Was ist neu

Sehnsucht

Mitglied
Beitritt
03.01.2007
Beiträge
7

Sehnsucht

Sehnsucht

Einst, vor Zeiten, herrschte ein mächtiger König, Albert geheißen, über ein großes Land, das durch des Königs geschicktes Lenken und Amtieren zu hohem Reichtum erblüht war. Allerorts sichtbar war dieser Reichtum, auch für die schwächsten Augen im ganzen Land. Auf den goldenen, von fruchtbaren Furchen zerklüfteten Äckern wirkten rotbäckige Bauern mit unermüdlichem Eifer; Schulter an Schulter lachten Künstler, Schauspieler und Handwerker im wirren Getümmel rasch emporwachsender Städte; und es arbeiteten tüchtig und einträglich die Händler und Kaufleute und zogen in ferne Länder, wo sie ihre löblichen Waren zu durchweg stattlichen Preisen vertrieben. Kurzum, alles Volk war guter Dinge.
König Albert, vom Adel Albertus Magnus genannt, vom Volk Albert der Weise genannt, jener Albert nun kam in ein hohes Alter, wo der Tod vor seiner Türe eine dunkle Melodie, eine Melodie des Rufens, regsam und aufdringlich zu spielen begann. Zäh im Erlöschen war also sein Lebensfeuer, und im Zuge jenes langsamen Dahinschwindens plagte den König die Sorge, wer nach seinem Tod das Reich regieren dürfe; denn keinen anstelligen und zuverlässigen Nachfolger wollte er kennen. Zwei Söhne waren ihm geboren, der erste ein brutaler Prinz, entmenschlicht in seinen Handlungen, grausam gegen jedermann, mit kaltem sachlichem Gesicht, der zweite dagegen ein Dummkopf, zwar gütig und sanft, aber ebenso unbesonnen und voreilig bei allen Taten, dass dem Vater überaus bange war bei dem Gedanken, eines Tages sein goldenes Zepter in die Hände von einem seiner Söhne legen zu müssen. Und nun ihn diese untragbare Sorge so erbarmungslos quälte und er keinen Rat wusste, offenbarte er sich seinem engsten Vertrauten, dem greisen Magister curiae, dem Hofmeister. Dieser gelehrte Herr schien alle Menschen zu kennen im Reich, vom mächtigsten Fürsten bis zum gemeinsten Mann. So wusste er auch von einem Zauberer, der in großer Ferne, fast am Ende aller bekannten Wege, einsam und weltabgewandt lebte. Aber trotz jener Abgeschiedenheit war dieser über die Landesgrenzen hinaus berühmt für seine Zauberkraft und Weisheit, und der Hofmeister empfahl dem König, den Zauberer einzuladen, damit dieser ihm Rat erteilen könne. Albertus Magnus war angefüllt mit Skepsis gegen Zauberei, aber weil sein Hofmeister ganz entschieden ihn drängte, ließ er nach dem Zauberer rufen, auch wenn sein Herz kaum von Hoffnung erwärmt war.
Tage vergingen, Wochen vergingen, aber der Zauberer fand sich nicht ein. Beim König versiegten schon die Gedanken an jenen Mann, da bat ein Fremder um Einlass in den Thronsaal. Der König gewährte dies und vor ihn trat ein sonderbarer Jüngling mit lebhaften wachsamen Augen, straff und unberührt von Angesicht, aber einen zerzausten weißen Greisenbart tragend, worauf sich Überlegungen entfalteten, dieser Fremde sei vielleicht gar kein Jüngling mehr und vielmehr ein alter Herr. Auch war er um seinen hageren Leib angetan mit einem fußlangen weißen Mantel, der hüllte ihn in solch betäubende und wohltuende Helligkeit, dass jeder, der dem Fremden begegnete, ihn einen Heiligen und Wohltäter nannte. König Albert war über diese uneindeutige Gestalt sehr verwundert, fasste sich aber wieder und fragte den Sonderbaren nach seinem Anliegen.
