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Simone

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06.05.2007
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Simone

Er hatte gehofft, es würde aufhören.
Hatte, naiv wie er war, tatsächlich daran geglaubt, dass es endlich seine Spuren an ihm hinterlassen würde. Das, was geschehen war wegen seiner einen tödlichen Unachtsamkeit.
Doch in dem Augenblick, als das Wasser wieder seine Haut benetzte und von der geschundenen Oberfläche abperlte wie von einem Fensterglas, wusste er, dass er niemals damit aufhören würde. Niemals damit aufhören konnte.

*

Langsam schob er die Bettdecke zurück, trotz seiner Müdigkeit sorgsam darauf bedacht, sie am Fußende so ordentlich zusammenzulegen, dass keine der aufgedruckten Blüten knitterte.
Blumen auf einer Bettdecke … Welcher Schwachkopf aus der Textilindustrie glaubte wahrhaftig an die Wirkung quietschbunter Blumen an einem so miserablen Morgen wie diesem, der am Ende doch nur eine Kopie ungezählt vorangegangener gleichsam miserabler darstellen sollte?
Der Mann blieb noch für ein paar Gedanken und Seufzer in seinem Bett sitzen, kerzengerade und mit stumpfsinnigem Blick, genau dreißig Sekunden. Um nicht seinen ganzen Zeitplan umzuwerfen.
Dreißig Sekunden … dreißig Sekunden waren okay. Nach ihrem Vergehen würde der Mann sich wieder vollends seinen inneren Teufeln ergeben-
Er stutzte für einen Moment über diese Aussage. Waren es wirklich Teufel aus seinem Inneren, die ihn jetzt aus seiner Haltung herauslösten und ihn fieberhaft darüber nachdenken ließen, welches Bein er als erstes aus dem Bett heben würde?

Sie mussten es sein.
Steh auf, sagten sie und ihre Stimmen hallten noch Sekunden später in seinem Kopf wieder.
Steh auf und nimm das rechte Bein zuerst. Links bringt Unglück.
Wenn du willst, dass nichts Schlimmes passiert, dann …

Hastig zog er sein rechtes Bein aus dem Bett, zögerte jedoch kurz, es auf den Boden zu stellen, weil er versehentlich Falten in die geblümte Bettdecke gebracht hatte, die jetzt nur noch sein linkes Bein verhüllte.

Mach schon, dummer Mann.
Willst du etwa, dass die Falten sich ausbreiten?
Wenn du willst, dass nichts Schlimmes passiert, dann …

Den Rest versuchte der Mann aus seinem Kopf zu verbannen. Er tat, wie ihm geheißen und nur ein Augenblinzeln später lag die Decke wieder glatt an seinem Fußende. Die Decke, deren Blumen nicht leuchteten … es vielleicht tun sollten, aber für ihn aus irgendeinem Grund nicht leuchteten.
Doch er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.

Auf seinem rechten Bein humpelte er durch das gesamte Schlafzimmer, das noch immer in Dunkelheit getaucht war wie der Rest des Hauses auch. Doch die Jalousien würde er erst hochziehen können, wenn die Teufel es ihm zugestanden.
Würden sie es tun?
Vielleicht, wenn er auch die Treppe auf einem Bein herunterhumpelte?
Dies tat er sonst nicht. Normalerweise kam das linke Bein genau an der Türschwelle zwischen Schlafzimmer und Flur hinzu.

Die Treppe bereitete ihm keine Schwierigkeiten, denn als er unten angekommen war und sein rechtes Bein unter der Last einzuknicken drohte, erschien ein heller Punkt irgendwo vor seinen grauen abgestumpften Augen …
Heute würde er sie wieder sehen. Wenn alles gut ging …

Simone

Er hatte diesen Gedanken nicht unterdrücken können, obwohl er wusste, mit der verdammten Sicherheit eines Sklaven seiner selbst, dass dies ein Fehler war, der niemals ungescholten bleiben würde.
Und wie erwartet peitschten sie auf ihn ein. Die Teufel zeterten in seinem Kopf hin und her, bis er ganz davon benebelt war.
Eigentlich hätten nun seine Augen wieder abstumpfen müssen, wieder alle Empfindungen loslassen müssen, zu denen sie sich gerade wegen dem hellen Punkt hatten hinreißen lassen.
Doch ein Kampf tobte in dem Mann, all seine Muskeln waren angespannt. Was sollte das? Er wusste doch, oder hatte er es in den ganzen langen von den Zwängen geprägten Jahren nicht gelernt, dass er die Teufel nie würde mit Gewalt schlagen können?

