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Seitenspringen

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06.08.2005
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Seitenspringen


(überarbeitet)

Heute ist es anders als sonst. Sie liegen Haut an Haut, Stefanies Hand streicht über seine Hüfte, seinen Po. Sie lassen sich Zeit, genießen die Wärme unter der Decke in dem kalten Zimmer. Oskar fragt, woran sie denkt.
Sie antwortet nicht mit dem üblichen „Nichts“. Vielleicht ist es heute möglich, ein Gespräch. „An früher, als wir uns kennen gelernt haben.“
Oskar sagt nichts. Er spürt, was sie meint. Früher, als es noch schön war.
Stefanie beißt sich auf die Lippe. War es doch ein Fehler, damit anzufangen? Sie spürt seine Kränkung, und ihr eigener Bauch zieht sich zusammen.

Früher war es so toll im Bett! Er war der erfahrene Liebhaber, der reife Mann. Und sie, das junge Mädchen, das vorher nur kurze Liebschaften erlebt hatte. Endlich konnte sich ihm ganz hingeben, intim, nah, auf Dauer.
„Ich fühle mich wieder lebendig mit dir.“, sagte er fröhlich und küsste ihre Nasenspitze. „Heirate mich!“
Er verließ seine Familie zu einem Neuanfang, und sie war froh über die perfekte Beziehung. Er spürte, was sie brauchte, gab ihr Halt, wenn nötig, oder Freiraum, wenn sie danach verlangte. Sie liebte ihn leidenschaftlich dafür, mit Haut und Haaren und ihrer ganzen Seele. Immer wieder neu.

Ihm muss es doch auch fehlen. Diese Leichtigkeit! Sie schluckt einmal und meint:
„Weißt du noch, nach der Ü30-Party, in die du mich geschmuggelt hast? Wir waren so high vom Tanzen und sind dann schon in der Küche...“
„Lange her!“, fällt er ihr ins Wort und dreht sich von ihr weg. Ein wenig nur, aber sie nimmt es wahr.

Als sie den Kinderwunsch äußerte, war er verständnisvoll und fair. Schließlich hatte sie das alles noch nicht erlebt, konnte seinen Nachwuchs, kaum jünger als sie, nicht an Kindesstatt lieben. Sie wollte es selbst erleben, in ihrem eigenen Körper, mit eigenen Genen, und er war wieder verlässlich, schaffte ihr ein Heim.

Ihr Blick fällt auf den Wecker am Bett. Kommt Jonathan gleich vom Sport? Ach nein, heute geht er ja mit zu Lutz. Und Judith ist auf Klassenfahrt. Sie haben also noch Zeit. Viel Zeit!

Irgendwann hat sich ihre Leidenschaft gewandelt. Es lag nicht an ihrem sich wandelnden Körper, an der Müdigkeit während der Zeit des Stillens, an den wenigen Momenten der ungestörten Zweisamkeit. Und nicht an den Schmerzen in seinem steifer werdenden Körper oder der Zunahme an Gewicht. Zumindest nicht an einem allein. Sex, der sie beide verbunden hatte, wurde allmählich zur Last, einer Pflicht, die abgeleistet wurde nach einem langen Arbeitstag. Und das schon seit so vielen Jahren!

Oskar putzt sich die Nase, laut und ausgiebig. Will er Zeit gewinnen? Hat er keine Lust mehr? Mit Lust hat das bestimmt nicht viel zu tun, was wir da so treiben, denkt Stefanie traurig. Auch für ihn kann das doch nicht mehr sein als ein Kratzen, damit das Jucken aufhört. Und doch besteht er immer wieder von neuem darauf, und sie gewährt es ihm.

Immer wenn die Woche um ist, hält sie ihm den Körper hin, bewegt sich mechanisch, filtert Gefühle. Sie hat ihn doch lieb, denkt sie sich, das Gesicht zu einer Maske verzerrt, die Lust vorgaukelt und Ekel und Langeweile dahinter verschließt. Bald ist es vorbei! singt sie mantragleich und stumm oder geht andere Wege: den Geist ausschalten, in der Ferne spazieren gehen oder das Essen für morgen planen. Er ahnt, er weiß es. Seine Fragen :“Na, war´s schön?“, werden immer seltener, und selbst dann schwingt die Bitte mit, ihm die Wahrheit zu ersparen. Dann schmerzt ihr Bauch besonders, und Übelkeit treibt sie aus dem Bett.

