- Beitritt
- 10.07.2007
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Selbstdisziplin und Zeitmanagement
Ich weiß, das Thema klingt nicht gerade nach Spaß.
Die meisten von uns streben nicht danach, hauptberuflich zu schreiben, es ist ein Hobby für uns, und Hobbys sollen vor allem Freude machen.
Trotzdem würde ich das Thema gerne mal diskutieren und ein paar Erfahrungen austauschen, denn ganz ohne Selbstdisziplin kommen wir ja doch nicht aus. Ein Hobbysportler, oder jemand der als Hobby ein Instrument spielt, kommt ums regelmäßige Üben oder Trainieren auch nicht herum. Auf die Dauer macht es einfach keinen Spaß, wenn man keine Fortschritte sieht.
Mit dem Schreiben ist es aus meiner Sicht ganz ähnlich. Im Prinzip finde ich die Idee, eine Art „Trainingsplan“ zu haben, also feste Zeiten, zu denen man schreibt, ganz fantastisch, und auf meinen guten Vorsatzlisten taucht das immer ganz vorne auf. Aber ich kriege es nicht langfristig auf die Reihe.
Meistens passiert mir folgendes: An langen Wochenenden oder in der Urlaubszeit, wenn ich mir explizit vornehme, etwas zu schreiben und reichlich freie Zeit dafür zur Verfügung habe, geht nicht viel. Mag sein, dass ich mir ein paar uninspirierte Absätze rausquetschen kann, aber so richtig befriedigend ist das selten. Wenn ich dagegen total im Stress bin, Überstunden, Dienstreisen, familiäre Verpflichtungen, was weiß ich, und ich Zeit zum Schreiben mit einem Schlafdefizit erkaufen muss – dann kommt plötzlich eine Inspiration daher, so dass ich richtig nervös und kribbelig werde, wenn ich es nicht irgendwie schaffe, die zu Papier zu bringen. Manchmal denke ich, Musen sind ziemliche Arschlöcher.
Meine erste Frage ist: Kennt ihr dieses Phänomen auch, und wenn ja, wie geht ihr damit um? Richtet ihr euch feste Zeiten zum Schreiben ein? Wie schafft ihr es, die einzuhalten? Zwingt ihr euch zum Schreiben, wenn euch nicht danach ist, oder wartet ihr auf die Momente, wo die Inspiration euch antreibt?
Meine zweite Frage dreht sich nicht ums Schreiben an sich, sondern ums Überarbeiten. Ich glaube, dafür ist noch viel mehr Selbstdisziplin nötig als für die erste Fassung. Es gibt hier im Forum viele Autoren, die ich in der Hinsicht als Vorbilder betrachte, die ihre Texte sehr intensiv bearbeiten, und wo meistens im Nachhinein eine noch deutlich bessere Fassung herauskommt. Das ist eine Fähigkeit, die ich mir unbedingt aneignen will, ich glaube ich brauche das, um sozusagen die nächste Stufe zu erreichen.
Leider fällt mir dieser Teil sehr schwer. Wenn ich mir die Geschichten anschaue, die ich bis jetzt eingestellt habe, und mit der jeweiligen Originalfassung vergleiche, dann sehe ich oberflächliche Überarbeitungen – Korrektur von Tippfehlern, Verbesserung von Formulierungen, Streichen von einzelnen Sätzen. Das ist natürlich auch schon etwas wert und ich bin auch sehr dankbar für das Forum, weil man selbst diese kleinen Schönheitsfehler nie alle findet, und weil sich viele Leute hier mit ungeheurer Gründlichkeit und sehr sicherem Sprachgefühl durch die Texte arbeiten und einem mit diesen Sachen helfen.
Aber ich weiß auch, dass ich bei mehreren meiner Texte eigentlich tiefgreifendere Überarbeitungen geplant hatte, weil mir die Kommentare ein paar tolle Ideen geliefert haben und weil ich dann besser herausarbeiten könnte, worauf die Geschichte eigentlich hinauslaufen sollte. Aber aus irgendeinem Grund komme ich mit diesen intensiven Überarbeitungen nie voran, und lege die dann irgendwann auf Eis, weil sich neue Ideen in den Vordergrund drängen. Und damit bin ich im Moment furchtbar unzufrieden, weil ich nicht auf dieser Stufe stehen bleiben will. Ich will über das Stadium „schreibt passable erste Fassungen“ hinaus kommen. Ich will gute zweite Fassungen schreiben.
Ich kann auch nicht genau sagen, was mich davon abhält. Geschichten, die ich noch nicht online gestellt habe, arbeite ich oft um, entscheide mich dafür, Handlungsstränge wegzulassen, die Perspektive zu wechseln, etc., also es ist nicht etwa so, dass ich ein grundsätzliches Problem damit hätte, einmal eingeschlagene Wege zu verlassen.
Aber wenn eine Geschichte erst mal gepostet ist, schließe ich irgendwie innerlich damit ab. Dann kann mich eine Kritik zwar immer noch überzeugen, dass es besser möglicherweise wäre, etwas grundlegend zu verändern, aber ich setze es dann nicht um.
Um mich selbst zu erziehen, habe ich mir dieses Jahr auferlegt, dass ich keinen neuen Text poste, bevor ich die letzte Geschichte wie geplant überarbeitet habe. Bis jetzt ist das Ergebnis, dass ich zwei fertige Geschichten auf der Festplatte habe, auf die ich furchtbar gern Feedback hätte, und zwei neue Ideen in Arbeit. Und die alte Story liegt nur herum und starrt mich vorwurfsvoll an, weil ich sie nicht angerührt habe. Und aus Frustration darüber, dass ich eigentlich die anderen Texte posten will, mache ich gleich gar nichts daran.
Auch da wüsste ich gern, ob andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben und ob ihr da Wege kennt, euch selbst zu motivieren und größere Überarbeitungen durchzuziehen – möglichst ohne dass dafür neue Ideen auf der Strecke bleiben.
Tut mir leid, dass das so ein langes und selbstmitleidiges erstes Post geworden ist, aber erstens wäre es tröstlich für mich zu wissen, ob es anderen Leuten ähnlich geht, und zweitens hoffe ich auf einen Austausch von Strategien, wie man mit solchen Schwierigkeiten am besten umgeht.