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Schritte im Dunkeln

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20.02.2005
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Schritte im Dunkeln

Es ist dunkel. Kälte zieht immer aufdringlicher in meinen Körper.
Mein Blick ist gesenkt, die Hände sind in den Jackentaschen vergraben und die Schultern hochgezogen. Der lautlose Nieselregen treibt mich an noch schneller nach Hause zu kommen. Konzentriert gehe ich durch die Häuserschlucht. Es ist still. Kein Verkehr, keine Geräusche. Nur meine Schritte sind zu vernehmen. Eins Zwei, Eins Zwei, Eins Zwei. Ich denke
an nichts, gehe nur. Will Wegstrecke gutmachen. Weit ist es nicht mehr, ein
Kilometer vielleicht. Die Absätze meiner Herrenschuhe geben mir wie ein Metronom den Takt vor. Bestimmt der Takt meinen Gang oder mein Gang den Takt? Beides scheint miteinander verschmolzen zu sein.

Plötzlich tritt eine Person, ungefähr zwanzig Meter vor mir, aus einem Haus auf den Bürgersteig. Ich blicke kurz auf, das Geräusch der sich schließenden Haustür verhallt. Die Person nimmt keine Notiz von mir, zeigt mir ihren Rücken
und geht in die Dunkelheit. Schemenhaft erkenne ich Größe, Figur und lange Haare. Ich senke meinen Kopf wieder schützend, starre auf meine Schuhe und sehe mich weiter zielstrebig gehen.

Doch etwas irritiert meine Ohren. Eins Eins, Zwei Zwei, Eins Eins, Zwei Zwei...
In den Takt meines Ganges vermischen sich die Schritte der Frau. Es klingt etwas entfernter und heller, vor allem aber einen Hauch langsamer im Rhythmus. Mehr und mehr wird es unharmonisch. Kurz höre ich noch Münzgeklimper. Dann biegt sie um die Ecke in die nächste Straße. Ich, weiter auf unsere Schritte konzentriert, folge notgedrungen. Auch wenn ich mich auf meine Ohren verlassen kann, sehe ich kurz auf: Der Abstand hat sich verringert!

Kellerfenster der Hausfronten passieren mein Sichtfeld. Dann biegen wir wieder gemeinsam ab. Diese Straße ist noch dunkler. Ein Park zur Rechten schluckt jedes Licht. Ich kann gerade noch den unmittelbar vor mir liegenden Gehsteig sehen. Ihre Schritte sind nun deutlich nah. Kaum habe ich dies vernommen, verändert sich der Rhythmus schlagartig. Ihre Schritte werden schneller, viel schneller. Und mir kommt ein unangenehmer Gedanke. Sie hat Angst. Natürlich muss auch sie meine Schritte gehört haben, gemerkt haben, dass ich immer näher komme...sie verfolge?! Sie muss Angst haben. Angst vor mir!

Vielleicht hat sie sich schon ausgemalt, wie ich sie jeden Moment von hinten anfalle, meine Hand auf ihren Mund drücke und sie in den Park zerre. Und ich bin der Grund dafür! Ich, wo ich doch noch nie nachvollziehen konnte, was in einem Mann vorgeht, der zu so etwas in der Lage ist. Und nun unterstellt sie mir, so ein Mann zu sein!

Oder bilde ich es mir nur ein? Geht sie vielleicht nur schneller, weil ihr auch langsam zu kalt geworden ist?
Ich will nicht, dass sie so von mir denkt.Ich verabscheue es, wenn Männer Frauen Angst machen, weil sie sich körperlich überlegen fühlen. Aber was soll ich tun? Langsamer werden? Nur weil sie sich etwas einbildet, noch länger frieren und nasser werden? Da kann ich ja direkt albern die Straßenseite wechseln. Oder sie einholen? Mich vorstellen, und sagen sie braucht keine Angst zu haben? Was ist mir lieber? Dass sie mich für kriminell oder für durchgeknallt hält? Nein. Ich gehe einfach weiter!