Heute aber ein anderes Programm! Stefanie durchforscht ihren Körper, sucht nach ihrer eigenen Lust. Irgendein Wunsch, ein Gefühl, ein Bild, irgendwas muss doch noch da sein. Sie spürt ihre Angst, für immer versehrt zu sein. Die große Frage baut sich auf, die Frage aller Fragen in der Leidenschaft: „Kann ich mich noch hingeben?“ Schon erstarrt Stefanie, ihr Atem stockt, doch dann verpufft ihre Angst. Die große Frage hat diesmal keine Macht. Sie kann. Sie weiß es.

Wie eine Maskerade hatte sie die Prozedur empfunden, sich zurecht zu machen: mit angenehmen Düften duschen, die dünne Unterwäsche und das enge Kostüm überstreifen, die Formen ihrer Lippen und ihrer grünen Augen zu betonen. Wie eine Fremde war sie in die Hotel-Lobby gestelzt auf Schuhen, die sie seit der ersten Schwangerschaft in einem Karton im Keller aufbewahrt hatte. Dort hatte sie sich ihr Opfer erwählt: nicht den dunkelgelockten Rocky-Verschnitt, unter dessen Hemd sich die Muskeln vielversprechend abzeichneten, sondern den unscheinbaren Geschäftsmann in der Ecke.

Er stellte sich als so passend heraus: nur kurz in der Stadt, kannte nur Brocken in Deutsch und Englisch. Sie stammelten bei einem Drink herum, er wirklich bemüht, sie ungeduldig, auf sein Zimmer zu gehen. Sie lehnte auch dort den Drink ab, zog ihn an sich heran, damit er ihr den Hals und dann die Lippen küssen konnte, und sie knöpfte ihm das Hemd auf. Sein Kopf wirkte massig auf dem schmalen Körper, und ungeniert sagte sie:
„Eine Schönheit bist du wirklich nicht!“ Die Antwort des Mannes war ein angenehmer Singsang in unbekannter Sprache, und in einem warmen Ton fuhr sie fort: „Mal sehen, ob es mit dir klappt ...“ Ihre Sorgen waren umsonst, das Eis gebrochen. Die angestaute Lust so vieler Jahre brach aus ihr heraus, durchflutete ihren Leib und trieb sie an. Ihre Hände erforschten seinen Körper, seine Lippen auf ihrer ganzen Haut. Plötzlich war sie wieder bei ihrer Lust angekommen, war alles neu und frei und lebendig.

Nachher lag sie noch in seinen Armen, und der Augenblick der Freiheit von Schuld und Scham war vorbei. Als hätte sein Samen das Kondom durchdrungen und ihren Körper infiziert, wurde sie sich des Mannes an ihrer Seite bewusst, drängte ihr Körper nach einem „Wieder“.
„Du bist ja doch ein süßer Knubbelknopf!“, sagte sie, selbst überrascht über ihre Worte.
„Knödelkopf?“, fragte er verwirrt, und sie lachte.
Es sollte nichts Persönliches sein, kein „Liebe machen“, nur ein kurzer Fick. Nur der Beweis, dass ihre Lust nicht abgestorben war.
Doch der weiche Blick ihres Gegenübers, seine zärtlichen Fingerspitzen auf ihrer Haut zeigten ihr mehr, als sie sehen wollte. Sie fühlte sich schäbig, doppelt untreu. Ein flüchtiger Kuss noch, dann anziehen und nichts wie weg.

Stefanie schlingt die Arme um Oskar. War es ihm damals auch so ergangen, als sie aufeinander trafen? Hatte er auch geglaubt, dass ein Seitensprung die Heilung wäre? Die Rettung für seine Ehe?
Sie will ihn nicht verlieren. Vor ihr baut sich eine Wand auf, ein vorhersehbares Gemisch von verletzten Gefühlen. Wenn sie sich traut ...
„Wir müssen miteinander reden!“, stammelt sie. Es ist heute anders als sonst.
Sie haben Zeit. Sie ist bereit.

 

Elisha schrieb:
Worauf bezieht sich das? Hoffentlich nicht auf diesen populär"wissenschaftlichen" Quark wie "warum Frauen nicht einparken können ..."
Nein, sondern u.a. aus dem Buch „Der nackte Affe“ von Desmond Morris, einem Zoologen, von dem später viele Vieles abgekupfert haben, vor allem die Autoren von dir erwähnten Bücher haben sich hemmungslos daraus und seinen weiteren Büchern bedient.

 

Ja, den fand ich auch mal gut. Aber neben einigen guten Ideen hat er auch viel Unsinn von sich gegeben. Vieles klingt ja erstmal plausibel, entspricht aber einfach nicht der Wahrheit und ist nicht nachweisbar.

