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Sebastians Erlösung

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01.09.2005
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Sebastians Erlösung

Plötzlich waren sie überall. Grotesk schnell war die Apokalypse über die Menschheit hereingebrochen. An jeder Straßenecke fielen sie übereinander her. Männer töteten ihre Frauen, Schwestern ihre Brüder, Eltern ihre Kinder. Von dem Gedanken angetrieben, zu überleben, und das auf Kosten von allem, was den Menschen je vom Tier unterschieden hatte. Ein kleiner Junge kauerte zwischen ein paar Mülltonnen und drückte weinend einen toten Welpen an seine Brust.
Nächstenliebe und Ethik waren in eine Geschichte eingegangen, die in diesem neuen Zeitalter des Chaos niemand mehr schreiben würde.

Zusammen mit einigen anderen hatte Sebastian Zuflucht in einem verlassenen Krankenhaus gefunden. Er hatte vergessen, wie er hierher gekommen war. Eine Zeit vor dem Jetzt gab es nicht, die Erinnerung an sie war gelöscht: Vielleicht von einem Sturz auf den Kopf, vielleicht von einer gnädigen Fehlfunktion seines eigenen Verstandes. Es war leichter, mit dem Untergang fertig zu werden, wenn man nichts anderes kannte.
Die Flüchtlinge wurden täglich mehr, und bald bevölkerten so viele von ihnen den Ostflügel des Krankenhauses, dass auf den Gängen soviel los war wie zuletzt vermutlich vor dem... Was? Sebastian versuchte manchmal, sein Gedächtnis zu reanimieren, herauszubekommen, was passiert war. Es gelang ihm nie, und es wollte auch niemand darüber sprechen. Jeder von ihnen versuchte lediglich, durchzukommen. Kein Kaffeeklatsch... Was gab es schon zu bereden? Nur zum Essen kamen sie regelmäßig zusammen, doch auch hier brach niemand das Schweigen außer durch Schmatzen.

Eines Tages hörte Sebastian einen Schrei von draußen, und als er durch ein Fenster voller Vogelscheiße auf den Hof blickte, sah er, dass sie den General umzingelt hatten. Sebastian hatte ihn wegen seiner Uniform so getauft. Der Soldat hatte sich vermutlich von der nahen Kaserne zu ihnen gerettet.
Viele kamen aus den Kasernen oder aus deren Umfeld. Bevor die Stromversorgung des Krankenhauses zusammengebrochen war, hatte Sebastian in einem der Fernseher auf den Fluren gehört, dass die Ursache der Katastrophe wahrscheinlich ein schiefgegangenes Experiment mit biologischen Waffen sei, und dass höchstwahrscheinlich das Militär die Verantwortung für alles trage. Als ob es in der Hölle, in die sie unterwegs waren, irgendwen interessieren würde.
Es waren viele, und Sebastian ahnte, dass sie in das Krankenhaus einfallen würden, sobald sie mit diesem ersten Opfer fertig waren. Offenbar verstand der General, dass sein Ende gekommen war, und er schien beschlossen zu haben, nicht auf den Knien zu sterben. Er hörte auf zu quieken wie ein Schwein vor der Schlachtung und begann stattdessen, wild um sich zu schlagen. Doch sie hatten ihn umstellt und waren zu zahlreich. In einem unvorsichtigen Moment warfen sie ihn zu Boden und machten sich über ihn her. Die Routine und Gleichgültigkeit des Mordens ließen Sebastians Hände vor Wut zittern.
Er machte sich auf in eines der Patienten-Zimmer, um sich zu verstecken. Sie konnten unmöglich jeden einzelnen Raum in diesem verdammten Krankenhaus durchsuchen, also bestand Hoffnung. Weglaufen war unmöglich. Er war geschwächt, hatte seit Tagen nichts gegessen, und er wusste, dass sie schnell waren. Schneller als er. Sebastian wartete und hoffte.

Das Holz der Tür splitterte, als sie eingetreten wurde. Die Klinke brach heraus und landete mit einem stumpfen Klirren auf dem grauen Linoleum. Einer von ihnen trat ein, mit einem Blick so kalt wie eine Novembernacht. Sebastian hörte sich selber stöhnen, ein Klagelaut, komponiert aus Angst und einem mächtigen, bösartigen Hunger. Ein zweiter Mann trat in den Raum, sah den anderen an und fragte: „Worauf wartest du?“
Der Andere zielte mit seiner Pistole auf Sebastians Stirn und antwortete: „Er hatte seine Chance noch nicht.“ Er nickte Sebastian zu und forderte ihn auf, etwas zu sagen. ‚Töte mich nicht’, wollte Sebastian flehen. Er erschrak, als seinen Stimmbändern lediglich ein jammernder, unartikulierter Laut bar jeden Sinns entwich.
„Hab’ ich doch gesagt. Er ist einer. Das sieht man doch, du Pfeife. Seine Augen. Als hätte die Seele den Körper verlassen und vergessen, das Scheißding abzustellen. Der ganze Laden ist verseucht.“
„Viele?“, fragte der Mann, der auf Sebastian zielte.
„Zu viele. Wir können hier nicht bleiben. Scheiß Zombies, soweit das Auge reicht. Knall das Mistding ab und dann lass uns gehen.“
Sebastian wurde von einem grellen Blitz geblendet und spürte einen Druck über seinem linken Auge. Dann wurde es dunkel und still.

