeit erkennbar. Das graue Mondlicht an der weißen Wand.

"wächst" ist unschön doppelt
"Wand" ist unschön doppelt

der erzählstil ist wirklich gut. er gefällt mir. locker - nicht zu melancholisch und durchaus ironisch und selbstironisch.

fazit (meiner meinung nach): eine halbe geschichte *hehe*, die ruhig hätte weitergeführt werden dürfen.
es bleiben zu viele fragen beim leser offen.

bis dann

barde

 

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