Nein, sie konnten einzig und allein von seinem eigenen Verstand in die Flucht getrieben werden. Und bis dieser wieder seinen Weg in seine willenlose Persönlichkeit finden würde, wäre er nicht mehr hier-

Doch, was war das?

Simone

Was bedeutete dieser plötzliche herausfordernde, geradezu rebellische Drang, der mit jedem Mal, wenn er an sie dachte, stärker und fester wurde?

Heute Nachmittag würde er sie wieder sehen. Sie hatte sich mit ihm verabredet, nachdem er selbst Minuten ihres ersten zufälligen Treffens damit verschwendete, nervös auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen.
Was will sie schon mit mir, hatte er immerzu gedacht. Oder waren es in Wahrheit seine inneren Teufel gewesen?

Als sähe er die Welt durch ihren Namen klarer, wiederholte er ihn mit eigener Kraft ungezählte Male.
Wie lange war es her, da er etwas aus eigenem Willen, mit eigener Kraft getan hatte?

Simone … Simone …

Die Teufel gaben nicht nach, sie besaßen nicht die Gnade dieses unsagbar schönen Namens.
Doch der Mann, immer noch in seinem Schlafanzug, immer noch im Dunkeln stehend, da alle Jalousien heruntergezogen waren und immer noch wie lächerlich auf diesem einen überbeanspruchten rechten Bein stehend, setzte nun auch das linke hinzu.
Ohne Aufforderung, ohne Befehl der Teufel, die nun wieder in seinem Kopf zeterten. Sie schrieen durcheinander, schrill und scharf wie Peitschenschläge. Sie ließen ihn nicht so einfach gehen …

Der Mann hätte nie gedacht, dass es ihm so viel markerschütternde Anstrengung kosten würde, endlich von diesen Parasiten loszukommen. Doch würden sie nicht sterben, wenn er es nur hundertprozentig wollte?

Tränen liefen ihm unwillkürlich aus den Augenwinkeln heraus und mit jedem Schritt, den er sich erkämpfte, weiter nach vorn zu gehen, wurde ihm die Sinnlosigkeit der letzten ungelebten und zwanghaften Jahre bewusst.
Plötzlich spürte er mit einer Erleichterung, wie er sie noch nie empfinden durfte, dass es gar nicht so schlimm war, mit beiden Beinen durch das Haus zu gehen.
Und an sie zu denken.

Simone

Es schien ihm völlig surreal, dass dies sein Haus sein sollte.
Diese Ordnung, mit der der Fußboden jeden Tag erbarmungslos von ihm gewienert, die Bücher in den Regalen bei jedem Vorbeigehen zurechtgerückt und das Besteck im Küchenschrank von ihm durchgezählt worden war, erschien ihm nun erdrückend.
Er achtete nicht auf das Geschrei der Teufel in ihm drin, versuchte sogar, seine Augen gegen ihre bleichen Todesgesichter abzuschirmen, als er die Bücher mitsamt allem Besteck, das er besaß, aus den Schränken heraus auf den Boden warf.

Du kannst uns nicht mit Gewalt zerstören.

Doch es war nur ein kläglicher Überrest der Vielzahl von Stimmen, die zuvor noch durch sein Hirn gewabert waren.

Iss dein Brot mit Marmelade und Käse, die eine Hälfte Marmelade, die andere Käse.
Wenn du willst, dass nichts Schlimmes passiert, dann-

Der Mann konnte sich noch genau daran erinnern, wie er sich jeden Morgen aufs Neue von diesem Befehl hatte einlullen lassen.
„Eine Hälfte Marmelade, die andere Käse“, hatte er stets vor sich hin gemurmelt, bis er die Küche betrat.
Doch diesmal war er stärker. Auch wenn er sich merkwürdigerweise auch nicht richtig glücklich fühlte.
Konnte es an den Teufeln liegen? Trauerte er ihnen nach?

Simone

Dies war seine einzige Antwort auf seine Frage.

Tatsächlich schaffte er es, sich ohne das Brot mit Marmelade und Käse auf das Sofa im Wohnzimmer zu setzen.
Und er fühlte sich erbärmlich.
Er hatte nun schon seit zehn Minuten die Augen zusammengekniffen, erwartete in jeder Sekunde, dass etwas Schreckliches passierte.