 
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Hallo,

Von manchen Leuten wird eindeutig zuviel erwartet. Meiner Meinung nach sind nicht ausschließlich Innovationen berechtigt, hier zu erscheinen. Selbst der 863. Zombie-Aufguss kann durchaus lesenswert sein. Variationen müssen erlaubt sein. Wer in seinen Geschichten Untote drin hat, wird schon fast automatisch allein deswegen kritisiert. Konsequenter Weise dürfte dann niemand mehr geköpft, gehäutet, erschossen, erschlagen, erstochen, gehenkt, zerstückelt, zerquetscht oder sonstwie verstümmelt und gemeuchelt werden. Hatten wir nämlich alles schon zigfach...

@MegaWriterQueen:
ich weiß, ich bin altmodisch, aber ein höfliches "Hallo" zu Beginn bzw. ein Gruß am Schluss sollte schon drin sein, zumal man sich noch nicht so richtig gut kennt... Klingt nebenbei auch netter als ein "Also ich finde die Geschichte schlecht" zur Begrüßung. Mag gradlinig, offen und ehrlich gemeint sein, entspricht aber nicht jener uralten Regel: je härter die Kritik, desto geschliffener sollte sie verpackt sein. Wir sind doch (zumeist) lebende und zivilisierte Menschen ...

Bin auch schon gespannt auf Deine erste Geschichte hier drin, weißt schon, die mit der Prinzessin, dem Metzger und Elvis ...;) Allein Dein Nick schraubt die Erwartungen ins Überirdische :)

Besten Gruß
nic

P.S. Ach ja, die Geschichte... :shy:
sorry, mich hat sie nicht umgehauen. Auch wenn sie meiner Meinung nach nicht zu den Top-Proofs gehört, so war sie spannend geschrieben. Und was soll ich sagen? Ich war am Ende doch etwas überrascht, dass der Prot - aus normal-menschlicher Sicht - nicht zu den "Guten" gehört.

 
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Meine liebe Königin der Nacht,

Über "Mächte des Wahsinns", Romero, Resident Evil, usw

Die Resi-Macher haben bei Romero geklaut, Carpenters Die Mächte des Wahnsinns ist mit seinen Uralten aus dem Astrokosmos (whatever ...), die davon träumen, zurück zu erobern was einst ihnen gehörte, mehr oder weniger eindeutig an Lovecrafts Werk angelehnt.

Fällt der Groschen ;) ?

Ich weiß nicht, warum ich das jetzt erzähle. Schließlich habe ich Rechtfertigungen als Erfinder der modernen Zombiegeschichte gar nicht nötig :teach: .

Deine Geschichte hingegen empfinde ich als ziemlich ideenlose Abkupferung bereits Dagewesenens: Aliens gab es schon mal in einem Song von Pennywise, Zombie-Babys sehe ich zweimal die Woche bei der Nachhilfe und den Beruf des Metzgers habe ich auch erfunden.

Ich habe schließlich ein Zombi-Vergewaltigungs-Geheimagenten-Ufo-Liebes-Pharmazie-Drama erschaffen.

Ich kann stricken. Freue mich aber trotzdem über deine provozierenden Kommentare :) .

Nictita:

Danke für die Rückendeckung. Wir Erwachsenen müssen zusammenhalten.

sorry, mich hat sie nicht umgehauen.

Zieh' 'ne Nummer und stell' dich hinten an :D .

Grüße euch beiden,

JC

 
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Guten Nachmittag!

Zombies sind ein alter Hut? Nein, im Ernst :confused:

Schon erstaunlich, dass eine leichte Lektüre für Zwischendurch solche Reaktionen hervorruft. Die Kg ist ja auch schon etwas älter, aber allemal lesenswert (und dabei um Längen besser als Drogenuntod :Pfeif: ).

Vielleicht schreibt mal jemand eine Kg, in der geistig Behinderte mit Zombies verwechselt werden, wäre dass denn innovativ?

So long, Marvin

 

offtopic gelöscht fand ich in diesem fall unangebracht weil interessant.

OK: Die Geschichte ist langweilig

Deine Mutter ist langweilig.


JC

 

Hi Proof!

Kein Kaffeeklatsch... Was gab es schon zu bereden?
:D Ich finde es hier irgendwie seltsam, dass Sebastian in so einer Situation an Kaffeeklatsch denkt.

