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Sepia

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06.10.2017
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Sepia

Vorsichtig zieht sie die Cabriobrille über die Augen, schüttelt den Kopf und betrachtet sich im Rückspiegel.
„Grandios!“, sagt er und startet den Motor. „Du siehst aus wie Amelia Earhart.“
„Na dann …“ Sie lacht leise und fixiert die Frontscheibe, als wäre sie eine Kinoleinwand. Ein Roadmovie mit ihr in der Hauptrolle – doch die Sonne, der Fahrtwind und der Geruch der Benzinwolken, die sie verfolgen wie eine Herde grauer Schafe, fühlen sich an, als wären sie ein Irrtum.

Es ruckelt und staubt, als sie auf einen Feldweg einbiegen, der für Autos gesperrt ist. „Besondere Umstände ...“, sagt er mit Verschwörermiene. Er hustet ein paarmal, blickt sich um und lässt den Oldtimer ausrollen. „Hier ist es, oder?“
„Kann sein“, sagt sie und wedelt mit der Hand in der Luft herum, „man sieht ja gar nichts …"

Der Wind treibt kleine Wellen über den Fluss. Sie atmet ein, schließt die Augen und hört zu, wie sich Geräusche aus der Stille herauskristallisieren: das Rascheln des Schilfes, das Sirren der Insekten und das Flüstern der Weide, deren Zweige hin- und herpendeln wie die dünnen Schwänze exotischer Tiere.
„Voilà! Zu Tisch, Madame!“, sagt er und stellt den Picknickkorb auf die Decke, die er unter dem Baum ausgebreitet hat.
„Wirklich, eine Schnapsidee!“ Sie lacht und seufzt und versucht, sich bequem hinzusetzen. Wie ein Hund, denkt sie, der sich fünfmal im Kreis dreht, bevor er die richtige Stelle gefunden hat. Wie Zorro, der irgendwann nicht mehr aufstehen konnte, und den sie, obwohl er so schwer war, in den Garten getragen und zugesehen hatte, wie seine trockene Nase ein letztes Mal Witterung aufnahm.
„Wenn ich das gewusst hätte“, sagt sie und packt die Sachen aus, die sie für das Picknick gekauft haben, „hätte ich etwas anderes angezogen.“ Sie arrangiert den Käse und die Salami auf einem Teller, nimmt die Erdbeertörtchen aus dem Papier und stellt den Rotwein dazu, den er so akribisch ausgesucht hat.
„Warum? Du hast Stil“, sagt er mit einem Seitenblick auf ihre Garderobe, während er eine Melone in Stücke schneidet. „Das kleine Schwarze passt immer!“

Stimmen sind zu hören, Lachen und Musik. Dichtes Schilf verdeckt den Blick zur Nachbarbucht.
Jo, Alter! Gib ihm, Digga!
Hoffentlich sehen die uns nicht, denkt sie.
Brüllen, Johlen, Klatschen. Eins! Zwei! Drei! Wasser spitzt auf. Gelächter hallt über den Fluss.

*​

Zunächst hatten sie etwas hölzern beieinander gestanden, Wolfgang und sie. Er sei gerade in der Gegend, um seine Schwester zu besuchen, sagte er. „Schön“, sagte sie – und mehr fiel ihr auch nicht ein, doch dann flüsterten sie sich rückwärts durch die Jahrzehnte, bis sie sich wieder kannten. „Leichenschmaus“, raunte er ihr zu, „Leichenschmaus – was für ein Wort ...“ Zum Glück wären sie ja beide nicht dazu eingeladen, aber – er bedachte sie mit einem prüfenden Blick und beugte sich dann komplizenhaft herüber – vielleicht könnten sie ihren eigenen Schmaus abhalten, ein Leichenpicknick, genaugenommen, Christiane würde das sicher gut finden – gefunden haben ... Ob sie noch wüsste, diese Stelle am Fluss, wo sie im Sommer immer gelegen hatten, mit Peter und den anderen, von denen niemand mehr da war … Hatten sie nicht einmal sogar den Unterricht geschwänzt, um dort herumzugammeln, obwohl doch die Todesstrafe darauf stand?
Grundgütiger! Sie hielt sich die Hand vor den Mund: War sie noch ganz bei Trost? Kicherte hier herum mit diesem Hinkefuß – bei einer Beerdigung!

Sobald es möglich war, verließen sie die Trauergesellschaft, stiegen in sein Auto, fuhren zum Feinkostladen und dann runter zum Fluss.

