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05.05.2003
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Sie sitzt da und denkt. Denkt an ihn, an das Leben vor ihm, daran, wie das Leben ohne ihn wäre. Sie kann sich nicht daran erinnern, jemals glücklich gewesen zu sein. Wie war das Leben vor ihm? Besser? Sie denkt an ihre Familie. Ihren Vater. Ihre Mutter. Ihren Bruder. Wie er da hängt, aufgeknüpft am Treppengeländer, mit seinem eigenen Gürtel. Er war noch so jung. Ihr Vater ließ danach seine Aggressionen an ihr aus. Ihre Mutter zerbrach am Tod ihres geliebten Sohnes, auch sie nahm sich kurz darauf das Leben. Nun war sie allein. Allein mit ihrem Vater. Der Teufel. Das Grauen. Diesen Namen gab sie ihm in ihren Gedichten. Die Gedichte waren ihre einzige Fluchtmöglichkeit. Und sie flüchtete oft. Nicht nur vor ihrem Vater, sondern vor der ganzen Welt. Vor ihren Mitschülern. Vor ihren Lehrern. Den Menschen um sie herum, die sie quälten, ihr das alles antaten. Dieses Leben. Dieses Leiden. Ohne Hoffnung. Sie hätte nie gedacht, dass sich ihr Leben je ändern würde. Doch genau das passierte. Sie lernte ihn kennen. Lieben. Und vor allem hassen. Vorher hatte sie nie jemanden gehasst, egal, was ihr auch angetan wurde. Sie fühlte nichts außer dem Schmerz. Aber nun kam Liebe dazu. Und Hass. Sie wusste nicht, was schlimmer war. Die zurückgewiesene Liebe oder der Hass auf ihn, wenn er sie zurückwies. Dieser Schmerz. Immer wieder dieser Schmerz. Warum tat er ihr das an? Wieso tat das Leben ihr das an? Sie wollte doch nur geliebt werden. Von ihm. Wollte ein Leben leben ohne Schmerz und Leid und Hass. Voller Freude und Liebe. Sie war noch nie glücklich. Das wurde ihr immer wieder klar. Wie sehr sie sich das wünschte, einfach nur geliebt zu werden. Von ihm. Aber er liebte sie nicht. Er schlug sie. Das war keine Liebe, dessen war sie sich sicher. Ihr Vater schlug sie. Aber ihn hatte sie nie geliebt, deshalb tat es nicht weh. Nun aber war das anders. Der Mensch, den sie liebte, quälte sie. Schlug sie. Hasste sie wohl. Wie konnte es auch anders sein? Sie wurde noch nie geliebt. Sie wünschte sich das doch so sehr. Ihre Wünsche würden nie in Erfüllung gehen. Sie war doch kein Kind Gottes. Sie war aus dem Fleisch des Teufels entsprungen. Aus ihrem Vater. So jemand konnte kein Glück haben im Leben. Sie war verdammt zu einem Leben in Trauer und Schmerz. Die Schmerzen. Unerträglich. So viel Leid. Sie hielt das nicht mehr aus. Das war der Grund. Das und kein anderer. Warum sonst hätte sie es tun sollen? Aber war es auch richtig? Hätte sie es nicht stillschweigend ertragen müssen? Wäre das nicht ihre Aufgabe gewesen? Ihr vorherbestimmtes Schicksal? Aber sie hatte sich dagegen gewehrt. Hielt es nicht mehr aus. Rebellierte. So wie sie es schon bei ihrem Vater hätte tun sollen. Jetzt hatte sie Versäumtes nachgeholt. Er würde ihr nie wieder Schmerzen antun. Sie nie wieder schlagen. Jetzt nicht mehr. Jetzt brauchte sie ihn nicht mehr lieben. Jetzt nicht mehr.
Sie wusch sich das Blut von den Händen und rief die Polizei.

 

Bevor die Geschichte noch weiter nach unten rutscht, schreib ich mal was dazu.

Du hast schön die Gefühle der Protagonistin herausgearbeitet. Ich konnte mich gut in ihre Lage versetzen.
Meiner Ansicht nach hast du aber die Geschichte unter die falsche Rubrik gesetzt. Etwas Seltsames konnte ich nicht entdecken, deshalb schlage vor sie nach "Gesellschaft" zu verschieben.

 

Hallo,
eine sehr gute Geschichte hast du da geschrieben, aber genau wie der Uffmucker finde auch ich, du solltest sie in die Rubrik "Gesellschaft" verschieben lassen.
Dein Stil gefällt mir, vorallem die vielen kurzen Sätze, die sehr viel Aussagekraft haben.
Nur eine Verbesserung würde ich vorschlagen:

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Zitat:
Sie war aus dem Fleisch des Teufels entsprungen. Aus ihrem Vater.

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Lass den letzten Satz weg, es ist auch so klar, was du meinst.

Das wär's von mir,
schöne Grüße
WibiB

 

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