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Sexgesetze und Mondlicht

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10.05.2008
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Sexgesetze und Mondlicht

Er lächelt und ich möchte ihm die Zähne ausschlagen. Er prostet mir zu und ich würde nichts lieber tun, als ihm die Sektflasche auf dem Schädel zu zertrümmern und ihm das Glas durch das selbstverliebte Gesicht zu ziehen. Aber ich bleibe ruhig und freundlich, und höre nicht auf zu lächeln, in der Hoffnung, dass es von außen nicht so unecht und albern aussieht, wie es sich von innen anfühlt. Die beiden scheinen es nicht zu merken, sie ahnen nicht, dass ich weiß was ich weiß. Sie wissen nicht, dass sie mein Leben zerrissen haben, doch ich weiß es, ich weiß alles.
Sie räumt die leere Flasche und den vollen Aschenbecher vom Tisch um sie in die Küche zu bringen. Er und ich sind nun einen Moment lang alleine im Zimmer. Er lächelt mir zu, kann meinem Blick aber nicht lange standhalten und lächelt stattdessen den gefliesten Boden an. Er weiß, dass er mir ins Revier gepisst hat und schämt sich hoffentlich dafür.
Nach schier endlosen Sekunden kommt sie ins Wohnzimmer zurück. Sie plappert irgendetwas vor sich hin und scheint sich doch der zum Schneiden schlechten Luft im Raum bewusst zu sein. Ich höre ihr kaum zu, während er besser heuchelt und schon bald wieder in ein Gespräch mit ihr vertieft ist. Über meinen Kopf hinweg. Ich klinke mich vollends aus, warte darauf, dass es passieren wird. Hoffe es fast. Es muss passieren, wenn nicht jetzt, dann nie. Gebt mir ein Stichwort, gebt mir verdammt noch mal ein Stichwort…

Sie reden darüber, wie sie einst vor zehn Jahren nebeneinander gewohnt haben. Wie sie ihn als junges Mädchen angehimmelt hat und er, immerhin fast zehn Jahre älter, immer genervt von ihr war. Sie reden, als sei das alles erst letzte Woche geschehen. Als hätten sie sich nicht acht Jahre lang nicht gesehen. Normalerweise hätte ich in diesem Moment Angst bekommen sollen. Aber Angst entsteht durch Unwissenheit und deshalb habe ich keinen Grund Angst zu haben. Ich hätte Gründe sie zu erwürgen, zu massakrieren, sie beide an die Schweine zu verfüttern, doch über das Stadium der Angst bin ich hinweg. Seitdem ich dazu gezwungen war ihre E-Mails zu checken bin ich über so einiges hinweg. Also, lasst es uns zu Ende bringen, ihr Heuchler. Lasst es uns hier und jetzt beenden. Showtime a la Hollywood. Ich, er und das Mädchen…

Ich bin kein Cowboy, ich bin ein Schwächling. Ich war schon immer ein Feigling, eine Petze und ein verdammter Schwächling gewesen. Eine richtige Schlägerei habe ich nie erlebt, da ich vorher immer davongerannt bin. Das Schlimme ist, dass man es mir ansieht. Glaube ich zumindest.
Vor harten Kerlen habe ich Angst, ich bin ihnen in keiner Weise gewachsen, das weiß ich, doch trotzdem werde ich es versuchen. Ich werde ihm auf die Fresse hauen, damit ich mich besser fühle und dann werde ich dieser Schlampe sagen, wo sie sich unsere Beziehung und ihre Freundschaft hinstecken kann. Falls da unten überhaupt noch Platz ist.
Das einzige Problem ist, er ist größer als ich, kräftiger, durchtrainierter. Er sieht objektiv besser aus als ich und hat definitiv das interessantere Leben. Durch ihre Mails weiß ich, dass er auch ein hervorragender Küsser ist, und im Bett hat er vermutlich auch mehr drauf. Der Gedanke treibt mich an den Rand des Wahnsinns.
Plötzlich begreife ich, dass sich das alles nicht ändern wird, selbst dann nicht, wenn ich es schaffen sollte, ihn tatsächlich zu Boden zu bringen. Diese Gewissheit macht mich so rasend, dass ich fast gewillt bin es zu versuchen. Während all dies durch meinen Kopf geistert, lächelt meine Körperhülle vor sich hin wie ein grenzdebiler Bauerntrampel.