Aber was macht sie jetzt ? Die Schritte sind keine Schritte mehr. Sie läuft! Warum läuft sie denn jetzt? Hat sie ihrer Angst nun vollends nachgegeben? Ich fühle mich noch schlechter als zuvor. Nur ändern kann ich es nicht mehr. Ich gehe meinen Rhythmus weiter.

In den Schein einer Laterne tretend, sehe ich wie sie neben einem Mann steht. Dieser ist wohl im Begriff seinen Kiosk abzuschließen. Dann geht das Licht in dem Laden an und beide treten ein.

Auf gleicher Höhe mit der Ladentür, tritt sie unmittelbar vor mich und lächelt sichtlich zufrieden. In ihrer der Hand liegt eine frische Schachtel Zigaretten. Im Geiste vor den Kopf schlagend, lächel ich zurück. Meine Sorge wird sich wohl zu Gunsten ihrer nächtlichen Sucht in Rauch auflösen!

 

Hallo Micha,

erstmal Formales, was mir auffiel:

Plötzlich, ungefähr zwanzig Meter vor mir, tritt eine Person aus einer Haustür auf den Gehweg.

Die Satzstellung ist ungeschickt. Ich fände besser, du fängst mit Ungefähr...an und läßt "plötzlich tritt eine Person" zusammenkommen.


Nur schemenhaft erkenne ich Größe, Figur und lange Haare.

das "lange Haare" paßt nicht zu Größe und Figur, da du die Haare definierst.
Wirkt komisch auf mich beim lesen.


Doch etwas irritiert meine Ohren. Eins Eins, Zwei Zwei, Eins Eins, Zwei Zwei...
In den Takt meines Ganges vermischen sich die Schritte der Frau. Es klingt etwas entfernter und heller, vor allem aber einen Hauch langsamer im Rhythmus. Mehr und mehr wird es disharmonisch. Kurz höre ich noch Münzgeklimper.

das ist eine schöne Stelle

Aber auf unsere Schritte konzentriert biegt erst sie, dann ich nach Links in die nächste Straße.

Es wird nicht klar, wer sich auf die Schritte konzentriert. In dem Moment könnte es auch sie sein. -- "links" klein


Doch ihre Schritte sind nun deutlich Nah.

nah

Vielleicht hat sie sich schon ausgemalt, wie ich sie jeden Moment von hinten anfalle, meine Hand auf ihren Mund drücke und sie in den Park zerre. Und ich bin der Grund dafür! Ich, wo ich doch noch nie nachvollziehen konnte, was in einem Mann vorgeht, der zu so etwas in der Lage ist. Aber nun bin ich in einer Lage. Sie unterstellt mir so ein Mann zu sein!
Komma --- Nun bin ich in einer Lage. Mir gefällt das Wortspiel nicht besonders.

Ich will nicht, dass sie so von mir denkt, ich verabscheue es wenn Männer Frauen Angst machen, weil sie sich körperlich überlegen fühlen.

Mach da besser zwei Sätze draus.

wechseln und mich für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen.

etwas übertrieben, für so eine Tat, findest du nicht ;)

Mich vorstellen und sagen, sie braucht keine Angst zu haben?

Komma -- sie bräuchte (denke ich mal, bin mir aber nicht 100% sicher, vielleicht kann das jemand anders noch bestätigen) :)


Hat sie ihrer Angst nur vollends nachgegeben?

sollte das "nun" sein?

Den Park passiert, sehe ich wie sie vor einer dunklen Kiosktür steht und sie sich mit einem Mann unterhält, der sich von außen an der Tür zu schaffen macht. Als ich näher komme, geht das Licht im Kiosk an und beide treten ein.

zweimal Komma --

Auf gleicher Höhe sehe ich hinein, und wie er ihr eine Schachtel Zigaretten auf die Theke legt. !

Komma rein, "und" raus.

