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Schutzengel

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02.09.2005
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Schutzengel

Sie blickte zurück auf die Stadt, in der sie zur Welt gekommen war, in dem Wissen, dass sie sie niemals wieder sehen würde. Danach schaute sie auf ihren sich bereits leicht wölbenden Leib und dachte traurig daran, dass dieses kleine, unfertige Geschöpf, das da in ihr heranwachsen sollte, ebenfalls niemals diesen Ort erblicken würde. Nichts könnte es jemals erblicken. Sie ging in die Bahnhofshalle hinein. Viele Leute liefen sehr beschäftigt von einem Ort zum anderen... Oder zumindest taten sie beschäftigt.
Sie lehnte sich an eine Wand um noch einmal diese Menschen zu beobachten, da fiel ihr Blick auf eine Gruppe kichernder Mädchen. Es war ein fröhliches, ausgelassenes Lachen, doch in ihren Ohren klang es wie Spott, beinahe Hohn.

Er drehte sich von dem Informationsschalter weg und sah das Mädchen mit diesen furchtbar traurigen Augen. Was bewegte sie so?
Er folgte ihrem Blick und sah, dass sie ein paar lachende Mädchen beobachtete. Machten die sie vielleicht so traurig? Was war nur mit ihr los? Irgendwie bewegte ihn dieses Mädchen und sein Schicksal.
Als er sie weggehen sah, guckte er auf seine Armbanduhr und beschloß ihr zu folgen.

Sie ging auf Gleis 3. Wieder schaute sie sich um. Es gab ihr einen schmerzenden Stich mitten in ihr bereits so verletztes Herz, als sie ein junges Paar, das gerade einen innigen Kuss teilte, erblickte. Wieder sah sie auf ihren Bauch und musste an den Vater des Ungeborenen denken. Sie erinnerte sich an das letzte Mal, dass sie mit ihm gesprochen hatte. War das wirklich erst gestern gewesen? Es kam ihr vor als lägen Jahre zwischen ihrem letzten Treffen und jetzt. Als sich die Scene vor ihrem inneren Auge abspielte, sie noch einmal sah, wie er sich mit angewidertem Blick von ihr abgewendet hatte, rann ihr eine Träne über die kalte Wange. Nie hätte sie ihm so etwas zugetraut. Nie. Energisch wischte sie sich über die Augen. Sie hatte schon genug wegen ihm geweint. Damit sollte endgültig Schluß sein, doch immer wieder kamen ihr die Tränen.

Jetzt weinte sie doch tatsächlich! Am liebsten hätte er sie in die Arme geschlossen und getröstet. Was war nur mit ihr los? Hatte sie Ärger zu Hause und wollte nun weglaufen? Er malte sich hunderte mögliche Ursachen für ihre Tränen aus.
Langsam folgte er ihr an einen Platz des Bahnsteiges, der von den anderen Reisenden schwer zu überblicken war. Er stellte sich in den Schatten eines Eisenpfostens und sein dunkles Haar und die schwarze Kleidung verschmolz mit ihm. Nur sein Gesicht blitzte aus dem Schwarz hervor.

„Der ICE nach Duisburg fährt auf Gleis 3 ein. Bitte Vorsicht bei der Einfahrt.“, dröhnte ihr die gelangweilte Stimme einer Bahnhofsangestellten ins Ohr. Das letzte, was sie sah waren zwei graue Tauben, die sich unter ihr auf den Gleisen um einen besonders großen Brocken Brot stritten. Dann schloß sie die Augen.

Was tat sie denn da? Hatte sie nicht gehört, der Zug fuhr ein! Was hatte sie nur vor? Sie konnte doch nicht...?

Sie fühlte den Luftzug, der den ICE ankündigte angenehm auf ihrem warmen Gesicht. Der Wind wurde immer stärker und sie hörte bereits das ratternde Geräusch des sich nähernden Zuges. Jetzt! Jetzt war er nahe genug. Sie kniff die Augen fest zusammen, breitete die Arme aus und ließ sich nach vorne fallen.
Plötzlich fühle sie, wie sie zurückgezogen wurde. Der Zug sauste wenige Millimeter an ihrer Nasenspitze vorbei und hielt dann quietschend an. Sie öffnete die Augen und drehte sich langsam um. Da stand ein Junge, er konnte nicht älter als siebzehn sein, und hielt ihren zitternden Arm. „So sehen also Schutzengel aus“, dachte sie. Er hatte ihr Leben gerettet und plötzlich war sie ihm unheimlich dankbar.