Sie spricht mit mir. Glaube ich zumindest. Ich bin plötzlich weit, weit weg, schwimme in den Untiefen meiner eigenen Seele und höre ihre Stimme nur gedämpft, so als wäre ich tatsächlich unter Wasser. Einen Moment lang habe ich das Gefühl zu ertrinken. Etwas reißt mich aus meinen Gedanken. Wieder eine Stimme, diesmal seine. Seine tiefe, volle Stimme, die Stimme eines Mannes, dem sich Frauen zumindest sexuell anvertrauen. Er nennt meinen Namen. Sie nennt meinen Namen. Ich will antworten, aber kann mich selbst nicht hören. Ich treibe davon, sie treiben davon, und doch werden ihre Stimmen immer lauter und klarer. Mein Name, immer wieder.
Ich spüre eine Bewegung an meiner Schulter und merke, dass es nicht ihre Hand ist, sondern seine. Die Hand mit der er sie befriedigt hat, mit der er ihren Körper zum Beben gebracht hat. Nimm´ sie weg von mir, sonst hacke ich sie dir ab! Könnte ich mich bewegen, wäre nun wahrscheinlich mein großer Moment gekommen. Wie fühlt sich eigentlich das Fass, wenn der letzte Tropfen es zum Überlaufen bringt? Ich selbst bin das Fass und seine Hand ist der letzte Tropfen. Ich wünschte ich könnte explodieren vor Wut, aber nichts regt sich. Alle Verbindungen sind abgerissen. Das Fass läuft über und ergießt sich…

…in einen endlosen Ozean. Ich bin alleine und treibe an der Wasseroberfläche, ohne das ich mich bewegen muss. Das Wasser ist eine warme, undurchsichtige Brühe. Über mich wölbt sich der sternenlose Nachthimmel und vor mir am Horizont hängt der Mond, silbern und riesig. Ich beschließe zu ihm zu schwimmen und ihm zu sagen, dass ich ihn liebe.

ENDE

 
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Hallo Zellhaufen und Willkommen!

abgesehen von ein paar fehlenden Kommata ist deine Geschichte in korrektem und vor Allem stilistisch gutem Deutsch geschrieben - nicht immer selbstverständlich für die Neuankömmlingen hier.
Du erzählst eine typische Situation, einen alten Plot, die aber durch die treffend gewählten Formulierungen doch neu erscheinen. Der Schluss kommt unerwartet und kunstvoll: Wenn man ihn als Verdrängung interpretiert, vielleicht doch etwas plötzlich. Da habe ich ein wenig nachdenken müssen, wie der Sinneswandel sich so auf einmal vollziehen kann - Feigheit? Andererseits könnte die Plötzlichkeit auf eine Ermordung hindeuten, z.B. durch Gift, dann passte es wiederum. Fazit: Für Verdrängung kommt er zu schnell, für Mord genau richtig!:D

Gern gelesen! Viel Spaß hier noch!
Gruß
Kasimir

 

Hallo zurück !
Der letzte Absatz soll sein Übergleiten in den Wahnsinn symbolisieren. Der Mond ist das Liebesideal nach dem er strebt, das der arme Kerl leider niemals erreichen wird...

 
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Hallo zellhaufen!

Beim Lesen hab ich zuerst gedacht, ich sei in diesem Grönemeyerlied "Was soll das?". Da ist auch eine Frau so doof oder so undiplomatisch, daß sich ihr Alter und ihr Neuer zum grundfalschen Zeitpunkt gegenüberstehen.
Der Neue ist ne echte Frohnatur und grinst noch, und der Alte will den Neuen verdreschen und darf nicht etc.

Ich hab mich geärgert und amüsiert, weil das alles brummdummes Klischee ist und trotzdem dauernd vorkommt. Es wird einem ja auch nichts geschenkt, das potthäßliche, jämmerlich-lächerliche Gesicht der Eifersucht kommt ganz wunderbar zum Vorschein und wedelt mit seinen beiden haltlosen Ärmchen, dem Aufplustern

Er weiß, dass er mir ins Revier gepisst hat
Seitdem ich dazu gezwungen war (!!!) ihre E-Mails zu checken bin ich über so einiges hinweg. Also, lasst es uns zu Ende bringen, ihr Heuchler.
Ich werde ihm auf die Fresse hauen, damit ich mich besser fühle und dann werde ich dieser Schlampe sagen, wo sie sich unsere Beziehung und ihre Freundschaft hinstecken kann. Falls da unten überhaupt noch Platz ist.
und dem Gejammer.
Sie wissen nicht, dass sie mein Leben zerrissen haben,
im Bett hat er vermutlich auch mehr drauf. Der Gedanke treibt mich an den Rand des Wahnsinns.
Die Hand mit der er sie befriedigt hat, mit der er ihren Körper zum Beben gebracht hat.
Der Schluß hätte mich befriedigt, wäre es Mord gewesen, wie Kasimir dachte. Allein wäre ich aber auf Mord nicht gekommen, weil die anderen beiden ja offensichtlich erschrocken sind, seinen Namen rufen, sich um ihn bemühen. Ich dachte: Naja, jetzt schaltet er eben auf Nervenkrise. Blöder Tropf. Klinkt sich aus und himmelt den Mond an. Wie ein Huhn, das nicht weiß, ob es weglaufen oder kämpfen soll und dann eben auf dem Boden herumpickt. Übersprungshandlung mit Mitleidsbonus.
Du als Autor kannst aber gar nichts dafür, was ich so alles denke. Ich bin da eben herzlos.
Geschrieben ist es anschaulich und schwungvoll. Da meckere ich gar nicht. Mal sehen, was Du noch so schreiben wirst.
Freundliche Grüße und erbauliche Restpfingsten!
Makita.

P.S. Den Titel finde ich sehr gut. Hübscher Gegensatz.

 

Hi Zellhaufen!

Trotz aller wirrer Anmerkungen, die da nun folgen werden: Mir hat's ganz gut gefallen. Das Ende war unerwartet - und gerade das hat bei mir gewirkt. Ich versuch mal, über Einzelanmerkungen konstruktiv zu sein:

Er lächelt und ich möchte ihm die Zähne ausschlagen. Er prostet mir zu und ich würde nichts lieber tun, als ihm die Sektflasche auf dem Schädel zu zertrümmern und ihm das Glas durch das selbstverliebte Gesicht zu ziehen.
Woher zum Teufel kenn ich das? Das hab ich, ich würd wer weiß was verwetten, dass ich das schonmal gelesen habe ... so oder in der Art. Teufel, das macht mich fertig! Hilf mir! :)

und höre nicht auf zu lächeln, in der Hoffnung, das es von außen nicht so unecht und albern aussieht
dass

Er lächelt mich kurz an, kann meinem Blick aber nicht lange standhalten und blickt stattdessen immer noch lächelnd auf den gefliesten Boden
Ich fänds ja härter, wenn er nicht "lächelnd die Fliesen anblicken" würde, sondern wenn er direkt die "Fliesen anlächelte". Weißt Du? Erst lächelt er den Erzähler an, dann die Fliesen. Da weiß man, was von so einem Lächeln zu halten ist.

Sie plappert irgendetwas Belangloses
Ganz generell: Ich finde, Du solltest den Hass und Zorn des Ezählers prägnant auf den Punkt bringen. Das kommt schon gut rüber, aber manchmal wird durch das ein oder andere Wort zu viel der Zorn verwässert. Wie hier durch das "Belanglose" - das ist im "Plappern" doch schon drin. Etwas Gehaltvolles kann man eben nicht plappern. Dafür haben wir ja das Wort "Plappern" eibgeführt: Belangloses reden - Plappern.
Auf den Punkt!

Es muss passieren, wenn nicht jetzt, dann vielleicht nie.
Auf den Punkt: "Vielleicht" streichen! Schau mal, wie viel kompromissloser das dann gleich wirkt.

Als hätten sie sich nicht acht Jahre lang nicht gesehen.
Ich habe keine Verbesserungsvorschläge, aber der Staz hat sowas von keinem Rhythmus. Das hakt und holpert ... :)
Als wären die acht Jahre nie gewesen. Die acht Jahre, in denen sie ...
Keine Ahnung - irgendwas, was nicht hakt, halt.

aber über das Stadium der Angst bin ich hinweg
Krümmelkackerei zum Thema Rhythmus: "aber über" - Nee! "Doch über" - Jaa! :)
Tip: Laut lesen, oder wie ein Hörbuch lesen. Auf jeden Fall eine Stimme hören - dann merkst Du schon, was hakt.

Das Schlimme ist, das man es mir ansieht.
dass

Er sieht objektiv besser aus als ich

Er sieht objektiv besser aus als ich und hat definitiv das interessantere Leben. Durch ihre Mails weiß ich, dass er auch ein hervorragender Küsser ist, und im Bett hat er vermutlich auch mehr drauf. Der Gedanke treibt mich an den Rand des Wahnsinns.

Zeige den Rand des Wahnsinns in anderen Worten, in schneller, verzweifelter Spache, in vielen Absaätzen, in abgehacktem Sprechen, in Flüchen ... Zieh's Tempo an. Aber sage nicht: "Ich ziehe jetzt das Tempo an." :)

Ich selbst bin das Fass und seine Hand ist der berüchtigte Tropfen.

Dann kommt das Ende: Das fand ich fast gut. :)
Also die Idee hat mich angenehm überrumpelt und war so ein bisschen wie diese Traumreisen, die man in der Schule schreiben musste. Wenn Du nur im vorletzten Absatz diese Assoziationswelten zum Ozean hin etwas ausgebaut hättest ... Tropfen, Wasser, Fass, ergießen, Strom, wogen, mitreißen ... dann der Ozean. Das hätte ich ganz toll gefunden. So kommt's leiiider etwas abrupt für meinen Geschmack. Tropfen, Fass, überlaufen ... Ozean. Zu schnell!
Aber die Idee finde ich klasse. Jeder erwartet einen Mord, aber der Erzähler driftet nur davon und liebkost den Mond! Das sitzt und hat mich überrascht.

Fazit: Gerne gelesen. Das Ende vielleicht etwas geschmeidiger einleiten.

Bis denne,
Fisch

 

Danke, für die konstruktive Kritik. Die Vorschläge finde ich alle super. Man merkt halt, dass die Geschichte in einer halben Stunde entstanden ist... Mache mich gleich mal an die Überarbeitung.
LG

 

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