Die Idee hat mir gut gefallen (mir ging es als Frau schon ab und zu so - aber ohne Tackern ;) und auch große Teile der Umsetzung. Das gemeinsame Tackern hätte nach meinem Geschmack noch etwas länger sein können.
Nette Geschichte :).

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo bernadette,
danke für's Abrunden von Gramatik und holprigen Stellen.

Ich glaube man kann aus jedem einfachen Alltagsplot eine nette
Geschichte machen...wenn man die richtigen Bilder erzeugt...
allerdings hat es auch Grenzen und ein Reisser entsteht selten daraus.
Deshalb auch bescheideneres Tackern, denn zuviel Spannung a la Krimi
war nicht meine Intension und wäre dann auch die falsche Rubrik.

Danke für die Mühe und erste Bestätigung für's Gelingen meiner Absicht.
Lieben Gruß
Micha

 

Hallo Micha,
mir hat die Geschichte sehr gut gefallen, auch wenn sie keine schönen Momente in mir hervorruft, da ich mich schon in ähnlicher Lage befunden hab...konnte auch deshalb die Situation der Frau genau nachvollziehen.
Du hast ein ausgesprochenes Talent beim Schreiben, es gelingt Dir gut, den Leser mitfühlen zu lassen...Kompliment.

Liebe Grüße
Lady03

 

Hallo Maggie,
Danke für den Hinweis. Ich habe es eindeutiger umgeschrieben.
Schön, dass sie Dir gefallen hat und auch die Perspektive aufgefallen ist.

Eine Sache ist aber noch keinem aufgefallen...ich werd noch auf andere
Meinungen hoffen und mich dazu nochmal melden.

Lieben Gruß
Micha

 

Prinzipiell hat mir die Geschichte gut gefallen. Vor allem die Perspektive. Trotzdem einige Dinge, die mir negativ aufgefallen sind:

"Mein Blick ist gesenkt, die Hände in den Jackentaschen vergraben und die Schultern hochgezogen."

Ist grammatikalisch nicht korrekt. Richtiger: "Mein Blick ist gesenkt, die Hände sind in den Jackentaschen vergraben..."

"Die Absätze meiner Herrenschuhe..."

Ist mir beim ersten Lesen als zu aufdringlicher Versuch aufgefallen, das Geschlecht des "Ich" anzuzeigen. Vielleicht findet sich eine Möglichkeit, dies weniger aufdringlich zu tun.

"Bestimmt der Takt meinen Gang oder mein Gang den Takt? Es scheint verschmolzen zu sein."

Was ist "es"? Im Satz zuvor gibt es kein Neutrum, auf das sich dieses Pronomen beziehen könnte. Gemeint sind wohl Takt und Gang. Mein Vorschlag: "Beides scheint miteinander verschmolzen zu sein."

Plötzlich tritt eine Person, ungefähr zwanzig Meter vor mir, aus einer Haustür auf den Gehweg.

Zur Wortstellung wurde hier im Forum bereits etwas gesagt. Was mir darüber hinaus nicht feällt: Man kann nicht aus einer Haustür treten, sondern nur aus einem Haus und durch die Tür. Daher: "... tritt eine Person aus einem Haus auf den Gehweg." Um ganz korrekt zu sein, handelt es sich auch wohl nicht um einen Gehweg, sondern um einen Gehsteig oder Bürgersteig.

"Schemenhaft erkenne ich Größe, Figur und lange Haare."

Wieder: Die langen Haare sind meines Erachtens ein allzu zwanghaft eingebrachter Indikator des Geschlechts. Man erkennt allzu offensichtlich die Absicht des Autors.

"Ich senke meinen Kopf wieder schützend nach unten,..."

"Senken" beinhaltet schon "nach unten", man kann seinen Kopf schließ´lich nicht nach oben senken. Daher besser: "Ich senke meinen Kopf schützend, ..."

"In den Takt meines Ganges vermischen sich die Schritte der Frau. Es klingt etwas entfernter und heller,..."

Wieder: Was ist "es"? Da wohl die Schritte gemeint sind, sollte es heißen: "Sie klingen etwas entfernter und heller,..."

