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Seelen on the rocks

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08.08.2002
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Seelen on the rocks

Sie ist zart, ihr Blick scheu, der Schritt leicht. Es scheint fast, ihre Füße berühren den Boden gar nicht. Lautlos bewegt sie sich auf dem Asphalt. Ihr glattes Haar fällt glänzend auf ihre Schultern herab, gibt ihrem feinen Anlitz einen geheimnisvollen Rahmen. Das schwarze Kleid umhüllt ihren Körper, aber es verbirgt ihn nicht. Ein feingliedriges Geschöpf, welches Beschützerherzen anrührt.

Der Weg durch die Dunkelheit ist ihr vertraut. Schon als Kind ist sie hier entlang gegangen. Sie kennt jede Biegung der Straße. Jede Hauskante ist ihr vertraut. Sie lenkt ihre Schritte auf einen, hinter Hecken verborgenen Pfad. Sanft führt der Weg in eine parkähnliche Landschaft.

Die Dunkelheit legt sich wie fließende Seide auf ihre nackten Arme. Im Laufe der Jahre hat sie sich alle Unebenheiten des Bodens eingeprägt. Das ermöglicht ihr diesen beinahe lautlosen, schwebenden Gang eines Menschen, der mit keinem Hindernis zu rechnen braucht.

Sie geht erwartungsvoll vorbei an den alten, fast senkrecht gewachsenen Birken. Ihre Stämme sind von zerfurchtem Weiß, durchzogen von den zarten schwarzen Strichmalereien der Natur.

Kaum ein Geräusch ist vernehmbar. Nur hie und da ein Seufzen einer Baumkrone, das Aufflattern eines in der Nachtruhe gestörten Vogels.

Ein prächtiges Jugendstilhaus wird zwischen den Baumreihen sichtbar. Träge glänzt das Mondlicht in den verschlossenen Fenstern. Irgendwo kreischt ein Tier auf, dann ist es wieder still. Sie verweilt einen Moment, lauscht dem einzig verbliebenen Geräusch. Dem feinen Rascheln der Blätter im Abendwind. Eine ganze Weile steht sie regungslos.

Sie kann den Blick nicht von dem Haus abwenden. Einmal mehr, scheint sie ihm zu verfallen, sich in den Giebeln und steinernen Verziehrungen zu verlieren. Gleichzeitig spürt sie das Verlangen nach körperlicher Berührung. Sehnsucht nach Händen die über ihre weiße Haut streicheln.

Die Fassade des Hauses ist weiß und glatt wie eine Wand aus gefrorenem Schnee. Von den Fenstern klettern gold gefärbte Hecken aus Metall empor. Wuchern an kalten, dunkelblauen Steinfliesen entlang. Schlängeln sich hoch bis zum aufrecht gemeißelten Körper eines Engels in Frauengestalt und verlieren sich in den ebenmäßigen Flügeln.

Diese bieten nicht Schutz. Sie wahren Abstand. Die anmutige Himmelsbotin strahlt die Würde einer unnahbaren Siegerin aus. In ihrer ausgestreckten Hand hält sie einen goldenen Lorbeerkranz. Der Atem der Frau wird hörbar flacher, ihr Blick hingebungsvoll und gleichzeitig fordernd. Erregt gibt sie sich der eleganten Schönheit des Gemäuers hin.

Als Kind hat sie in einem der Bäume gesessen, stundenlang hinübergestarrt. Schon damals träumte sie davon die Villa in Besitz zu nehmen. Später musste der Wunsch einer regelrechten Besessenheit weichen. Was verspricht ihr dieses Haus? Schutz, Geborgenheit, ein Versteck, sucht sie eine Gefahr die es auszukosten gilt? Sie hat keine Antwort, nur das Begehren, Herrin dieser Mauern zu sein.

Langsam und ehrfurchtsvoll nähert sie sich dem Haus. Schreitet über den Kiesweg ohne den Blick von den stummen Fenstern zu nehmen. Bald steht sie vor der dunklen, fast schwarz anmutendenden Holztüre mit Messingbeschlägen. In die Tür ist ein bunt schimmerndes Glasfenster eingelassen. Dieses ist reich verziert mit wundersamen Ornamenten.

