Was ist neu

Sternschnuppe

Mitglied
Beitritt
31.10.2004
Beiträge
381
Zuletzt bearbeitet:

Sternschnuppe

Die Sonne hatte ihr goldenes Ballkleid angezogen, tanzte einsam am Horizont und warf ihre Falten über das gefrorene Land. Vielleicht würde sie heute etwas länger aufbleiben. Vielleicht uns ein wenig Wärme gönnen. Vielleicht uns aber auch nur versprechen, morgen wiederzukommen. Sie vergisst es nicht. Ganz bestimmt.

Viel zu früh bricht die Nacht herein, eine schwarze Flut, die Sterne an den Himmel schwemmt. Schau!, dort oben, die Küste der gestrandeten Seelen, sie warten auf unsere Heimkehr. Meine Hand stochert in die Dunkelheit, probiert, einen kleinen Stern zu fangen, um ihn dir zu schenken. Aber sie verstecken sich hinter den Wolken.

Hast du denn schon Heimweh? Du strampelst, als möchtest du dich wehren. Kämpfe nur, kämpfe, mein Kleines. Für das Leben. Ich streichle über meinen Bauch. ›So nah wie jetzt‹, überlegt ein Teil von mir, ›werden wir uns nie wieder sein.‹ Und doch scheinen wir getrennt.

Draußen ist der Mond aufgegangen. Ernst blickt er auf uns hinab. Du schlummerst ruhig, und das macht mir Angst. Ich weine, und mit den Tränen male ich dir meine Welt auf den Bauch. Kannst du sie sehen? Nein. Du spürst nur, wie kalt und finster sie ist.

Über dem Eingang hängen die Eiszapfen immer tiefer. Sie drängen zur Erde, weil das Meer aus Flocken sie lockt. Der Schnee glänzt silbrig im Mondschein, und blendet mich. Nur wir, gehüllt in graue Felle, wirken wie etwas Unreines, das hier nicht hingehört.

Durch die Ritzen des Iglus schlägt der Wind, rüttelt an den Wänden unseres Eisgefängnisses. Einreißen will er es nicht, das wäre viel zu einfach. Stattdessen spielt er mit unserer Angst, harrt darauf, dass wir uns der Kälte ergeben. Wie Tausende von Dornen reibt er an meiner Haut. Sie ist schon völlig weich und blau.

Die Flamme der steinernen Tranlampe wirkt abwesend. Sie spendet uns kaum genug Wärme. Ihr Licht birgt keine Hoffnung mehr, sondern macht mich wütend. Du drehst dich um, und willst von alledem nichts wissen. Nicht die richtige Zeit, und schon gar nicht der richtige Ort.

Die Stille rieselt herein, und legt sich wie Reif auf meine Lider. Dass sie geschlossen bleiben. Den Schmerz nicht hinauslassen, damit er im Inneren versickert. Ich hoffe, du fühlst ihn nicht. Mit Mühe verzehre ich den letzten Brotkanten. Du wirst Kraft brauchen.

Es herrscht Windstille, als du dich entschließt, meine Welt zu betreten. Endlich. Ich beuge mich über die Kuhle im Schnee, die deine eiskalte Wiege sein wird. Mein Bauch krampft sich zusammen, möchte dich festhalten. Die Schmerzen breiten sich wie ein Gewittersturm in mir aus. Hier zuckt, dort dröhnt es. Und irgendwo hat es ein gleißendes Feuer in mir entbrannt.

Da liegst du nun, starrst mich an. Dein stumpfer Blick prallt an mir ab, zersplittert wie Eis. Sie glänzen, deine Augen, stumm zwar, aber voller Sehnsucht nach dem Leben, das deinem eisigzarten Körper entströmt. In Wölkchen, die nicht anders können, als in den Himmel aufzusteigen. Klein, weiß wie deine Wangen und ganz weich.

Keine Regung verlässt dein Inneres. Du hast aufgegeben, nach Luft zu ringen. Es lohnt sich nicht. Deine Lungen, zart wie Pergament, dein Herz, zu klein für solch einen tapferen Jungen. Du folgtest diesem wunderschönen Traum, der dich fortlockte, der dich entführte in deine wahre Heimat. Wirst du mir später von ihm erzählen?