 

Elisha schrieb:
Ja, den fand ich auch mal gut. Aber neben einigen guten Ideen hat er auch viel Unsinn von sich gegeben. Vieles klingt ja erstmal plausibel, entspricht aber einfach nicht der Wahrheit und ist nicht nachweisbar.
Das sagt sich so leicht, aber dabei wird vergessen, daß das Verhalten von Lebewesen nicht exakt erforscht werden kann, weil jedes Exemplar ein bißchen anders ist als andere Spezies derselben Art. Alles, was man machen kann, ist beobachten und für das Beobachtete Erklärungsmodelle erstellen. Diese Erklärungsmodelle sind Theorien, die mehr oder weniger nahe an der Wahrheit sind, oder uns nur mehr oder weniger sinnvoll erscheinen – nachweisen läßt sich in diesem Bereich selten was.

Wie die Geschichte der sogenannten exakten Wissenschaften (z.B. Physik), ist auch die Geschichte der Verhaltensforschung (gehört zu nicht exakten Wissenschaften) voller Irrtümer. Doch das ist normal, denn solange ich keine bessere Erklärung für irgendwas habe, muß ich das benutzen, was ich bereits habe, selbst wenn ich weiß, daß es nicht perfekt ist.

Im Bereich der Verhaltensforschung hat noch niemand Besseres geboten als Desmond Morris und seine Schüler. Dies hat seinen Grund in der Tatsache, daß sie den Menschen nicht von vorne herein als Krone der Schöpfung glorifizieren, sondern ihn nüchtern wie jedes anderes Lebewesen betrachten, auf ihn also dieselben Methoden anwenden, die sich in der Zoologie bereits bewährt haben.

Dion

PS: Falls du an einer weitergehenden Diskussion interessiert bist, Elisha, können wir sie per PN oder in einem extra Thread im Kaffeekranz führen – hier ist sicher nicht der richtige Platz dafür.

 

Hallo
Ich muss sagen, dass mir der Inhalt der Geschichte nichts gegeben hat. Stilistisch bis auf oben bereits erwähnte Mängel ist die Geschichte sauber, liest sich sehr gut und ist ein netter Zeitvertreib.
Die Story selbst ist mir einfach zu platt. Das was der Mann begonnen hat, hat sie weitergeführt. Er betrügt seine Frau mit einer Jüngeren, verläßt Heim und Herd um mit ihr zu leben. Die Frau läuft in seinen Spuren weiter, sucht sich einen jüngeren, agilerern Mann als Bettgesfährte und kehrt reuevoll zu ihrem Ehemann zurück.
Als Gründe stellst du die sexuelle Unbefriedigung des Prots dar, die auch dessen Ehemann verspürt. Mir macht das diese Stefanie äußert unsymphatisch, die Beziehung zwischen den beiden macht das für mich eher unglaubhaft. Nach der erfüllten Lust kehrt sie zu ihrem Mann zurück, bereut und will neu anfangen. Ich denke das ist einfach zu klischeehaft.
Solche Geschichten sind Ainsichtssachen, andere deiner Storys haben mir weitaus besser gefallen.
MFG
Yulivee

 

Hallo Yulivee,

Das was der Mann begonnen hat, hat sie weitergeführt. Er betrügt seine Frau mit einer Jüngeren, verläßt Heim und Herd um mit ihr zu leben. Die Frau läuft in seinen Spuren weiter, sucht sich einen jüngeren, agilerern Mann als Bettgesfährte und kehrt reuevoll zu ihrem Ehemann zurück.
AUTSCH! Ich habe mir ja gerade ein Klischee vorgenommen und wollte beschreiben, was da unter der Oberfläche passiert. Hier geht es ja gerade nicht darum, dass der Körper nicht mehr wie der von Brad Pitt ist (wie der junge Brad, wohlgemerkt), sondern es findet keine Begegnung mehr zwischen den Liebenden statt. Deshalb geht es nicht um einenjüngeren, agilerern Mann als Bettgefährten; er ist für sie doch erst einmal nur ein Objekt, mit dem sie sich vergewissert, nicht versehrtzu sein, also noch Leidenschaft ausdrücken zu können.

andere deiner Storys haben mir weitaus besser gefallen.
Das wiederum freut mich.