Sie schließt kurz die Augen. Lässt das helle Leuchten vor ihrem geistigen Auge entstehen, wenn Sonnenlicht das bunte Glas durchbricht. Farbige Schatten tanzen dann an der gegenüberliegenden Wand. Eine kurze Zeitspanne, in der Leben in das Haus eindringt, Wärme. Doch mit jeder Dämmerung kommt auch das Schaudern wieder. Macht Kühle und räumliche Distanz sich breit.

Sie berührt den Türklopfer, streicht sinnlich über das kalte Metall.
Das Tor öffnet sich wie von Zauberhand und legt den Blick frei auf die Eingangshalle.

Das schwarzweiße Schachbrettmuster des Fußbodens lockt sie verführerisch ins Innere des Hauses. Sie lässt ihren Blick über die Gemälde wandern. Landschaften von fast geometrischer Gleichmäßigkeit, aber intensiv in den Farben. Dazwischen Bildnisse distanziert wirkender Frauen, welche das Leuchten ihrer Augen zu verbergen suchen.

Sie betrachtet den Luster, bestehend aus unzähligen Glasröhrchen in denen sich das in Messing gefasste Licht bricht. Leise bewegen sich die feinen hohlen Glaskörper, spielen mit feinem Gesang im hereingelassenen Abendwind. Sie betritt das Gemäuer, welches sie gleichermaßen verschlingt.

Seine Anwesenheit witternd wendet sie sich um. Dort steht er, zur Hälfte in der dunklen Nische verborgen, und beobachtet forschend jede ihrer Bewegungen. Der Herr des Hauses.

Aalglatt, machtbesessen, erobert er als Kunsthändler die wertvollsten Arbeiten der alten Meister. Sie zu besitzen, sie zu erkaufen und sie zu benutzen oder damit zu handeln ist seine Leidenschaft.

Er betrachtet die elfenhafte Frau wie einen vom Leben geschliffenen Diamanten. Funkelnd und hart erkennt er ihn unter dem weich geformten Körper.
Mit abschätzendem Blick beurteilt seinen Wert.

Den einstigen Rohdiamant hatte er im Alter von dreizehn Jahren seiner wärmenden Schutzschicht beraubt. Vom Kind zur Frau gemacht. Das Schweigen des Mädchens erkaufte er mit einem kostbaren Armband aus der Zeit der Jahrhundertwende. Verziert mit dunkelroten Rubinen.

Das ist Jahre her, ihr Wert ist gestiegen, ihr Preis auch.

Der Mann schließt die Tür. Presst seinen Körper drängend an den der jungen Frau. Ihr sanftes, wohl berechnetes Winden in seinen Armen, übt einmal mehr unwiderstehlichen Reiz auf ihn aus. Sie ist sein Kunstwerk, von ihm, zu seiner Bereicherung erschaffen.

Er zieht sie behutsam an sich, um nichts von dem Zauber zu stören. In seiner Arroganz ahnt er nicht, dass weder seine Männlichkeit, noch seine Macht, weder Geld noch Einfluss, sondern einzig die Herrschaft über dieses Haus ihm gestattet, ihren feingliedrigen Körper bereits an der Schwelle in Besitz zu nehmen.

Sie sieht über seinen schwer auf ihr liegenden Körper hinweg. Blickt mit dunklen Augen auf die goldgeränderte Vase in der Glasvitrine. Betrachtet auf dem weißen Porzellan dünne, nach unten hin breiter werdende, schwarze Striche. Tränengleich laufen sie dem Vasenboden zu.
Dort füllen sie die Leere zweier einsamer Lorbeerblätter mit tiefem Schwarz.

 

Liebe Eva!

Schön, daß Du wieder schreibst!