"Mehr und mehr wird es disharmonisch."

Schon wieder "es"? Diesmal sind die Schritte des Ich und jene der Frau gemeint. Überdies klingt "mehr und mehr disharmonisch" etwas seltsam, weil die Vorsilbe "dis-" die Abwesenheit einer Sache (in diesem Fall der Harmonie) anzeigt und damit unvereinbar ist mit dem Ausruck "mehr", der im Gegenteil die Anwesenheit einer Sache voraussetzt. Ich würde den Satz einfach weglassen, obgleich die Beobachtung sehr subtil ist.

"Erst biegt sie, dann ich, auf unsere Schritte konzentriert, nach links in die nächste Straße."

Funktoniert grammatikalisch nicht. Korrekt wäre: "Erst biegt sie, dann biege ich, beide auf unsere Schritte konzentriert..." Wobei fraglich ist, woher das Ich wissen kann, dass auch die Frau auf die Schritte beider konzentriert ist. Außerdem: Das "nach links" ist meines Erachtens eine irrelevante Information, die außerdem die Satzmelodie stört. Würde ich weglassen.

"Wechselnde Kellerfenster der Hausfronten passieren mein Sichtfeld."

Gute Beobachtung, aber: Fenster können nicht wechseln. Vielleicht einfach: "Die Kellerfenster..."? Bin mir außerdem nicht sicher, ob es nicht "Häuserfronten" heißen müsste.

"Doch ihre Schritte sind nun deutlich nah."

Warum "doch"? Ist ja kein Gegensatz zum zuvor Gesagten. Weglassen!

"Kaum habe ich dies vernommen, verändert sich der Rhythmus schlagartig."

Das Wort "vernommen" passt vom Register her nicht in die Geschichte. Ist stilistisch zu hoch gegriffen. In dieser Geschichte gibt das "Ich" seine momentanen Gedanken wieder und wird wohl kaum "vernommen" denken, sondern eher "bemerkt" oder "gehört". Außerdem: "Schlagartig" stört mich, weil es die selbe Plötzlichkeit zum Ausdruck bringt wie bereits zuvor das Wort "kaum". Ist also überflüssig. Besser: "Kaum habe ich dies bemerkt, verändert sich der Rhythmus."

"Und mir kommt ein unangenehmer Gedanke auf."

Kann einem ein Gedanke aufkommen? Ich denke nicht. Entweder kommt mir ein Gedanke, oder es kommt ein Gedanke auf (in diesem Fall ohne Subjekt). Daher: "Und mir kommt ein unangenehmer Gedanke."

"Sie muss Angst haben. Angst vor mir"

Ich würde hier vorschlagen: "Sie hat Angst. Angst vor mir." Das würde die Paranoia des Ich noch verstärken, weil sich der Verdacht bereits zur subjektiven Gewissheit verdichtet hat.

"Und ich bin der Grund dafür!"

Würde ich weglassen, weil es den zuvor und danach ausgedrückten Gedankengang unterbricht und somit als Fremdkörper wirkt, ohne Information einzubringen.

"Aber nun unterstellt sie mir so ein Mann zu sein!"

Wenn, dann mit Komma: "Nun unterstellt sie mir, so ein Mann zu sein." Der Satz bringt aber auch keine neue Information, wirkt wie eingefügt, um die Geschichte zu strecken. Daher vielleicht überhaupt streichen.

"Geht sie vielleicht nur schneller, weil ihr auch langsam zu kalt geworden ist? Ich will nicht, dass sie so von mir denkt."

Der zweite Satz hier ist völlig fehl am Platz, weil er aussagt, dass das Ich nicht will, dass die Frau denkt, dass er glaube, sie gehe schneller, weil ihr kalt sei. Aber das ist zweifellos nicht gemeint!

"Ich verabscheue es wenn Männer Frauen Angst machen, ..."

Komma! "Ich verabscheue es, wenn..."