Gruß, Elisha

 
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frühere Version von 2005:

Heute ist es anders als sonst. Sie liegen Haut an Haut, Stefanies Hand streicht über seine Hüfte, seinen Po. Sie lassen sich Zeit, genießen die Wärme unter der Decke in dem kalten Zimmer. Oskar fragt, woran sie denkt.
Sie antwortet nicht mit dem üblichen „Nichts“. Heute ist es vielleicht möglich, ein Gespräch. „An früher, als wir uns kennen gelernt haben.“
Oskar sagt nichts. Er spürt, was sie meint. Früher, als es noch schön war.
Stefanie beißt sich auf die Lippe. War es doch ein Fehler, damit anzufangen? Sie spürt seine Kränkung, und ihr eigener Bauch zieht sich zusammen.

Früher war es so toll im Bett! Er war der erfahrene Liebhaber, der reife Mann. Und sie, das junge Mädchen, das nur kurze Liebschaften erlebt hatte, konnte sich ihm ganz hingeben, intim, nah, auf Dauer.
„Ich fühle mich wieder lebendig mit dir.“, sagte er fröhlich und küsste ihre Nasenspitze. „Heirate mich!“
Er verließ seine Familie zu einem Neuanfang, und sie war froh über die perfekte Beziehung. Er spürte, was sie brauchte, gab ihr Halt, wenn nötig, oder Freiraum, wenn sie danach verlangte. Sie liebte ihn leidenschaftlich dafür, mit Haut und Haaren und ihrer ganzen Seele. Immer wieder neu.

Ihm muss es doch auch fehlen. Diese Leichtigkeit! Sie schluckt einmal und meint:
„Weißt du noch, nach der Ü30-Party, in die du mich geschmuggelt hast? Wir waren so high vom Tanzen und sind dann schon in der Küche...“
„Lange her!“, fällt er ihr ins Wort und dreht sich von ihr weg. Ein wenig nur, aber sie nimmt es wahr.

Als sie den Kinderwunsch äußerte, war er verständnisvoll und fair. Schließlich hatte sie das alles noch nicht erlebt, konnte seinen Nachwuchs, kaum jünger als sie, nicht an Kindesstatt lieben. Sie wollte es selbst erleben, in ihrem eigenen Körper, mit eigenen Genen, und er war wieder verlässlich, schaffte ihr ein Heim.

Ihr Blick fällt auf den Wecker am Bett. Kommt Jonathan gleich vom Sport? Ach nein, heute geht er ja mit zu Lutz. Und Judith ist auf Klassenfahrt. Sie haben also noch Zeit. Viel Zeit!

Irgendwann hat sich ihre Leidenschaft gewandelt. Es lag nicht an ihrem sich wandelnden Körper, an der Müdigkeit während der Zeit des Stillens, an den wenigen Momenten der ungestörten Zweisamkeit. Und nicht an den Schmerzen in seinem steifer werdenden Körper oder der Zunahme an Gewicht. Zumindest nicht an einem allein. Sex, der sie beide verbunden hatte, wurde allmählich zur Last, einer Pflicht, die abgeleistet wurde nach einem langen Arbeitstag. Und das schon seit so vielen Jahren!

Oskar putzt sich die Nase, laut und ausgiebig. Will er Zeit gewinnen? Hat er keine Lust mehr? Mit Lust hat das bestimmt nicht viel zu tun, was wir da so treiben, denkt Stefanie traurig. Auch für ihn kann das doch nicht mehr sein als ein Kratzen, damit das Jucken aufhört. Und doch besteht er immer wieder von neuem drauf, und sie gewährt es ihm.

Immer wenn die Woche herum ist, hält sie ihm den Körper hin, bewegt sich mechanisch, filtert Gefühle. Sie hat ihn doch lieb, denkt sie sich, das Gesicht zu einer Maske verzerrt, die Lust vorgaukelt und Ekel und Langeweile dahinter verschließt. Bald ist es vorbei!, ist ihr Mantra, oder den Geist ausschalten, weit weg spazieren gehen oder das Essen für morgen planen. Er ahnt, er weiß es. Seine Fragen :“Na, war´s schön?“, werden immer seltener, und selbst dann schwingt die Bitte mit, ihm die Wahrheit zu ersparen. Dann schmerzt ihr Bauch besonders, und Übelkeit treibt sie aus dem Bett.

Heute aber ein anderes Programm! Stefanie durchforscht ihren Körper, sucht nach ihrer eigenen Lust. Irgendein Wunsch, ein Gefühl, ein Bild, irgendwas muss doch noch da sein. Sie spürt ihre Angst, für immer versehrt zu sein. Doch die Frage: Kann ich mich noch hingeben?, hat diesmal keine Macht. Sie kann. Sie weiß es. Seit dem Treffen mit dem unbekannten Mann.

Er war so passend: nur kurz in der Stadt, kannte nur Brocken in Deutsch und Englisch. Sie stammelten bei einem Drink herum, er wirklich bemüht, und etwas ungeduldig gingen sie auf ein Zimmer. Er küsste ihren Hals, ihre Lippen, und sie knöpfte ihm das Hemd auf. Sein Kopf wirkte massig auf dem schmalen Körper, und ungeniert sagte sie:
„Eine Schönheit bist du wirklich nicht!“ Die Antwort des Mannes war ein angenehmer Singsang in unbekannter Sprache, und in einem warmen Ton fuhr sie fort: „Mal sehen, ob es mit dir klappt ...“ Ihre Sorgen waren umsonst, das Eis gebrochen. Die angestaute Lust so vieler Jahre brach aus ihr heraus, durchflutete ihren Leib und trieb sie an. Ihre Hände erforschten seinen Körper, seine Lippen auf ihrer ganzen Haut... Plötzlich war alles neu und frei und lebendig.

Nachher lag sie noch in seinen Armen, und der Augenblick der Freiheit von Schuld und Scham war vorbei. Als hätte sein Samen das Gummi durchdrungen und ihren Körper infiziert, wurde sie sich des Mannes an ihrer Seite bewusst, drängte ihr Körper nach einem „Wieder“.
„Du bist ja doch ein süßer Knubbelknopf!“, sagte sie, selbst überrascht über ihre Worte.
„Knödelkopf?“, fragte er verwirrt, und sie lachte. Doch es konnte und sollte nicht sein! Ein flüchtiger Kuss noch, dann anziehen und nichts wie weg.

Stefanie schlingt die Arme um Oskar. War es ihm damals auch so ergangen, als sie aufeinander trafen? Hatte er auch geglaubt, dass ein Seitensprung die Heilung wäre? Sie will ihn nicht verlieren.
„Wir müssen miteinander reden!“, stammelt sie. Es ist heute anders als sonst.
Sie haben Zeit. Sie ist bereit.

 

Hallo,

insgesamt eine wirklich lesenswerte Geschichte, allerdings empfinde ich das Ende als ein wenig gekuenstelt. Mag sein, dass in der Vorstellung der Frau das "darueber reden" alles loesen kann, mir persoenlich kommt das allerdings ziemlich unwahrscheinlich vor. Was soll das Gespraech schon bewirken (ausser dass die Beiden kuenfig auf Sex verzichten)? Sie wird ihn dadurch nicht als attraktiver empfinden – und die fehlende (koerperliche und sonstige) Anziehung zwischen den beiden ist ja gerade das Problem.

Ein Seitensprung und die Bereitschaft der Frau, zu ihrem Mann trotz seines fortgeschrittenen Alters zaertlich zu sein, ist die weitaus realistischere “Loesung”.

Wie gesagt, insgesamt hat mir die Geschichte trotzdem gefallen.

Oliver

P.S: Ich befinde mich gerade an einem Computer im Ausland und muss deshalb leider auf Umlaute und scharf-s verzichten..

 

@Oliver

Mag sein, dass in der Vorstellung der Frau das "darueber reden" alles loesen kann, mir persoenlich kommt das allerdings ziemlich unwahrscheinlich vor.
Nein, es könnte höchstens der Anfang der Lösung sein.

Was soll das Gespraech schon bewirken (ausser dass die Beiden kuenfig auf Sex verzichten)? Sie wird ihn dadurch nicht als attraktiver empfinden – und die fehlende (koerperliche und sonstige) Anziehung zwischen den beiden ist ja gerade das Problem.
Die Sexualität ist ein feiner Seismograph für Beziehungen: wenn es irgendwo nicht stimmt, fängt das oft dort an oder wird dort deutlich - Attraktivität ist ja nichts Statisches. Man kann sich ja immer wieder neu verlieben. ;)

Danke für deinen Kommentar. :)

Gruß, Elisha

 

Hallo auch!

Die Geschichte gefällt mir wirklich gut! Ich finde sie, bis auf wenige Formulierungen gut geschrieben. Meiner Meinung nach, kann man sehr gut nachempfinden, warum die Protagonistin so handelt. Sehr gut sogar. Ich kann verstehen, warum sie es getan hat und auch, wie sie sich dabei fühlt. Schön finde ich eben auch, dass sie weiterführt, was der Mann begonnen hat. das legt vieles offen. Vieles, was über die Geschichte weißt hinaus geht und wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann nur wenige verstehen.