„Mein Herr.“, antwortete dieser mit kratziger Stimme. „Ich habe mir geschworen, meine Zaubergabe für alle Hilfsbedürftigen bereitzustellen, ohne Bevorzugung, sei es nun für einen König oder für einen Bettler. Und so bin ich gekommen, weil mir durch einen Boten des Hofmeisters zu Ohren gekommen ist, dass der Oberste im Lande meiner Dienste bedarf.“
„Wahrlich!“, erfreute sich der König und wusste nun, wer da vor ihm stand. „Ich bin der Oberste im Lande, der König, und ich bin es, der deiner Dienste bedarf.“ Und er berichtete dem Zauberer von seinem Leid.
Als dann des Königs Rede mit einem tiefen Seufzer ausgeklungen war, sprach der Zauberer: „Mein Herr, ich bin nicht imstande, Euren Söhnen Stärke und Eignung zuzusetzen, ich kann Euch auch nicht Glück und Zufriedenheit schenken, aber wozu ich wohl in der Lage bin, ist es, Euer königliches Leben auszuweiten. Wäre Euch dies von Nutzen?“
„Das wäre es, Zauberer. Verlängere mein Leben und rette damit das Land!“, antwortete der König, entzückt und hingerissen von jenem Vorschlag.
„Mein Herr, offensichtlich ist mein Angebot für Euch wie süßer Honig, aber ich muss Euch schrecken: Ihr müsst mir nämlich eines Eurer Glieder geben, Arm oder Bein. Einzig so wird der Zauber wirksam und verlängert Euer Leben um wertvolle zwanzig Jahr’.“
Da fuhr der König heftig zusammen und bebte, als hätte schwerer Schüttelfrost seinen Leib ergriffen.
„Gibt es denn keinen anderen Weg?“, fragte er verzweifelt.
„Nein.“, versetzte der Zauberer. „Wer sein Leben ausdehnen will, muss mit seinem Körper zahlen. So will es die Natur und deren Untertan sind alle Menschen, auch die Zauberer.“
Kein Flehen, Betteln, Beschwören nutzte; der Zauberer forderte unnachgiebig ein Glied. Da willigte der König ein, zwar nicht ohne Verdruss und Unmut, aber die Aussicht auf ein längeres Leben ließ ihn über den Verlust an Körperlichkeit hinwegblicken und so gab er ein Bein.
Zwanzig Jahre verstrichen und des Königs herrlicher Verstand bestäubte wie eine fleißige Biene rundum das blühende Land. Mehr noch als zuvor schätze das Volk seinen König, und man dankte dem Zauberer für sein hilfreiches Tun. Doch ward nach Ablauf der Zeit Albertus Magnus wieder vom Tod bedrängt und herausgefordert. Der König gab sein zweites Bein für weitere zwanzig Jahr’ und alsdann den linken Arm. Und verlor er auch gewohnte Körperlichkeit, konnte die Kürzung seinem Scharfsinn nichts anhaben, und sein Land florierte im üblichen Maße. Allein dann kam das sechzigste Jahr seiner Lebensausdehnung und zum vierten Mal rief er nach dem Zauberer.
„Du!“, tönte seine herrschende Stimme alt-gebleicht. „Nimm meinen rechten Arm und streck mein Leben so raffiniert und trickreich, wie du’s wieder und wieder getan hast!“
„Hoheit.“, entgegnete der Zauberer. „Ich muss Euch ernstlich widerraten. Verliert Ihr Euren starken rechten Arm, werdet Ihr Euer Land nicht mehr leiten können. Mit dem Arm haltet Ihr Euer Schwert, womit Ihr Soldaten anspornt und Feinde vertreibt, mit dem Arm unterzeichnet Ihr Erlasse und Weisungen, die somit Rechtsgültigkeit erlangen. Bedenkt, wie der Geist gehört nicht minder das Körperliche zum Herrschertum. Mein Herr, gebt Ihr den Arm, dann zerfällt Euer Land.“ Dem besorgten, von der Zeit geschlagenen Gesicht des Zauberers entstrahlte keine schöne Jugendlichkeit mehr, er war schwach und kränklich geworden, seine Haut glich gelbem zerknittertem Pergament, und zitternd hielt er seinen aus Spitzahorn gefertigten Zauberstab.
Aber König Albert nahm sich den Ratschlag des Zauberers nicht zu Herzen und zürnte. Solle er denn in Kummer und Sorge sterben? Wer würde das Land vernünftig regieren? Seine Söhne seien längst tot, den Enkeln traue er nicht, nein, er müsse am Leben bleiben, er könne nicht gehen.