"Da kann ich ja direkt die Straßenseite wechseln und mich für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen. "

Dieser Satz muss unbedingt weg! Der ironische Ton konterkariert die bedrohliche Stimmung der Geschichte und zerstört die Spannung völlig. Außerdem ist der Gag schon uralt und abgegriffen.

"Mich vorstellen und sagen sie braucht keine Angst zu haben? "

Wieder fehlt ein Komma: "Mich vorstellen und sagen, sie braucht..."

"Den Park passiert, sehe ich wie sie vor einer dunklen Kiosktür steht und sie sich mit einem Mann unterhält, der sich von außen an der Tür zu schaffen macht."

Dieser Satz hat gleich ein paar Schwachstellen. Erstens funktioniert das Perfekt-Partizip so nicht. Korrekt müsste es heißen: "Den Park passiert habend, sehe ich..." Aber das klingt besch... Dann fehlt ein Komma: "...sehe ich, wie sie..." Die "dunkle" Kiosktür mutet etwas seltsam an, weil es laut obiger Beschreibung überhaupt sehr dunkel ist und man gerade noch das Stück Gehweg unmittelbar vor seinen Füßen sehen kann. Demnach wäre es seltsam, wenn die Kiosktür nicht dunkel wäre und das Ich eine bestimmte Farbe erkennen könnte. Und überhaupt ist es jetzt ein bisschen viel "dunkel", wenn auch noch die Kiosktür derart beschrieben wird. Das zweite "sie" ist überflüssig: "... wie sie vor einer Kiosktür steht und sich mit einem Mann unterhält...". Dann kommt in einem Satz zweimal das Wort "sich" vor, was auch nicht unbedingt gut ist. Und: "an der Tür zu schaffen macht" klingt für mich so, als versuche er, in den Kiosk einzubrechen.

"Ich kann nicht hören was sie sagt,..."

Komma! "Ich kann nicht hören, was sie sagt..."

Und prinzipiell zum Ende der Geschichte: Also mir hätte das "unhappy end" besser gefallen: Dass das Ich die Frau von hinten an der Schulter berührt, um ihr zu sagen, dass sie sich nicht zu ängstigen braucht. Dass die Frau in ihrer Panik aber erst recht zu schreien beginnt und das Ich, nun ebenfalls von Panik erfasst, ihr den Mund zuhält, damit sie nicht Passanten alarmiert und diese glauben, er wolle der Frau etwas antun. Sie versucht, seinem Griff zu entkommen, aber er drückt fester zu. Sie sinkt zu Boden, rührt sich nicht mehr...

 

