Schweigen ist feige!
Die Fußgängerzone am Meer ist in das warme Licht der untergehenden Sonne gehüllt. In den kleinen Cafés am Straßenrand sitzen Menschen. Eine alte Frau hat sich einen Café bestellt. Eigentlich darf sie so etwas gar nicht mehr trinken. Ist schlecht für die Gesundheit. Aber sie hat ihn trotzdem bestellt. Sie sitzt da und erinnert sich an alte Zeiten.
Ein Mädchen, ungefähr 15 sitzt in einer Eisdiele. Sie wartet auf einen süßen Jungen, den sie heute kennengelernt hat.Das war im Karstadt in der Stadt; als sie grad' einkaufen war. Sommerschlußverkauf-obwohl es eigentlich noch Hochsommer ist.
Eine Gruppe junger Männer pfeift einer Frau nach. Diese tut so, als würde sie es nicht bemerken. Die Männer brechen in lautes Gegröle aus.
Selbst der Bürgermeister ist hier. Er schaut sich selbstgefällig den Artikel in der Zeitung über ihn an.
Ein alter Mann mit einem großen Hut hat sich grade' eine Zigarre angesteckt. Heute wird es keinen Regen mehr geben. Er schüttelt den Kopf.
Ein Student sitzt alleine da. Seine Freundin hat ihn heute verlassen. Er sieht müde aus. Er hat die ganze Nacht durchgesoffen. Auch jetzt hält er eine Flasche in der Hand. Traurig sieht er einem Liebespaar nach, dass
Hand in Hand am Meer steht und verliebt den Sonnenuntergang betrachtet.
Ein Mann rennt durch die Fußgängerzone. Immer wieder stolpert er über die Pflastersteine. Seine Seiten stechen so, als hätter jemand ihm ein Messer hineingetrieben.
Seine schwarze Haut glänzt vor Schweiß. Bald wird er keine Kraft mehr haben. Aber er hört nicht auf zu laufen.
Hinter ihm trampeln schwere Springerstiefel auf den Pflastersteinen.
Kahle Glatzen glänzen rötlich in bizarrer Schönheit im Licht der Untergehenden Sonne.
Das Mädchen schaut kurz auf. Einen Augenblick überlegt sie zu helfen, aber was soll sie denn schon machen. Diese Typen würden sie auch noch verkloppen. Das ist es ihr dann doch nicht wert. Ausserdem hat sie viel zu gute Laune um sie sich noch zu vermiesen.
Die alte Frau schaut lächelnd zu. "Fast wie früher", denkt sie. Sie nimmt einen großen Schluck von ihrem Kaffee. Das nächste mal wird sie sich eine Kakao bestellen.
Die Gruppe junger Männer ist plötzlich ganz still geworden. Einer von ihnen holt ein Kartespiel 'raus. Sie fangen an Skat zu spielen.
Der Student verstärkt seinen Griff um die Flasche. So fest, das seine Knöchel weiß werden.
Das Liebespaar schaut sich an. Schutz suchend umschlingen sie sich.
Der Bürgermeister vertieft sich mehr in seine Zeitung. Im letzten Wahlkampf hat er versprochen etwas gegen die Skinheads zu unternehmen, aber das war gewesen, bevor er gewählt wurde.
Der alte Mann hat seine Zigarre angesteckt. Er kramt in seiner Tasche nach einer neuen.
Der Mann ist inzwischen an einer Wand angelangt. Er weiß nicht mehr wohin. Gehetzt schaut er sich um. Aber da haben ihn seine Verfolger schon eingeholt. Er duckt sich unter den ersten Schlägen, die auf ihn herunterprasseln.
!!!!!!!!!!!!!!!!STOPP!!!!!!!!!!!!!!!
Die Flasche in der Hand des Studenten platzt. Warmes Blut läuft seine Arme herunter. Er spürt es nicht. Ruckartig steht er auf und bewegt sich auf die Glatzen zu.
Auch die Gruppe junger Männer ist aufgestanden. Die Karten haben sie achtlos fallen gelassen.
Eigentlich könnten sie sich auch wann' anders verabreden. Das Mädchen erhebt sich langsam von ihrem Platz.
Der alte Mann hat seine Zigarre gefunden. Er schaut sich um und schüttelt den Kopf. Dann lächelt er. Achtlos lässt er die Zigarre fallen.
Das Liebespaar fasst sich an den Händen. Sie nicken sich zu.
Die alte Frau. stellt ihren kakao auf den Tisch. Ächtzend erhebt sie sich.
Auch der Bürgermeister steht auf. Er knüllt seine Zeitung zusammen.
Wie ein Mann bewegt sich die Gruppe auf die Glatzen zu und umkreist sie.
Die Glatzen hören auf auf den Mann einzuschlagen. Verwirrt schauen sie sich um. Der Student lächelt.
Die Skinheads schauen sich an. Sie wissen nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Langsam weichen sie zurück.
Der Mann ist auf den Pflastersteinen niedergesunken.
Jetzt hebt er den Kopf.
"Warum habt ihr so lange gebraucht?", fragt er.