Ich gehe hinaus. Hinein in die schweigende Nacht. Der Sturm hat die Wolken auseinander gerissen, die jetzt wie Klippen am Firmament prangen. Der Mond fehlt, und hat seinen Schein den Sternen anvertraut. Sie funkeln herrlich. Wie winzige Leuchttürme, welche in der dunklen Brandung dafür sorgen, dass die Seelen nicht untergehen.

Das Polarlicht flimmert über mir. Gottes Atem. Eine Sternschnuppe blitzt aus der Ferne auf. Du bist es. Deutlich sehe ich dich in der leuchtenden Schleppe. Kurz darauf strandet sie im schwarzen Nachthimmel. Du nistest dich als Stern ein, und sendest mir fortan dein goldenes Lächeln.

 

Hallo moonaY,

sehr lyrischer Schmerz, den du über eine Totgeburt erzählst, poetisch und so einfühlsam, dass das Grauen hinter den Worten verschleiert wird, wie die Sonne im Nebeldunst.
Rhythmisch einwandfrei, fast jeder Absatz in gleicher Länge, wie Strophen eines Liedes über den Kreislauf des Lebens.

Ich weiß manchmal nicht genau, ob ich es passend finde, den Schmerz so schön zu umschreiben, aber ich finde es schön, dass deine Protagonistin Trost in ihren Vorstellungen findet. Ein Stern wird ganz bestimmt für sie lächeln.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Moona,

dein Text hat mich sehr berührt. Er ist voller Güte; besonders durch das Ende.

Eine kleine Sache, die mir nicht gefällt:

moonaY schrieb:
Die Sonne hatte ihr goldenes Ballkleid angezogen, tanzte einsam am Horizont und warf ihre Falten über das gefrorene Land. Vielleicht würde sie heute etwas länger aufbleiben.

aufbleiben...da muss es doch einen besseren Ausdruck dafür geben; vielleicht verweilen?

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo moonaY,
Genau das erwarte ich, wenn ich einen Text von dir anklicke: ein schillerndes Gewebe aus ganz vielen wunderschönen Sprachbildern, die sich zusammen zu einem Ganzen fügen und dabei noch eine atmosphärische Geschichte erzählen. Was nichts anderes heißen soll, als dass es mir sehr gut gefallen hat. Einen Tippfehler hab ich gefunden:

einen kleinen Stern zu fangen, um in dir zu schenken.
Bis zu der Stelle mit den grauen Fellen wird noch gar nicht richtig klar, dass du das Geschehen hoch in den Norden in eine Eiswelt mit Iglus verlegt hast, deine Protagonistin eine Inuit-Frau sein könnte. Aber sobald es sich offenbart, wird das Szenario – zumindest für mich – zu einem ganz wunderbaren Hintergrund für die Gedanken deiner Prot und macht sie in ihrer fast naiven und ursprünglichen Art sehr glaubwürdig. Ein bisschen merkwürdig erscheint mir, dass sie sofort nach der Geburt einfach aufstehen und nach draußen gehen kann. Da kommt vielleicht wieder ein bisschen zum Tragen, dass die geschliffene Perfektion deiner Sprachbilder wenig Raum für die Realität lässt. Aber das finde ich bei dieser Geschichte überhaupt nicht wichtig. Sie ist wunderschön so, wie sie ist.
Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Hallo moonaY,

wie immer stilsicher geschrieben, mit wunderschönen Bildern, die viel Atmosphäre aufkommen lassen. Ruhig und sachte kam die Trauer der Frau bei mir an.
Mein Kritikpunkt: die Trauer zieht sich durch den Text. Es scheint, als ob sie längst weiß, dass sie ihr Kind nicht lebend gebären wird. Was positiv ist: dadurch spürte auch ich beim Lesen die ganze Zeit, dass es kein Happy End geben wird. Allerdings kam mir im Vergleich zur intensiven Trauer dann sowohl der Vorgang der Geburt mit seinem Schmerz als auch der Tod des Kindes viel zu kurz. Kein bißchen Verzweiflung, keine Steigerung des Schmerzes aufgrund des toten Babys? Sie nimmt es hin und tröstet sich mit dem Sternbild, wie ich finde ein wenig zu schnell.

Dennoch: deine Geschichte hat mir wirklich gut gefallen.

Liebe Grüße
Juschi

 

So viel Kritik nach so kurzer Zeit. Dann möchte ich einzeln auf eure Kommentare eingehen, um nicht den Überblick zu verlieren.

Hallo sim

Danke für deine treffenden Worte. Das baut mich auf.

Hallo Sue

Auch dir vielen Dank. Den Widerspruch zwischen dem geborgenen Leben in/mit der Natur und den unerbittlichen Kampf ums Überleben gegen sie wollte ich skizzieren. Die Inuit-Frau schafft dies nur über ihren Glauben. Schön, dass du das erkannt hast.
Was genau aber meinst du mit: "Damit "rückst du" gewissermaßen auch den Eindruck beim Leser "gerade"." ?

Hallo bernadette

Freut mich, dass dir die Geschichte und vor allem auch das Ende gefällt.
Das "aufbleiben" ist bewusst gewählt, da es mit dem "Ballkleid" korreliert. Wenn du als Leser an Ballkleid denkst, ensteht bei dir die Assoziation zu einer abendlichen Tanzveranstaltung. Und um an solch einer teilzunehmen, muss man sicherlich lange aufbleiben. ;)

Hallo Malinche

Deine Worte bringen mich in Verlegenheit. Danke dir für das viele Lob. Ich möchte bewusst den Leser eine Weile in der (nächtlichen) Dunkelheit herumirren lassen. Gut, dass es dich nicht davon abgehalten hat, die Geschichte bis zum Schluß zu lesen.
Ein wenig träumen sollte erlaubt sein. Da muss die Realität zurückstecken. Aber Recht hast du natürlich. Ich überdenke die Sache noch einmal.

Hallo Maggie3

Danke :)

Hallo Juschi

Ich habe mich sehr über deine Worte und Gedanken zur Geschichte gefreut. Die Geburt erscheint im Vergleich zu den ganzen Beschreibungen drumherum etwas kurz geraten, da gebe ich dir Recht. Ich bin der Meinung, dass der Mensch nur ein bestimmtes Maß an Schmerz und Leid verträgt, und oberhalb dieser Grenze den Geist abriegelt. Die Frau wirkt wie betäubt, verliert sich in unsinnigen Details und begreift in ihrer traumatischen Naivität den Tod ihres Kindes nicht. Außerdem fühlte sie schon vorher, dass ihr Kleines die Nacht nicht überleben wird, und konnte sich darauf vorbereiten. Ich denke, es gibt diesbezüglich eine Art "telepathisches" Verständnis von Mutter und Kind, auch wenn dies nur ein Mythos zu sein scheint. Schwangere, die ihre Kinder als Totgeburten zur Welt brachten, berichteten über ähnliche Erfahrungen. Was meinst du?

An alle nochmals einen herzlichen Dank und liebe Grüße,
moonaY

 

Hallo MoonaY,

wow, du steigerst dich wirklich mit jedem Mal. Deine ersten Geschichten hier haben mir nicht so gut gefallen, aber seitdem wirst du wirklich immer besser.
Inzwischen beherrscht du auch den Bogen von Bildern und Handlung sehr gut, d.h. beides ist sehr ausgewogen.

Die Trauer der Frau konnte ich sehr gut nachvollziehen, doch auch den Hoffnungsschimmer am Ende. Ich bin froh, dass sie nicht aufgibt, dass sie weitermacht und die Sterne, die Sonne... für sie ein Zeichen dafür sind, dass alles besser wird.

Sehr schön!!

LG
Bella

 

Hi moonay,

muss mich den anderen da anschließen - schöne Geschichte, sehr rund erzählt, auch, wenn ich sie zuerst nicht verstanden habe. Erst kurz vor Schluss fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Was ich ein bisschen zu bekritteln habe, ist deine Beschreibung der Umgebung. Beispiel "die Flamme der Steinlampe brennt" oder das Bett als "Felllager" oder so ähnlich. Ich finde, hier würde weniger mehr sein - lass die Steinlampe einfach eine Lampe sein, das reicht aus, der Leser merkt, dass die Prot nicht in Europa lebt. Oder sag, dass sie sich in die Felle kuschelt. Indirekter eben. Verstehst du, was ich meine? :shy:

Schöne Geschichte, die allerdings noch gewinnen könnte, wenn du die Umgebungsbeschreibungen subtiler machst.

gruß
vita
:bounce:

 

Hi moonaY,

schön, dass deine Schreibblockade zu Ende zu sein scheint. Wenn daraus öfter solche Geschichten entstehen, solltest du ganz dankbar sein...

Sehr schön poetische Sprache, mit den für dich typischen Metaphern hast du dich aber eher bedeckt gehalten - nicht schlecht, so wirken sie im einzelnen viel besser.

Sehr viel neues hab ich ansonsten nicht zu sagen - nur inhaltlich fand ich es recht deutlich - nicht zu sehr, aber auch nicht unverständlich.

Gut.

Anea

 

Hallo Moonay,

Auch von mir ein Lob. Deine Art, Natur und Gefuehle zu beschreiben, mit den Worten zu spielen, gefaellt mir ausgezeichnet. Die Sprache ist zugleich poetisch und doch herb (der harten Natur angemessen) gewaehlt. Besonders gefallen hat mir diese Stelle:

Viel zu früh bricht die Nacht herein, eine schwarze Flut, die Sterne an den Himmel schwemmt.
In ihrer Kuerze ist die Geschichte ausdrucksstark und nimmt den Leser sofort mit.

schoene Gruesse,
Anne

 
Zuletzt bearbeitet:

Herzlichen Dank für eure Kritiken.

Hallo Sue

Dass die Hoffnung am Ende überwiegt ist einerseits gewollt, andererseits resultiert dieser Umstand aus der mangelhaften Darstellung der Trauer und des Schmerzes der Protagonistin (s.h. Illus Kommentar). Danke, dass du deine Gedanken noch einmal verständlicher für mich in Worte gefasst hast.

Hallo Bella

Vielen Dank für deine netten Worte.
Schön, dass du die Trauer und die Hoffnung gleichermaßen gespürt hast beim Lesen.

Hallo vita

Anhand deiner zitierten Passagen merke ich, dass du einiges durcheinander gebracht hast. Die Frau ist "in grauen Fellen gehüllt", und eine "steinerne Tranlampe" wärmt sie mehr schlecht als recht. Beide Beschreibungen sind mir wichtig, lässt sich doch daraus für den Leser die Herkunft der Frau schlußfolgern (vgl. "Ritzen des Iglus"). Zum anderen verbirgt sich zumindest hinter der Tranlampe, ein Gebrauchsgegenstand der Inuit-Kultur, ein tieferer Sinn. Grundlos wütend wird sie beim Anblick der Tranlampe nicht. ;)
Deinen Wunsch nach subtileren Beschreibungen der Umgebung kann ich so nur bedingt erfüllen. Wichtig wäre mir, dass du mir einige weitere Stellen nennst, an denen ich deiner Meinung nach noch einmal Verbesserungen vornehmen sollte.

Hallo Anea

Die nächste Schreibblockade bahnt sich an, das lässt mich hoffen. :shy:
Was meinst du aber mit: "- nur inhaltlich fand ich es recht deutlich - nicht zu sehr, aber auch nicht unverständlich"?
Danke dir.

Hallo Maus

Ich bringe deine Kritik mal so auf den Punkt: Die Sprache sitzt, passt, wackelt und hat Luft. ;)
"In ihrer Kuerze ist die Geschichte ausdrucksstark und nimmt den Leser sofort mit."
Recht vielen Dank.