Hallo michael_787,
Herzlich willkommen auf kg.de und vielen Dank für Deinen, dem Anschein nach,wohl ersten Beitrag hier.
Prinzipiell wird mir Deine Kritik helfen in Zukunft darauf zu achten, die Grammatik genauer unter die Lupe zu nehmen. Allerdings sind mir bei Dir auch einige Dinge negativ aufgefallen. Du gehst davon aus, es hier mit einem Krimi zu tun zu haben und ich mir bei dem Ein oder Anderen etwas bestimmtes, in dieser Richtung, gedacht habe. Die Herrenschuhe sind kein plumper Versuch auf das Geschlecht aufmerksam zu machen, sondern stehen, auch aus den Sätzen zuvor und danach, in dem Kontext den Klang des Geräusches (in der Folge "es") zu vermitteln. Ich wende mich durch meinen Stil sicher mehr an den Durchschnittsleser (der denkt wie er spricht und umgekehrt) und dieser weiß, wenn auch grammatikalisch nicht einwandfrei, was gemeint ist, als an den logischen Germanistikanalytiker, der wie ein Musiker, mit absolutem Gehör, in einem klassischen Konzert von Laien sitz. Dies würde ich als Kritiker berücksichtigen und stellenweise eine andere Wortwahl treffen. Ferner weiß ich nicht was man im Dunkeln und Regen an einer Person, die zwanzig Meter vor einem geht, anderes als Größe, Figur und langen Haaren (falls vorhanden) erkennen kann. Somit für mich A die realistischte Möglichkeit das Geschlecht zu bestimmen und B die vom Plot her naheliegendste darstellt. Hier wurde also die Absicht des Autor nur allzu offensichtlich verkannt. Ich erzeuge gern Bilder und Stimmung, dazu muß auch nicht jeder Satz eine Information enthalten, da sowohl dieser Stil, als auch die des ICHs springenden Gedanken, seine Paranoia unterstützt. Auch "hat" die Frau Angst (zwei Sätze zuvor)! Und nur das "muss" Angst haben danach, unterstreicht wieder seine Unsicherheit. Mal davon ausgegangen, dass ich überhaupt nicht sehe wo die Frau TATSÄCHLICH Angst hat, sondern lediglich Zigaretten holen geht und nachher läuft, weil der Kiosk schliesst und dieser Umstand nur versteckt zu beschreiben ist, da es sonst keinen Sinn macht aus seiner Perspektive zu schreiben und anzudeuten, dass alles also nur in seinem Kopf passiert, sollte klar machen, warum ich bestimmte Dinge genauso geschrieben hab und ein Ende bei dem sie stirbt nun wirklich vorhersehbar, durch das Ansprechen unrealistisch und letztlich abgedroschen wäre. Im Vergleich zu meiner Variante, die zwar ein Happy End darstellt, jedoch nicht jenes auf dessen Fährte ich den Leser zunächst locke, sondern für den wirklich aufmerksamen Leser, ein viel originelleres, wie ich finde. Ich glaube, obwohl nirgendwo im Text ein Beweis für IHRE Angst zu finden ist oder ein Hinweis darauf, dass sie vor IHM flüchtet, ist der Leser zu sehr von seinem Paranoia geblendet um diesen Umstand objektiv zu sehen. Schade, dass ich es hier erklären muss. Am Text kann es nicht liegen, da andere, die hier kein Mitglied sind, haben diesen Umstand erkannt, und wussten auch den letzten Satz richtig einzuordnen. Sie würde, wenn sie geflüchtet wäre, ja auch nicht schlicht dankbar strahlen, sondern sich eher gehetzt und nervös umsehen.
Bevor man also einen allzu erhobenen Zeigefinger formuliert und glaubt zu wissen was sich der Autor bei jedem Satz gedacht hat, sollte man sich vergewissern, ob man sie richtig interpretiert. Erst dann kann man auch, unter Betrachtung der Absicht, darüber diskutieren wo was fehl am Platz ist oder nicht. Wäre die Absicht ein Krimi gewesen und keine, im Grunde simple Alltagsszene (bei der die Geschlechter auch relativ unerheblich sind), würde ich Dir sicher recht geben. Sie aber auch ganz anders aufziehen, da wie schon erwähnt, diese Kg sonst wenig originell wäre. Mann verfolgt Frau und bringt sie um, wenn auch ohne Absicht...oder gerade deshalb...arg gestrickt!

Lieben Gruß
Micha

 

Hallo Lady03,
Ich sehe gerade, dass ich mich noch gar nicht bei Dir bedankt habe.
Freut mich, dass sie Dir gefallen hat.
Ich wohne im Zentrum einer Großstadt und kenne das unwohle Gefühl auch nur allzu gut. Daher geht es mir hier auch weniger um die Geschlechter und Spannung der Situation, sondern mehr um die Gedanken (wie hier anhand der überzogenen des "Verfolgers"), die man sich dabei macht. Denn egal was der Verfolgte oder Verfolger unternimmt, in den allermeisten Fällen sind die Sorgen doch völlig unberechtigt und lösen sich in reiner Einbildung auf.
Wahrscheinlich sitzt die Angst aber zu tief und man fühlt mehr mit ihr als mit ihm.
Lediglich durch seine Annahme ihrer Angst wird sie zur Realität für den Leser, und man übersieht dabei das Offensichtliche...sie nimmt gar keine Notiz von ihm.
Faktisch werden ihre eigenen Gefühle mit keinem Wort erwähnt und ihre "Flucht" hat einen ganz banalen Grund. Ich muss es wohl am Ende eindeutiger herausstellen.

Lieben Gruß
Micha

 

Hallo Zimmerpanther,

ich muß sagen, daß mir die atmosphärische Stimmung in Deiner Geschichte sehr gut gefallen hat. Die Kälte und Beklemmung der Dunkelheit und Nässe konnte ich geradezu fühlen, die Häuserschluchten und den Park habe ich klar und deutlich vor meinem geistigen Auge gesehen.
Mir ist als Frau noch gar nicht so in den Sinn gekommen, daß Männer sich Gedanken darüber machen könnte, ob Frauen im Dunkeln auf der Straße Angst vor ihnen haben könnten, sorry! :shy:

Mir hat das Ende gefallen, weil es aufzeigt, daß sich die Frau eben keine Gedanken darum gemacht hat, ob sie verfolgt wird, oder nicht. Das sie nur an "das Eine" denken kann, spielt sich ja nur im Kopf des ICH ab. Sie aber hatte nur ihre Zigaretten im Kopf und auf die Idee bin ich beim Lesen nicht gekommen.

Und nebenbei bemerkt, @ michael_787: Welcher Mann ist so blöd und legt einer Frau im Dunkeln die Hand von hinten auf die Schulter, um ihr zu sagen, daß sie keine Angst vor ihm haben müsse? :confused: Selbst, wenn Geschichten fiktiv sind...

Liebe Grüße,
Kätzchen

 

Hallo Zimmerpanther!

Eins vorweg: Ich habe mir die Mühe gemacht, deine Geschiche genau durchzulesen und Verbesserungsvorschläge zu machen, weil mir die Geschichte außerordentlich gut gefallen hat. Eine durchschnittliche Story wäre diese Mühe nicht wert gewesen.

Zweitens: Du schreibst "Schade, dass ich es hier erklären muss". Das hättest du nicht müssen, denn ich habe die Geschichte durchaus so verstanden, wie du sie gemeint hast. Ich habe weder geglaubt noch irgendwo behauptet, dass die Frau tatsächlich Angst hat. Deshalb habe ich auch in meinem obigen Beitrag von der "subjektiven Gewissheit" des Ich geschrieben, d.h.: Das Ich vermeint zu wissen, dass die Frau Angst hat. Wie du richtig sagst: Es spielt sich alles in seinem Kopf ab. Das habe ich durchaus begriffen.

Dein Ende ist zweifellos originell, das will ich keineswegs bestreiten. Ich habe in meinem vorigen Beitrag auch nur gemeint, dass mir persönlich das "unhappy end" besser gefallen hätte, auch wenn du meinst, es sei unrealistisch. Aber das finde ich ganz und gar nicht: Es hätte aufgezeigt, zu welch irrationalem Handeln ein Mensch in seiner Paranoia fähig sein kann. Das Ich denkt in diesem Augenblick ja nicht mehr logisch und zielgerichtet, sondern wird von seiner Paranoia getrieben.

Dass die Schuhe im Kontext des Geräusches stehen, ist mir ebenfalls klar. Woran ich mich gestoßen habe, ist das "Herren-". Ich habe dies aber ausdrücklich nicht kritisiert, sondern nur meinen Eindruck wiedergegeben: "Ist mir beim ersten Lesen ... aufgefallen." Und das war eben so. Aber vielleicht hören Leute wie ich in solchen Fällen schon das Gras wachsen. Nur: Wenn ich meine Schuhe betrachte, denke ich: "Meine Schuhe", und nicht: "Meine Herrenschuhe". Wenn wir also schon von (un-)realistisch sprechen, so ist es meines Erachtens nach nicht sehr wahrscheinlich, dass das Ich von seinen "Herrenschuhen" spricht. Es sei denn, das Ich hätte auch Damenschuhe zuhause, aber das wäre dann eine andere Geschichte...

Und zum Abschluss: Sollten meine Vorschläge als "erhobener Zeigefinger" rübergekommen sein, dann bitte ich dies zu entschuldigen. Nur in einem Fall bleibe ich dabei: "Den Park passiert" ist einfach nicht deutsch!

Liebe Grüße und weiter so! Wie gesagt, deine Geschichte hat mich zum genauen Lesen animiert, weil sie mir außerordentlich gut gefallen hat.

 

Hallo Kätzchen und Hallo michael_787,

Ich freu mich ehrlich, mal durch eine Geschichte von mir, so etwas wie eine Diskussion angeregt zu haben. Und zwar in dem Punkt, ob es unrealitisch wäre in einer solchen Situation jemanden anzusprechen oder nicht. Ich unstelle dem vor mir beschrieben Verfolger sicherlich sich in etwas hineingesteigert und geistig verrannt zu haben, aber für eine Paranoia fehlt doch etwas. Dein Argument Michael bietet eine interessante alternative, aber dann würde ich sagen, man müsste den Wahn des Ichs noch stärker herausarbeiten um glaubwürdig zu bleiben, oder?
Das Ende habe ich heute Mittag umgeschrieben um es eindeutiger zu machen. Die alte Version hat Michael zu dunkel empfunden und es schien mir, dass seine Interpretation an meiner Absicht vorbei ging, was mich aufgrund der excellenten Detailbetrachtung doch verwundert hat.Tut mir leid, wenn ich hier
einer Fehlannahme aufgessenen bin, jedoch konnte ich für den Umgekehrten fall auch keinen Hinweis finden. So oder so - jetzt ist es klarer, obwohl ich gestehen muß dem Leser gerne zweimal nachdenken zu lassen, wie es gemeint ist. Viele Kg's hier haben zwar schöne Wendungen am Ende, aber den Aha-Effekt nicht ganz so auf dem Präsentierteller find' ich eigentlich besser.

"Damenschuhe"... :D ...das wäre eine ganz besonders geile Geschichte geworden. "Von Tunte verfolgt"... :thumbsup:
Neee...ich denke auch nicht "meine Herrenschuhe", es sei denn ich will auf ihren spezifischen Klang hinaus, dann denk ich "Die Absätze meiner Herrenschuhe", denn meine Turnschuhe machen keine. Daher lass ich es drin, obwohl ich weiß was Du meinst. In anderen Kg's fällt mir sowas auch direkt auf. Aber...nun ist ja auch klar das die Geschlechter für meine Version eigentlich keine Rolle spielen. Auch eine Frau könnte einen Mann verfolgen und es würde dem Wahn keinen Abbruch tun. Schliesslich weiß ich auch oft nicht wer hinter mir geht und fühl mich trotzdem unwohl.
Zum erhobenen Finger... :D , vieles war nicht deutsch und bin ehrlich dankbar.
Ich lege nunmal mehr wert auf Bilder und Stimmung, so dass die Grammatik in der ein oder anderen verschlafene Deutschstunde :Pfeif: nachgeholt werden muss...dazu brauch ich dann aber auch die Regel...nicht "schon wieder...".
So haben wir vielleicht alle was dazugelernt und dazu ist man ja hier.
Wieviel Mühe es macht ist mir bewusst. Ich habe selbst mit meinem bescheidenem Wissen schon sehr lange Korrekturen geschrieben. Also hier nochmal ein ausdrückliches: Danke!!! :)
Nochmal zur Anmerkung, dass sogar Männer darüber nachdenken. Ich kann es für meinen Teil in der Tat behaupten, sonst hätte ich mir diese Sichtweise auch nicht zugetraut. Zudem kommt, wenn man als "verfolgter" Mann Schritte im Nacken spürt, denkt man vielleicht nicht an eine Vergewaltigung, aber ungewollt die Taschen ausleeren zu müssen, ist auch nicht ungewöhnlich. Daher vielleicht das Verständnis für beide Seiten.

Freundschaft und liebe Grüsse
Micha

 

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