Diese Geschichte ist Dir großartig gelungen! Du verbindest die Gefühle wirklich perfekt mit dem Jugendstil. So hab ich das übrigens noch nie betrachtet... Wie Du etwa diese schwarzen Striche auf der Vase mit den Tränen verbindest, die die Leere der Lorbeerblätter füllen, gefällt mir sehr gut, aber ohne Deinen Wink wäre ich nie drauf gekommen, solche Gefühle im Jugendstil zu suchen. Jetzt nehm ich mir gleich meinen Bildband und schau ihn noch einmal mit anderen Augen an...

Aber auch die Handlung Deiner Geschichte geht sehr tief. Deine Protagonistin ist eine Nobelhure, für den Kunstsammler ein weiteres Kunstwerk, das er besitzen, sich erkaufen muß.
Sie wurde mit falschen Wertigkeiten erzogen, die sie erst erpreßbar (für den Onkel) und dann käuflich machten.
Allerdings hatte ich anfangs etwas Probleme, zu sehen, warum sie nach der Behandlung durch den Onkel dann auch gleich zur Nutte wurde. Sie hat wohl dieses Besitzdenken sehr verinnerlicht bekommen, einer Sucht gleich?


Ja, ein bisserl was hab ich da noch für Dich...

"Ein Geschöpf welches Beschützerherzen anrührt."
- würde nach Geschöpf einen Beistrich machen

"auf einen, hinter Hecken verborgenen, Waldweg"
- hier würde ich die Beistriche wegnehmen

"Im Laufe der Jahre"
- Im Lauf der Jahre würde sich meiner Meinung nach besser lesen, ist aber Geschmacksache. ;)

"ihr Blick ist hingebungsvollen"
- hingebungsvoll

"Sie betrachtet den Lüster"
- den Luster (lt. Österr. Wörterbuch ist ein Lüster ein glänzendes Gewebe)

"Presst seinen Körper drängend an der der jungen Frau."
- an den der jungen Frau

"das Kunstwerk das ihm"
- Kunstwerk, das

Und dann war da noch 13 = dreizehn ;)

Alles liebe,
Susi

 

Hallo Schneeeule!

wunderbar geschrieben, die Formulierungen so leicht und schwebend - "Die Dunkelheit legt sich wie fließende Seide auf ihre nackten Arme." find ich besonders schön.

Hmmm... ich bin mir da gar nicht ganz so sicher, wie Susi, was den Inhalt angeht... nicht sicher, ob sie eine Hure ist. Ja, käuflich ist sie, des Hauses wegen (den Schmuck des Onkels einmal nicht gezählt, erkauftes Schweigen wegen einer Vergewaltigung), aber da sie ihn bald heiraten wird, den alten Herren mit dem hübschen Haus, würde ich die Theorie eher ablehnen...
Aber sie ist auf jeden Fall materiell orientiert. Sich ihrer Wirkung bewußt und wird diese auch nutzen.
All das kommt bei mir gut an, Eva, sehr gut.

liebe Grüße, Anne

 

Hi schnee.eule!

Wow!!! Ich bin begeistert, die Geschichte ist einfach fantastisch! Die Sprache, die Stimmung....die Aussage, toll!
Mach weiter so, ich freu mich schon auf Deine nächste Geschichte...

Liebe Grüße
nele

 

Hallo schnee.eule,

mir hat Deine Geschichte auch gut gefallen. :)

Der Titel klingt für mich wie der Titel eines Gemäldes, und wie ein Gemälde kam für mich die gesamte Geschichte rüber.

Wunderschön formuliert und getragen von einer Poesie, die viel Gefühl vermittelt. Und die Grundstimmung hältst Du die ganze Zeit über, so dass der Text für mich in sich stimmig wirkt.

Bei mir heißt der Kronleuchter "Lüster", aber da Du in Wien wohnst, hat Häferl schon Recht. Auch mein Duden sagt "Luster; österr. für Kronleuchter". Das sind wohl die feinen Unterschiede. :D

Liebe Grüße

Christian

 

Das hab ich doch tatsächlich überlesen, daß sie ihn heiraten wird. ;)
Dann ist sie natürlich keine Nobelhure, aber trotzdem nicht weit davon entfernt...

 

Servus Häferl!

Schön, wenn dir die Geschichte gefallen hat. Einen neuen Zugang zum Jugendstil geweckt zu haben ist ja ganz wunderbar.

Was die Nobelnutte betrifft - ich denke da eher an ein Mädchen welches keineswegs körperlich brutal missbraucht wurde. Sinnliche Gefühle sind dabei geweckt worden. Aber die Ordnung war gestört, die Missachtung ihrer Kindheit, ihrer Seele, machen sie innerlich zerrissen. Und da bekommt sie dieses wertvolle Schmuckstück wie ein Pflaster auf die Wunde. Frau geworden erkennt sie die Wunde als viel größer, denn als Kind, das Pflaster muss angepasst werden. Der sinnliche Reiz ist geblieben, verliert sich in den wundervollen geraden Formen, im Haus ihrer Sehnsucht.

Korr. hab ich auch gleich, unglaublich was?


Lieben Gruß an dich - Eva

Liebe Maus!

Du liegst ziemlich richtig mit deinen Gedanken (hab die meinen in der Antwort an Susi schon dargelegt) Materiell orientiert, sich ihrer Ausstrahlung völlig bewusst, setzt sie diese eiskalt ein. Beide Menschen haben Sinn für die Schönheit und Sinnlichkeit von Formen und Material. Beide bekommen was sie wollen, sind Sieger und Opfer zugleich.


Lieben Gruß an dich - Eva

Servus Nele!

Deine Begeisterung freut mich ehrlich ungemein!!!!

Einen wunderschönen Tag wünsch ich dir - Eva

Servus Criss!

Wenn eine meiner Geschichte mit einem Gemälde verglichen wird, freut mich das ganz besonders.
Und ich bin wirklich sehr glücklich, dass dich bei all dem kalten Metall und den kühlen Beschreibungen das überall dahinter verborgene Gefühl erreicht hat.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Hi Eva,

leider habe ich deine Geschichte jetzt erst entdeckt. Ich würde dich gerne in Grund und Boden kritisieren. Aber es geht nicht. Deine Geschichte ist zu gut.
So eine Geschichte mit relativ wenig Handlung zu schreiben ist gewagt, doch du hast es perfekt gemacht. Dein Stil, deine Formulierungen, dein Sprachgefühl sind einfach schön. Z.B.

Sie schließt kurz die Augen. Lässt das helle Leuchten der Glasfenster vor ihrem geistigen Auge entstehen, wenn das Sonnenlicht sie durchbricht und einen bunten Schatten auf die gegenüberliegende Wand wirft. Eine kurze Zeitspanne, in der Leben in das Haus eindringt, Wärme. Mit der Dämmerung kommt auch das Schaudern wieder. Sie berührt den Türklopfer, streicht sinnlich über das kalte Metall.

Ich habe mich gefragt, wenn sie doch so matrialistisch ist, wie du und die anderen schreiben. Würde sie sich dann nicht auch mit etwas anderem Materiellem zufrieden geben?

Liebe Grüße

Jan

 

Lieber Jan!

Welch Gelüste kommen da zu Tage, in Grund und Boden willst du mich gar kritisieren???? Da bin ich ja noch mal glücklich davongekommen, schwitz!

Eine sehr gute Frage die du da stellst. So wie ich diese Frau empfinde, nein. Sie ist mit der Schönheit dieser Kunstform von klaren, ansprechenden Formen und bestimmten Materialien, vor allem aber mit dem Gebäude in einer seelischen Verbindung. Ihr geht es nicht um Geld, materiellen Besitz an sich.

Sie empfindet Liebe, das ist das Gefühl das sich verbirgt hinter all der berechnenden Kälte, der Einsamkeit. Dieses Haus ist das Symbol ihrer Sehnsucht. Sie würde alles Materielle im weitläufigen Sinn und wahrscheinlich auch alles Menschliche geben um in dieser Liebe sein zu können, Erfüllung zu finden.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

guten morgen, schnee.eule,
ich habe deine geschichte jetzt zweimal gelesen - dazu auch die beiträge - und werde immer noch nicht ganz schlau daraus.

fest stehen für mich folgende dinge:
- das haus ist ein jugendstilhaus
- die protagonistin wurde vom onkel vergewaltigt und das stillschweigen mit teurem schmuck erkauft
- der kunsthändler soll ihr künftiger ehemann werden.
- der titel: seelen on the rocks (etwas weiches, empfindsames auf etwas kaltem, hartem)

die frau hat einen sicheren instinkt für das künstlich schöne (architektur, gemälde, elegante kleidung) - aber auch für das natürlich schöne (die beschreibung des stammes der birke). Also hier schön ausgewogen.

andererseits hat sie als ängstlicher, schutz-suchender mensch keinen instinkt für mitmenschen? sie will einen aalglatten, machtbesessenen mann heiraten (den sie als solchen klar erkennt und auch so einschätzt)?

irgendwie bringe ich diese beiden dinge nicht unter einen hut. das geld, das üblicherweise solche gegensätze ganz gut überbrücken und kitten kann (jedenfalls kurzfristig) scheint für sie ja keine bedeutung zu haben.

kannst du mir, bitte, in diesem punkt weiterhelfen? vielleicht bin ich nur auf einem auge blind??

Gand großen kompliment für deine art, etwas zu beschreiben. das setzt voraus, dass du eine begabung hast, dinge sehr genau und trotzdem distanziert zu beobachten; und danach deine beobachtungen in deine phantasie passgenau einzufügen. ist dir (wie in deinen übrigen geschichten auch) sehr gut gelungen. ich beneide dich um diese gabe!

herzliche grüße
ernst

 

Lieber Ernst,
ich beantworte mit Freude deine Fragen, weiß, dass du dich immer ehrlich mit meinen Texten auseinandersetzt. Lieben Dank dafür und lass mich versuchen dich auf beiden Augen sehend zu machen. Und ich hoffe dich nicht zu überfordern, wenn ich ein bisserl was, von dem was für dich fest steht, wieder in Frage stelle:

- das haus ist ein jugendstilhaus
...........
korrekt
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die protagonistin wurde vom onkel vergewaltigt und das stillschweigen mit teurem schmuck erkauft
................

Nein nicht im angesprochenen Sinn. Lass einfach mal deine Phantasie spielen, ohne igendeinen moralischen Anspruch zu stellen.
Ein Mädchen von 13 und ihr Onkel, weiß ich 32, einfühlsam, gut aussehend, schmeichlerisch und und und ... Er verführt das Kind, zeigt ihm zärtliches und liebevolles Verhalten, eben keinerlei körperliche Gewalt ... hast du diesen Anblick vor dir, alles ist harmonisch, sinnliche Gefühle entstehen bei dem Mädchen.

Aber die seelische Gewaltspirale ist eröffnet, unwiderruflich.

Und das Kind spürt, dass das Empfinden, das Tun, mit dem was sein kann, sein darf, sein soll – nicht zusammenpassen, die innere Ordnung ist zerstört.

Und jetzt, in diesem inneren Notzustand bekommt sie einen für sie kostbaren Schatz. Es zu besitzen und es zu berühren ist für sie wunderschön. Sie wird das sinnliche Berühren von kalten, edlem Metall immer mit ihrer Sexualität, mit dem körperlichen Berührtsein in Verbindung bringen. Sie wird verzweifelt die Liebe darin suchen. Die Sehnsucht ist nicht mehr stillbar.
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der kunsthändler soll ihr künftiger ehemann werden.
..............................................

Sie ist eben nicht die Edelnutte, die einfach abcashen will. Es ist wie ein Wiederholen des einmal Erfahrenen. Ein Geschäft und doch wieder auch das, was fatalerweise Liebe für sie ausmacht.

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- der titel: seelen on the rocks (etwas weiches, empfindsames auf etwas kaltem, hartem)
......................................................
Beides sind Menschen, haben Seelen, aber das Leben hat diese Seelen auf Eis gelegt.