Nur widerwillig unterwarf sich der Zauberer jenem von scharfer Wut und Bitterkeit durchtränkten, königlichen Machtwort, nahm des Herrschers rechten Arm und verlängerte sein Leben abermals um zwanzig Jahr’. Fortan bestimmte über das Land ein kläglicher Rumpf, eine unvollkommene Kugel mit grimmig dreinschauendem Kopfwuchs, kein Menschenwesen mehr, so sprach das ängstliche Volk und beweinte das Schicksal seines Lenkers und Ernährers. Grausam erfüllte sich nun die Prophezeiung des Zauberers. In seines Feindes Augen verkam der körperschwache, seines Schwertes unmündige Albert zu einer billigen Scherzfigur, und dunkle Raubzüge überschwemmten und verbrannten das vormals reiche Land. Auch waren die Ordnungshüter machtlos ohne die schreibende und befehlende Hand ihres Königs. Rechtsbrüche und Gräueltaten griffen um sich und stürzten das Königreich in Unglück und Verzweiflung, in Armut und Verderben, in Chaos und Tod.
Mit hängendem Kopf saß der König auf seinem Thron, traurig und verlassen. Schwerer Gram schmorte böse in seiner Brust.
„Du hast mich verhext.“, klagte Albert eines Tages vor dem Zauberer. „Was soll ich mit diesem Leben, das kein Leben mehr ist? Mein Geschick entgleitet mir, mein Land geht zugrunde. Was hast du mir angetan?“
„Mein Bemühen zielte auf Eure Lebenslänge.“, entgegnete der Zauberer. „Dafür habe ich zu dienen versprochen und Ihr hießet es gut. Versteht doch, ich habe nur darauf Einfluss, das ist meine Gabe, für Euer Lebensgefühl vermag ich kaum etwas zu bewirken, geschweige denn für Eure Staatsgeschäfte. Nie behauptete ich etwas anderes! Ich warnte Euch sogar.“
„Spare dir deine Rechtfertigungen! Siehst du denn nicht das Leid, das du mir hervorgerufen hast, indem du mich zum Krüppel machtest? Ich habe reichlich zahlen müssen für deine Zauberkunst.“
„Ihr habt tatsächlich viel gezahlt, – wie jemand, dem der Preis unwichtig ist, weil er glaubt, mühelos zahlen zu können. Ihr aber gabt leichtsinnig, was Ihr nicht hättet geben dürfen, und wusstet anscheinend nicht, wofür Ihr zahlt. Die Schuld an Eurem Leid tragt Ihr allein.“
Regsam sann nun der alte König mit finsterer Miene; unerschütterliche Stille beherrschte den Saal, dann sagte er endlich: „Du bist im Recht, Zauberer, und hast verständig gesprochen.“ Warme, glitzernde Tränen rannen über seine abgeblühten Wangen. „Wahrlich, ich bin ein Narr, ich glaubte, der Sieg über den Tod schaffe mir ewiges Glück, andauerndes Geschick und letztendlich eine Unveränderlichkeit der nun vergangenen, so köstlichen Zeiten. Aber das ist ja Irrsinn, meinen Körper habe ich für eine entzückende Hoffnung gegeben, und einzig dafür. Doch in jenem Moment, da ich zahlte, konnte sich meine Hoffnung nicht mehr erfüllen. Jetzt werde ich für meine Blindheit hart bestraft. Nichts kann ich mehr so machen, wie ich es wünsche. Ich bin ein armer zappelnder Fisch, gefangen in einem Netz nichtiger Lebendigkeit. Es war ein Wahnsinn, sich durch die Körpergabe dem Tod zu verweigern. Ich verlor dadurch mein Leben. – Hilf mir, Zauberer, hilf mir! Ich vermag nicht mehr, mein Volk zu regieren. Ein anderer soll’s tun, es geht nicht anders. Ich will aber nicht zusehen, wie ein anderer herrscht, das könnt ich nicht. Ich vertraue dir, Zauberer, du musst mir einen Wunsch erfüllen, nein, es ist mehr noch ein Befehl. Du musst ihn befolgen! Höre, ich befehle dir, mich zu vergiften. Schnell und sanft will ich einschlummern. Hörst du? Allein könnt ich’s nicht, ich bin dazu nicht mehr fähig, ich brauche deine Hilfe. Vergifte mich! Mach es sofort!“