Hallo Illu

Über deine konstruktive Kritik habe ich mich ausgesprochen gefreut. Du hast Recht, wenn du sagst, dass ich mittlerweile jeden Satz zweimal umdrehe, bevor er bildlich genug klingt. Aus diesem Grund bringe ich selten Geschichten, die länger als eine Seite sind, zu einem Ende. Hinter dem ganzen Blendwerk aus Metaphern erscheinen die ("extremen") Figuren und die Handlung sehr flach, da stimme ich dir zu. Aber die anderen Kritiken und Kommentare beweisen, dass dem Leser trotzdem der Schmerz, die Trauer, die Verzweiflung, sowie die Hoffnung erkennbar bleibt - hier spielt natürlich auch die Leseerfahrung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Darstellung der Grausamkeit und anderer Emotionen zollt sicherlich der Kürze des Textes Tribut, und ist dementsprechend unzureichend. Viel lieber aber möchte ich bestimmte Dinge nur andeuten (bspw. sie weint, weil er in ihr schläft -> Sorge, "Verdacht" auf Totgeburt / sie malt ihm ihre Welt auf den Bauch, um ihn zu überzeugen, dass es sich lohnt, diesseits zu leben), da ich sonst den Eindruck bekäme, unpassend mit solchen Gefühlen zu jonglieren.
Dein letzter Satz hat mir sehr geholfen: "Ich würde mich wirklich freuen, wenn du den Metaphern-Vorhang deiner Geschichten lüftest und die Menschen dahinter preisgibst. "
Das werde ich mir definitiv zu Herzen nehmen.

Vielen Dank an alle für das Lesen und Kommentieren meiner Geschichte.

Lieben Gruß,
moonaY

 

Hey moonaY,

hier ein bisschen Textkram:

Die Sonne hatte ihr goldenes Ballkleid angezogen, tanzte einsam am Horizont und warf ihre Falten über das gefrorene Land.
Doch wohl die Falten des Ballkleides, oder?

Vielleicht uns ein wenig Wärme gönnen. Vielleicht uns aber auch nur versprechen, morgen wiederzukommen.
Würde im zweiten Satz das "uns" streichen.

Kämpfe nur, kämpfe, mein Kleines.
Komma vor der Anrede.

Nur wir, gehüllt in graue Felle, wirken wie etwas Unreines, das hier nicht hingehört.
Hier würde ich umformulieren: Vielleicht "die grauen Felle lassen uns wie etwas..." oder "das Grau der Felle" oder so. Ich hatte an der Stelle die Assotiation, dass es mit weißen Fellen vielleicht anders wäre. Deshalb würde ich an dieser Stelle weniger das Fell als vielmehr das Grau betonen.

Durch die Ritzen des Iglus schlägt der Wind, rüttelt an den Wänden unseres Eisgefängnisses.
Hier wundert es mich ein bissche, dass sie das Iglu als Gefängnis sieht - wo es sie doch vor dem Wind draußen schützt. Und ich glaube, ehrlich gesagt, auch nicht, dass es Ritzen geben soll, wo man die doch mit Schnee verkleistern kann...=

Die Flamme der steinernen Tranlampe wirkt abwesend
Hier war diese explizite Überinformierung. Ich denke, es ist für die Prot selbstverständlich, dass die Flamme mit Tran brennt. Deshalb ist die Erwähnung dessen überflüssig. So kommt es mir jedenfalls vor. Wenn es kein alltäglicher Gegenstand ist, würde ich es erwähnen... die Lampe vielleicht als "Zeremonienlampe" oder so beschreiben.

Der Sturm hatte die Wolken auseinandergerissen, die jetzt wie Klippen am Firmament prangen.
hat, du schreibst ja im Präsens

Der Mond fehlt
Hier würde ich schreiben, dass er verschwunden ist, weil vorher war er ja da.

Wie winzige Leuchttürme, welche in der dunklen Brandung dafür sorgen, dass die Seelen nicht untergehen.
Ich mag das Wort nicht, es klingt so gespreizt. Wie wäre es stattdessen mit "die"?