*​

Der Käse ist würzig; das Baguette knusprig und frisch. Sie zupft sich weiche Stücke davon ab, trinkt einen Schluck Wein; lässt den Blick ins Wasser gleiten, über den Fluss schwimmen und am anderen Ufer den Hügel hinaufklettern, auf dem sich zwei Pappeln im Wind bewegen. Ihr wird etwas schwindlig – vielleicht ist sie beschwipst. Kein Wunder wäre das! Melonensaft klebt an ihren Händen und am Kinn. Schnapsidee … Jetzt einfach losrennen, hineinspringen und alles abspülen! Himmel, denkt sie, hier komme ich nie mehr hoch.
Das Wasser gerät in Bewegung. „Waahaaah!“ Der Kopf eines rothaarigen Jungen durchbricht die Oberfläche. „Deckung, ein Tintenfisch!“, brüllt er und schleudert etwas in Richtung eines Mädchens, das jetzt ebenfalls aufgetaucht ist. Eine Entenfamilie flüchtet ins Schilf. Der Junge lacht heiser und der Sonnenbrand auf seinen Schultern leuchtet gefährlich.
„Psst!“, sagt Wolfgang und bedeutet ihr, sich flach hinzulegen, „Dort ist der Baumel ... “
„Meinst du den Peter“, flüstert sie, nur den Kopf leicht erhoben, „Peter Baumann? Ja, das könnte er wohl sein.“
„Sein Enkel“, sagt er, „oder Urenkel, vielleicht.“
„Und die dort“, sagt sie und zeigt auf einen Backfisch mit zerzausten Haaren, „das ist Christiane!“

Vorhin, auf Christianes Beerdigung, hat sie ihn gleich wiedererkannt – unverwechselbar mit dem schrägen Grinsen: Wolfgang Schrader. Seine wirre Mähne inzwischen kurzgeschoren, und er hinkt ein wenig, aber er ist immer noch drahtig und agil – wie die Leute in den Werbespots für Seniorenheime, die, wie sie vermutet, von fünfzigjährigen Marathonläufern gespielt werden, denen sie die Haare weiß pudern.
Das letzte Mal, dass sie sich gesehen haben, auf diesem Jahrgangstreffen – wie lange ist das her? Da lebte er schon in Frankreich, zwischen Pinienhainen und Weinbergen, mit Frau und Kindern und Blick weit übers Meer. Er war tatsächlich noch gewachsen, wenn auch nicht viel. Sie erinnert sich, wie er herumstolzierte, begeistert nickte, „aha“ sagte und „wirklich“, wie er den Sekt verschüttete und aussah wie Woody Allen in Manhattan.
„Du hast dich gut gehalten“, sagt sie und reißt etwas Brotkruste in kleine Stücke.
„Spätentwickler“, sagt er. Die Lachfalten um seine Augen sind Pfeile, die in alle Richtungen zielen. „Darum hatte ich ja auch nie eine Chance bei dir oder bei Christiane!“
„Aber, du … Ach was!“ Sie betrachtet die Wespe, die am Kuchen nagt; versucht sich zu erinnern, wie gemein sie früher zu ihm war. „Wir hatten doch immer Spaß zusammen, oder?“
Die Enten kommen ans Ufer geschwommen, ihr Geschnatter hinter sich herziehend wie einen langen Faden, den der Wind mit dem Plätschern des Wassers und der Hottentottenmusik von nebenan zu einem Band verknüpft – ein Band aus zeitlosen Sommergeräuschen. „Na ja …“, sagt sie mit unterdrücktem Grinsen, „wir waren vielleicht ein bisschen frech, manchmal … Graf Koks von der Gasanstalt!
Er legt den Kopf zur Seite, verzieht einen Mundwinkel – belustigt, verletzt, oder beides zugleich. „So habt ihr mich genannt?“
„Ja, ich weiß … nicht sehr nett. Aber du warst so klein, so dünn … und so stolz auf deinem riesigen Motorrad ...“, sagt sie und wirft den Enten die Brotstücke zu.
Auf seinem Gesicht erscheint das gleiche schiefe Lächeln, das sie damals für unsicher gehalten hatte, aber jetzt erkennt sie die Gelassenheit darin und das Selbstbewusstsein, das vermutlich schon immer dagewesen ist.
„Phhh! Ihr … Hühner!“ Er kneift die Augen zusammen, wedelt die Wespe vom Erdbeertörtchen und schiebt sich das ganze Teil auf einmal in den Mund.