„Nein.“, sagte der Zauberer. „Töten werde ich Euch nicht. Noch besteht die Hoffnung, Ihr möget lernen, mit Eurem abgewandelten Leben gut zurechtzukommen. Tilgte ich Euch jetzt von dieser Welt, würde ich den Schwur brechen, an den ich gebunden bin, den Schwur, allen Lebenden dienlich zu sein und ihnen im Momente höchster Not und Bedrängnis beizustehen. Der Tod ist keine Hilfe, solange Hoffnung besteht. Ihn herbeizuführen, hieße meinen Schwur aufgeben. Nein Hoheit, die zwanzig Jahr’ sollt Ihr leben.“
„Was redest du für wirres Zeug? Hoffnung ist eine garstige Leere, wenn kein würdiges Leben hinter ihr steht. Ich will nichts mehr von ihr wissen, sie erweckt in uns Träume, die keine Aussicht auf Erfüllung haben, sie drängt uns in einer Qual zu verweilen, einer mörderischen Qual, die den letzten Funken behaglicher Lebensfreude mit einem eisigen Hauch zum Erlöschen bringt. Mein Körper ist gebrochen und zerfallen, er wird nimmermehr gesunden. Du sagtest es aber selbst: Mein Herrschergeschick ist ebenso auf ihn angewiesen wie auf meinen Geist; und dies Geschick, dieser für mich unentbehrliche Lebensinhalt ist verloren wie mein Körper und wird nicht wiederkommen. Ich kann nur als König leben, doch der bin ich nicht mehr und kann es auch nie wieder sein. Zauberer, ich flehe dich an, erlöse meine arme Seele!“
Die gütigen, von Alterstrübheit milchigen Augen des Zauberers lagen mitleidsvoll auf der gekürzten Gestalt des einst so mächtigen und strahlenden Königs. Leise sprach er: „Hoheit, wohin führt die Schwermut Eure Worte? Beileibe, jedem Menschen wohnt die urmenschliche Kraft inne, aufkommenden Schmerz in lichte Glückseligkeit zu wandeln, – auch in Euch.“
„Du hast keine Ahnung, wovon ich rede.“, schluchzte der König traurig. „Seit alters ist es so, dass nur die am eigenen Leib gespürten Erlebnisse uns Einsicht und Verständnis einbringen. Vermagst du dereinst aus körperlicher Schwäche nicht mehr deinen Zauberstab zu halten, so wirst du’s gewahren. Die Kraft, mit der du gefochten hast für deine Wünsche und Ziele, mit der du deine Vorhaben zuwege gebracht hast, sie wird schwinden, und Frohsinn und Heiterkeit werden in dir verebben für alle Zeiten. Du wirst deiner idealistischen Gedanken müde werden und wirst deine gutherzige und wohlwollende Klugheit ablegen. Was – du schüttelst deinen Kopf? Lieber solltest du deinen Schwur halten und Gutes tun, ich bin in höchster Not und Bedrängnis und weiß um den feinen Vorteil des Todes. Er ist nicht so grausam, wie wir denken, er besitzt auch Güte und Barmherzigkeit; aber unser Verstand kann das nicht sehen, – allein unser Herz kann es. Ach, ist es so schwer, mein Innenleben nachzuempfinden? Mit dem verbliebenen Quäntchen Würde will ich von der Welt schreiten, mehr nicht. Es ist ein schöner, feierlicher Gedanke! Kannst du mich denn gar nicht verstehen? Ach, ich seh’s, du nimmst deinen weißen Mantel und willst gehen. Bleib doch, Zauberer, bleib und erhöre mich! Nein, gehe nicht! O, er geht, er will mich nicht anhören, will mich nicht verstehen. – O nein, er ist gegangen, ist fortgegangen, mit schüttelndem Kopfe, mit unerbittlichen Augen. Wer hört mich überhaupt noch an? Bin ich überhaupt noch jemand? Was ist das für ein unglücklicher Schwur, der fürs Gute geschworen und fürs Böse gehalten wurde? Was soll ich nur tun? Ich bin gescheitert…“

