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Sternschnuppe

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28.01.2006
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Sternschnuppe

Paul hat einen Tannenzweig auf seinem Balkon gefunden, die Luft wohl wird ihn fallen gelassen haben, es war mächtig kühl und windig die letzten Tage. Noch tragen die Nadeln ein sattes Grün, haben ihm gar in die Hand gepiekt, als er den Zweig vom Boden aufgehoben. „So ein schöner Zweig, wie gewaltig der Wind geblasen haben muss, um dich hier hoch zu tragen.“, Paul fährt mit den Tannennadeln durch den weißen Reif auf dem Geländer, dass schmale Spuren bleiben, die er im Mondlicht kaum sieht. Einen großen Kreis will er ziehen, nur sind die Fliesen des Balkons nicht von Schnee bedeckt, es hat noch gar nicht richtig geschneit diesen Winter, trostlos grau ist die Stadt geblieben.

Durch den Sternenhimmel huscht eine Schnuppe und Paul schließt die Augen, doch bevor er sich etwas wünschen kann, führt ihn das gelbe Funkeln durch die kalte Dezembernacht. „Wo landen wir?“, ruft er, weil er zu fliegen glaubt, obwohl er noch immer den Zweig in der Hand hält und am Geländer steht. Die Lider beschützen seine klaren Kinderaugen vor der Kälte.

Paul verweilt auf der Stelle, und doch tritt er hinaus auf den Bogen, den er so gerne selbst gezogen hätte. Er wendet sich zurück und findet sich auf einer großen weißen Wiese wieder, seine Fußspuren im Schnee und in der Mitte des Kreises steht er, angetan von der lieblichen Musik der Sterne, und tanzt fröhlich Ringelreihe.

„Magnus, nimm meine zarte Hand“, ruft ein Engelsmädchen und streckt Paul seine Flügel entgegen, an die er sich klammert, um von der Luft getragen zu werden ins warme Himmelreich, wo keine Pforte ihm den Durchflug verwehrt. „Wie schön du bist, Magnus“, ihr sanfter Kuss lässt Glockengeläut erklingen und Lichter umkreisen den schwarzen Mantel der Harmonie.

„Schau doch, der Tannenzweig“, flüstert sie und Pauls Lider löschen aus die Musik. Der Wind, der Wind, er muss ihn wieder an sich genommen haben, weil immer noch kein Schnee gefallen, und die lichte Stadt wird trostlos grau bleiben.

 

Hi Smilodon,

du magst es im Moment traumhaft, oder?
Jedenfalls hat auch diese schöne Geschichte etwas von einem Traum, für den man nur die Augen schließen muss. Vor allem ist es ein Traum der Sehnsucht nach einem Mädchen, nach dessen Gefühlen, offenbart in einem Kuss. Man hat das Gefühl, die Liebe reicht aus, um Schnee und Lichter in der grauen Stadt zu sehen.

und doch tritt er hinaus auf den Bogen
meinst du hier aus dem Bogen?
„So ein schöner Ast, wie gewaltig der Wind geblasen haben muss, um dich hier hoch zu tragen.“
ein Ast ist etwas anderes als ein Zweig.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo sim,
vielen Dank für deinen Kommentar, ja, momentan interessier ich mich sehr für diese Art von traumhaften Geschichten, und so lange sie beim Publikum gefallen finden, werde ich euch auch hier nicht verschonen ;)
Freut mich jedenfalls, dass sie dir gefällt :)

und doch tritt er hinaus auf den Bogen
Nein, ich meinte hier tatsächlich "Auf den Bogen", im Sinne von "auf die Kreislinie" und diese Kreislinie hätte Paul selbst gerne gezogen im Wachen, doch da war kein Schnee, in dem er den Bogen hätte ziehen können.

Die Sache mit dem Ast und Zweig muss ich aber wirklich nochmal überdenken, da ich mir die Wortwiederholung sparen wollte. Aber du hast natürlich Recht, auch wenn die Grenzen zwischen Ast und Zweig natürlich fließend sind ;)

Liebe Grüße,
Sebastian

 

HI smilodon,

ich weiß nicht so recht, ob mir deine Geschichte gefällt oder nicht. Einerseits finde ich, dass es dir sehr gut gelingt eine traumhafte Stimmung zu beschreiben, die Geschichte hat so etwas Leichtes an sich.

Auch die Sprache passt hervorragend zu Situation, doch das Thema spricht mich nicht sonderlich ein. Aber wahrscheinlich bin ich nur einfach überhaupt nicht romantisch veranlagt. ;-)

Er träumt von einem Kuss, dadurch empfindet er Glück, als er aufwacht, ist die Welt genauso trist wie zuvor. Fand ich persönlich, zwar plausibel, aber ein bisschen wenig. Hätte mir irgendwie mehr erhofft.

lg neukerchemer

 

Hallo neukerchemer,

schade, dass dich das Thema und das ganze Romantikgetue nicht anspricht, eigentlich ging es mir darum auch nur hintergründig, ich war am Ende selbst überrascht, wie "romantisch" die Geschichte geworden ist. ;)

Trotzdem vielen Dank für deinen Kommentar, liebe Grüße,
Sebastian

 

Hallo Smilodon

Nee, ich mags eigentlich auch nicht romantisch und romantisiere auch nicht irgendetwas, auch wenn es Träume sind, und wenn sie für die meisten Menschen etwas zauberhaftes an sich haben. Für mich nicht, deshalb konnte ich auch wenig mit deiner Geschichte anfangen. Die Sprache erinnert an ein Gedicht. (Die meisten Gedichte kann ich aber auhc nicht ab). Und wie die meisten Gedichte scheint auch die Geschichte eher eine Allegorie oder Metapher zu sein.

Lichter umkreisen den schwarzen Mantel der Harmonie.
Wie zB hier. Ich kann das schlecht wörtlich nehmen, jedenfalls nicht in dieser Geschichte. Und das steht ja wohl für die Nacht. Und genau damit habe ich ein Problem, ich kann einfach es nicht ab, wenn man Dinge nicht beim Namen nennt, es sei denn, es gibt einen triftigen Grund dafür. Hier hast du vielleicht diesen Grund - da die Gegenstände und Situationen in Träumen ja auch nicht so zu nehmen sind, wie sie sind. Mich hats aber trotzdem nicht gepackt. Ich bin da eher wegen der Sprache ins Stocken gekommen.
Hier z.B.
Paul hat einen Tannenzweig auf seinem Balkon gefunden, die Luft wohl wird ihn fallen gelassen haben, es war mächtig kühl und windig die letzten Tage.
Die Syntax gefällt mir nicht. Aber das ist dann Geschmackssache, und grammatikalisch ist sie ja richtig, aber was richtig ist, muss ja nicht immer gut sein. Denn du kannst den Satz auch anders strukturieren, ohne dass der Leser (ich) ins Stocken kommt.

Na ja, wie auch immer, vielleicht bin ich nur, wenn es um solche Geschichten geht, furchtbar gefühllos.

Cu JoBlack

 

Hallo smilodon,

dein text wirft einen flüchtigen Schatten eines Zaubers aus und eh man die Augen zusammenkneifen kann, um ihn richtig wahrzunehmen, ist der Hauch auch schon wieder vorüber ...

mich, als romantisch veranlagten Menschen *oink* hast du für einen winigen Augenblick berührt. Für eine dauerhafte Erinnnung war dieser Eindruck jedoch zu nebulös ...

grüßlichst
weltenläufer

 

Hello, hello Joe,

noch so ein unromantischer und gefühlloser Geselle, tse... ;)
Dass du dann keine Freude an der Geschichte hast, kann ich nochvollziehen und es ist ja auch nicht schlimm, man muss ja auch nicht jede Stilrichtung gut finden.

Dass mit den Allegorien und Syntaxspielereien ergibt sich dann eben auch aus der Geschichte, in dem von dir zitierten Satz ergab sich für mich so eine interessante Metrik mit zwei aufeinanderfolgenden Hebungen (Luft wohl), was der Luft irgendwie etwas Unheimliches gibt... so war es zumindest von mir gedacht.

Trotzdem danke für den Kommentar, viele liebe Grüße,
Sebastian


***

Hallo weltenläufer,

schade, dass dir der Eindruck noch zu nebulös ist, aber wenigstens habe ich dich ein ganz klein wenig verzaubern können *hexhex*, vielleicht versuche ich es das nächste Mal doch mit einer etwas längeren Traumgeschichte, auch wenn ich dabei wohl Angst hätte, mich in meinen eigenen Metaphern zu verlieren oder zumindest den Leser in ein komplett verwirrendes Labyrinth zu führen.

Viele liebe Grüße und danke schön auch dir,

Sebastian

 

Hallo Smilodon!

Ganz schön luftig, die Geschichte. Mir persönlich ist die Sprache zu schwülstig, fast schon kitschig. Besonders der erste Absatz liest sich für mich zu stockend. Allerdings mochte ich die Stimmung, die du erzeugt hast, irgendwie düster und kalt und naja, luftig eben. :) Von der Sternschnuppe hätte ich mir aber noch ein bisschen mehr erhofft, die geht ein bisschen unter. Aber eine schöne Geschichte.

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo Smilodon!

Mir ergeht es ähnlich wie neukerchemer und Jo. Wirklich viel konnte ich mit der Geschichte leider nicht anfangen, ein Freund von Romantisierungen bin ich nunmal auch nicht gerade. :) Stilistisch recht schön, wenn auch nach meinem Empfinden an einigen Stellen zu "überzogen" im Sinne übertriebener Symbolik und gestelzten Satzkonstruktionen.

Kleinlichkeiten:
-

Paul hat einen Tannenzweig auf seinem Balkon gefunden, die Luft wohl wird ihn fallen gelassen haben, es war mächtig kühl und windig die letzten Tage.
Fast schon ein wenig zu lang für einen Einstiegssatz zu so einer recht kurzen Geschichte. :)
- Wenn er nur das Mondlicht hat, wie kann er sehen, dass die Nadeln satt grün sind?

Soweit von mir und wie immer, nur meine Meinung. :)

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo apfelstrudel,

schade, dass auch dir die Geschichte nicht so recht gefallen hat, auch wenn du sie letztendlich noch als "schön" bezeichnest, aber deine Kritikpunkte werde ich bei der nächsten Geschichte dieser Art auf jeden Fall bedenken, damit die Sprache nicht wieder so ins Schwülstig-Kitschige abdriftet.

***

Hallo Nothlia,

noch so ein Romantikbanause, tse. ;) Schade jedenfalls, dass sie dir nicht gefallen hat, aber trotzdem vielen Dank fürs Lesen. Ist interessant zu beobachten, wie hier die Meinungen auseinander gehen und wer sich als Romantiker verrät. :D

- Wenn er nur das Mondlicht hat, wie kann er sehen, dass die Nadeln satt grün sind?
Ist nicht gerade das Mondlicht in der dunklen Nacht so kler und hell, dass man alles genau erkennen kann? :D
(Hmmm, damit wirst du als "Nichtromantiker" wohl wenig als Erklärung anfangen können, was? ;) )

***

Leider bin ich etwas spät dran mit meiner Antwort, trotzdem nochmal vielen lieben Dank fürs Lesen und Kommentieren euch beiden!

Viele liebe Grüße,
Sebastian

 

hallo Smilodon,

auch für mich ist deine Geschichte ein Märchen oder eher ein Antimärchen. Sie erinnert mich an Andersens "Das Mädchen mit den Streichhölzern" - heißt es so im Deutschen? - und sehe in ihr den Tod eines kleinen Jungen. Der Engel und das Himmelsreich sprechen ziemlich eindeutig dafür.

Die märchenhafte Sprache ist dir gelungen. Und wenn der Inhalt mich auch nicht umgehauen hat, habe ich die Geschichte (aufgrund von Kindheitsassoziationen - Winterabende, Märchen, Andersen) gern gelesen.

Gruß
Kasimir

PS

„'Wo landen wir?', ruft er, weil er glaubt, zu fliegen, obwohl er"

Bei einfachen Infinitivsätzen wird kein Komma gesetzt, also keins nach "glaubt". Die Konstruktion würde ich aber an der Stelle, Märchensprache zum Trotz, vereinfachen: weil er zu fliegen glaubt.

 

Hallo Kasimir,

vielen Dank auch dir fürs Lesen und Kommentieren, das stimmt, die Geschichte hätte auch in die Märchenrubrik gepasst, allerdings war sie mir selbst dafür zu schwammig, was den Inhalt angeht. Eigentlich hatte ich noch versucht, philosophische Gedankenspiele reinzubringen, die ich in dem Text allerdings nur andeute, so dass ich am Ende selbst überrascht war, dass der Text hauptsächlich von Pauls Sehnsucht nach dem Engelsmädchen handelt. Bei "Seltsam" fand ich ihn deswegen bestens aufgehoben ;)

"Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen", heißt das Märchen und ich finde es wahnsinnig interessant, dass du gerade dieses Andersenmärchen ansprichst, weil ich kurz vor dem Schreibeneine Kritik zu meinem Märchen "Der Prinz aus Stein" bekommen habe, in der jemand schrieb, dass ihn mein Märchen an das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen erinnerte. Da es allerdings schon Jahre her war, dass ich das Mädchen zum letzten Mal gelesen habe, hatte ich gleich meinen Andersen-Märchenband rausgekramt und nochmal nachgelesen und das war etwa ein oder zwei Tage, bevor ich die Sternschnuppengeschichte schrieb. Ich habe in dieser Geschichte wirklich nicht bewusst Inhalte aus dem Schwefelholzmärchen übernehmen wollen, aber irgendwie ist es doch - und das fällt mir erst jetzt mit etwas zeitlichem Abstand so wirklich auf - (unterbewusst) daran angelehnt. Die Idee zu dieser Geschichte hatte ich allerdings schon länger, aber anscheinend habe ich mich da selbst ziemlich krass in eine andere Richtung leiten lassen... das würde auch erklären, warum am Ende etwas "Seltsames" dabei rausgekommen ist.

Auf jeden Fall freut es mich, dass du die Geschichte gerne gelesen hast, damit ist das Hauptziel ja erstmal erreicht. Umhauen wollte ich damals kurz vor dem Jahreswechsel sowieso niemanden ;)

Viele liebe Grüße,
Sebastian

PS: Nach neuer Rechtschreibung ist meines Wissens bei Infinitivsätzen generell ein Komma erlaubt, die Grenze zwischen "einfach" und "kompliziert" wäre wenn sowieso ein wenig schwammig. Aber du hast Recht, die vereinfachte Konstruktion klingt auf alle Fälle besser, danke schön!

 

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