Schulsport. Ein kleiner Rückblick
Schulsport. Ein kleiner Rückblick
von Lestat
Schulsport. Nach elf Jahren Schule kann ich getrost sagen: Das Fach "Schulsport" hat mit Sport so viel zu tun wie der Begriff "Kunststoff" mit Kunst.
Die meisten Lehrkörper beschränken Schulsport auf Spiele wie Fußball, Baskettball und Völkerball. Ob die Gründe dafür bei mangelnder Kompetenz oder schlichtem Sadismus liegen, wurde bisher noch nicht entdeckt, aber mein kleiner Bruder arbeitet dran. Denn eigentlich sollte man den Schülern beibringen, im Team miteinander zu arbeiten, seinen Körper zu trainieren und schließlich einen Baum zu pflanzen, ein Haus zu bauen und ein Kind zu zeugen. Ja, einige wissen nicht mal, wie man letzteres macht, tun es aber trotzdem. Tatsächlich sieht der Unterricht so aus, dass man sich gegenseitig verschlagen anstiert, hinterhältig billige "Deichmann"- Schuhe quer durch die Turnhalle und ins Gesicht eines Mitschülers katapultiert und es anschließend als Unfall tarnt ("Ja mei, de Schuabandln hoidnd hoid ned!"), vom Sportlehrer aufgrund komatöser Teilsnahslosigkeit nicht beachtet wird und zu guter letzt halbnackt in der Umkleidekabine zusammenbricht. Aber gehen wir doch mal ins Detail:
Fußball. Ich wünschte, Fußball wäre eine Person. Dann könnte ich ihn umbringen. "F. Ball. Er war am Schluss ein bisschen langsam". Grundsätzlich macht Fußball in erster Linie den großen, doofen Klassenrowdies eine Heidenfreude. Man spielt nicht Fußball, weil es Spaß macht, nein, man spielt Fußball, weil man gewinnen will und weil es "es voll bringt", die Mitspieler über den Haufen zu mähen. Fragen sie mich nicht, was es bringt. Ehrlich gesagt will ich solche perversen Geschichten auch gar nicht hören.
Meistens sind diese beiden Gründe eng miteinander verbunden. Das artet darin aus, dass eine Gruppe von Schülern, die aussieht, als hätte sie die Flucht vom Planet der Affen gerade noch so geschafft, diejenigen, die im Tor versagt haben, auf der Toilette die Kopfhaut gratis pellen, und zwar mit anschließendem Oberlippenpiercing und dem Tattoo "Alois ist lieb. Die ganze Nacht." quer durchs Gesicht inklusive. Der Lehrer unternimmt dagegen in etwa soviel, wie G. W. Bush gegen die Verblödung der USA. In anderen Worten: nichts. Nein, denn die meisten Sportlehrer waren als Schüler eben solche Rowdies, deren Hobby es ist, die Gesichter der Mitschüler mit grüner Kreide so zu verzieren, dass H. R. Giger vor Ehrfurcht auf die Knie gehen würde.
Mein Liebling Basketball. Wer bei diesem Regelgewirr durchblickt: Gratulation, sie sind ein Genie. Wer das Spiel dann immer noch spielen will: Herzlichen Glückwunsch, sie sind ein Idiot. Abgesehen davon, dass man bei Basketball ständig Schrittfolgen abtorkelt, die Michael Jackson neidisch machen dürften, ist die prozentuale Wahrscheinlichkeit, den Korb zu treffen, ungefähr genauso hoch wie die prozentuale Wahrscheinlichkeit, nach dem Spiel nicht ungespitzt in den Turnhallenboden geschlagen zu werden, und zwar mit einer großen "adidas"- Sporttasche, prall gefüllt mit vier Paar Stahlkappenschuhen. Hat man den Korb dann doch getroffen - entgegen aller Gesetze des Schicksals - entscheidet der Lehrer, dass man gut zehn Schritte vor dem Wurf einen Schrittfehler begangen hat, indem man den Gegner drei Meter seitwärts gedrängelt, in die Eier getreten und dann "Verreck, du Wildsau!" geschrien hat. Aber ehrlich: gibt es eine andere Möglichkeit, durch die Reihen der Mitspieler zu gelangen, ohne einige miese Tricks anzuwenden? Ich denke nicht.
Völkerball: Wenn sie schon einmal von einem Völkerball im Gesicht getroffen wurden, geworfen von einem Typ, der aussieht wie eine Mischung aus Benjamin Blümchen und der verschrumpelten Exorzistin aus "Poltergeist", wissen Sie, dass Völkerball früher von den titelgebenden Völkern höchstwahrscheinlich zur Kriegsführung benutzt wurde.
Ich stelle mir gerade einige Höhlenmenschen vor, die sich gegenseitig mit Steinen bewerfen. Einen erwischt es im Gesicht, und ein anderer brüllt: "Du seien raus! Uga!"
Heutzutage läuft es nur geringfügig anders ab: Einige Höhlenmenschen, die sich mit steinhart aufgepumpten Bällen, auf denen "FC stinkt" oder "58, 59, Scheiße!" steht bewerfen und bei dem Kontakt des Balles mit dem Genitalbereichs eines Schülers brüllen: "Der ist jetzt drin! Ha ha!"
Sicher: Mädchen sind von Haus aus elegant und grazil, sie mögen Völkerball sicher als großartige Möglichkeit, ihre Körper geschmeidig und gelenkig zu halten toll finden, genauso wie die glücklichen Jungs, die vom Sportunterricht befreit sind und den Mädels beim Völkerballspielen zusehen dürfen. Aber für Jungs ist Völkerball spielen in etwa so spaßig wie ein Penisbruch.
Dann der Epilog des Ganzen: Das Umziehen. Man kriecht auf dem Zahnfleisch in die Umkleidekabinen zurück, um die vollgeschwitzte Kleidung zu wechseln, die Sieger zu feiern und auf die Verlierer mit Aldi- Deodorants loszugehen, die so klangvolle Namen tragen wie "Blue Spirit", "Yellow Breath", "Blonde Bitch" und "Black Pest". Wenn man dann aus der nach Vanille und Beize stinkenden Hölle entkommt, ohne dabei seine Nasenschleimhäute zu verlieren, hat der körperliche Terror endlich ein Ende.
Und dann geht´s weiter mit Mathematik, Buchführung, Sozialkunde und Erdkunde. Aber das ist eine andere Geschichte...