LG
Florence

 

Guten Tag Elisha,
mir hat Deine Geschichte gefallen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist Dir in der Beschreibung der Handlungen und auch der Gefühle der Prots gelungen. Ich weis was ich sage aus persönlichen Befindlichkeiten. Das „ aufhörende Jucken durch Kratzen“ ist genau das männliche Empfinden… auch wenn Du in den Kommentaren irgendwie zugibst, dass das „Männliche dieser Situation“ Dir unbekannt ist. Er bekommt wenigstens organische Befreiung…Sie hat nicht mal das und sucht deshalb… in Deiner Geschichte hat sie etwas „außerhalb“ gefunden… nimmt das mit nach „innen“. Vielleicht wird daraus neue Harmonie ? Aber das ist eine neue Kurzgeschichte. Du schreibst ja keinen Roman.
Ich versuche mich aus der erwähnten männlichen Perspektive auch an dem Thema. Wäre Dir für eine Reaktion dankbar ( wenn angebracht als pers. Mail).
Gruß Thomas.

P.S. Diese Geschichte- noch gefeilt, dazu kann und will ich als „Neuling“ nichts sagen- kann ich mir im Gegensatz zu manchen anderen „Ergüssen“ in einer Zeitschrift, in einem Buch oder…vorstellen. Das sollte doch mehr oder weniger das Ziel des „Schreibenden“ sein, wenn er der „Welt was sagen will“ und nicht nur in diesem Forum durch „Provokation aufzufallen“.

 

Hi Siggy,

Das „ aufhörende Jucken durch Kratzen“ ist genau das männliche Empfinden
Trotzdem ist es merkwürdig, dass ein Mann sich damit zufrieden gibt, wenn er ein qualitativ höher stehendes Sexleben kennt.

Danke für deinen Kommentar. :)

Gruß, Elisha

P.S.

Sie hat nicht mal das und sucht deshalb… in Deiner Geschichte hat sie etwas „außerhalb“ gefunden… nimmt das mit nach „innen“ Vielleicht wird daraus neue Harmonie ? Aber das ist eine neue Kurzgeschichte.
In einer Folgeversion mache ich noch klarer, warum sie es tut: nicht aus sexuellem Appetit, sondern um sich zu beweisen, dass sie noch zur Hingabe fähig ist:
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Heute ist es anders als sonst. Sie liegen Haut an Haut, Stefanies Hand streicht über seine Hüfte, seinen Po. Sie lassen sich Zeit, genießen die Wärme unter der Decke in dem kalten Zimmer. Oskar fragt, woran sie denkt.
Sie antwortet nicht mit dem üblichen „Nichts“. Vielleicht ist es heute möglich, ein Gespräch.
„An früher, als wir uns kennen gelernt haben.“
Oskar sagt nichts. Vermutlich spürt er, was sie meint. Früher, als es noch schön war.
Stefanie beißt sich auf die Lippe. War es doch ein Fehler, damit anzufangen? Sie spürt seine Kränkung, und ihr Bauch zieht sich zusammen.

Früher war es toll im Bett! Er war der erfahrene Liebhaber, der reife Mann. Und sie, das junge Mädchen, das vorher nur kurze Liebschaften erlebt hatte. Endlich konnte sich ihm ganz hingeben, intim, nah, auf Dauer.
„Ich fühle mich wieder lebendig mit dir“, sagte er fröhlich und küsste ihre Nasenspitze. „Heirate mich!“
Er verließ seine Familie zu einem Neuanfang, und sie war froh über die perfekte Beziehung. Er spürte, was sie brauchte, gab ihr Halt, wenn nötig, oder Freiraum, wenn sie danach verlangte. Sie liebte ihn leidenschaftlich dafür, mit Haut und Haaren und ihrer ganzen Seele. Immer wieder neu.

Ihm muss es doch auch fehlen. Diese Leichtigkeit! Sie schluckt einmal und meint:
„Weißt du noch, nach der Ü30-Party, in die du mich geschmuggelt hast? Wir waren so high vom Tanzen und sind dann schon in der Küche ...“
„Lange her!“, fällt er ihr ins Wort und dreht sich von ihr weg. Ein wenig nur, aber sie nimmt es wahr.

Als sie den Kinderwunsch äußerte, war er verständnisvoll und fair. Schließlich hatte sie das alles noch nicht erlebt, konnte seinen Nachwuchs, kaum jünger als sie, nicht an Kindes Statt lieben. Sie wollte es selbst erleben, in ihrem eigenen Körper, mit eigenen Genen, und er war wieder verlässlich, schaffte ihr ein Heim.

Ihr Blick fällt auf den Wecker am Bett. Kommt Jonathan gleich vom Sport? Ach nein, heute geht er ja mit zu Lutz. Und Judith ist auf Klassenfahrt. Sie haben also noch Zeit. Viel Zeit!

Irgendwann hat sich ihre Leidenschaft gewandelt. Es lag nicht an ihrem sich wandelnden Körper, an der Müdigkeit während der Zeit des Stillens, an den wenigen Momenten der ungestörten Zweisamkeit. Und nicht an den Schmerzen in seinem steifer werdenden Körper oder der Zunahme an Gewicht. Zumindest nicht an einer Sache allein. Sex, der sie beide verbunden hatte, wurde allmählich zur Last, zu einer Pflicht, die abgeleistet werden musste nach einem langen Arbeitstag. Und das schon seit so vielen Jahren!

Oskar putzt sich die Nase, laut und ausgiebig. Will er Zeit gewinnen? Hat er keine Lust mehr? Mit Lust hat das bestimmt nicht viel zu tun, was wir da so treiben, denkt Stefanie traurig. Auch für ihn kann das doch nicht mehr sein als ein Kratzen, damit das Jucken aufhört. Und doch besteht er immer wieder von neuem darauf, und sie gewährt es ihm.

Immer wenn die Woche um ist, hält sie ihm den Körper hin, bewegt sich mechanisch, filtert Gefühle. Sie hat ihn doch lieb, denkt sie sich, das Gesicht zu einer Maske verzerrt, die Lust vorgaukelt und Ekel und Langeweile dahinter verschließt. Bald ist es vorbei! singt sie mantragleich und stumm oder geht andere Wege: den Geist ausschalten, in der Ferne spazieren gehen oder das Essen für morgen planen. Er ahnt, er weiß es. Seine Fragen :“Na, war´s schön?“, werden immer seltener, und selbst dann schwingt die Bitte mit, ihm die Wahrheit zu ersparen. Dann schmerzt ihr Bauch besonders, und Übelkeit treibt sie aus dem Bett.

Und dann ist da noch etwas hinzugekommen, im Laufe der Jahre. Erst ein flüchtiger Verdacht, dann eine Frage, die immer wiederkam, immer schneller, bevor sich irgendein Fünkchen Lust in ihr rühren konnte, wie beim Hasen und Igel, immer war die Frage zuerst da. Ohne irgendeiner Leidenschaft eine Chance zu lassen, baute sich die Frage aller Fragen auf: „Kann ich mich noch hingeben?“ Anstelle von angenehmen Gefühlen spürte sie nur die Angst, für immer versehrt zu sein, nie wieder loslassen, genießen zu können. Gleichzeitig stieg ihre Scham, ihren Körper, ihre Seele zu entblößen, Gefühle zu zeigen und einfach sie selbst zu sein.

Heute aber ein anderes Programm! Stefanie durchforscht ihren Körper, sucht nach ihrer eigenen Lust. Irgendein Wunsch, ein Gefühl, ein Bild, irgendwas muss doch noch da sein. Sie spürt die Frage, die wie immer im Hintergrund lauert. Schon erstarrt Stefanie, ihr Atem stockt, doch dann verpufft ihre Angst. Die große Frage hat diesmal keine Macht. Sie kann. Sie weiß es.

Wie eine Maskerade hatte sie die Prozedur empfunden, sich zurecht zu machen: mit angenehmen Düften duschen, die dünne Unterwäsche und das enge Kostüm überstreifen, die Formen ihrer Lippen und ihrer grünen Augen zu betonen. Wie eine Fremde war sie in die Hotel-Lobby gestelzt auf Schuhen, die sie seit der ersten Schwangerschaft in einem Karton im Keller aufbewahrt hatte. Dort hatte sie sich ihr Opfer erwählt: nicht den dunkelgelockten Rocky-Verschnitt, unter dessen Hemd sich die Muskeln vielversprechend abzeichneten, sondern den unscheinbaren Geschäftsmann in der Ecke.

Er stellte sich als so passend heraus: nur kurz in der Stadt, beherrschte nur Brocken in Deutsch und Englisch. Sie stammelten bei einem Drink herum, er wirklich bemüht, sie ungeduldig, auf sein Zimmer zu gehen. Sie lehnte auch dort den Drink ab, zog ihn an sich heran, damit er ihren Hals und die Lippen küssen konnte, und sie knöpfte sein Hemd auf. Sein Kopf wirkte massig auf dem schmalen Körper, und ungeniert sagte sie:
„Eine Schönheit bist du wirklich nicht!“ Die Antwort des Mannes war ein angenehmer Singsang in unbekannter Sprache, und in einem warmen Ton fuhr sie fort: „Mal sehen, ob es mit dir klappt ...“ Ihre Sorgen waren unbegründet, das Eis gebrochen. Die angestaute Lust so vieler Jahre brach aus ihr heraus, durchflutete ihren Leib und trieb sie an. Ihre Hände erforschten seinen Körper, seine Lippen auf ihrer ganzen Haut. Plötzlich war sie wieder bei ihrer Lust angekommen, war alles neu und frei und lebendig.

Nachher lag sie noch in seinen Armen, und der Augenblick der Freiheit von Schuld und Scham war vorüber. Als hätte sein Samen das Kondom durchdrungen und ihren Körper infiziert, wurde sie sich des Mannes an ihrer Seite bewusst, drängte ihr Körper nach einem „Noch einmal“.
„Du bist ja doch ein süßer Knubbelknopf!“, sagte sie, selbst überrascht über ihre Worte.
„Knödelkopf?“, fragte er verwirrt, und sie lachte.
Es sollte nichts Persönliches sein, kein „Liebe machen“, nur ein kurzer Fick. Nur der Beweis, dass ihre Lust nicht abgestorben war.
Doch der weiche Blick ihres Gegenübers, seine zärtlichen Fingerspitzen auf ihrer Haut zeigten ihr mehr, als sie sehen wollte. Sie fühlte sich schäbig, doppelt untreu. Ein flüchtiger Kuss noch, dann anziehen und nichts wie weg.

Stefanie schlingt die Arme um Oskar. War es ihm damals auch so ergangen, als sie aufeinander trafen? Hatte er auch geglaubt, dass ein Seitensprung die Heilung wäre? Die Rettung für seine Ehe?
Sie will ihn nicht verlieren. Vor ihr baut sich eine Wand auf, ein vorhersehbares Gemisch von verletzten Gefühlen. Wenn sie sich traut ...
„Wir müssen miteinander reden!“, stammelt sie. Es ist heute anders als sonst.
Sie haben Zeit. Sie ist bereit.

 

Hallo Florence,

Die Geschichte gefällt mir wirklich gut! Ich finde sie, bis auf wenige Formulierungen gut geschrieben.
Welche gefallen dir denn nicht?

Ich kann verstehen, warum sie es getan hat und auch, wie sie sich dabei fühlt. Schön finde ich eben auch, dass sie weiterführt, was der Mann begonnen hat. das legt vieles offen.
:) Kannst du auch mit der neueren Version (letzter Post) was anfangen?

Danke auch dir für den Kommentar.

Gruß, Elisha

 

Guten Abend Elisha, Danke für Dein Nachdenken über meine Meinungsäußerung. Mit etwas "außen gefunden" und "innen gebracht" meine ich nicht sexuellen Appetit holen oder die alles erlösende neue Technik finden.
Ich habe schon verstanden, daß sie danach "sucht" ob sie noch kann? Du nennst es typisch weiblich "Hingabe". Er kann auch nicht mehr, weil sie nicht mehr kann. Bitte noch eins,mache die Geschichte nicht noch unübersichtlicher für Männer. Die ticken ja bekanntlich anders.
Ich habe aus Deiner Geschichte entnommen, daß aus Altersgründen- wie immer die Merkwürdigkeiten bei ihm aussehen, die bis zum Ekel führen(Über andere seiner Verhaltensweisen zur Wandlung vom "kleinen Mädchen was nur aufschaute zur gestandenen Frau" schreibst du ja nichts) - zumindest in sexueller Hinsicht sie die "führende Rolle" übernehmen muß. Sie war nur einmal "draußen", sie will mit ihm was verändern. Nicht den Seitensprung beichten. Von ihm hängt ab, ob sie geht - so wie er in der Vergangenheit. Da hilft aber nicht der zärtliche Blick und die Finger, die sie bei dem Anderen gefühlt hat...oder ?
Auch wenn Bernadett das nicht gern sieht - in meiner Neufassung zu meiner Geschichte charakterisiere ich diese Situation "als gewöhnliche Prostitution in der Ehe" - männlicher Standpunkt, ist aber noch nicht zum Lesen fertig. Eine Lösung außer Reden habe ich da auch noch nicht. Noch eins,Reden über eigene Befindlichkeiten ist für einen Mann doppelt schwer und wenn der dann noch charakterlich ein Macho ist...!
Wie gesagt laß die Geschichte so. Wobei in der letzten Fassung kann sie wieder als ganz normale ( auch profane materielle) Verlustangst gedeutet werden. Ich vermute die Diskussion ist noch nicht zu Ende.

Gruß Thomas.

 

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