Es waren viele, und Sebastian ahnte, dass sie in das Krankenhaus einfallen würden, sobald sie mit diesem ersten Opfer fertig waren. Offenbar verstand der General, dass sein Ende gekommen war, und er schien beschlossen zu haben, nicht auf den Knien zu sterben. Er hörte auf zu quieken wie ein Schwein vor der Schlachtung und begann stattdessen, wild um sich zu schlagen. Doch sie hatten ihn umstellt und waren zu zahlreich. In einem unvorsichtigen Moment warfen sie ihn zu Boden und machten sich über ihn her. Die Routine und Gleichgültigkeit des Mordens ließen Sebastians Hände vor Wut zittern.
Wut alleine finde ich hier für "normale Menschen" nicht ganz nachvollziehbar, eine große Portion Entsetzen über die Brutalität ("Lynchmob") müsste da meines Erachtens schon mitschwingen.

Ansonsten eine typische "Endzeitstory", die meines Erachtens durch den Perspektivendreher aber deutlich gewinnt. Ich hatte den versteckten Hinweis mit dem fehlenden Gedächtnis jedenfalls nicht als solchen erkannt. Dass sie beim Essen nicht sprechen, wirkt im Nachhinein aber etwas plump - nach dem Motto "Das muss so sein, damit die Geschichte funtioniert." Das könntest du mE noch ein wenig ausbauen, z.B. könnten ihm schon seit Längerem die Kehle schmerzen, und deshalb redet er nicht mit den anderen - oder so ähnlich :Pfeif: .

Also insgesamt eine nette Idee, die aber noch nicht überzeugend ausgearbeitet ist, da könnten ruhig noch ein oder zwei Seiten dazu. ;) Wesentlich besser könnte das Teil mE noch werden, wenn du versuchen würdest, ein bisschen auf die "Klischees" (z.B. den Biounfall, die zusammengebrochene Stromversorgung) zu verzichten.

Grüße,
Seaman

 

Hallo Seemann,

Danke für deine Kritik!

Dass sie beim Essen nicht sprechen, wirkt im Nachhinein aber etwas plump - nach dem Motto "Das muss so sein, damit die Geschichte funtioniert."

Ich dachte eigentlich eher an einen Gag, der sich erst im Nachhinein ergibt: Ich meine, was essen Zombies denn für gewöhnlich so ;) ?

insgesamt eine nette Idee, die aber noch nicht überzeugend ausgearbeitet ist

Vollste Zustimmung.

Zu den Klischees ... bitte frühere Kommentare auschecken.


Königin:

Entschuldige die etwas schnodderige Antwort, es war spät und ich bin besoffen von einem Geburtstag wiedergekommen. Unter Einfluss des Alks hat mich die Überheblichkeit und der Mangel an Konstruktivität in deiner Kritik, die ich in ihrer jugendlichen Dreistigkeit nüchtern noch ganz witzig fand, dann etwas auf die Palme gebracht.

Viele Grüße,

Jan-Christoph

 

Ich dachte eigentlich eher an einen Gag, der sich erst im Nachhinein ergibt: Ich meine, was essen Zombies denn für gewöhnlich so ;) ?
Naja, schon, aber da ist mir die Geschichte dann zu unentschlossen: Einerseits wird der Zombie wütend, wenn andere Zombies gemetzelt werden (wenn ich das mit dem General richtig verstanden habe), merkt aber nichts davon, dass er selbst Menschen frisst, und ist dann am Ende von seiner Zombieidentität überrascht? Kann natürlich anders gemeint gewesen sein, wird aber für mich nicht richtig deutlich.

Grüße!

 
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Mr. Seemann:

und ist dann am Ende von seiner Zombieidentität überrascht?

Nee, der Einzige, der hier überrascht werden soll, ist der Leser. Ob Basti sich über sein Zombie-Dasein im Klaren ist ... :hmm: Keine Ahnung. Die Geschichte ist für mich aber auch schon so wahnsinnig weit weg. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ihr Monate nach der Veröffentlichung nochmal soviel (ungerechtfertigte) Aufmerksamkeit zu Teil würde.


Liebe MWQ,

356 v. Chr. legte Herostrat einen Brand im Tempel der Artemis in Ephesos. Unter Folter sagte er später aus, aus Ruhmsucht gehandelt zu haben.

Heute bezeichnet man mit Herostratismus eine negative Geltungssucht, die unter Umständen sogar krankhaft sein kann - Unter den Herostraten der jüngeren Geschichte befindet sich z.B. der John-Lennon-Attentäter Mark David Chapman.

Nimm das bitte nicht auf die leichte Schulter und bitte insbesondere deine Eltern aber auch deine Freunde, dich auf der Suche nach professioneller Hilfe, die keiner der Autoren dieses Forums leisten kann, zu unterstützen.

Alles Gute,

Jan-Christoph

 

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