Doch es passierte nichts.
Würde er vielleicht den Mut haben, Simone davon zu erzählen? Von seiner lächerlichen Vergangenheit, die ihm nur nie so vorgekommen war und für die er sich so sehr schämte?

Simone

Er erwartete ihre Ankunft jetzt schon seit zwanzig Minuten.
Hatte sie doch gemerkt, was für ein willenloser Mensch er noch bei ihrem ersten Treffen gewesen war?
Das Warten auf ein Türklingeln machte ihn nur noch nervöser und Zweifel kamen in ihm auf. Hatte er das Richtige getan?
Oder würden sich die Teufel mit ihrer letzten Kraft doch noch rächen?
Mit einem Knopfdruck schaltete er den Fernseher ein, um auf andere Gedanken zu kommen.

„Heute Nachmittag um vier Uhr hat sich ein schwerer Unfall ereignet. Der Zug, der zwischen Talheim und Freiberg unterwegs war, ist entgleist. Die gute Nachricht: es sollen sich nicht viele Fahrgäste in dem Zug befunden haben.
Doch von den etwa zehn betroffenen Leuten hat Polizeiberichten zufolge niemand überlebt.“

Für den Mann schien die Stimme des Nachrichtensprechers weit weg, doch trotzdem verachtete er ihn dafür, dass er nur wenige Sekunden später über den Witz eines Kollegen zu einem neuen Thema lachte.

Simone

Sie war auf dem Weg zu ihm gewesen. Nach Freiberg … zu ihm.
Warum ?
Warum hatte sie überhaupt zu ihm kommen wollen, zu ihm, diesem Versager, dem Menschen, der absolut nichts, aber auch gar nichts, auf die Beine stellen konnte?

Diesmal liefen seine Tränen gerade heraus auf seine Wangen, sie versteckten sich nicht etwa in seinen Augenwinkeln.
Und die Teufel in ihm lachten … sie hatten ihn wieder.

 

Tach Segelengel,

irgendwie hab ich mir das Ende schon gedacht. Aber ich glaube ja nicht, das du mit dem Ende schocken oder überraschen wolltest.
Die ganze Geschichte kommt mir so vor, wie ein Monk ohne Kriminalfälle.
Fand das Ganze leider nicht so aufregend, irgendwie sind mir einige Sätze etwas kompliziert geschrieben. Was das ganze unzählige Wiederholen noch ermüdender erscheinen lässt. Jedenfalls für mich.

Hier zwei kleine Anmerkungen:

Doch in dem Augenblick, da das Wasser wieder seine Haut benetzte und von der geschundenen Oberfläche abperlte wie von einem Fensterglas
Vielleicht wäre:
Doch in dem Augenblick, als das Wasser...
etwas besser.

da er etwas aus eigenem Willen, mit eigener Kraft getan hatte?
das er etwas...

Also, für mich wars nichts und das Ende kam nicht wirklich überraschend.
Diese ganzen Ticks, die der Mann hat, da hättest eigentlich mehr draus rausholen können. Oder genauer beschreiben, wieso Simone so toll ist usw.

Cool wäre es gewesen wenn er am Ende geheult hätte und nebenbei ein Käse-Marmelade-Brot gegessen hätte, hehe.

Fazit: Für mich ganz okay, wobei das ganze Potential meiner Meinung nach nicht rausgeholt wurde.

Es grüßt dich herzlich mit Simone grüßend,

Jekyll and Hide

ps. dir wurde die Ehre zuteil mein 100 Beitrag zu sein, hehe...

 

Hallo,

Das, was geschehen war wegen dieser, seiner, einen tödlichen Unachtsamkeit.
Es liest sich einfach nicht gut. Wegen dieser – seiner – einen tödlichen. Irgendwie so.
Ich weiß nicht, der ganze Satz, zu viele Partikel: Das was war wegen dieser seiner einen. Einfach zu viele.

Doch in dem Augenblick, da das Wasser wieder seine Haut benetzte und von der geschundenen Oberfläche abperlte wie von einem Fensterglas
Also, der Satz will irgendwie ins Plusquamperfekt, oder? Er geht so, aber von der Logik scheint es mir zwingen, dass hier von einem weiter in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gesprochen wird. Das vorher ist doch auch noch im Plusquamperfekt. Versteh ich nicht.

Langsam schob er die Bettdecke zurück, trotz seiner Müdigkeit sorgsam darauf bedacht, sie am Fußende so ordentlich zusammenzulegen, dass keine der aufgedruckten Blüten knitterte.
Da fühl ich mich auch irgendwie verarscht. Ein kurzer, erster Absatz, der die Frage aufwirft „Was zum Teufel“ jetzt gemeint ist und danach fängt’s damit an, dass er aufsteht.
Hä?
Guck mal:

„Etwas ganz Schreckliches war, eine Greueltat, die in der Geschichte der Menschheit ihresgleichen suchen musste –
Robert Fischer mochte am liebsten Nudelsalat, vor allem den aus dem Aldi, den mit der extra Gurke“
Da kämst du dir doch auch verarscht vor, oder?

der am Ende doch nur eine Kopie ungezählt vorangegangener gleichsam miserabler darstellen sollte?
Hä? Klarer formulieren: Der doch nur einer von vielen (und dann von mir aus miserabel und das alles).

Nach ihrem Vergehen würde der Mann sich wieder vollends seinen inneren Teufeln ergeben-
Er stutzte für einen Moment über diese Aussage.
Ich krieg Kopfschmerzen. Wird der Text ihm vorgelesen? Denkt er selbst von „inneren Teufeln?“ Was für eine Aussage denn? ER hat doch keine getätigt, der Text hat eine über ihn getätigt.

Die Decke, deren Blumen nicht leuchteten … es vielleicht tun sollten, aber für ihn aus irgendeinem Grund nicht leuchteten.
Doch er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.
Um was geht es denn? Was ist denn los? Der Text hat noch nicht genug Spannung erzeugt, oder mich für seinen Inhalt interessiert als dass ich hier Absatz um Absatz irgendwelche blöden Nebelbomen anstarre.

nachdem er selbst Minuten ihres ersten zufälligen Treffens damit verschwendete,
Verschwendet hatte

Als sähe er die Welt durch ihren Namen klarer, wiederholte er ihn mit eigener Kraft ungezählte Male.
Wie lange war es her, da er etwas aus eigenem Willen, mit eigener Kraft getan hatte?
Hättest du doch mal Energie darauf verwendet, den Charakter irgendwie vorzustellen, ihn „identifizierbar“ zu machen, bevor er mir mit seinen Psychosen auf den Fußabstreifer kotzt.

Die Teufel gaben nicht nach, sie besaßen nicht die Gnade dieses unsagbar schönen Namens.
Das ist auch so ein billiges Bild für Wahnsinn. „Teufel“ einfach, zetern, schreien, Peitsche schwingen. „A Caveman’s Valentine“ hat Falter, riesige Bodybuilder-Typen mit Schmetterlingsflügeln. Das sind Bilder! Aber hier Teufel – und so lustlos.

Ja, ich hab auch mal ne Dokumentation über Psychosen gesehen. Ein Typ, der glaubte, dass es irgendwo ein Erdbeben gäbe, wenn er sein Glas Milch nicht tränke. Ist tragisch, aber seit Mister Monk und diesem Nicholson-Film ist das auch irgendwie angesagt.
Schrei-Bär hat vor nen paar Wochen erst eine ganz ähnliche Situation in „Horror“ geschildert, diese hier gefällt mir überhaupt nicht. Da ist nur Qual und Leid und alles, aber es geht einen auch nichts an, weil die Figur – und alles – viel zu diffus bleiben. Der Text findet da einfach nicht die richtigen Mittel, weder inhaltliche noch sprachliche, um mir irgendwie nahe zu gehen. Er ist mir in höchstem Maße egal und eigentlich nervt er mich nur. Sorry. Aus der Idee: Jemand rafft sich endlich auf, um etwas gegen seine Psychose zu tun, und dann tritt genau das ein, vor dem er sich gefürchtet hat, und er verliert genau die Person, für die er „normal“ werden möchte; aus der Idee hätte man was machen können (eigentlich machen müssen), aber der Text vermasselt es.

Quinn

 

Hallo Quinn und Jekyll and Hide,
ich find´s schade, dass euch der Text nicht gefallen hat.
Okay, mit den komplizierten Formulierungen habt ihr schon Recht. Tu mich da manchmal etwas schwer. :(
Aber andererseits wollte ich die Geschichte genauso realitätsnah rüberbringen, wie Psychosen nun mal sind. :confused:
Der Betroffene tut eigentlich vollkommen sinnlose Dinge, doch er merkt es nicht. Diese treten natürlich wiederholt auf und da ist es klar, dass eine Art Monotonie entsteht. Wollte auch eigentlich keinen Monk-Fall draus machen.

Trotzdem danke für eure Kritik und dass ihr ehrlich wart.
Gruß, Segelengel

 

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