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Speed
"Und Sie da, ja Sie, Ihren Namen hab ich vergessen, Sie schreiben mir eine Reportage über Geschwindigkeit. Es ist Ihnen freigestellt, aus welcher Perspektive Sie das Thema betrachten. Aber ich gebe Ihnen einen Tipp: Machen Sie es spannend, geben sie sich Mühe, sonst ist Ihre Probezeit hier schnell vorbei." Nein, man konnte sich nicht aussuchen welchen Teil der Zeitschrift man übernehmen wollte, als Neue sowieso nicht. Ein Interview wäre ihr lieber gewesen, das konnte sie, dann wäre ihre Stelle hier gesichert gewesen.
Stattdessen zerbrach sie sich nun auf dem Nachhauseweg den Kopf darüber, wie man so etwas interessant gestalten konnte. Einen Bericht über Geschwindigkeit? So was Blödes. Und dann noch die Warnung des Chefs. Sie brauchte den Job, oder bessergesagt: Das Geld. Sie war nicht die einzige, die davon leben musste.
Plötzlich kam ihr eine Idee. Konnte man das Leben beschleunigen? Es mit all seiner Schönheit und Grausamkeit schneller vorüberziehen lassen? Es wie aus einem Hochgeschwindigkeitszug betrachten, aber ohne die Konturen zu verwischen? Einen Versuch war es mindestens wert. Sie hatte noch genügend Zeit, bis der Artikel abgegeben werden musste. Also beschloss sie, ihr Leben zu beschleunigen. Und zwar massiv. Dann würde sie am eigenen Leib erfahren haben, was Geschwindigkeit war, wie man sie fassen konnte, wirken lassen konnte. Dann könnte sie einen richtig guten Artikel schreiben, mit dem Sie den Job definitiv bekommen würde. Sie begann.
Kurze Zeit später war sie tot. Dass bei einer solch massiven Lebensbeschleunigung auch der Tod viel schneller eintraf, daran hatte sie nicht gedacht.