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Schmetterlinge
Ich könnte tagelang zusehen, wie du schläfst. Du bist so friedlich dann, so ruhig. Ich lächle still und denke an gestern, denke an deine Hände und an die Stellen, an denen du mich berührt hast.
Deine Lider bewegen sich, was du wohl träumst? Bei mir war es ein Schmetterling, der auf einer Blüte saß, und seine Flügel leuchteten im Sonnenlicht.
Meine Hand wandert unter der Decke hervor, ich lege sie auf deine Brust, vorsichtig, damit du nicht erwachst. Die Bewegung deines Atems setzt sich in mir fort.
Wie schön du bist. Du magst es nicht, wenn ich dir das sage, möchtest groß sein und stark, möchtest nicht süß genannt werden oder schön. Ich beuge mich vor, meine Nase ist neben deiner, ich atme deinen Atem, nehme, was du gibst, und schenke, was ich habe. Ob ich dich küssen soll? Meine Lippen erwarten dich, ich öffne sie leicht und spüre die Berührung - nur kurz - dann schließe ich die Augen und sehe den Schmetterling aus meinem Traum, er flattert auf der Blüte.
Mein Kopf liegt neben deinem, ich atme dich ein, fühle, wie du dich in mir ausbreitest, mich einnimmst. Ich höre, wie mein Körper erbebt, fühle, wie er sich bereit macht. Meine Hand gleitet hinab an dir, vorsichtig, ich halte deine Lider mit meinem Blick und ertaste so die Grenze, an der du gerade noch nicht erwachst. Deine Mundwinkel zucken leicht, als ich dich berühre, du atmest tiefer und ich lächle, als ich spüre, dass dir gefällt, was ich tue.
Meine andere Hand sucht die Stelle an mir, die dir vorbehalten ist, und als ich die Augen schließe, hat sich der Schmetterling in die Luft erhoben und fliegt vor einem tiefblauen Himmel.
Es fühlt sich an, als wären meine beiden Hände eine und ich spüre, wie ich zittere, weil ich mich zurückhalten muss - du sollst nicht aufwachen, noch nicht. Mir wird warm unter der Decke und auch auf deiner Stirn bilden sich Tropfen. Einer läuft an deiner Schläfe herunter und schmeckt salzig auf meiner Zunge.
Meine Hände kreisen und meine Brust hebt und senkt sich im Einklang mit deiner.
Der Schmetterling fliegt höher hinauf, lässt sich treiben, schlägt übermütig Purzelbäume.
Meine Nase berührt deine Wange, dann deinen Mund. Meine Zunge schmeckt Salz und dich. Ich schließe die Augen und der Schmetterling schlägt im Takt mit den Flügeln, es gibt nur diesen einen Takt, den Takt unseres Atems, und jeder Flügelschlag treibt ihn höher, bis er die Flügel spreizt und auf dem Höhepunkt seiner Bahn verharrt, einen Moment nur, das Blau des Himmels ist eins mit den Farben der Erde, dann lässt er sich fallen, die Zeit dehnt sich, er sieht Braun und Ocker - eine Weile taumelt er benommen, dann fängt er sich und ich atme wieder.
Als ich die Augen öffne, siehst du mich verwundert an, du verstehst noch nicht. Dann schleicht sich der Schalk in deinen Blick und du öffnest den Mund, um etwas zu sagen. Schnell lege ich meinen Zeigefinger auf deine Lippen.
»Es muss nicht mehr alles gesagt werden«, hauche ich dir ins Ohr.
Warum?, fragen deine Augen und du legst den Kopf schief. Ich beuge mich über dich und presse meine Lippen auf deine.