Sommerliebe
Sommerliebe
Nun da ich alt bin, mir der graue Schatten des Grabes näher als die bunten Farben des Lebens steht, versinken die unmittelbar vergangenen Tage und Jahre, im Nebel des Vergessens. Aus diesen Nebeln aber steigen die Erinnerungen früherer Jahre wieder auf. Lebendig werden Empfindungen, Gerüche und Personen die schon längst vergessen schienen. Wenn die Stunden lang und einsam sind, dann lassen die Bilder meines Gedächtnisses die unbedeutenden Ereignisse des Jetzt als bloße Träume zurück, längstverflossene Stunden nehmen ihren Platz ein, fast fühle ich mich dann wie ein Knabe der vom Alter träumt, während er lachend mit Steinen spielt. So stark ist manches Gefühl dass es mich übermannt, mich hilflos mitreißt, mir jedes Mitspracherecht verweigert. Unter diesen Erinnerungen nimmt eine jedoch einen besonderen Platz ein. Sosehr mich auch die Zeit drängt, die zu kurz scheint, um meine Arbeit noch vollenden zu können, kann ich ihr nicht wehren, und freudig heiße ich sie willkommen, während mein Schreibtisch einem Traumfetzen gleich entschwindet.
Ein Wiese, vom tiefen Grün des Waldes eingerahmt. Golden wiegen sich die hohen Halme in der schweren Augustluft, als ob sich Tiere in ihr bewegen würden. Das Rauschen der alten Bäume, das Summen des kleinen, baufälligen Umspannhäuschens und das aufgeregte Summen der Bienen fließen ineinander. Tief hängt der Himmel, schwarzblau drücken die Gewitterwolken, das Dach des Himmel herab, nur ein kleiner Fleck am Himmel ist noch hell. Am Waldrand ein schmaler Weg und ein rotes Fahrrad, goldene Halme in den Speichen. Im Unterholz eine Uferböschung. Unten rauscht ein Fluss. Das Klopfen eines Spechts dringt vom gegenüberliegenden Wiesensaum herüber. Der Geruch nach feuchter, schwarzer Erde, herabgefallenen Tannennadeln erfüllt die Luft im Unterholz.
Ich war bei meinen Großeltern auf dem Land, um meine Sommerferien zu verbringen. Wie alt ich war, ist schwer zu sagen, zwölf Jahre vielleicht. In der weichen Erde der Uferböschung ließ ich meiner Neigung für Wurzeln und Höhlen freien Lauf. Jeden Tag grub ich, an unterschiedlichen Orten, nie mit Plan und Ziel, sondern einzig besessen vom Duft der Erde und des Dunkels unter ihr. Ein hoher Baum mit majestätischer Krone und machtvollen Wurzeln, die Überreste einer Schanzanlage aus dem Krieg, ein verfallen Forsthütte, alles war mir recht um meinem Drang genußvoll nachzugeben. Die hohen Bergipfel, die das weite Tal einschlossen, trugen schon leichte Schneekappen, während herunten noch die drückende Hitze des Sommers unherausgefordert und souverän regierte. Lustschauder begleiteten meine Gedanken, wenn ich an die eisigen Ursprünge, die dunklen Grotten tief im Gebirge dachte, wo zu Wasser geschmolzenes Eis, klar durch den grauen Fels floß. Dem Flußlauf zu folgen, in den Berg hinein, weit lag das ausserhalb meiner kindlichen Möglichkeiten, und doch hielt mich der Gedanke dann und wann in seinem Bann, bis er von einem anderen ersetzt wurde, und so spurlos und unhinterfragt verschwand, wie er gekommen war.
Über den Fluß, der angeschwollen das ganze Wasser eines regenreichen Juli führte, hörte ich eine Glocke herüberklingen, leise und unbestimmt. Als ich konzentriert lauschte, um die Uhrzeit festzustellen, bildete ich mir auch noch das leise Dröhnen von Motoren ein, es war Grand Prix Wochende auf dem Ö-Ring. Es war schon spät, meine Großmutter hatte mir genau die Stunde meiner Rückkehr bestimmt. Ich blickte noch einmal auf das Erdloch, vor dem ich gesessen war, schüttelte mir die Erde aus den Kleidern, und schwang mich auf mein Rad. Ich folgte dem Fußweg zuerst entlang der Wiese, dann in den Wald hinein, durch ein paar Bauernhäuser einer Straße entlang, dann zum Bahndamm.
Die ganze Zeit über war meine Aufmerksamkeit auf das kommende Gewitter gerichtet, ich wollte nicht auch noch nass nach Hause kommen, wenn ich schon voll mit Erde war, bis in die Unterwäsche hinein hatte sie ihren Weg gefunden, und scheuerte jetzt bei jedem ungeduldigen Tritt in die Pedale. Ich mußte nach Hause. Ich spuckte Erdkrumen aus, da begann es zu regnen. Schwere Tropfen fielen auf die warmen Steine des Bahndamms, der Geruch nach Regen hin in der Luft, in den Blättern der Maispflanzen auf dem Feld neben mir raschelte der Niederschlag. Ich war an der stählernen Eisenbahnbrücke über den kleinen Fluß angelangt, der hinter der Wohnhausanlage in der wir wohnten, floß. Ich musste absteigen, denn neben dem Bahndamm war kein Geländer, der Weg war schmal, außerdem lagen große, heruntergefallene Steinbrocken im Weg. Es war mir strengstens verboten die Brücke zu überqueren, ja ihr überhaupt nur nahezukommen, geschweige denn mit dem Fahrrad hinüberzufahren. Mein Großvater war ein strenger Mann.
Ich wäre lieber im braunschwarzen, öligen, blasenwerfenden Wasser unter mir, das nach Papierabfällen stank, ertrunken, als ihm Rede und Antwort stehen zu müssen. Also bezwang ich meine Ungeduld und ging langsam hinüber. In meiner Hast hatte ich vergessen Ausschau zu halten, ob sich nicht ein Güterzug zeigte. Denn mitten auf der wackeligen alten Konstruktion, deren Eisenelemente den Lack schon vor vielen langen Wintern verloren hatten, und nun rostrot und düster wirkte, von einem Zug überrascht zu werden war fürchterlich. Ich schob mein Rad, setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, tief unter mir die Pöls. Ich war so konzentriert, ich merkte nicht, wie mich der Regen durchnäßte, die Erde aus meinen Haaren spülte und mir braune Bäche übers Gesicht liefen. Endlich, nach bangen Minuten, während derer ich auch immer damit rechnete von meiner Großmutter gesehen zu werden, war ich drüben angekommen. Ich schulterte mein Rad, mein Vater hatte es mir gerade erst gekauft und es war mir noch zu groß, blickte dem Schienenstrang beiden Seiten nach entlang und sprang dann so schnell es eben ging über die glitschigen Schwellen hinüber auf die andere Seite, und dann den Bahndamm hinunter.
Ich verschnaufte kurz und wollte mein Fahrrad schon wieder schultern, um noch über eine Wiese zu setzen und dann endlich die letzten Meter nach Hause zu schaffen, als mich unversehens jemand ansprach. Ich kannte sie schon lange, so lange wie ich jeden Sommer bei meinen Großeltern verbrachte. Sie war sechs oder sieben Jahre älter als ich, in meinen Augen schon eine erwachsene Frau. Da ihre kleineren Geschwister auch im Hof spielnte hatte sie immer ein Auge auf die Kinder der Siedlung gehabt, allzu rohe Spiele unterbunden, Streitigkeiten geschlichtet. Geduldig hörte ich mir an, was sie zu sagen hatte, hauptsächlich ging es darum nicht die Eisenbahnschwellen zu überqueren. Meine Aufmerksamkeit war allerdings, da sie genauso durchnäßt war wie ich, weniger auf ihre Worte als auf sie selbst gerichtet. Verführerisch forderten ihre Rundungen ihr Recht. Gerade noch ein Wort schnappte ich auf: „du kleiner Maulwurf“, hatte sie mich genannt, nicht böse sondern neckend. Verdutzt starrte ich sie an, da strich sie mir mit der rechten Hand über die Wange, und wischte mir mit dem Zeigefinger die Erde aus dem Gesicht. Es hatte inzwischen, wie es bei heftigen Sommerregen eben so ist, aufgehört zu schütten. Ich wollte gerade ansetzen etwas zu sagen, da rief sie eine ungeduldige Stimme. Sie schenkte mir noch ein schnelles Lächeln, ihre kleinen Sommersprossen tanzten, da tauchte er auch schon unter der Brücke auf und rief sie zu sich. Sie drehte sich um und lief den Weg hinunter, er war groß, hatte lange Haare, trug ein Lederhalsband und fuhr einen eigenen Wagen.
Über die Wiese und dann auf dem rasch auftrocknenden Asphalt fuhr ich nach Hause. Wie immer legte meine Großmutter zuerst Zeitungen auf den Boden, bevor sie mich hineinließ, die Dusche wartete schon auf mich. Verwirrt stand ich in der Badewanne und ließ mir das Wasser durch die Haare laufen. Tannennadeln und kleine Steine verschwanden im lautgluckernden Abfluß.
Ich war ein Außenseiter in der Wohnblocksiedlung. Weder konnte ich schnell Fahrradfahren, geschickt Steine werfen, noch kletterte ich schnell in die Bäume hinauf. Dazu kam, daß ich Hochdeutsch sprach, was noch einen zustäzlichen Graben aufwarf. Der größte Hindernisgrund gegen meine Akzeptanz in der Gruppe war aber die Tatsache, daß ich nur im Sommer, und auch nur für ein paar Wochen zu Besuch war. Bevor ich meinen Platz gefunden hatte, waren die Ferien jedesmal schon vorbei. Aus diesem Grund verbrachte ich viel Zeit allein im Wald, träumte, las oder grub. Wenn ich aber mit den anderen Kindern spielte, so versuchte ich mich immer hervorzutun, nur so ließ es sich vermeiden von allen gehänselt zu werden . Meine angeborene Waghalsigkeit leistete mir dabei gute Dienste.
Am nächsten Tag war es soweit, irgendwie ließ ich mich überzeugen eine Mutprobe durchzuführen. Auf der alten Eisenbahnbrücke einen vorbeidonnernden Zug auszuhalten war schon seit dem letzten Sommer passé. Diesmal ging es darum, in den Gestängen an der Unterseite der Brücke, klammernd wie ein Affe, einen Zug zu überstehen. Zuerst galt es die gemauerte Böschung hinaufzusteigen, in den Ritzen Halt zu suchen, die rostigen Stangen entlangzukriechen, stellenweisen zu hangeln und dann direkt in der Mitte auszuhalten.
Es war ein heißer Augustnachmittag, dir rötlichen Steine der Böschung waren glühendheiß, an manchen klebte zähflüssiger Teer. Langsam und vorsichtig schob ich mich höher. Unter mir standen etliche Kinder, ihre Rufe klangen hell herauf. Ringsum lagen Fahrräder im Halbkreis verstreut. Die Steine waren scharfkantig, in Ritzen, die früher Mörtel gefüllt hatten wucherten Kletterpflanzen, leider aber auch Brennnesseln. Meine Hände, mein Hals und meine nackten Beine waren mit den rötlichen Blasen übersäht. Eidechsen verschwanden schnell wie ein Lidschlag in den dunklen Spalten. Von irgendwoher kam der durchdringende Geruch von Marderlosung, über allem lag der faulige Duft der von der Pöls heraufgeweht kam. Ich konnte nicht mehr nach unten blicken, ohne daß Schwindel aufkam, nur mehr ein kleines Stück und ich hatte es geschafft. Eine große Hausspinne huschte blitzschnell über meine Hand, glücklicherweise zu schnell als das ich mich schrecken hätte können, ihre Berührung so sanft wie eine Zärtlichkeit. Ich schwang mich über den Rand, eine kleine Platform war da, ich ruhte mich kurz aus.