Lautlos gleitet ein Kanu vorüber und verschwindet wieder, als wäre es ein Untertitel in einem fremdsprachigen Film.
Wolfgang liegt neben ihr und erzählt von Frankreich, von der Weinernte, bei der er immer noch mithilft, von seiner Frau, die schon so lange tot ist, von den Enkeln – froschfressenden Rotzlöffeln, die sich lustig machen über den deutschen Akzent von Papy … Unfassbar eigentlich, im Nachhinein, dass ausgerechnet er Vater von französischen Kindern geworden ist – wo er sich immer so schwergetan hat bei Fräulein Schulze mit ihrem Futur composé oder anteriéur
„Mademoiselle Schülz", ruft sie überrascht, „die hatte ich ja ganz vergessen, die alte Schrapnelle!"
Die Enten verstummen.
Der Wind hat sich gelegt.
Das Wasser fließt in Zeitlupe, und sie glaubt, die Fische atmen zu hören, die träge darin umhertreiben.
Alte Schrapnelle …
Es braucht nicht viel. Ein kurzer Blick in seine Augen ist der Startschuss für das Gelächter, das sie jetzt beide überrollt: unterdrücktes Prusten, hysterisches Kichern, das sich solange steigert, bis es in gnadenloses Gewieher übergeht – als hätten sie einen totalen Dachschaden, als wären sie vollkommen meschugge – und ganz sicher denken die Halbstarken nebenan das von ihnen: zwei übergeschnappte Alte, die zu viel gebechert haben –, aber – Haha – sollen sie doch! Und immer wieder von vorne, bis ihr wirklich alles wehtut. Sie atmet tief durch, trinkt einen Schluck Wein, wischt sich die Tränen aus dem Gesicht – alte Schrapnelle: Ha… –, und als sie sich endlich wieder traut, ihn anzusehen, merkt sie, dass seine Haare wachsen, wild vom Kopf abstehen, dass der Bartwuchs zurückgeht und die Falten verschwinden – Platz machen für das Schlawinergrinsen: Dass er Wolle ist, der dürre Junge mit dem überdrehten Lachen und den verrückten Ideen.

Die Sonne, der Wein und der Lachanfall haben ihre Füße in den Stützstrümpfen zum Schwitzen gebracht, aber da muss sie durch – sie kann ja schlecht ihre Hühnerbeine auspacken und auf den Picknicktisch legen. Ein Verrat wäre das an ihren eigentlichen Beinen, mit denen sie damals – braungebrannt und glatt – herumgetanzt und in den Fluss gesprungen war ... Wie ging gleich nochmal dieser Schlager? Die Beine von … Das machen nur die Beine von …
Na, egal.
„Und bei dir?“, fragt er und entfernt ein Blatt aus ihrem Haar. „Wie geht es dir denn jetzt so?“
Sie betrachtet einen Wolkenstreifen, der sich am Himmel entlangzieht wie eine weiße Straße durch blaues Feld, kneift die Augen zusammen und wartet, was ihre Gedanken darauf projizieren werden.
Irgendwann taucht eine Karawane auf: eine zähe Prozession alter Menschen mit Rollstühlen, Stöcken und Rollatoren. „Ach“, sagt sie, „na ja“, und fixiert eines der imaginären Räder; schaut zu, wie es sich dreht und dreht – wie sich auch in ihrem Kopf alles dreht –, und das Rad dreht sich weiter und weiter, bis es schließlich zu dem Kinderwagen gehört, in dem sie ihren Urenkel spazieren fährt, zu dem Tretroller und den Fahrrädern, die im Weg herumliegen, wenn sie aus dem Garten kommt mit Körben voll Obst und Gemüse, aus dem sie für die ganze Bande das Mittagessen kocht –, und manchmal, wenn sie längst fertig sind und satt bis oben hin – mit Nachtisch und allem –, kommt Gerd vom Angeln, knallt einen Fisch in die Mitte und brummt: Ich hab euch was zu essen besorgt!, und alle rufen: Oh nein, bitte keinen Nachfisch, Opa!, springen auf und rennen davon. Und mittendrin immer Zorro, der Hund.
„Das klingt schön“, sagt er und streicht eine Ameise von ihrem Unterarm.
„Das ist es wirklich“, sagt sie und blickt über den Fluss, wo sich der Hügel allmählich vor die Sonne schiebt. Die Silhouetten der Pappeln bewegen sich im Wind wie die dünnen Haare auf dem Kopf eines alten Mannes.

Es wird kühl. Sie packen zusammen und verfüttern das restliche Brot an die Enten. Unter triumphierendem Gesumm transportiert die Wespe einen Kuchenkrümel ab, als wäre sie ein Rettungshubschrauber in unwegsamen Gelände.
Wolfgang schafft es, sie so auf die Beine zu ziehen, dass es sich anfühlt wie ein Tanzschritt, Teil einer maßgeschneiderten Choreografie. Seine Hände sind fest und warm. Jetzt fällt es ihr wieder ein. „Die Beine von Dolores!“, ruft sie und schämt sich im selben Moment – sie hatten ja gar nicht darüber gesprochen Er lacht, verstaut den Picknickkorb im Wagen und pfeift die Melodie des Refrains, als hätte er die ganze Zeit auf den Einsatz gewartet.

Die Jugendlichen stehen in der Nähe und begutachten den Oldtimer. Der Rotkopf – ein Handtuch über den Schultern – flüstert mit einem Freund. Sie kichern, machen Kussgeräusche und boxen sich in die Seiten.

„Wohin darf ich Sie bringen, Madame?“, fragt Wolle und öffnet die Beifahrertür.

Sie stellt sich vor, für immer mit ihm in diesem Cabriolet sitzenzubleiben, bis sie im Süden Frankreichs angekommen sind und die Serpentinen hoch über dem Meer entlangfahren wie Grace Kelly und Cary Grant in Über den Dächern von Nizza, und später werden sie nebeneinander im Liegestuhl in den Weinbergen sitzen, eine Flasche Carignan trinken, und aus dem Kofferradio knistert ein Chanson – Non, je ne regrette rien –, und die Wärme der Sonne wird die Falten auf ihrer Haut glätten, sie wird Lippenstift auftragen, die Strümpfe wegschleudern und tanzen –, und wenn es so weit ist – nein – bevor es so weit ist, dass sie für immer so daliegen muss: weiß wie ein Fischfilet, wie Gerd, ihr Mann, der seit zwei Jahren auf der Pflegestation eine Etage über ihr lebt –, vorher also könnte sie sich ins Cabrio setzen, Gas geben und in einer unübersichtlichen Kurve die Kontrolle darüber verlieren.

„Nach Hause“, sagt sie und zieht ihren Rock glatt.
„Und, wo genau ist das?“ Er blinzelt ihr zu, setzt die Lederkappe auf und verschwindet hinter seiner Aviator-Brille.
Sie lacht leise und schüttelt den Kopf, denn eigentlich kann das nicht sein. „Auf dem Witwenbuckel“, sagt sie. „Du weißt schon, dieses …“
„Ich weiß“, sagte er. „Eine gute Adresse.“

Der Motor brummt wie ein Shanty-Chor beim Einsingen. Die Räder drehen ein paarmal durch, wirbeln Sandwolken auf beim Losfahren, die den Fluss und die Jungs und die Weiden, die im Rückspiegel langsam kleiner werden, mit einem feinen Sepiaschleier überziehen.

 

Liebe Raindog,

„Kann sein“, sagt sie und wedelt mit der Hand in der Luft herum, „man sieht ja gar nichts …"

Nice!

... und das Flüstern der Weide, deren Zweige hin und her pendeln wie die dünnen Schwänze exotischer Tiere.

Das Flüstern der Weide ist ja an sich schon ein Bild. Ich finde es immer over the top, wenn man ein Bild mit einem Bild erklärt. Sprich, ist Geschmackssache, aber ich mag die exotischen Tierschwänze hier nicht. Zumal das Bild auch echt nicht aussagekräftig ist. Was denn für Schwänze? Von Echsen? Papageien? Giraffen? Bis dato ist es so ein Wispern der Natur, in sich rund, man sitzt an einem idyllischen Ufer - und dann kommt eine Giraffe ins Bild gelatscht :D.

„Schön“, sagte sie – und mehr fiel ihr auch nicht ein, doch dann flüsterten sie sich rückwärts durch die Jahrzehnte, bis sie sich wieder kannten.
Toll!

Jetzt einfach losrennen, hineinspringen und alles abspülen! Himmel, denkt sie, hier komme ich nie mehr hoch.
Dieser wunderbare, zarte Humor ist toll.

Das Wasser gerät in Bewegung. „Waahaaah!“ Der Kopf eines rothaarigen Jungen durchbricht die Oberfläche. „Deckung, ein Tintenfisch!“, brüllt er und schleudert etwas in Richtung eines Mädchens, das jetzt ebenfalls aufgetaucht ist. Eine Entenfamilie flüchtet ins Schilf. Der Junge lacht heiser und der Sonnenbrand auf seinen Schultern leuchtet gefährlich.
Durch die Entenfamilie drosselst Du das Tempo. Das ist auch so, a - b - a, aber du willst eigentlich ein zackiges a. Die tauchen da auf dem nix auf und stören. Ja bitte, dann lass die doch stören und mach nicht noch einen Naturausflug zwischendrin.

... wie die Leute in den Werbespots für Seniorenheime, die, wie sie vermutet, von fünfzigjährigen Marathonläufern gespielt werden, denen sie die Haare weiß pudern.
Sweet.


Auf seinem Gesicht erscheint das gleiche schiefe Lächeln, das sie damals für unsicher gehalten hatte, aber jetzt erkennt sie die Gelassenheit darin und das Selbstbewusstsein, das vermutlich schon immer dagewesen ist.
„Phhh! Ihr … Hühner!“ Er kneift die Augen zusammen, wedelt die Wespe vom Erdbeertörtchen und schiebt sich das ganze Teil auf einmal in den Mund.

Die Enten verstummen.
Der Wind hat sich gelegt.
Das Wasser fließt in Zeitlupe, und sie glaubt, die Fische atmen zu hören, die träge darin umhertreiben.
Auch subjektiv, aber mir ist das schon wieder ... na ja, ich finde die Fische cool und die reichen für meinen Geschmack voll und ganz. Die spiegeln die Situation doch herrlich. Also eigentlich schon wieder drei Bilder für eine Stimmung. Ich bin da einfach kein Freund von.

... und als sie sich endlich wieder traut, ihn anzusehen, merkt sie, dass seine Haare wachsen, wild vom Kopf abstehen, dass der Bartwuchs zurückgeht und die Falten verschwinden – Platz machen für das Schlawinergrinsen: Dass er Wolle ist, der dürre Junge mit dem überdrehten Lachen und den verrückten Ideen.
Schön!

Wunderschön die kleine Zeitreise, die Erinnerungen, die Flucht aus dem Alltag. Ich schätze Graf Koks von der Gasanstalt hat ihr einen ziemlich besonderen Tag bereitet. Und wer weiß schon, wann das Caprio von der Straße abkommt. Ach Mensch, das ist irgendwie wie eine Lovestory ohne Love in diesem Fall. Und ja, wir brauchen viel mehr Geschichten mit silbernen Protagonisten! Ich freue mich jedenfalls gerade für die Zwei und ihren Tag! Ja, leichte Kost fürs Wohlbefinden, nett angerichtet auf einer Picknickdecke. Muss auch mal sein.

Liebe Grüße, Fliege

 