 

Hi Auriane,
herzlich willkommen auf Kg.de.

Du schreibst über ein mehr oder weniger immer aktuelles Thema. Schade, dass als einziger Ausweg dann manchmal nur der Freitod gesehen wird, was ja Deine Protagonistin auch im Sinn hat.

Auriane schrieb:
Sie blickte zurück auf die Stadt, in der sie zur Welt gekommen worden war, in dem Wissen, dass sie sie niemals wieder sehen würde. Danach schaute sie auf ihren sich bereits leicht wölbenden Leib und dachte traurig daran, dass dieses kleine, unfertige Geschöpf, das da in ihr heranwachsen sollte, ebenfalls niemals diesen Ort erblicken sollte. Nichts sollte es jemals erblicken.
3x "sollte" wiederholt. Absicht? Warum "soll" dieses Baby diese Welt niemals erblicken? Es "kann" ja auch gar nicht, wenn die Mutter stirbt und damit auch das Kind. Die Formulierung an sich ist schon logisch! Mit "sollte" agiert eher die Mutter, mit "konnte" ist der Bezug eher auf das Kind gerichtet.
Auriane schrieb:
Er drehte sich von dem Informationsschalter weg und sah das Mädchen mit diesen furchtbar traurigen Augen. Was bewegte sie so?
Er folgte ihrem Blick und sah, dass sie ein paar lachende Mädchen beobachtete. Machten die sie vielleicht so traurig? Was war nur mit ihr los? Irgendwie bewegte ihn dieses Mädchen und sein Schicksal.
Als er sie weggehen sah, guckte er auf seine Armbanduhr und beschloß ihr zu folgen.
Beachtlich, dass er ihr sogar gleich folgt. Was ist das für ein Mensch? Das ist heutzutage ja wirklich selten.
Auriane schrieb:
Sie sah ein weiteres Mal auf ihren Bauch und musste an den Vater des Ungeborenen denken. Sie erinnerte sich an das letzte Mal, dass sie mit ihm gesprochen hatte.
Zweimal "Mal". Ist m.E. okay, aber evtl. wäre es schöner, wenn Du eines davon streichen könntest. In etwa so: "Sie sah erneut..." oder: "Sie sah wieder..."
Auriane schrieb:
Sie sah die Szene, wie er sich von ihr weg gedreht hatte, als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte, vor ihrem inneren Auge. Und eine Träne rann über ihre Wange als sie an den angewiderten Blick, den er ihr zugeworfen hatte, dachte.
Evtl. könntest Du den ersten Satz hier noch etwas umstellen, dass er etwas besser zu verstehen wäre. In etwa: Vor ihrem inneren Auge sah sie erneut, wie er sich von ihr weggedreht hatte, als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte". Oder wenn Du ein "hatte" streichen willst, vielleicht auch: "Vor ihrem inneren Auge sah sie erneut sein Wegdrehen, als..." Naja, ob das besser ist? *g*. Evtl. kannst Du beide Sätze verbinden oder den zweiten anders beginnen, da Sätze eigentlich nicht mit "und" beginnen. Vielleicht so: "Vor ihrem inneren Auge sah sie ihn sich erneut wegdrehen, als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte und eine Träne..." oder auch: "...erzählt hatte. Eine Träne..." oder: "...erzählt hatte. Bei dem Gedanken an seinen angewiderten Blick rann ihr eine Träne über die Wange". Oder...oder....
Auriane schrieb:
Plötzlich zog sie im letzten Moment etwas zurück.
Vielleicht auch: "Im letzten Moment spürte sie, wie sie zurückgezogen wurde." Plötzlich + Im letzten Moment ist m.E. etwas "doppelt ausgedrückt".
Auriane schrieb:
...doch hinter ihm blitzten wunderschöne weiße Engelsflügel auf. „So sehen also Schutzengel aus“, dachte sie. Er hatte ihr Leben gerettet und plötzlich war sie ihm unheimlich dankbar.
Ich würde hier die "Engelsflügel" aus dem Spiel lassen. Ihre Gedanken reichen völlig aus, um zu verstehen, worauf Du hinauswillst. Bisher war die Geschichte recht "realistisch", aber durch die "Engelsflügel" bekommt sie einen kitschig-unwirklichen Touch, der m.E. nicht nötig wäre.

LG
Isha

 

danke für die verbesserungsvorschläge. ich hab die geschichte bis jetzt so gelassen, wie sie am anfang war, vielleicht ist sie deshalb noch etwas plump. ich werde mich daran setzten und sie überarbeiten!!
danke nochmal,
auriane

 

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