Ende

 

Hallo Flüssigfeuer,

und herzlich willkommen auf kg.de.

Ich habe gesehen, dass du gleich mehrere Texte gepostet hast... Meistens ist so was eher ungeschickt, da man dann gleich auf mehrere Kritiken eingehen muss, und wenn man an den Texten arbeiten will, häuft es sich ganz schön schnell an.
Aber egal, deine Sache :)

Zu diesem Text:

Ich muss sagen, mein Geschmack ist er nicht gerade. Das hat mehrere Gründe.
Erstens verwendest du eine sehr altertümliche Sprache, als wolltest du ein Märchen im alten Stil schreiben. Das kommt mir in der heutigen Zeit doch ein wenig merkwürdig vor, schließlich hat sich unsere Sprache nun mal weiterentwickelt, und ich sehe keine Notwendigkeit, moderne Märchen in einem solchen Stil zu verfassen. Aber das ist Geschmackssache.
Leider funktioniert der Text auch nur zur Hälfte als Märchen. Dazu kommen zu viele Namen vor, die meistens in den Grimm's Märchen (die im Stil ähnlich sind) unter den Tisch fallen. Ich sehe auch keine dreifache Wiederholung von Motiven und der Schluss ist definitiv zu offen für ein "klassisches" Märchen. Auch der Zauberer (als männliche Figur) deutet eher auf einen Fantasytext hin, im Märchen wären es Feen oder bestenfalls Hexen.

Wenn ich den Text als Fantasy lesen, statt als Märchen, ist er mir einfach zu sperrig in der Satzkonstruktion, gleich der Anfang schreckt Leser eher ab:

Einst, vor Zeiten, herrschte ein mächtiger König, Albert geheißen, über ein großes Land, das durch des Königs geschicktes Lenken und Amtieren zu hohem Reichtum erblüht war.

Das empfinde ich als unnötig kompliziert und konstruiert. Warum machst du diese vielen Einschübe? Warum es nicht dem Leser erleichtern. Wenn du im Märchenstil bleiben willst, wäre das dennoch möglich:

Es war einmal, vor langer Zeit, ein König namens Albert, der über ein großes Land herrschte. Dieses Land war durch sein geschicktes Schalten und Walten zu großem Reichtum gekommen, und die Menschen waren glücklich.

Damit würdest du dir auch die meiner Meinung nach unnötige Beschreibung ersparen, wer alles auf welche Weise glücklich ist. Deine Geschichte dreht sich ja schließlich um den König, und sein Problem mit dem Älterwerden. Meiner Meinung nach hältst du dich viel zu lange auf, bis die Geschichte zum Punkt kommt.

Dieser gelehrte Herr schien alle Menschen zu kennen im Reich, vom mächtigsten Fürsten bis zum gemeinsten Mann. So wusste er auch von einem Zauberer, der in großer Ferne, fast am Ende aller bekannten Wege, einsam und weltabgewandt lebte.

Eine Figur (hier den Haushofmeister) einzuführen, nur, damit der eine weitere Figur einführen kann, und dann von der Bildfläche verschwindet, ist nicht besonders klug. So eine Konstruktion ist unnötig sperrig. Man sollte sich bei jeder Figur in einer Kurzgeschichte gut überlegen, ob man sie braucht.
Warum schickt der König nicht einfach Boten aus, um jemanden zu suchen, der ihm helfen kann?

Später im Text verzichtest du dann auf den Namen des Königs, was es mehr wie ein Märchen erscheinen lässt, aber dann frage ich mich, warum du ihn überhaupt benannt hast.