Und wer weiß schon, wann das Caprio von der Straße abkommt.
Noch rollt das Cabrio! Willkommen auf der Picknickdecke, liebe @Fliege, hier ist noch Platz! Ich danke dir schon mal für all die zitierten Stellen, die du magst in der Geschichte! Freu! :)
Ich gehe trotzdem nur auf die Stellen ein, die du nicht magst.
... und das Flüstern der Weide, deren Zweige hin und her pendeln wie die dünnen Schwänze exotischer Tiere
Das Flüstern der Weide ist ja an sich schon ein Bild. Ich finde es immer over the top, wenn man ein Bild mit einem Bild erklärt. Sprich, ist Geschmackssache, aber ich mag die exotischen Tierschwänze hier nicht. Zumal das Bild auch echt nicht aussagekräftig ist. Was denn für Schwänze? Von Echsen? Papageien? Giraffen? Bis dato ist es so ein Wispern der Natur, in sich rund, man sitzt an einem idyllischen Ufer - und dann kommt eine Giraffe ins Bild gelatscht
Also, erstmal hast du mich sehr zum Lachen gebracht mit der trampeligen Giraffe, danke! :lol: Und dann bist du ja auch nicht allein mit deiner Meinung von wegen „Weg mit den Schwänzen!“ Da muss also was dran sein, die braucht es wahrscheinlich echt nicht – ich bin aber momentan beratungsresistent an dieser Stelle – ich brauche die … Nach meinem Empfinden erklärt es auch nicht das erste Bild, sondern spinnt es nur weiter … und ich mag den Klang total. Die Frage, was für Tiere: Ich sage dir, die sind so exotisch, dass weder du noch ich die jemals in Gänze zu Gesicht bekommen werden, die hocken ganz weit oben in dichtbelaubten Tropengehölzen, und nur die Schwänze kommen manchmal zum Vorschein und pendeln hin und her wie die Zweige einer Weide am Flussufer … So, genug gesponnen :rolleyes:, ich speichere deinen Hinweis auf jeden Fall in meinem Kopf ab für die Zukunft, auch wenn ich das wahrscheinlich hier so lasse.
Das Wasser gerät in Bewegung. „Waahaaah!“ Der Kopf eines rothaarigen Jungen durchbricht die Oberfläche. „Deckung, ein Tintenfisch!“, brüllt er und schleudert etwas in Richtung eines Mädchens, das jetzt ebenfalls aufgetaucht ist. Eine Entenfamilie flüchtet ins Schilf. Der Junge lacht heiser und der Sonnenbrand auf seinen Schultern leuchtet gefährlich.
Durch die Entenfamilie drosselst Du das Tempo. Das ist auch so, a - b - a, aber du willst eigentlich ein zackiges a. Die tauchen da auf dem nix auf und stören. Ja bitte, dann lass die doch stören und mach nicht noch einen Naturausflug zwischendrin.
Interessant, ich verstehe genau, was du meinst, aber ich empfinde den Naturausflug offensichtlich ganz anders als du, wenn er bei dir das Tempo so drosselt. Vielleicht liegt es auch an dem Zusatz “Familie“, dass dir das zu unzackig und betulich dazwischenkommt? Meine Kopfkamera hat das nämlich tatsächlich sehr zackig gefilmt – hier die überspitzte Version: Ein ruckartiger Schwenk vom schlingpflanzenschleudernden Jungen auf die hektisch aufstiebenden Enten – Flap-Flap-Flap, Flatter-Flatter – wild aufspritzendes Wasser, weit aufgerissene Entenaugen, hysterisches Geschnatter, unheilvoll raschelndes Schilf – alles unterlegt mit den kreischenden Violinen aus der Duschszene von Psycho – verwackelter Schwenk zurück auf den gefährlichen Sonnenbrand vom Rotkopf. Naturausflug … :pah:
Was ich aber tatsächlich überlegen kann, ist, die Enten ans Ende der Szene zu setzen.
Die Enten verstummen.
Der Wind hat sich gelegt.
Das Wasser fließt in Zeitlupe, und sie glaubt, die Fische atmen zu hören, die träge darin umhertreiben.
Auch subjektiv, aber mir ist das schon wieder ... na ja, ich finde die Fische cool und die reichen für meinen Geschmack voll und ganz. Die spiegeln die Situation doch herrlich. Also eigentlich schon wieder drei Bilder für eine Stimmung. Ich bin da einfach kein Freund von.
Ich finde das wirklich interessant, denn einerseits stimme ich dir zu: Drei Bilder müssen wirklich nicht sein, um etwas verständlich zu machen – andererseits mache ich mit meiner Kopfkamera genau das, was ich in richtigen Filmen selbst sehr liebe: Immer näher heranzoomen – vielleicht erst die Exotenschwanzzweige, die plötzlich nicht mehr pendeln, weil kein Wind mehr da ist, dann der Schwenk auf den Fluss, der immer langsamer fließt, dann runter mit der wasserdichten Kamera zu den in Trance herumtreibenden Fischen, gleichmäßiges Ein – und Ausatmen, das immer lauter wird … (Oh je, liebe Fliege, keine Ahnung, was heute los ist mit mir, ich habe nichts genommen … Warm isses allerdings! :drool: ) Das jedenfalls als Erklärung, warum ich‘s zunächst so lassen werde.
Wunderschön die kleine Zeitreise, die Erinnerungen, die Flucht aus dem Alltag. Ich schätze Graf Koks von der Gasanstalt hat ihr einen ziemlich besonderen Tag bereitet.
Das hat er mit Sicherheit, und ich freue mich, dass du gerne mit auf diese Zeitreise gegangen bist.
Ach Mensch, das ist irgendwie wie eine Lovestory ohne Love in diesem Fall. Und ja, wir brauchen viel mehr Geschichten mit silbernen Protagonisten!
Das wird so kommen, und btw - kennst du den Film „Young@Heart“? :herz: Gänsehaut
Liebe Fliege, ich danke dir für deinen schönen Kommentar, und auch, wenn ich jetzt so stur bleibe, nehme ich deine Hinweise und Eindrücke sehr ernst und merke mir das für immer.
Liebe Grüße von Raindog

 

Liebe @Raindog,

ich sehe eine Verbindung zu "Nichtsdestotrotz". Die Handlung fährt Achten, zum Anfangspunkt wird zurückgekehrt und so sehr ich mich auch bewege und versuche wegzukommen, ist er immer da und wird später möglicherweise der Endpunkt sein. In dieser Geschichte hier finde ich bemerkenswert gut gelungen, wie Gegenwart und Vergangenheit verflochten sind, so eng, dass sie eins werden. Die Kids aus der Nachbarbucht werden zu den Gefährten von früher, ihre Beine sind nicht die eigentlichen Beine, der Leichenschmaus wird zum Picknick, Wolles Haare wachsen und mit einem Schnips ist alles wie früher. Das Leben als Roadmovie, so schnell ich auch fahre, es holt mich ein, der Rausch ist viel zu schnell aus und vorbei und ja: Non, je ne regrette rien! Schöner Text, der die Saudade des Alters gut einfängt.

deren Zweige hin und her pendeln wie die dünnen
müsste es nicht hin- und herpendeln heißen?

Sie lacht und seufzt und versucht sich bequem hinzusetzen
Muss da kein Komma vor das sich?

Peace, linktofink

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber @linktofink,

ich habe mich soooo sehr über deinen Kommentar, dass ich geneigt bin, ihn in Gänze zu zitieren!
Und ich danke dir natürlich auch für die Gratulation zur Empfehlung! :herz:

ich sehe eine Verbindung zu "Nichtsdestotrotz". Die Handlung fährt Achten, zum Anfangspunkt wird zurückgekehrt und so sehr ich mich auch bewege und versuche wegzukommen, ist er immer da und wird später möglicherweise der Endpunkt sein.

Ich freue mich sehr, und ich weiß ja auch, dass mein Kram dich meistens ganz gut erreicht: Trotzdem werde ich hier mal aufpassen müssen, dass es nicht immer solche Looping-Geschichten werden, weil sich das ja auch abnutzt, irgendwie. Bei der übernächsten dann ...

In dieser Geschichte hier finde ich bemerkenswert gut gelungen, wie Gegenwart und Vergangenheit verflochten sind, so eng, dass sie eins werden. Die Kids aus der Nachbarbucht werden zu den Gefährten von früher, ihre Beine sind nicht die eigentlichen Beine, der Leichenschmaus wird zum Picknick, Wolles Haare wachsen und mit einem Schnips ist alles wie früher. Das Leben als Roadmovie, so schnell ich auch fahre, es holt mich ein, der Rausch ist viel zu schnell aus und vorbei und ja: Non, je ne regrette rien!
Ach, linktofink, und ich finde bemerkenswert, wie schön du sowas zusammenfassen kannst, danke!
Schöner Text, der die Saudade des Alters gut einfängt.
Weil ich kürzlich in Portugal geurlaubt habe, freue ich mich darüber besonders!

Die Korrekturen setzte ich natürlich um, danke für die Flusen (das Komma ist, glaube ich. so ein Kann-Ding. Gefällt mir mit aber auch besser mit.)

Danke nochmal für diesen wunderschönen Kommentar
und viele Grüße von Raindog

 

Hallo liebe @Raindog ,
wieder mal viel zu spät gelesen und die Begeisterung für deine Sprache und deine Bilder ist schon so oft artikuliert.
Ich muss trotzdem nochmal mitjubeln.
ich hab die Geschichte tatsächlich mit Blick auf Wasser gelesen, (s. mein Avatar :-)), wenn auch nicht mit der flirrenden Sommerhitze, die ich bei deiner Geschichte spüre.
Warum kann ich nicht auch so schreiben, denke ich gerade. Meine kurzen Geschichten galoppieren immer so durch ihre Handlung, alles gekürzt und eingedampft, und du kriegst es hin, jeden kurzen Augenblick so genau und unverwechselbar zu machen.
Eine für mich ganz besondere Stelle ist die zwischen
„Und bei dir?“, fragt er und entfernt ein Blatt aus ihrem Haar. „Wie geht es dir denn jetzt so?“
und
„Das klingt schön“, sagt er und streicht eine Ameise von ihrem Unterarm.
Ihre wörtliche Rede dazwischen ist lediglich „Ach, naja…“.
Aber darauf kann sich sein „Das klingt schön“ ja nicht beziehen.
Und der ganze Rest dieser Gedanken und lebendig gewordenen Erinnerungen, die aus dem sich drehenden Kinderwagenrad gekommen sind?
Hat sie es erzählt? Bezieht sich sein „Das klingt schön darauf?
Hier verschwimmen bei mir die Sprechrollen, was sagst sie, was hört er, worauf bezieht er sich, wie teilt sie sich hier mit? Und ich merke, wie sehr ich hier die Verwirrung genieße oder kapiere ich überhaupt nichts?
Ich mag es, wenn Texte das mit mir machen.
Eine wunderbare Geschichte, Raindog.

wander

 

Lieber @wander,

ich habe mich sehr über deinen späten Kommentar gefreut!

wieder mal viel zu spät gelesen
Es ist nie zu spät, gelesen zu werden! ;)
Ich muss trotzdem nochmal mitjubeln.
Aber gerne! Ich freue mich ja auch immer noch sehr, dass die Geschichte so gut angekommen ist!
ich hab die Geschichte tatsächlich mit Blick auf Wasser gelesen, (s. mein Avatar :-)), wenn auch nicht mit der flirrenden Sommerhitze, die ich bei deiner Geschichte spüre.
Dein Avatar passt wirklich perfekt dazu! :thumbsup: Und wenn das dein üblicher Leseplatz ist, bin ich sehr, sehr neidisch ...
du kriegst es hin, jeden kurzen Augenblick so genau und unverwechselbar zu machen.
Danke! Ja, also, das freut mich sehr, wenn du das so empfindest - und: Danke! :)
Eine für mich ganz besondere Stelle ist die zwischen
„Und bei dir?“, fragt er und entfernt ein Blatt aus ihrem Haar. „Wie geht es dir denn jetzt so?“
und
„Das klingt schön“, sagt er und streicht eine Ameise von ihrem Unterarm.
Ihre wörtliche Rede dazwischen ist lediglich „Ach, naja…“.
Aber darauf kann sich sein „Das klingt schön“ ja nicht beziehen.
Und der ganze Rest dieser Gedanken und lebendig gewordenen Erinnerungen, die aus dem sich drehenden Kinderwagenrad gekommen sind?
Hat sie es erzählt? Bezieht sich sein „Das klingt schön" darauf?
Genau so habe ich mir das gedacht,. Sie hat in diesem schönen Moment einfach keine Lust, über das Altersheimleben zu reden, deshalb schüttelt sie ihre Erinnerungen zurecht wie in einem Kaleidoskop, und alles ab dem drehenden Kinderwagenrad erzählt sie dann tatsächlich, ohne dass die wörtliche Rede in der Geschichte vorkommt.
Und ich merke, wie sehr ich hier die Verwirrung genieße oder kapiere ich überhaupt nichts?
Du hast alles komplett richtig kapiert! :thumbsup: Dass du die unnötige Verwirrung trotzdem genießt, ist ja umso besser!
Ich mag es, wenn Texte das mit mir machen.
Und ich mag, dass das so ist!
Eine wunderbare Geschichte, Raindog.
Ein wunderschöner Kommentar, wander! Danke dir
und viele Grüße von Raindog

 

Hallo Raindog,

ich bin ein wenig spät, aber macht doch nichts, oder?

Ein Roadmovie mit ihr in der Hauptrolle – doch die Sonne, der Fahrtwind und der Geruch der Benzinwolken, die sie verfolgen wie eine Herde grauer Schafe, fühlen sich an, als wären sie ein Irrtum.
Sehr schön.

hin und herpendeln
hin- und herpendeln

doch dann flüsterten sie sich rückwärts durch die Jahrzehnte, bis sie sich wieder kannten.
Prima!

lässt den Blick ins Wasser gleiten, über den Fluss schwimmen
Müsste ja Blick über Wasser gleiten heißen, aber dann hättest du 2x über ...

Die Enten verstummen.
Der Wind hat sich gelegt.
Das Wasser fließt in Zeitlupe, und sie glaubt, die Fische atmen zu hören, die träge darin umhertreiben.
Mir hätten hier auch zwei Auflistungen gereicht, oder die beiden ersten mit Komma verbinden.

Eine schöne Geschichte über ein Wiedersehen, über Sehnsucht; vielleicht auch Träume und ein "Was-wäre-wenn". Hat mir sehr gut gefallen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo @GoMusic

ich bin ein wenig spät, aber macht doch nichts, oder?
Das macht gar nichts, ich freue mich sehr über deinen Besuch! Und über die Zitate der Stellen, die du gelungen findest, natürlich auch, danke. :)

lässt den Blick ins Wasser gleiten, über den Fluss schwimmen
Müsste ja Blick über Wasser gleiten heißen, aber dann hättest du 2x über ...
Du hast recht, aber du hast auch das Problem erkannt, und du glaubst gar nicht, wie lange ich an dieser Stelle herumgedoktort habe. Ich habe mich dann vor mir selbst rausgeredet, dass man ja auch als Person ins Wasser hineingleiten kann, also, wenn man nicht so poltrig da reinplatscht und dabei vielleicht noch kreischt, sondern so ganz langsam und geschmeidig ... You know?

Die Enten verstummen.
Der Wind hat sich gelegt.
Das Wasser fließt in Zeitlupe, und sie glaubt, die Fische atmen zu hören, die träge darin umhertreiben.

Mir hätten hier auch zwei Auflistungen gereicht, oder die beiden ersten mit Komma verbinden.
Hm, das wurde schon einmal so ähnlich empfunden. Ich überlege mal noch, ob ich den Vorschlag mit dem Komma übernehme.
Hat mir sehr gut gefallen.
Freut mich wirklich sehr, GoMusic! Danke dir, und ich wünsche ein schönes Wochenende!

Viele Grüße von Raindog

 

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