Was ist neu

Sie

Mitglied
Beitritt
15.01.2008
Beiträge
16
Zuletzt bearbeitet:

Sie

Das Mädchen stand am Fenster und starrte hinaus. Das Licht des Vollmondes erhellte das Zimmer und ließ die Möbel Schatten an die Wand werfen. Sie fror in ihrem dünnen Nachthemd, doch sie wollte sich nicht ins Bett legen. Nie wieder. Es war wie jeden Abend. Ihre Mutter saß vor dem Fernseher, der Vater war auf seiner allabendlichen Tour durch die Kneipen der kleinen Stadt. Und ihr Bruder lag längst schlafend in seinem Kinderbett. Später würde dann der Vater sicher noch einmal leise die Tür zu ihrem Zimmer öffnen und ein paar betrunkene Worte lallen, von denen sie glaubte, dass sie in etwa „Gute Nacht“ bedeuten sollten.
In der Schule war sie mal wieder gehänselt worden. Wie an jedem Schultag der vergangenen Jahre seitdem sie zum ersten Mal diese Hölle, die sich Schule nennt, betreten hatte. Niemals war sie von jemandem bei ihrem richtigen Namen genannt worden, abgesehen von den Lehrern. Sie hatte viele Namen gehabt: Fettsau, Pickelgesicht, Schleimerin, Streberin, Asoziale und viele mehr. Dabei war sie weder dick, noch hatte sie besonders viele Pickel. Sie hatte sich nie bei den Lehren eingeschleimt und für ihre Noten tat sie kaum etwas. Das Lernen viel ihr leicht. Aber als Asoziale fühlte sie sich. So oft war ihr eingetrichtert worden, dass sie eine solche sei. Solange, bis sie selbst daran glaubte.
Ihr Leben war nie schön gewesen. Wenn sie versuchte sich an etwas Schönes zu erinnern, dann fiel ihr nichts ein. Sie hatte nie wahre Freunde gehabt, sie war von allen nur belogen und betrogen worden. Ihren Eltern war sie immer ziemlich egal gewesen. Sie schienen zu glauben, Kindern müsse man zu essen geben, aber sie nicht unbedingt lieben.
Sie glaubte genau zu wissen, dass niemand auf dieser Erde sie vermissen würde. Darum öffnete sie nun das Fenster, kletterte auf die Fensterbank und blickte nach unten. Noch einmal wandte sie den Kopf und schaute sich in ihrem Zimmer um. Hier hatte sie ihre Kindheit verbracht. Nun ließ sie diese hinter sich.
Sie sprang.
Fünfzehn Meter tief.
Am nächsten Morgen stolperte der Zeitungsmann auf dem Weg zum Briefkasten über ihre Leiche.

 

Hallo, Jasmin 1992!

Deine kurze Selbstmordgeschichte fand ich gar nicht so schlecht. Du erzaehlst eindringlich von der Not eines Maedchens, das nicht geliebt wird und sich am Rand der Gesellschaft befindet. Von den Mitschuelern gehaenselt und verspottet, sieht sie in ihrer Verzeiflung nur einen Ausweg: den Freitod.
Leider eine traurige Realitaet, speziell in den westlichen Wohlstandsgesellschaften.
Deinem Profil entnahm ich, dass du erst 15 Jahre alt bist. Bestimmt kommen von dir noch ausfuehrlichere Geschichten mit mehr Substanz. Bin schon gespannt darauf. Nur weiter so.
Hier sind ein paar Vorschlaege:

Ihre Mutter saß sicher vor dem Fernseher, der Vater war auf seiner allabendlichen Tour durch die Kneipen der kleinen Stadt. Und ihr Bruder lag längst schlafend in seinem Kinderbett.

Das "sicher" wuerde ich wegfallen lassen. Du sagst ja, es ist so wie jeden Tag.
Eventuell die beiden Saetze zusammenziehen, das wuerde mMn den Sprachfluss foerdern.

Wie an jedem Schultag der vergangenen Jahre seitdem sie zum ersten Mal diese Hölle, die sich Schule nennt, betreten hatte. Niemals hatte jemand sie bei ihrem richtigen Namen genannt, abgesehen von den Lehrern. Sie hatte viele Namen gehabt: Fettsau, Pickelgesicht, Schleimerin, Streberin, Asoziale und viele mehr. Dabei war sie weder dick, noch hatte sie besonders viele Pickel. Sie hatte sich nie bei den Lehren eingeschleimt und für ihre Noten hatte sie nie viel tun müssen.
Das sind sehr viele "hatte" drinnen. Das koenntest du vielleicht etwas reduzieren.
Vorschlag: Im zweiten Satz, nur als Beispiel: Niemals wurde sie von jemandem bei ihrem richtigen Namen genannt, abgesehen von den Lehrern.
Oder im naechsten: Ihre Mitschueler gaben ihr viele Namen.

So oft war ihr eingetrichtert worden dass sie eine solche sei. Solange, bis sie selbst daran glaubte.

... worden, dass ...

Sie schienen zu glauben, seinen Kindern müsse man zu essen geben, aber sie nicht unbedingt lieben.
Wuerde das (falsche) "seinen" einfach weglassen. Alternative: Den eigenen Kindern.

Liebe Gruesse,
Manuela :)

 

Liebe Jasmin,
diese Geschichte ist ein starkes Stück Gesellschaftskritik. Du beschreibst meiner Meinung nach gut die familiären und gesellschaftlichen Probleme. Deine Geschichte ist mitten aus dem Leben gegriffen. Der Selbstmord ist keine Lösung für Probleme, leider aber ein Weg mit steigender Tendenz. Du hast die Not dieses Mädchens herausgearbeitet und eigentlich hätte wie im Film die Rettung nahen sollen. Das Leben ist kein Film und die Realität sieht für viele Menschen eben genauso aus, wie von dir geschildert. Das will die Welt nicht hören und verschliesst die Augen. Unsere Zukunft aber sind unsere Kinder, die dürfen bei allen Problemen nicht auf der Strecke bleiben. Wer keine Liebe und Achtung erfährt, wie soll der den Wert des Lebens bemessen können?
Lass dich nicht von deinen zuviel " hatte" unterkriegen, bei mir ist es zuweilen " und" . Und mache ich mir was daraus? Ich schreibe weiter und von die hoffe ich noch mehr zu lesen.
Du hast noch einen weiten Lebensweg vor dir, öffne die Augen, dein Herz, höre zu und schreibe gegen die Unmenschlichkeit. Jeder Tropfen von uns höhlt den Stein und vielleicht wandeln wir noch diese Gesellschaft zu einer Bessern.
Es grüßt Bernard Bonvivant

 

Danke dass du mich auf die vielen "hatte" aufmerksam gemacht hast. Ich werde in Zukunft mehr darauf achten.

 

Ich freue mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Du hast genau verstanden, was ich ausdrücken wollte.

 

Hallo Jasmin!

Ja, Selbstmordgeschichten sind immer so eine Sache. Ein bisschen verschrien in diesem Forum, obwohl fast jeder so etwas mal geschrieben hat. :)
Leider bietet deine Geschichte keine gelungene Alternative, ist - trotz des tragischen Themas - zu gewöhnlich und allfällig, betrachtet das Thema aus einer oberflächlichen Allsicht, die mE keine Nähe zur Protagonistin schafft.

Das klingt jetzt schlimmer als es tatsächlich ist. Nicht entmutigen lassen. :)

Beste Grüße

Nothlia

 

Liebe Jasmin 1992!

Ich hab deine Geschichte sehr gerne gelesen. Auch ich hab rausgefunden, dass du erst 15 bist und war recht beeindruckt. Trotzdem – oder besser deswegen – auch von mir ein paar Anregungen:

Später würde dann der Vater sicher noch einmal leise die Tür zu ihrem Zimmer öffnen und ein paar betrunkene Worte lallen, von denen sie glaubte, dass sie in etwa „Gute Nacht“ bedeuten sollten.

Diese Passage hier erscheint mir sehr unrealistisch. Der Vater verhält sich der ganzen Familie gegenüber rücksichtslos, er säuft, bleibt weg, findet dann aber doch noch die Zeit und den Willen, seiner Tochter, die er sowieso nicht mag, "Gute Nacht" zu sagen. Naja. Meine Meinung.

Sie hatte viele Namen gehabt: Fettsau, Pickelgesicht, Schleimerin, Streberin, Asoziale und viele mehr
.

Viele ein bisschen zu viel :-)

Dabei war sie weder dick, noch hatte sie besonders viele Pickel. Sie hatte sich nie bei den Lehren eingeschleimt und für ihre Noten tat sie kaum etwas.

Irrelevant. Auch wenn sie dick wäre oder Pickel hätte, sich einschleimen würde oder lernen, wären die Hänseleien der Mitschüler unverzeihlich und würden schmerzen.

Das Lernen viel ihr leicht.

Fiel, nicht mit Vögeli-V :-)

Sie hatte nie wahre Freunde gehabt, sie war von allen nur belogen und betrogen worden.

Dieses Mädchen hat ja richtig – entschuldige – die Arschkarte gezogen. Ich denke dass NIEMAND IMMER NUR belogen und betrogen wird. Deswegen würde ich es anders formulieren. So im Stil von "Sie fühlte sich schon immer belogen und betrogen." Wobei diese Alliteration (BElogen, BEtrogen) hier nicht passt. Aber deinem kreativen Köpfchen fällt da bestimmt noch etwas besseres ein.

Sie schienen zu glauben, Kindern müsse man zu essen geben, aber sie nicht unbedingt lieben.

Wie wärs mit: Sie schienen zu glauben, Kindern muss man in erster Linie füttern – aber nicht unbedingt lieben. ? Nur ein Vorschlag.


Sie sprang.
Fünfzehn Meter tief.

Sie kann schlecht 15 Meter in die Tiefe springen. Sie fällt dann ja. Wie wärs also mit: Sie sprang und fiel fünfzehn Meter tief.


Auch wenn ich hier viel verändern würde, hat mir deine Geschichte sehr gut gefallen. Wie gesagt, war beeindruckt. Und mein Gemeckere, das sind ja alles nur Vorschläge.

Freue mich, mal wieder was von dir zu lesen!
Freundlich
Sternenkc

PS: Auch an alle anderen: Bald wird das Wort Selbstmord aus dem Duden gestrichen. Es schickt sich nicht, jemand der Suizid begeht, auch noch als Mörder abzustempeln. Deswegen.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom