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So einfach

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23.08.2005
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So einfach

Schon vor langer Zeit hätte er ihr sagen müssen, dass etwas nicht stimmt.

Stattdessen behielt er seinen Gram für sich, steckte ein oder ließ manchmal seinem Frust in kurzen, aber schmerzhaften Angriffen freien Lauf. Warum? Weil er sich keine Mühe geben wollte. So war es viel einfacher.
Dass er mit seinem Verhalten die Beziehung maßgeblich ruinierte wurde ihm erst klar, als es zu spät war.
Zu Beginn hatte er sich redlich Mühe gegeben, seine Freundin gut zu behandeln, sie zu verwöhnen, sie zu trösten, wenn es ihr schlecht ging und sie zu unterstützen, wenn es Probleme gab. Doch nach einem Jahr war sein Engagement erloschen.
Im Gegensatz zu ihm war sie nach dem ersten Jahr noch nicht abgestumpft, versuchte zu geben, was er nicht mehr geben wollte. Doch immer öfter fühlte sie sich zurückgewiesen. Er schien distanziert, abwesend, kümmerte sich manchmal einzig um seine Freunde, hörte schlecht zu, sah nicht, wenn sie Probleme nicht allein bewältigen konnte. Drei weitere, triste Jahre später wurde die Beziehung für beide unzumutbar. Sie verhungerte emotional an seiner Gleichgültigkeit.

Dann wachte er auf. Nach einem schweren Autounfall war er dazu gezwungen, sein Leben zu überdenken, stellte fest, was ihm wichtig war und bemerkte, wie sehr er seine Geliebte vernachlässigt hatte. Plötzlich wusste er wieder um den Wert seiner Beziehung. Nachdem er das Krankenhaus verlassen konnte kaufte er Armbänder, Blumen und Schmuck. Mit Überraschungsbesuchen in Cafés, Freikarten für Veranstaltungen versuchte er, ihre Gunst wiederzugewinnen. Sie lächelte meist etwas verkrampft, sagte wenig oder zuviel und zu laut. Er kam nicht mehr durch ihre Abwehr hindurch.
Anstatt alles totzuschweigen versuchte er nun außerdem, Gespräche aufzubauen. Doch jegliche Verbindung zwischen ihnen war seltsam gekappt. Sie schien ihn nicht mehr zu verstehen, fasste alles, was er sagte, als Angriff auf. Sie hingegen sprach fast gar nicht mehr mit ihm. Nur das Nötigste wurde gesagt. Das ging ein halbes Jahr so, dann konnte er nicht mehr. Er hatte sich einen Tag frei genommen, denn seine Arbeit litt seit einigen Monaten unter seiner zerstörten Beziehung. Depressionen, Schlaflosigkeit, Selbstmitleid. Und niemand bemerkte es.

"Wir müssen reden", sagte er monoton, als sie von ihrer Arbeit kam und die gemeinsame Wohnung betrat. Sie war erschöpft von einem anstrengenden Tag, aber ließ sich darauf ein. Um besser reden zu können gingen sie in ihr Wohnzimmer und setzten sich an einen Tisch, Auge in Auge.
"Worum geht es?", fragte sie, obwohl sie genau wusste, was er wollte.
"Unsere Beziehung ist ein Scheiterhaufen ...", begann er.
"Ich weiß", sagte sie und setzte die übliche Trauermiene auf.
"Ich bin seit Monaten nicht mehr glücklich. Ich weiß, dass ich viel falsch gemacht habe. Vieles will ich wiedergutmachen, aber ich finde nicht mehr zu dir. Es ist, als wärst du nur noch ... ein Stein."
"Tja...", sagte sie hilflos. Dann begann sie zu weinen. Sie schluchzte, vergrub ihr Gesicht in den Händen. Doch statt zu ihr zu gehen und zu trösten blieb er sitzen und starrte wortlos zu Boden. Nach einigen schier endlos lang erscheinenden Minuten beruhigte sie sich und blickte zu ihm hinüber.
"Was willst du denn noch? Ist es nicht schon schwer genug?" brachte sie schließlich mit erstickter Stimme vor. "All die Jahre hast du dich gehen lassen und hast mich fast ignoriert. Ich habe gehofft, dass du eines Tages wieder so wirst wie früher ... Wir waren mal so glücklich."
"Das kann doch wieder so werden ...?"
Ihre Traurigkeit schwang nun in Verbitterung um.
"Man sagt immer, dass zu einer Beziehung zwei gehören. Mag sein, dass ich dich nicht genug gefordert habe. Vielleicht brauchst du eine Frau, die dir ständig mit Trennung droht, damit du dir Mühe gibst. Ich bin bestimmt nicht diese Frau."
"Aber, ... Aber!", fing er an. Er fühlte sich schlecht behandelt. Schließlich hatte er sich in den letzten Wochen viel Mühe gegeben und war selbst in keinem guten Zustand. "Wie kannst du nach den letzten Wochen so reden? Wer gibt dir das Recht, mich so abzufertigen?"
Ohne auf seine Aggression einzugehen verließ sie leise schluchzend den Raum, dann die Wohnung. Er machte keine Anstalten aufzustehen. Es war viel einfacher so.

 

Es ist erstaunlich, wie oft sich Geschichten wie diese in Wirklichkeit zutragen ... Ich war schon versucht, sie in Alltag zu posten ;)

 

Hallo HienTau!

Also mir hat Deine Geschichte nicht gefallen. Ich weiß auch nicht, was Du damit gesellschaftlich aussagen willst. Du nimmst durch den nacherzählenden Stil den Leser gefühlsmäßig nicht mit, sagst nur, so und so war es, aber Du zeigst es nicht, die Charaktere bleiben beide fremd. Auch die direkte Rede in der zweiten Hälfte kann das nicht mehr wettmachen, weil auch der Dialog nicht in die Tiefe geht.

Warum? Weil er sich keine Mühe geben wollte.
Ist vielleicht Geschmacksache, ich mag es jedenfalls nicht, wenn der Erzähler so tut, als hätte ich als Leser gerade gefragt, und das nur, weil der Autor gern die Antwort geben möchte. Abgesehen davon müßte die Frage nach dem Warum tiefer gehen - daß er sich keine Mühe geben wollte, ist der oberflächliche Grund, hinter dem aber bestimmt mehr steckt.

oder ließ manchmal seinem Frust in kurzen, aber schmerzhaften Angriffen freien Lauf.
Wie ist das zum Beispiel zu verstehen? Hat er sie geschlagen oder beschränken sich die Angriffe auf verletzende Worte? - Durch die nacherzählende Form kann man es nicht miterleben, weiß gar nicht so recht, was einem da eigentlich erzählt wird.

sah nicht, wenn sie Probleme nicht allein bewältigen konnte.
Hat sie keinen Mund zum Reden? Welcher Art die Probleme sind, darf sich der Leser selbst ausmalen? Sind sie nicht wichtig für die Geschichte?

sagte wenig oder zuviel und zu laut. Er kam nicht mehr durch ihre Abwehr hindurch.
Wie soll ich mir das vorstellen?

Nach dem Schlußsatz - "Es war viel einfacher so" - dachte ich: "Es war besser so." Wenn man sich "Mühe geben" muß, um den Partner glauben zu lassen, daß man ihn liebt, dann ist da wohl auch nicht viel Liebe vorhanden.
Warum sollten die beiden sich zwingen, wieder zueinanderzufinden? Du beschreibst/zeigst nichts, was die beiden verbindet, warum sie überhaupt zusammen sind; so bleibt mir nur der Eindruck, daß sie eben nicht zusammenpassen.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo HienTau,

ich habe die selbe Einschätzung wie Häferl, auch mir hat deine Geschichte leider nicht gefallen.

Du beschreibst die Beziehung sehr allgemein, sehr berichtend, und bleibst dadurch nur an der Oberfläche. Sätze wie:

Im Gegensatz zu ihm war sie nach dem ersten Jahr noch nicht abgestumpft, versuchte zu geben, was er nicht mehr geben wollte.
sind mir einfach zu allgemein, ich hätte gerne gewusst, wie sich das konkret im Beziehungsalltag zeigte.

Das Ende der Geschichte und somit der Beziehung ist für mich auch nicht so ganz nachvollziehbar. Du schreibst:

Ich habe gehofft, dass du eines Tages wieder so wirst wie früher
Was macht dieses früher aus? Ist er nach seiner Krankheit nicht wieder so geworden, wie früher? Stellenweise stellst du es so da. Und sein Resignieren am Ende passt für mich nicht so ganz zu seinem Bemühen vorher. Und auch da muss ich Häferl Recht geben - die Beziehung scheint sehr verkrampft und nicht wehrt, fortgesetzt zu werden. Nun, ich denke, das wolltest du auch zeigen. Den gesellschaftlichen Aspekt des Ganzen sehe ich allerdings nicht so ganz.

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hallo Häferl, hallo Juschi,

Danke, dass ihr meine Geschichte gelesen habt. Ich kann euren Kritikpunkten nur beipflichten (*Augen geöffnet*). Nach euren Anregungen werde ich die Geschichte demnächst mal generalüberholen.

Gruß,
HienTau

 

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