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die frau hat einen sicheren instinkt für das künstlich schöne (architektur, gemälde, elegante kleidung) - aber auch für das natürlich schöne (die beschreibung des stammes der birke). Also hier schön ausgewogen.
andererseits hat sie als ängstlicher, schutz-suchender mensch keinen instinkt für mitmenschen? sie will einen aalglatten, machtbesessenen mann heiraten (den sie als solchen klar erkennt und auch so einschätzt)?

....................

Sie sucht den Schutz nicht im Menschen, er ist das Bindeglied zum Haus. Sie glaubt im Haus vielleicht Schutz zu erfahren, in seinem Besitz ihre Sehnsucht zu stillen, sie weiß nicht um den Trugschluss. Wie jeder Mensch der sucht und sich sehnt ohne zu erkennen, dass die tatsächliche Erfüllung ganz wo anders wäre.

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irgendwie bringe ich diese beiden dinge nicht unter einen hut. das geld, das üblicherweise solche gegensätze ganz gut überbrücken und kitten kann (jedenfalls kurzfristig) scheint für sie ja keine bedeutung zu haben. kannst du mir, bitte, in diesem punkt weiterhelfen? vielleicht bin ich nur auf einem auge blind??
.......................

Geld hat überhaupt keinen Stellenwert in dieser Geschichte. Es sind zwei passende Puzzlesteine die sich zusammenfinden. Sie bringt ihm die Schönheit, das Gefühl über zerbrechliches Porzellan zu streicheln. Er, ist ihr Weg das Haus legal zu besitzen. Die Sexualität ist das verbindende Element.

Perfekt, wie die Formen des Jugendstils. Wenn da nicht die verlorenen Seelen dahinter verborgen wären.

Hoffe, nicht zuviel erklärt zu haben, dass trotzdem noch Gefühle geweckt werden in all der Unberührbarkeit.

Ganz lieben Gruß an dich - Eva

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo schnee.eule,

Deine Geschichte hat einen sanften Klang, der gut zu den Jugendstil- Impressionen passt. Ich vermute, Du hast den Jugendstil in diesem Zusammenhang gewählt weil dessen Idealisierungen zu der Protagonistin passen. Diese sucht (flüchtet?) sich eine romantisch verklärte Welt, nimmt dafür sogar die rein materiell betrachtete Heirat in Kauf. Schön auch der kleine Seitenhieb - er mißdeutet ihren sanften Widerstand bei der Umarmung, ach, was sind wir Männer manchmal blöd!
Falls sich das inzwischen nicht schon erledigt hat, hier noch einige Änderungsvorschläge: Langsam und ehrfurchtsvoll geht sie über den gekachelten Zugang zu der großen (prächtigen) Glastüre. Diese ist mit dunklem, fast schwarz anmutendem Holz eingefaßt, ihre Fenster sind ... ; “Verziert mit dunklen Granaten. Das ist Jahre her, ihr Wert ist gestiegen, ihr Preis auch.“ Wessen Wert? Sie blickt über seinen.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

hi schnee.eule
als ich deine geschichte gelesen habe sind mir sofort ein paar begriffe eingefallen wie man sie beschreiben kann:
sanft, zart, anrührend, sensibel
ecth schön
nur ein ausdruck stört mich irgendwie:

Geschrieben von schnee.eule
Sie betritt das Gemäuer, welches sie gleichermaßen verschlingt.
passt irgendwie nicht.
Mary

 

Servus Siegbert!

Jaja, du spielst wieder gekonnt mit meinen Worten, fügst sie neu zusammen und sie ergeben den Sinn der hinter allem steht im Zeitraffer. Auch die aufblitzende Selbstherrlichkeit des Mannes ist diesem winzigen Aspekt ist dir nicht verborgen geblieben. Fühlst du dich derart gut ein oder ziehst du eher logische Schlüsse?

Lieben Gruß an dich - Eva

Servus Mary!

Du hast Worte zum Beschreiben meiner Geschichte gefunden die mich freuen. Denn síe sagen mir, dass du nicht nur dem Eis gefolgt bist, sondern auch den Seelen.

Was dich stört an dem erwähnten Satz - ist das der Wortlaut an sich? Ich denke eher, dass dieses Haus sie verschlingt, gefällt dir nicht? Vielleicht hast du gar nicht unrecht, der Ausdruck fügt sich nicht ganz in die Sprache der Geschichte ein und widerspricht auch der unerfüllten Sehnsucht.

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

hallöchen schnee.eule,
du hast recht, der ausdruck passt nicht zum rest der geschichte, er will sich irgendwie nicht so recht einfürgen, und außerdem war ich mir im ersten moment unsicher- verschlingt sie das haus oder das haus sie?
grüße,
mary

 

Hallo schnee.eule,

früher habe ich eine Situation gefühlsmäßig erfaßt, dann mit Logik überprüft. Inzwischen haben sich wohl beide Aspekte verbunden.
Übrigens... "on the rocks" ist mir zu amerikanisch und Bar bezogen als Titel für diese sanfte Geschichte.

Tschüß... Woltochinon

 

Servus Siegbert!

Möglich, aber ich nannte sie erst "Seelen eisgekühlt" -das klang so seltsam. Wollte aber das Tiefgehende, Warme ausdrücken, welches weiter Bestand hat, trotzdem es mit dem Eis des Lebens in Berührung kam.

Lieben Gruß Eva

 

Einen schneeverwehten guten Morgen, schnee.eule,

du bist wieder da, guckst frech aus deinem Nest und versorgst uns gleich vorweg mit einer wunderbaren Geschichte, die zu lesen sich allemal lohnt.
Deine Protagonistin liebt diese Villa seit ihrer Kindheit, ist keine Nobelhure. Mit 13 Jahren hat sie als Gegenleistung ein kostbares Armband bekommen, jetzt das Haus, welches sie liebt. Der Mann ist hier nur der Überbringer, den sie dafür erträgt.
Die Beschreibung, wie diese Frau die ansich tote Materie des Hauses liebt...Wände wie gefrorener Schnee... ist absolut gut gelungen. Auch die am Ende angeführte Metapher mit den Tränen auf der Vase rundet den Gesamteindruck dieser wortgewaltigen Geschichte ab.
Ich glaube auch, dass sie sich in diesem beschriebenen Engel wiedersieht. Unnahbar, schön, kalt.

Am Beginn stört mich ein klein wenig die Beschreibung von Asphalt, auf dem sie schwebt. Erst als sie in den Waldweg eintaucht...sie kennt den Weg seit ihrer Kindheit... beginnt die Mystik deiner Worte.

Wie du auf kg zurückgefunden hast, ist beeindruckend.
Tolle Geschichte, Eva.

Liebe Grüße - Aqua

 

Lieber Aqua!

Du hast recht, die Liebe zum Haus ist da. Der Engel spiegelt die Frau in gewissen Sinne wieder, an der Oberfläche scheint sie ihm ähnlich.

Was aber irgendwie für den Leser nicht akzeptierbar scheint - sie erträgt den Mann nicht!! Er ist überhaupt keine Last!! Sie genießt die Berührungen. Sie gehören dazu, ohne diesen Akt wäre das ganze nicht von der gleichen Faszination. Der Irrtum des Mannes ist nur, dass er meint, sein Tun bringt ihre Bewegungen, ihre Gefühle hervor. Denn das Geschehen leitet sie, eiskalt und doch in Liebe.

Ja, als ich den Satz mit den Tränen auf der Vase schrieb, wusste ich, jetzt ist es gelungen. Jetzt kann ich zurückkommen. Schön, dass es mystisch rüberkommt, wenn vielleicht auch nur zum Teil. Denn Mystik hat hinter der möglicherweise vordergründigen Kälte etwas Tiefgehendes. Genau darum geht es hier.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

hi eva,
das ist nicht meine bevorzugte art von geschichten, dennoch bin ich beeindruckt. du verwendest eine äusserst gekonnte sprache mit zauberhaften ausdrücken.
wirklich gut!
bye
barde

 

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