Direkt vor mir spannten sich die stählernen Träger in gerader Linie zum anderen Ufer. Langsam schob ich mich vorwärts, dieser Teil der Prüfung war einfach, bald war ich in der Mitte des Flusses. Unter der Brücke war es dunkel, laut dröhnte das Rauschen des Flusses herauf, die anderen am Ufer unter mir wirkten klein und verloren, ein paar winkten freundlich herauf. Ich wollte einen Arm von den rostigen Trägern lösen, als der Zug herangedonnert kam. Wie eine Schlange spürte ich die Vibrationen, ich hatte noch genug Zeit mich gut festzuhalten. Außerdem hatte ich geschummelt, schnell schob ich mir Propfen in die Ohren, ich hatte sie aus dem Schrank meines Großvaters. In den Werkhallen der Voest Alpine war es sehr laut. Ich war im vornherein sehr stolz auf diesen Trick gewesen, schien doch der ohrenbetäubende Lärm das größte Hindernis zu sein. Als der Zug da war erkannte ich meinen Irrtum. Die Träger bebten, der Lärm war unerträglich und die Angst schnürte mir die Kehle zu. Ich merkte gar nicht, dass ich mich mit aller Kraft an den Stahl klammerte bis mir die scharfen Kanten ins Fleisch schnitten, es gab nur mehr den Lärm und die Angst. Endlich ebbte der Lärm ab, da stellte ich fest, dass ich vor Erschöpfung zitterte, ich hatte mich furchtbar überanstrengt. Auf wunden Knien und mit offenen Handflächen kroch ich langsam zurück, den Abstieg machte ich nicht mehr, ich nahm den leichteren Weg und stieg von der Plattform einfach auf den Bahndamm hinauf. Den ganzen Nachmittag über wurde ich gefeiert wie ein Held, mir schwante schon daß irgendeiner zu Hause nicht den Mund würde halten können, wie schon gesagt, mein Großvater war ein strenger Mann.
Das Eiskaufen war ein Ritual und wurde mehrmals täglich vollzogen. Voller Stolz auf meine Leistung machte ich mich auf den Rückweg, über verwilderte Wiesen auf denen Bauschutt lag und Adlerfarn wuchs, und schleckte an meiner kalten Siegestrophäe. Auf einem großen Findling saß Sie, ebenfalls ein Eis in der Hand, die langen Beine nackt, an die Brust angezogen, himmelblaue Shorts. Ihre kleine Schwester hatte ihr schon von meinem Abenteuer erzählt.
"Du solltest das nicht machen, nur um den anderen zu imponieren, schon gar nicht so etwas, das ist doch kindisch."
"Wieso nicht, es macht mir doch genauso viel Spaß wie ihnen. Wer weiß, vielleicht würde ich es auch machen, wenn niemand dabei ist, wer hat dir gesagt, daß ich nicht schon alleine geübt habe?"
Voller Übermut griff ich nach ihrem Handgelenk und entwand ihr das Cornetto. Schnell jagte ich davon, sie mir hintendrein. Sie packte mich an der Schulter, mein T-Shirt riß, und wir beide kugelten einen kleinen Abhang hinunter. Sie war wirklich zornig, ihr Eis war weg und so rauften wir ein Zeitlang in der Wiese. Sie war stärker und kam oben zu liegen, ihre Augen blitzen mich an, während mich ihr langes, kornfarbenes Haar in der Nase kitzelte. Hinter ihrem Gesicht, leicht gerötet vor Anstrengung und villeicht auch noch ein bißchen Ärger, strahlte die Sonne im tiefblauen Himmel, der nur von den langen, weißen Fingern der Wolken durchzogen wurde. Sie sah mich an,
lächelte und sagte "Kleiner Maulwurf". Sie beugte ihren Kopf zu mir herab, ihr Geruch nach Shampoo und Kaugummi stieg in meine Nase, mein Herz wollte aus meinem Hals heraus und so küßte sie mich. Hinter einem Vorhang aus dunklegoldenem Korn verschwand die Welt. Nur Geräusche drangen zu mir, hinter den hohen Grashalmen, den wilden Margariten und der Heckenrose fuhr ein Auto vorbei. Ich hörte das Knirschen der Kieselsteine unter seinen Reifen. So still war es dass, von der anderen Seite der Pöls ganze Leise das Dröhnen der Boliden auf dem Ö-Ring, 1200 Ps in Bergers Ferrari, zu hören war. Mütter klopften auf den Stangen Teppiche aus, und vom Spielplatz her war ein weinendes Kind zu hören. Noch immer küsste sie mich, langsam erwiderte ich, vorsichtig. Dann, so schnell wie es gekommen war, endete es auch. Sie setzte sich auf und rückte ein Stück weg von mir.
Tausend Bemerkungen schossen mir durch den Kopf als wir langsam zurück gingen, doch keine schien mir passend, oft hatte ich drei gleichzeitig auf der Zunge, wenn ich aber dann den Mund auftat, waren sie alle wie weggeblasen. Bei ihrem Wohnblock trennten wir uns dann, ohne bis dahin ein Wort gesagt zu haben.
"Sag niemandem was."
"Nur wenn du auch niemandem etwas von der Brücke sagst."
Am nächsten Nachmittag herrschte gähnende Langeweile. Alle saßen vor den Bildschirmen oder waren drüben in Spielberg am Ring. Die Geschäfte hatten geschlossen, so radelte ich alleine und ziellos herum. Auf den Wegen und Straßen sah ich niemanden, kein Sonntagsspaziergänger und kein Auto begegnete mir, es schien als wäre ich ganz allein. Graben wollte ich nicht, meine Hände waren immer noch offen, zu Hause hatte ich erzählt, daß ich mit dem Fahrrad gestürzt wäre. Rotes Jod hatte in meinen Wunden gebrannt als mein Großvater sie desinfizierte. Der Himmel war bedeckt, ich hielt meine Nase in den leichten Wind und träumte vom gestrigen Tag. Auf dem schmalen Feldweg zwischen Bahndamm und Maisfeld kam Sie mir entgegen. Ich war angespannt, nervös, was sollte ich sagen? Wie fing man in einer solchen Situation ein Gespräch an? Ich wußte es nicht. Alles ging ganz von alleine.
Wir stiegen beide ab und redeten kurz miteinander, sie schob ihr Haar hinter die Ohren, ihr Freund war auch in Spielberg, ihr war genauso langweilig wie mir.
"Komm mit", ich folgte ihr.
Zweimal drehte sie sich zu mir um, sagte aber nichts. Wir schoben die Fahrräder in eine Wiese, lehnten sie an einen knorrigen alten Baum, und streckten uns in seinem Schatten aus. Auf dem Rücken liegend, sahen wir den Wolken zu, wie sie der Wind vor sich her trieb. Ein leiser Schwindel packte mich, als ich so den Wolken nachsah, ich blickte zu ihr hinüber und sie legte ihren Arm um mich. Wieder küssten wir uns, meine unsicher suchenden Hände nahm sie und gelassen führte sie mich in die Welt ihrer Wunder.
Der elektrische Zaun hinter uns summte laut und die Kuhglocken von der anderen Seite bimmelten klar zu uns herüber. Ihr Geruch hüllte mich ein wie eine Daunendecke. Hektischer wurden unsere Küsse, wieder wehte der Wind Fetzen vom Motorenlärm herüber, ihre bloße Haut auf meiner, wir rollten herum, sie lag auf mir, rhythmisch hob und senkte sich ihr Becken. Den kälter werdenden Wind, die dunklen Wolken die die Sonne verdunkelten bemerkten wir nicht. Nur Sie gab es in meiner Welt, alles andere verschwand wieder hinter dem seidenen Vorhang ihrer langen Haare.
Wir sahen uns nicht wieder in diesem Sommer, und auch nicht im nächsten. Sei es dass Sie mich mied, sei es dass ich Sie mied, jedenfalls waren die Ferien bald vorbei. Im nächsten Sommer zog meine Familie um. Erst viele Jahre später, ich war schon verheiratet und hatte mein Studium beendet, kam ich wieder nach Zeltweg. Gemeinsam mit meiner Tochter besuchte ich meine Großmutter für ein kurzes Wochenende. Ich sah sie, als ich allein die Orte aufsuchte die mir in meiner Kindheit so viel bedeuteten, aber sie erkannte mich nicht wieder.