Was mich genau gestört hat, kann ich dir im Nachhinein nicht mehr sagen. Vielleicht kannst du ja mit meinem Anmerkungen was anfangen.

lieben gruß
vita
:bounce:

 

Hallo vita,

vita schrieb:
Was mich genau gestört hat, kann ich dir im Nachhinein nicht mehr sagen. Vielleicht kannst du ja mit meinem Anmerkungen was anfangen.
Und ob ich das kann. Vielen, vielen Dank für deine Mühe.
Jetzt weiß ich, wo genau die Schwachstellen am Text liegen. Die meisten der von dir bemängelten Formulierungen kann ich jedoch aus satzmelodischen Gründen nicht ändern. Bitte habe dafür Verständnis, und sehe das keineswegs als ignorante Missachtung deiner Anmerkungen.
"auseinander gerissen" wird nach den Regeln der neuen Rechtschreibung getrennt geschrieben. (Man schreibt "auseinander" immer getrennt vom folgenden Verb oder Partizip.)
Das "welche" behalte ich bei, da sich mit "die" eine Wortwiederholung ergeben würde.

:kuss: Ganz lieben Gruß,
moonaY

 

Hallo moonaY!

Ich finde auch, daß diese metaphernreiche, verschnörkelte Sprache nicht zum Inhalt der Geschichte paßt. Es ist, als würdest Du einem scharfen Braten einen Zuckerguß verpassen, damit er aussieht, als wäre er ein Kuchen.

Viel lieber aber möchte ich bestimmte Dinge nur andeuten …, da ich sonst den Eindruck bekäme, unpassend mit solchen Gefühlen zu jonglieren.
Aber so ist es doch gerade unpassend. Wer fühlt schon Schmerz so »schön«, noch dazu die Angst vor und das tatsächliche Erleben einer Totgeburt. Gerade da wäre es doch interessant, was denn nun wirklich vorgeht in der Frau. Sie ist da verdammt allein mit ihrem Schmerz, und ich glaube nicht, daß sie sich wirklich mit einer Sternschnuppe tröstet, die sie vielleicht ja auch nur deshalb sieht, weil vor lauter Tränen alles vor ihren Augen verschwimmt.

Schau!, dort oben, die Küste der gestrandeten Seelen, sie warten auf unsere Heimkehr.
Das klingt wie eine Aufforderung zum Sterben… :shy:

Ich denke, diese Sprache eignet sich mehr für »schöne« Geschichten, irgendwas Verträumtes oder Romantisches vielleicht. Wenn Du so ernste Themen in dem Stil verarbeitest, macht es fast den Eindruck, als würdest Du das Thema selbst nicht ernst nehmen (was ich aber nicht glaube). Anders wäre es vielleicht, würden die Metaphern den Schmerz verdeutlichen, aber sie verschleiern ihn, als wollten sie ihn verleugnen.

Ein paar Kleinigkeiten noch:

»Die Sonne hatte ihr goldenes Ballkleid angezogen, tanzte einsam am Horizont und warf ihre Falten über das gefrorene Land.«
– Ich muß da vita recht geben, der Bezug stimmt nicht. Aus satzmelodischen Gründen würde ich sowas nicht stehenlassen, klingt es denn so viel unmelodischer, wenn Du schreibst: Die Sonne hatte ihr goldenes Ballkleid angezogen, warf dessen Falten über das gefrorene Land und tanzte einsam am Horizont.

»Vielleicht würde sie heute etwas länger aufbleiben. Vielleicht uns ein wenig Wärme gönnen. Vielleicht uns aber auch nur versprechen, morgen wiederzukommen.«
– Finde ich eher unrealistisch, daß eine erwachsene Frau, noch dazu eine, die mit der Natur leben muß, hofft, daß die Sonne plötzlich länger auf bleibt. Anders wäre es, würdest Du sie bitten oder flehen lassen, die Sonne möge doch nur heute ausnahmsweise länger auf bleiben, dann würde das ihre Hilflosigkeit unterstreichen, deutlich machen, daß sie nichts und niemanden hat, wo sie sich in ihrer Situation hinwenden kann. Wobei mir das auch seltsam vorkommt, daß bei einem Naturvolk eine Frau so ganz alleine ihr Kind zur Welt bringt. Irgendwo sind doch auch noch andere Frauen dieses Volkes?

»Kämpfe nur, kämpfe, mein Kleines. Für das Leben. Ich streichle über meinen Bauch. ›So nah wie jetzt‹, überlegt ein Teil von mir, ›werden wir uns nie wieder sein.‹«
– Warum denkt sie einmal kursiv, dann wieder in einfachen Anführungszeichen? Und warum »überlegt ein Teil von mir«?

»Ich weine, und mit den Tränen male ich dir meine Welt auf den Bauch.«
– Ist sie denn in der Kälte am Bauch nackt? :susp:

»Über dem Eingang hängen die Eiszapfen immer tiefer. Sie flüchten zur Erde, weil ihnen die Luft zu kühl ist. Und sie verraten mir, dass dein Vater heute Nacht nicht bei uns sein wird.«
– Woher kommen denn die Eiszapfen? Sie flüchten zur Erde weil die Luft zu kühl ist? :susp: Soviel ich weiß, entstehen Eiszapfen insbesondere dann, wenn es taut und wieder friert, so warm ist es dort aber wohl nicht… Mir wird auch nicht klar, warum der Vater deshalb nicht heimkommt, er muß ja wohl nicht schneeschaufeln…:D

»Nur wir, gehüllt in graue Felle, wirken wie etwas Unreines, das hier nicht hingehört.«
– Hm, dem armen Kind bleibt ja eigentlich gar nichts anderes übrig, als zu sterben, es wird ihm ja förmlich einsuggeriert, wenn es hier nicht hingehört, aber dafür die Küste der gestrandeten Seelen auf seine Heimkehr wartet.

»Durch die Ritzen des Iglus schlägt der Wind, rüttelt an den Wänden unseres Eisgefängnisses.«
– Ich war zwar noch in keinem richtigen Iglu, aber ich stelle mir das Eis, aus dem sie gebaut sind, doch ziemlich schwer vor, sodaß selbst ein heftiger Sturm nicht an den Wänden »rüttelt«. Bei den Ritzen stimme ich ebenfalls vita zu.

»Du drehst dich um, und willst von alledem nichts wissen.«
– Ähm, so kurz vor der Geburt dreht sich ein Kind eher nicht mehr um, normal ist es schon eine Weile vor der Geburt mit dem Kopf nach unten – wenn es sich dann so knapp vorher noch einmal dreht, liegt es wahrscheinlich falsch, was in dem Fall vermutlich den Tod für Mutter und Kind bedeuten würde, da dann ein Kaiserschnitt gemacht werden müßte.

»Ich beuge mich über die Kuhle im Schnee, die deine eiskalte Wiege sein wird.«
– Gar nicht mit Fellen ausgelegt? :susp:

»Mein Bauch krampft sich zusammen, möchte dich festhalten.«
– Eher doch hinausdrängen?

»Die Schmerzen breiten sich wie ein Gewittersturm in mir aus. Hier zuckt, dort dröhnt es.«
– Finde ich auch nicht sehr treffend beschrieben.

»Da liegst du nun, starrst mich an.«
– Interessant fände ich an dieser Stelle, wie sie die Nabelschnur durchtrennt.

»Der Mond fehlt, und hat seinen Schein den Sternen anvertraut.«
– Würde schreiben »Der Mond ist schon weitergezogen, hat seinen Schein …«

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi moonaY,

eine traurig schöne Geschichte.
Eine Frau, die in der Natur lebt, sie versteht und akzeptieren kann.
Das Leid in ihr wird nicht übermächtig. Sie weiß, ihr Kind geht dorthin zurück, wo es hergekommen ist. Es wird ihr irgendwann erzählen, warum es auf dieser Welt nicht bleiben wollte.

Sehr schöne Bilder, schöne Worte.
Deine Geschichte hat Wehmut in mir ausgelöst.

lieben Gruß, coleratio

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom