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- 21.03.2003
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Stehler
Die Sätze müssen kurz sein. Hörst du? Kurz müssen sie sein? Je kürzer, desto besser.
Ich muss Texte schreiben. Egal was, Texte. Um sie ins Forum stellen zu können. Inhalte sind beliebig. Da ist mir alles gleich. Nur eins gilt es zu beachten: Sie dürfen nicht ins Korrektur-Center verfrachtet werden. Denn dann will keiner mehr antworten und sie versinken in der Bedeutungslosigkeit. Stellt euch das mal vor, meine Texte bedeutungslos!!!!! Nein, das darf nicht sein.
Dabei macht mir Schreiben gar keinen Spaß. Ich hasse es. Einzelne können mittels der Texte die Intelligenz einschätzen. Deshalb muss ich höllisch aufpassen, denn seit kurzem weiß ich, dass mein Intelligenzquotient weit unter 100 liegt. Diesen Sachverhalt gilt es zu verbergen. Dennoch muss ich es riskieren: Ich brauche die Präsenz. Um jeden Preis. Komme ich ins Forum und sehe meine Geschichten in jeder Rubrik oben stehen, dann fühle ich mich wie ein Beatle in den US-amerikanischen Hitlisten. Es gibt derzeit nichts Größeres für mich. Hänge im Kurzgeschichten-Chat ab, lasse mich loben, dass ich so ausgeglichen bin, da ich nie was sage. Ertrage sogar, dass man mich anflirtet. Aber alles nur um immer präsent zu sein, wenn jemand Neues auf meine Texte geantwortet hat und ich dadurch wieder die Nummer eins bin.
Wenn mich jemand fragt, was Glück ist, dann antworte ich ihm: Gin Tonic und Beatles-Musik bis zum Abwinken und dazu Kurzgeschichten.de. Meine Freundin fragt mich, ob ich es nicht bald über habe, stundenlang auf meine Beiträge zu starren und nichts passiert.. Aber so ist das nicht. Ich bekomme es einfach nicht über. Obwohl ich die Bewegung brauche. Nicht die eigene versteht sich. Die in meinen Threads. Deswegen sehe ich mich genötigt - so wie jetzt gerade –
selbst etwas Neues zu schreiben, sobald fünf Stunden niemand auf mich reagierte.
Und wie gesagt, ich hasse es. Das Schreiben. Nie nicht fällt einem was Gescheites ein. Man quält sich von einem Satz zum nächsten. Weiß, dass man die eigenen Texte nie lesen würde, darf es aber ums Verrecken nicht zugeben, denn dann lesen's die anderen bald auch schon nicht mehr. Aber genau darum geht es mir ja. Die Summe aller Leser müssen beim Lesen mehr Zeit aufbringen, als ich benötige, um den Text zu schreiben. Bei einer verlässlichen Leserschaft von fünf, kann man sich leicht errechnen, immer den Gesetzen der Ökonomie folgend, wie viel Zeit man in einen Text investieren darf, um erfolgreich zu arbeiten. Deswegen sind mir ja auch alle Beiträge soviel Wert, völlig unabhängig vom Inhalt. Ich lese sie eh nicht. Denn dann schriebe mein Zeitkonto wieder Miese, da die Zeit, die ich benötige, um Leserkommentare zu studieren, wieder abgezogen wird. Es wäre nichts gewonnen. Wozu sonst habe ich mal Buchführung gelernt und ein ziemlich ausgetüfteltes System speziell für meine Bedürfnisse entworfen?
Meine Freundin sagt, es habe mit meinen Minderwertigkeitskomplexen zu tun, dass mir soviel daran liege, anderen Leuten die Zeit zu stehlen, indem ich sie an meine Texte binde, damit sie währenddessen bloß nichts Großartiges mit ihrem Leben anfingen. Sie keine Dinge tun, die ich gerne selbst täte, zu denen ich aber wegen diverser Defizite nicht in der Lage sei. Ferner verfüge ich ihrer Meinung nach nicht über schriftstellerisches Talent, da es mir an Sprache fehle. Menschen, die schreiben könnten, verwendeten schöne lange Sätze, die sich dennoch vergnüglich und flüssig lesen ließen. In meinem Repertoire hingegen befänden sich lediglich Hauptsätze. Heute aber lese man keine Literatur wegen ihres Inhalts – alles Sagbare sei jedem potentiellen Leser bereits durchs Fernsehen bekannt –, sondern allein ihrer Sprache wegen.
(Kurze Sätze, hörst du, kurze Sätze. Sonst haue ich dir eine rein, klar! )
Sie studiert zwar Literaturwissenschaft, meine Freundin, dennoch traue ich ihrem Urteil da nicht ganz. Denn mit guten Texten verhält es sich meiner Meinung nach ..... na ja auch egal. Aber mit dem anderen hat sie Recht. Ich glaube ernsthaft, dass Leute die Schriftsteller wurden, es nur aus einem Grunde wurden: Sie wollen anderen Leuten die Zeit stehlen. Kennen Sie einen Schriftsteller, ich meine persönlich, als Freund eben, kennen Sie einen? Fragen Sie ihn mal, warum er mit dem Schreiben begonnen hat. Aus Missgunst. Das ist der ganze Grund. Vergeudet man schon seine eigene Zeit, weil man mit ihr nichts anzufangen weiß, so sollen andere ihre Zeit wenigstens mit einem vergeuden.
Deshalb hier nun ein neuer Beitrag von mir. Ich ertrug es nicht, dass sich kaum einer im Forum betätigte und geriet in große Grübeleien darüber, was ihr alle da in der großen weiten Welt gerade macht. Ich musste euch zurückholen. Ich kann nicht anders. Zeigt mir, dass ich Erfolg damit hatte!