Ganz allgemein ist mir der Text viel zu spannungsarm. Ich meine keine Blut-und-Gewalt-Action, sondern einen echten Konflikt, bei dem ich mitfiebern kann. Ich meine, der Konflikt ist ja da, der König, der sein Reich nicht abgeben will, aber durch den Erzählstil wird er mir nicht nahe gebracht. Eine Perspektive enger am König dran, also zu Beispiel aus seiner Sicht, würde sich besser lesen lassen und die Leser bei der Stange halten.
Wenn man so eine Außensicht als Erzählstil wählt, wie es ja auch in vielen Märchen passiert, muss eben doch ein bisschen mehr "Abenteuer von außen" rein. In dem meisten Märchen gibt es ja für den Protagonisten mehr oder weniger Bedrohungen, die er überwinden muss.
So dient die Geschichte eigentlich nur den endlosen quasi-philosophischen Abhandlungen am Ende, die so moralsauer klingen, dass einem der Lesespaß vergeht.
Nichts gegen Geschichten mit Moral, aber wenn sie mir mit dem Holzhammer dargeboten wird, neige ich doch eher dazu, sie abzulehnen. ;)

Der Schluss ist dann - wie gesagt - zu offen. Der Magier geht, der König hält einen Monolog (übrigens ein ziemlich unnötiger Wechsel des Erzählstils) und der Leser bleibt mit einem Achselzucken zurück. Er kennt nun die Meinung des Königs und die des Magiers, hat eine Situation - und dann? Wird er stehen gelassen.
Nix gegen offene Enden, aber dieses bringt mich nicht mal zum Nachdenken. Dazu weiß ich zu wenig über die Figuren, um aus ihrer Sicht weiter zu denken.

Tja, tut mir Leid, dass das jetzt alles so negativ klingt...
Hoffe, du lässt dich nicht entmutigen. Vielleicht liest und kritisierst hier mal ein bisschen, dabei kann man eine Menge lernen, und nebenbei auch seinen Stil finden. :)

Grüße,

Ronja

 

Hallo Fluessigfeuer, willkommen auf kg.de. (Schöner Nick übrigens!)
Ich habe der Kritik von Ronja eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Deine Geschichte schwankt auf der Gratlinie zwischen Fantasy und Märchen und ist deswegen weder Fisch noch Fleisch. Du solltest dich entscheiden, in welche Richtung du mit deinem Text gehen willst - und dann daraufhin überarbeiten.
Mir ist aufgefallen, dass deine Kommasetzung bei der wörtlichen Rede optimierungsbedürftig ist:

„Mein Herr.“, antwortete dieser mit kratziger Stimme.
Bei einem Komma kein Punkt, !, ? oder ... bleiben aber stehen.
Ich hoffe, du überarbeitest die Geschichte anhand von Felsenkatzes Kritik, die dir viele Punkte aufzeigt, an denen du arbeiten kannst.

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo Flüssigfeuer

von meiner Seite aus kommt wohl auch nicht sonderlich viel mehr konstruktives als das, was bereits gesagt wurde.
Was ich aber an dieser Stelle unbedingt noch einmal lobend hervorheben möchte, ist deine Sprache. Für mich war es in sprachlicher Hinsicht ein Genuss, deine Zeilen lesen zu dürfen.
Ich finde, du hantierst wirklich prächtig mit deinen wohl gewählten Worten. Es ist nicht einfacach, diesen ausladenden Stil durchzuhalten, ohne damit irgendwann zu überreiben - aber das gelingt dir hier wahrlich meisterhaft.
Jetzt solltest du "nur noch" den Inhalt an deine starke Sprache anpassen.
In erster Linie das Ende, das ist wirklich zu unberechtigt offen...

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo,

erst einmal vielen Dank für eure lieben Willkommensgrüße. Ich bin wirklich sehr begeistert, dass sich die Mitgleider dieser Seite viel Zeit nehmen, um ausführliche Kommentare zu schreiben. Die waren zwar meistenteils nicht sehr schmeichelhaft, aber ich setze meine Texte auch nicht ins Netz, um mein Ego aufzupolieren. Daher danke ich für die Ehrlichkeit.

Zuerst ein paar Worte an alle:

Ich habe bemerkt, dass ihr von meiner Geschichte etwas Anderes erwartet habt. Das steht euch zu, immerhin ist das hier das Märchen/Fantasy-Forum. Dazu muss ich Folgendes bemerken: Wenn ich eine Geschichte schreibe, wie diese Parabel zum Beispiel, dann lasse ich mich nicht gerne in die Grenzen eines Genres drängen. Um ehrlich zu sein, kenne ich noch nicht einmal den Unterschied zwischen einem Märchen und Fantasy. Es interessiert mich auch nicht sonderlich. Um mein Anliegen nach meinem künstlerischen Verständnis bestmöglich klarzumachen, schreibe ich jenseits eines jeden Genres und kümmere mich nicht um Eingrenzung. Das zeitigt freilich Kritik von Genreliebhabern. Damit muss und kann ich leben. Die Geschichte hätte auch in kein anderes Forum richtig hineingepasst. Am ehesten noch ins Philosophieforum. Nur hat die Geschichte ein offenes Ende und damit keine neue philosophische Erkenntnis. Das hat euch in dem Fall geärgert. Nun, es ist irgendwo auch ärgerlich, dass der Konflikt (an Ronja: ich denke schon, dass hier ein heftiger Konflikt besteht) nicht aufgelöst wird. EBEN DARIN liegt ja die Tragik!!! Es gibt keine Patentlösung. Gewisse Aggressionen eurerseits sind daher verständlich und gar nicht so ungewollt. Allerdings sollte die Geschichte mehr zum Nachdenken anregen - und das habe ich offensichtlich nicht geschafft, zumindest nicht bei euch...

Nun zu Ronja, der Felsenkatze:

Du hast dir sehr viel Mühe gemacht. Dafür sehr lieben Dank! Auf einige Punkte will ich eingehen.

Erstens verwendest du eine sehr altertümliche Sprache, als wolltest du ein Märchen im alten Stil schreiben. Das kommt mir in der heutigen Zeit doch ein wenig merkwürdig vor, schließlich hat sich unsere Sprache nun mal weiterentwickelt, und ich sehe keine Notwendigkeit, moderne Märchen in einem solchen Stil zu verfassen. Aber das ist Geschmackssache.
Du sagst es: Es ist Geschmackssache. Daher lohnt es sich nicht, über meinen Stil zu diskutieren. Darüber muss jeder Autor selbst entscheiden. Es ist ein Experiment meinerseits. Ich finde es sehr reizvoll, eine Geschichte aus ferner Zeit in einer altertümlichen Sprache wiederzugeben. Es gibt der Geschichte meines Erachtens eine besondere Atmosphäre. Die Leserschaft teilt sich dann eben in solche, denen es gefällt (wie weltenläufer), und solche, denen es nicht gefällt (wie dir). Ich finde es dennoch gut, dass du dennoch die Geschichte fertig gelesen hast. Aber nun Schluss damit...
Eine Figur (hier den Haushofmeister) einzuführen, nur, damit der eine weitere Figur einführen kann, und dann von der Bildfläche verschwindet, ist nicht besonders klug. So eine Konstruktion ist unnötig sperrig. Man sollte sich bei jeder Figur in einer Kurzgeschichte gut überlegen, ob man sie braucht.
Dein Einwand ist interessant. Gleichwohl finde ich die Einführung dieser Person nicht sperrig. Denn die Geschichte braucht aus meiner Sicht diese Figur! Jeder Präsident hat Berater, jeder König hatte Berater - und das war vor allem der Hofmeister. Die Geschichte ist zwar märchenhaft, aber, wie gesagt, kein beabsichtigtes Märchen. In dem Sinne finde ich es reizvoll, in einer an sich unwirklichen Geschichte einen Hauch an Realität zu bewahren, eine Art märchenhaften Realismus. So muss die Geschichte auch gelesen werden.
Später im Text verzichtest du dann auf den Namen des Königs, was es mehr wie ein Märchen erscheinen lässt, aber dann frage ich mich, warum du ihn überhaupt benannt hast.
Genrekritik. Das haben wir schon geklärt. Aber da hast du gut aufgepasst. Ich hätte seinen Namen auch im zweiten Teil nochmals erwähnen können. Aus Gründen der Ausgeglichenheit. Das nächste Mal werde ich mehr darauf achten.
Ganz allgemein ist mir der Text viel zu spannungsarm. Ich meine keine Blut-und-Gewalt-Action, sondern einen echten Konflikt, bei dem ich mitfiebern kann. Ich meine, der Konflikt ist ja da, der König, der sein Reich nicht abgeben will, aber durch den Erzählstil wird er mir nicht nahe gebracht. Eine Perspektive enger am König dran, also zu Beispiel aus seiner Sicht, würde sich besser lesen lassen und die Leser bei der Stange halten.
Für ein klassisches Märchen schon. Aber nicht für meine Zwecke. Ich wollte keine "Märchenaction" einfügen, sondern Dialoge, die Zum Nachdenken anregen. Aber auf die Allegorie muss man sich eben einlassen - und wenn man das nicht will, findet man es auch nicht gut. Aber hier erwartet man eben etwas Anderes. Dazu passt auch dein Kommentar:
So dient die Geschichte eigentlich nur den endlosen quasi-philosophischen Abhandlungen am Ende, die so moralsauer klingen, dass einem der Lesespaß vergeht.
Nichts gegen Geschichten mit Moral, aber wenn sie mir mit dem Holzhammer dargeboten wird, neige ich doch eher dazu, sie abzulehnen.
Das ist bezeichnend für deine enttäuschten Erwartungen. Übrigens hat die Geschichte keine Moral - DAS IST JA EBEN IHR KERN. Außerdem: Du kennst meinen philosophischen "Holzhammer" noch nicht! ;) Da würdest du dich erstmal freuen. Das ist nämlich wirklich trocken! :D
Zum Ende noch der Kommentar:
Hoffe, du lässt dich nicht entmutigen. Vielleicht liest und kritisierst hier mal ein bisschen, dabei kann man eine Menge lernen, und nebenbei auch seinen Stil finden.
Keine Angst, ich hab genug Selbstbewusstsein. Deshalb weiß ich auch, dass ich meinen Stil bereits habe, den muss ich nicht erst suchen. Er ist freilich formbar und ich bin lernbereit. Aber Lernen heißt nicht Meinungen übernehmen - doch so hast du's sicherlich auch nicht gemeint. Dir noch einen schönen Abend! :) Gruß, Flüssigfeuer

Nun zu vita

Dank auch dir. Du hast Folgendes geschrieben:

Deine Geschichte schwankt auf der Gratlinie zwischen Fantasy und Märchen und ist deswegen weder Fisch noch Fleisch. Du solltest dich entscheiden, in welche Richtung du mit deinem Text gehen willst - und dann daraufhin überarbeiten.
Ich habe es auch schon weiter oben erwähnt. Ich bin nicht der Meinung, dass ich mich entscheiden muss. Ich stehe zu meiner Grenzenlosigkeit.
Weiterhin sagst du:
Ich hoffe, du überarbeitest die Geschichte anhand von Felsenkatzes Kritik, die dir viele Punkte aufzeigt, an denen du arbeiten kannst.
Nimm's mir nicht übel. Ich mag meine Geschichte. Es gibt keine Kritik, die wirklich tief zu mir vorgedrungen ist und mich überzeugt hat. Felsenkatzes Punkte sind dennoch nicht an mir abgeprallt. Einzelheiten werde ich mir eventuell für zukünftige Geschichten zu Herzen nehmen. Dass heisst: Diese Geschichte überarbeite ich nicht. Das ist keine Ignoranz, aber ihr habt mich einfach nicht überzeugt.
Wegen der direkten Rede: Danke sehr, da hat sich tatsächlich ein Fehler eingeschlichen. Hab ich wieder dazugelernt! :) Gruß, Flüssigfeuer

Und zum Schluss zu weltenläufer:

Danke für dein Lob! Inhaltlich hat dich die Geschichte enttäuscht. Gut, ich werde irgendwann sicherlich (und hoffentlich) spannendere Geschichten schreiben. Hier steht die Allegorie im Vordergrund, das macht die Geschichte sicherlich stellenweise fade, aber für mich liegt die Stärke der Geschichte nun mal genau in der Allegorie. Daher steht sie hier an erster Stelle... Gruß, Flüssigfeuer

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom