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Silvesterproklamation an einem verschneiten Morgen

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22.12.2005
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Silvesterproklamation an einem verschneiten Morgen

Das sich vor Schmerz in unendliche Farbspektra teilende Weiß der Sonne trifft auf die gelben Blätter meines ach so jungen Ahorns. Kalter Novemberwind lässt seinen jungen Stamm vibrieren, ihn frösteln. Angst – nein, nicht Angst - Panik steht in dem Schauspiel der Natur, nichts Ungewöhnliches, da das Orchester des Todes bereits für ihn spielt.
Todesklänge schwarz und golden zerfurchen die blassgraue Rinde, Saft strömt aus, die Wunde zu heilen. Hat er wirklich die Muße sich in seinem eigenen Tod noch Zeit zu nehmen, sich dem Unausweichlichen nicht beugen zu wollen, der Zeit ins Gesicht zu spucken?
Zeit? Zeit ist die Hebamme allen Übels, die Diebin des Ehrlichen, Verehrerin des Dunkels und die Lüge der Lebenden. Gleich dem Mensch hat die Zeit weder Berechtigung, noch Befugnis, noch Freude an der Existenz. Die Zeit ist Unheil, die Zeit ist die Hebamme allen Übels. Die Zeit ist tot.
Denn wenn die Zeit vorschreibt, dass alles vergänglich ist, so ist auch sie, durch ihr bloßes Vorhandensein, bereits zu ewiger Vergänglichkeit verdammt.
Dennoch lassen wir sie unser Leben bestimmen. Wie ein Volk seinem Diktator, sind auch die Menschen der Zeit schutzlos ausgeliefert. Wir haben sie erfunden und nun erfindet sie unsere Zukunft. Wir lassen es geschehen, lassen uns wie Schafe von einem Schäferhund zusammentreiben und nehmen unser Schicksal mit einem resignierenden Schulterzucken bereitwillig an. In unseren Augen steht ein feuchter, fragender Schimmer.
„Wann fängt das Leben endlich an?“

„Nie, wenn du weiterhin den Tag verschläfst, MTV guckst, dich stundenlang im Spiegel bewunderst, dir mehr Gedanken über Schönheit als über soziale Aspekte des Lebens machst, wenn du von Brad Pitt träumst, nie gelernt hast eine Konserve zu öffnen, ein Hörbuch griechischer Heldensagen zu Weihnachten geschenkt bekommst, wenn du rufst „fuck the system!“, aber nicht weißt, was das System ist. Nie, wenn du Angst vor Spinnen hast, wenn du Alpträume fürchtest. Nie, wenn du dich nicht änderst. Nie, wenn du nicht gewillt bist, die Realität zu spüren. Nie, wenn du glaubst. Nie, wenn du weinst. Nie, wenn du nicht weinst. Nie, wenn du über Krüppel lachst. Nie, wenn du Gewalt liebst. Nie, wenn nicht die Friedenstraube endlich Eintracht zwischen Mensch und Zeit, Moral und Erfolg stiftet. Nie, wenn du nicht in Liebe geboren wirst und auf einem Regenbogen des Glücks frühstücken darfst. Nie, wenn du Gehörtes zu Gesagtem machst. Nie, wenn dir trockenes Brot nicht genügt. Nie, wenn du dich mit dem Minimalen anfreundest. Nie, wenn du deine Kontoauszüge chronologisch in Wellpappeordnern sammelst."
Nie, wenn du dir trotz allem noch weismachen willst, du hättest keine Zeit für wichtige Dinge!
Zeit? Zeit ist dein Augapfel. Zeit ist dein Frostschutzmittel. Zeit ist dein Pausenbrot. Zeit ist dein Berg. Zeitnot ist deine Schuld.

 

Ich glaube du nimmst LSD!

Nein Scherz! Mir hats gefallen. Sehr sogar. Der zweite Teil ist mir manchmal zu klischeehaft. Weißt du dieses "Sitz nicht nur rum und schau mtv" oder "du weißt nicht einmal was das System beinhaltet" sind alles so "öffne deinen Verstand, erweitere deinen Horizont, suche die Erkenntnis" Sachen.
Aber gerade der erste Teil gefällt mir sehr gut. Sich in die Vorgänge der natur zu versetzen, ist immer schwierig.
Viele werden sagen, dass hier ja keine KG ist! Du Arschloch! Aber es ist ja auch eine Proklamation. Manche werden auch sagen, dass Zeit biologisch sei, der Ursprung alles Lebens. Die Gezeiten, Sonne und Mond usw. Aber bei einer so metaphernreichen Sprache sieht man darüber hinweg und erkennt die Moral in der Zeit. man bestimmt immerhin noch selber, was man aus der Zeit macht. Aber erfunden haben wir die Zeit nicht. Wir haben sie bedrohlich gemacht, dadurch das wir sie ständig vor Augen haben.
Ich hoffe, deine Proklamation findet Anerkennug!

3 kleine Sachen:

"nichts Ungewöhnliches" bitte großschreiben
"Diktator,..." bitte ein Komma
"Nie, wenn du Gewalt liebst" Auch da hast du ein Komma vergessen.

Gruß

 

Jabbasom schrieb unter seine Geschichte:

Anmerkung: Ich bin mir sicher, diese Aneinanderreihung aufeinanderfolgender Silben spricht nicht jedem zu. Manche werden denken, ich hielte mich für einen (zugegeben sehr schlechten) Philosophen, andere könnten denken, ich sei ein strenger Sektengänger, ich bin keines davon!

Solche Anmerkungen bitte immer in ein gesondertes Posting unter der Geschichte. Der erste Beitrag in den Geschichtenthreads ist ausschließlich der Geschichte vorbehalten.


Das, sich vor Schmerz in unendliche Farbspektra teilende weiß der Sonne, trifft auf die gelben Blätter meines ach so jungen Ahorns.
Bede Kommas müssen weg, weiß = Weiß (groß geschrieben)

Angst –nein, nicht Angst- Panik steht in dem Schauspiel der Natur,
Angst - nein, nicht Angst - Panik (hier fehlen Leerstellen)

Es gibt noch eine Reihe weiterer Fehler, bitte lies dir den Text noch einmal sorgfältig durch und korrigiere sie.

Zum Inhalt:
Manchmal kommt die Moralkeule ganz schön dicke. Das ist mir hier und da zu viel. Die Thematik ist nicht neu, verliert aber sicher nie an Aktualität.

Mindestens der gesamte zweite Teil ist ziemlich ungeschichtig. Das geht alles in Richtung Essay. Du hast aber auch ein paar Geschichtenelemente drin, vor allem am Anfang, sodass der Text wohl als Grenzfall gelten kann.

Sprache: Du besitzt anscheinend einen großen Wortschatz plus eine dicke Portion Phantasie und bist in der Lage, stimungsvolle Bilder zu erzeugen. Das solltest du in jedem Falle nutzen. Am besten für eine richtig ausgearbeitete Kurzgeschichte.

Viele Grüße
Kerstin

 

Danke fürs Lesen und Kommentieren (und Editieren :))

@Aris: Ja, es ist schon ein Konflikt- und Diskussionspunkt. Wer hat die Zeit erfunden? Ich denke es gibt mehrere Auffassungen, man kann sich aussuchen, welche einem am besten gefällt.
Zu dem Klischeehaften kann ich nur sagen, dass der Text ganz ohne diese Elemente sehr, sehr trocken und seltsam gewirkt hat...

@katzano: hatte schon befürchtet, dass es an einigen Stellen zu belehrend (?) wirken könnte.

guten Rutsch!

 

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