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Stille Momente

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24.01.2009
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Stille Momente

Die Stille hockt auf den noch warmen Pflastersteinen der Straße, die aus dem Stadtzentrum herausführt. Sie beobachtet Lars und Marve, die ihre Räder schieben, den kleinen Anstieg hinauf, wo die Stille sitzt.
Marves Schuhe klemmen im Gepäckträger. Ihre Fersen sind wund gescheuert, ebenso die kleinen Zehen. Dabei war sie so stolz gewesen, als der Verkäufer die Schuhe heute Nachmittag für sie in weiches Papier einschlug und sie ihm ihr erstes, selbstverdientes Geld reichte. Stolz, als sie zu Hause vor dem Spiegel die Füße drehte und als die Absätze über den Marmor des Stadttheaters klackerten.
Lars lässt sich ein Stück zurückfallen, um Marves Rock zu betrachten, der sich weich über die Konturen ihres Pos schmiegt und an den Knien endet. Er schaut auf ihre Waden, die sich anspannen und auf ihr Haar, um das sie ein rotes Band gebunden hat. Lars stellt sich vor, wie seine Hände ihre Schultern berühren, wie sie sacht über ihren Rücken gleiten, wie er sie an sich zieht und ihren Mund küsst. Wie seine Lippen zart mit ihrer Unterlippe spielen und seine Zähne sanft zubeißen. Wie der Duft ihres Haares ihm in die Nase steigt. Er hatte es gerochen, als sie beim Einlass zum Konzert durch die Menge ganz dicht aneinander gedrückt wurden.
Als die Beiden an der Stille vorübergehen, springt sie auf, setzt sich auf Lars' Lenkerstange, baumelt mit den Beinen und beschließt, sie ein Stück des Weges zu begleiten.
Marve schmunzelt, sie denkt an ihren ersten Kuss. Unten am Weiher, als sie mit einer Freundin die Lippen aufeinander pressten und bis zehn zählten und sich danach vor Lachen kugelten. Das ist jetzt ein paar Jahre her.
„Was ist?“, fragt Lars.
„Ach nichts. Nur so“, gibt Marve ihm zur Antwort und legt einen Schritt zu, damit er ihr Gesicht nicht sehen kann, in das die Hitze kriecht, die Scham oder Angst ihrer Unerfahrenheit.
Als sie vor Marves Haus stehen, lehnt Lars das Rad gegen den Gartenzaun und zieht Marve an sich, küsst sie auf die Wange und als ihr Protest ausbleibt, auf den Mund. Halt die Hände still, halt bloß die Hände still, zwingt er sich, um Marve keinen Vorwand zu liefern, diesen Kuss vorzeitig abzubrechen.
Die Stille klettert vom Rad und bummelt die Straße hinunter, hält den Daumen hoch, in der Hoffnung, ein einsamer Kraftfahrer würde sie ein Stück mitnehmen.

* * *​

In der Küche riecht es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel. Das abgebrannte Zündholz liegt kopflos auf einem Glasuntersetzer. Daneben die blaue Kerze, die mit ruhiger Flamme herunterbrennt.
Die Eier, viereinhalb Minuten gekocht und in ein Leinentuch geschlagen, stehen in der Mitte des Tisches. Zu Lars Seite die Himbeermarmelade im Keramiktöpfchen mit passendem Löffel; näher zu Marves Platz das Holzbrett mit Wurst und Käse.
Beide tackern mit den Messern gegen die Eierschalen, kauen, schieben einander die Butter zu, schlucken, klirren gegen den Tassenrand, wenn sie den Kaffee rühren, atmen, zutschen mit den Zungen die Reste zwischen den Zähnen hervor. Wenn ein Auto vorbeifährt oder ein Hund bellt, schauen sie aus dem Fenster.
Nach dem Frühstück blättert Lars in der Zeitung und Marve klappert mit den Stricknadeln. Ein Enkelkind wird im Winter geboren werden, da braucht es viel Warmes zum Anziehen.
Früher, als die Mädchen ihre Freundinnen zu Besuch hatten und auch die Puppen mit ihrem Puppengeschirr mit an den Tisch mussten, war es ziemlich eng. Und als die Freundinnen von jungen Männern abgelöst wurden, kauften sie einen neuen Esstisch.
Die Stille hockt mit ihren kurzen Beinen und ergrautem Haar neben der Kerze. Abwechselnd betrachtet sie Lars oder Marve, steckt hin und wieder ihren Finger in den Marmeladentopf.
Sie hat das Ehepaar in Griechenland wiedergetroffen, nachdem das letzte Kinderzimmer zu einem weiteren Gästezimmer geworden war. Lars und Marve saßen am Strand, schauten aufs Meer, hörten den Wellen zu und füllten ihre Lungen mit salziger Luft. Die Stille setzte sich zwischen sie. Zur Abreise schlüpfte sie zwischen Marves Kleider, flog mit ihnen nach Hause und zog bei ihnen ein.
„- geh mal das Laub zusammenharken“, sagt Lars später. Marve räumt den Tisch ab, schaltet das Radio ein und beginnt Staub zu saugen.
Die Stille schläft auf dem Esstisch, bis Marve das Mittagessen aufträgt.

* * *​

Lars schmiert Himbeermarmelade aufs Brötchen und brüht sich einen Kaffee auf. Türkisch. Mit Teller und Tasse setzt er sich an den Küchentisch, blättert in der Zeitung, schaut aus dem Fenster und vermisst das Geklapper der Stricknadeln. Das Kreuzworträtsel hebt er sich für später auf, nun spült er sein Geschirr unter laufendem Wasser und geht ins Wohnzimmer. Er schaut in den Garten, sucht die ersten Krokusse, die ihr Grün an die Oberfläche schieben, kann aber keinen entdecken. Jedes Jahr werden es weniger, denkt er, sie verschwinden einfach in der Erde.
Er beginnt Staub zu wischen, auf dem Fensterbrett, in der Schrankwand, in Marves Setzkasten. Zwischen all den Steh-Rumchen, wie die Tochter sie nennt, findet er ein Auto. Das muss Ben dahingestellt haben, sein Enkel. Letztes Wochenende waren sie zu Besuch. Emma mit Paul und Ben.
Lars putzt unter dem Kupfertöpfchen, dem Kristallpapageien -, „wir könnten doch zu dir ziehen“, hat Emma vorgeschlagen - unter der Matroschka, dem Glaselch. Marve hatte all die Dinge von ihren gemeinsamen Reisen mitgebracht. Zu ihm ziehen, „das Haus ist groß genug und der Garten braucht eine kräftige Hand“. Sanft streicht er über das kleine Tonhaus, rechts unten in der Ecke.
Nervös zupfen seine Finger am Staubwedel. Dann nimmt er Bens Auto aus dem Kasten und stellt es vor sich auf den Couchtisch. Er lauscht in die Wohnung, wartet auf ein Geräusch, das die Stille durchbricht.
Diese sitzt auf dem Sofa, kratzt sich im Nacken und beäugt missmutig das Auto.
Lars erträgt die Stille nicht. Er schaltet den leeren Geschirrspüler ein, den Fernseher und die Waschmaschine. Für zwei Stunden beruhigt es ihn. Danach geht er auf den Friedhof, die Stille begleitet ihn, hockt auf seinen Schultern.
„Ich werde in eines der Kinderzimmer ziehen“, murmelt Lars zu Marves Stein hinunter. „Emma und Paul sollen das Schlafzimmer bekommen. Für Ben werden sie den Dachboden ausbauen. Deinen Setzkasten werde ich zu mir nehmen.“
Er nimmt ein Teelicht aus der Tasche, zündet es an und stellt es in die kleine Laterne bevor er geht und die Stille auf dem Friedhof zurück lässt.

 

Hallo Fliege,

jetzt wollte ich diesen tollen Satz zitieren, da hat genau das schon mein Vorposter getan. Ich machs trotzdem:

Die Stille kletterte vom Rad und bummelte die Straße hinunter, hielt den Daumen hoch, in der Hoffnung, ein einsamer Kraftfahrer würde sie ein Stück mitnehmen.
Die Stille ist dir echt gut gelungen, und hier konnte ich nicht anders als zu denken: süüüüß! Sorry. :)
Ich weiß gar nicht, worum du dir Sorgen machst bei der Story. Für mich stimmt sie eigentlich rundum. Der Titel war vorher wirklich furchtbar, jetzt ist er so lala, aber das passt schon. Besser eine gute Story mit schlechtem Titel als andersrum.
Das Steh-Rumchen find ich auch cool, weil ich nicht dachte, dass noch irgendwer dieses Wort benutzt, ich würde zwar eher Stehrümchen sagen, unbedingt mit ü. Finde das ein super Wort. Gibt übrigens auch noch Liegrümchen und Hängrümchen.

Liebe Grüße,
strudel

 

Salü Gisanne,

auch mich kannst du zu den Fans dieser leisen Geschichte zählen,

mach ich gern :)

obwohl sie mir vor der Überarbeitung fast noch ein wenig besser gefiel

oh - na dann, vielleicht mix ich die beiden nochmal und nehme mir etwas mehr Zeit. Aber ich mag eigentlich sehr, wie Lars sich da auf die Wolga träumt. Mal schauen. Wenn ich Marves Träume kille, dann hab ich auch einen Erzähler weniger, ich probiere das mal, ab Sonntag, weil im Augenblick hab ich den Kopf mit Arbeit voll.

... da geht dann oft der Schmelz flöten, auch wenn alles 'richtig' ist …

:) - das soll ja nicht sein, schließlich leben diese drei Momente vom Schmelz

Wer diese Stille kennt, liebt sie und kann sie zu einer anderen Zeit doch fürchten. Das hast du nach meiner Lesart ganz wunderbar eingefangen!

Das freut mich sehr - weil ist ja ein Text der über Emotionen arbeiten soll und wenn das für einige rüberkommt ... und es sind wirklich mehr, als ich erwartet habe.

An diesem Satz hab ich noch ein bisschen ‚gezutzelt‘:

Kaufe Deinen Vorschlag.

Da würde ich umstellen, damit das Zündholz bei der Kerze ist:

Ja, macht Sinn.

auf seinem Glasuntersetzer - auf einem Glasuntersetzer?

seinem sollte besagen, dass Marve den extra für das Streichholz auf den Tisch gedeckt hat. War mir irgendwie wichtig, das auszudrücken, ohne es erklären zu müssen. Wenn es aber beim Lesen verwirrt - da bin ich schmerzlos mit dem "s".

Ob ich zum Schluss die Stille fluchen lassen würde, weiss ich nicht, soll sie doch einfach zurückbleiben und Jan in sein neues Leben ziehen lassen. Sie wird ihn inwendig noch oft, oft, oft besuchen, denke ich.

Da ist was dran und ich mach mir darüber Gedanken.

Sehr, sehr gern gelesen.

Sehr, sehr gern von Dir gehört :gelb:


Hallo NikitaF,

schön Dich mal wieder zu lesen.

gefällt mir gut, vor allem das : ... Ein toll eingefangener Moment, sprachlich geglückt.

Das freut mich total, weil ich mag die Stelle auch.

sehr gern gelesen, nicht auszusetzen!

Hätte ich vorher einen Tipp geben müssen, ich hätte falsch gewettet. Um so mehr, freut es mich natürlich.


Hallo apfelstrudel,

jetzt wollte ich diesen tollen Satz zitieren, da hat genau das schon mein Vorposter getan. Ich machs trotzdem: ...

Ich gewöhne mich doch glatt weg gern an Wiederholungen.

Die Stille ist dir echt gut gelungen, und hier konnte ich nicht anders als zu denken: süüüüß! Sorry. :)

:D

Ich weiß gar nicht, worum du dir Sorgen machst bei der Story. Für mich stimmt sie eigentlich rundum.

Weil ich halt mit so vielem breche, was in den Lehrbüchern gepredigt wird, was ich hier selbst in den Kommentaren daher bete. Unter einer der letzten Geschichten schrieb man mir, ich solle mich endlich was trauen - hab ich hier mal probiert und freue mich einen Keks, es getan zu haben.

Der Titel war vorher wirklich furchtbar, jetzt ist er so lala, ...

ja, lala trifft es wohl. War auch erst mal eine Schadensbegrenzung. Falls also irgendwer eine Idee hat ...

Gibt übrigens auch noch Liegrümchen und Hängrümchen.

:D, die sind ja super. Kauf ich. Für meinen Wortschatz!

Lieben Dank Euch Dreien und liebe Grüße
Fliege

 

Hallo Fliege

Die drei meditativen Momentaufnahmen einer Biographie wirken auf mich wie eine Abstraktion, in der die Stille als etwas Wesenhaftes auflebt und sich zwischen Lars und Marve schiebt. Schade nur, dass die Episoden so kurz sind. Doch vielleicht ist es gerade dies, das sie auszeichnet, bis die Stille sich fluchend verabschiedet. – Bei der Aussage im letzten Satz musste ich Gehirnwindungen bemühen, da mir verschiedene Interpretationen vorstellbar waren. Am schönsten dünkte mir, sie zieht in Marves Grab ein, da im Haus bei Lars die Stille gebrochen wird und sie damit rausgeworfen ist.

War mir ein angenehmes Lesevergnügen. ;)

Gruss

Anakreon

 

Hallo Anakreon,

War mir ein angenehmes Lesevergnügen. ;)

Ja das freut mich doch.

Schade nur, dass die Episoden so kurz sind. Doch vielleicht ist es gerade dies, das sie auszeichnet, bis die Stille sich fluchend verabschiedet.

Ich werde das ausprobieren müssen, ob mehr Länge gut ist. Glaub ich, denk ich. Morgen ist sie fällig, die Überarbeitung. Da hab ich den Kopf wieder frei.

Am schönsten dünkte mir, sie zieht in Marves Grab ein, da im Haus bei Lars die Stille gebrochen wird und sie damit rausgeworfen ist.

Ich finde es eigentlich ganz schön, dass da jeder für sich entscheiden kann, was die Stille nun tun wird. Lars hat sich entschieden, und ob sie ihn nun ab und an besucht, auf dem Friedhof auf ihn wartet, oder über Marves Grab wacht, selber stirbt - da gibt es in der Tat mehrere Möglichkeiten.

Auch Dir einen Gruß
Fliege

 

Hey Fliege!

Die Beiden kamen aus dem Stadttheater, das Echo des russisch-orthodoxen Männerchores in ihren Köpfen.
Ich find das unglücklich konstruiert, die Sätze gehören zusammen, eigentlich ist das ja ein Satz, aber er wird zweiteilig behandelt, aber mit einem simplen „mit“ hat man das Problem nicht.
Also: Die Beiden kamen aus dem Stadttheater mit dem Echo des russisch-orthodoxen Männerchores in (ihren oder den) Köpfen. (Ich bevorzuge "den".)

Marve malte Bilder von unendlich weiten Landschaften, die im Sommer durch Moose und Flechten in Herbstfarben leuchteten. Lars steuerte unterdessen ein Schiff durch Wind und Regen, vorbei an Berg- und Wiesenlandschaften, über Stauseen, die Wolga hinunter bis zum Kaspischen Meer.
Ach Fliege. Ich stelle mir vor, ich gehe mit einem Typen aus und das letzte, woran ich denken werde und alle anderen normalen Menschen, ist die Wolga. Ehrlich, wie wär’s, wenn sie an sich selbst denken und wie es mit IHNEN weiter geht? :P Nur so eine Idee. Landschaften sind nur romantisch, wenn man selbst drin ist, sie sind weder auf Bildern noch in der Literatur schön. (Vielleicht nur, wenn wir alle Fontane wären und uns im Realismus befänden.)
und wie er eine Melodie pfiff, als er mit ihrem „Ja“ und einem Stück Bienenstich den Laden verlassen hatte.

Hihi. :) Das glaube ich dir nicht. Das sind so Momente, die Geschichten eben wie Geschichten aussehen lassen und so gar nicht echt, sondern furchtbar konstruiert sind.
Zu Hause bei Marve angekommen, lehnte Lars sein Rad gegen den Gartenzaun und zog Marve an sich, küsste sie auf die Wange und als der Protest ausblieb, auf den Mund.
Kastriere deine Sprache nicht wegen irgendwelcher Menschen, die dir Wiederholungen anstreichen, ich finde da gehört unbedingt soetwas wie: Er küsste ihren Mund. Man kann nicht oft genug küssen.
In der Küche roch es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel.
Schwefel? Echt? Ich hab zwar in Chemie gepennt, aber an den Geruch von Schwefel erinnert man sich immer, und wenn meine Küche danach riechen würde, würde ich mir ernsthaft Gedanken machen.
zutschten mit den Zungen die Reste zwischen den Zähnen hervor.
Zutschten. Cool, neues Verb gelernt. :D

Die Stille setzte sich zu ihnen, flog mit ihnen nach Hause und zog bei ihnen ein.
Hattest du in der ersten Fassung nicht sowas, dass sie sich in ihren Kleidern oder in ihrem Koffer versteckt? Oder habe ich mir das eingebildet? Jedenfalls fand ich das schöner.
In der Zeitung schrieben sie, dass der Frühling nahte, dass mehr Menschen auf Bioprodukte umstiegen und sich der Innenminister beim Skifahren ein Bein gebrochen hatte.
Einspruch. Ich beantrage eine Streichung.
Fliege: Einspruch stattgegeben, Antrag angenommen, Streichung wird vorgenommen.
(Ich hab wieder "Eine Frage der Ehre" gesehen.)
Lars lauschte in die Wohnung, suchte nach Geräuschen die die Stille durchbrachen.
Da kommt n Komma. Such dir aus, wo. :D

Die fluchende Stille ließ er zurück.
Fluchend ist vielleicht zu übertrieben? Ein schlichtes: Die Stille ließ er zurück, ist doch viel schöner bzw. weniger Wertung.

Zu der Rolle der Stille: Insgesamt ist das Personifizieren der Stille natürlich eine schöne Idee, mag ich auch, ich mags auch, dass sie sich mit der Zeit verändert, allerdings muss es auch einen Bezug zu den Figuren haben, nur weil sie altern, heißt das nicht, dass die Stille auch altert. Beim Frühstück finde ich das gut getroffen, da tut sie so, als wäre sie ein Familienmitglied, das passt, weil die sich ja nun mittlerweile "kennen". Und auch in der ersten Episode passt das. Aber bei der dritten finde ich da keinen Bezug zu der Figur.
Ich stelle mir die unerträgliche Stille eher wie eine wohlgemästete Frau vor, die einem auf der Brust sitzt, ja, das erinnert jetzt an Quinns Geschichte (Melancholie oder so) aber das ist halt ein unangenehmes Gefühl und das Bild ist jetzt auch nicht gerade von ihm erfunden, also kann jeder das benutzen. :P In Borcherts „Draußen vor der Tür“ hat man das mit dem Tod, der sich mit Leichen vollgefressen hat und als fetter Straßenkehrer vorgestellt wird, der ständig rülpst, weil er eben so vollgefressen ist. Also, so in der Art.

Die Geschichte hat die richtige Länge/Kürze, so dass ich mich nicht beschweren kann. Langweilig war’s nicht, aber toll auch nicht. Ich wurd einfach nicht warm mit der Geschichte. Also, ich denke, man könnte etwas aus der Idee machen. Mit diesen Zeit-Episoden kann ich mich nicht anfreunden, die Stimmung kommt für mich so nicht rüber.
Ich find’s aber recht beachtlich, wie krass hier die Meinungen auseinandergehen. :) Glückwunsch. :P

JoBlack

 

Hey Jo,

da Du so viel zum ersten Teil schreibst, werde ich da wohl noch mal ran müssen. Und an den dritten Teil, aber an dem war ich ja auch noch nicht. Der wollte sowieso noch mal. Klingt alles sehr logisch, was Du dazu schreibst.

Schwefel? Echt?

Doch schon. Oder machen die das jetzt anders, mit den Zündhölzern. Werde gleich googeln gehen. Auf jeden Fall riecht es nach irgendwas, wenn man ein Streichholz angezündet hat.

Einspruch. Ich beantrage eine Streichung.
Fliege: Einspruch stattgegeben, Antrag angenommen, Streichung wird vorgenommen.
(Ich hab wieder "Eine Frage der Ehre" gesehen.)

lol

Da kommt n Komma. Such dir aus, wo. :D

Gefunden *Hüpf*

Fluchend ist vielleicht zu übertrieben? Ein schlichtes: Die Stille ließ er zurück, ist doch viel schöner bzw. weniger Wertung.

Ja, sehr viel schöner. Kauf ich. Das und noch mehr von Deiner Liste, was ich jetzt nicht aufgeführt habe.

Ich stelle mir die unerträgliche Stille eher wie eine wohlgemästete Frau vor, die einem auf der Brust sitzt, ...

Komisch. Ich sehe sie eher als ein dürres, altes, zickiges Weib. So einen kleinen Giftzahn. Zu Melancholie passt dick wunderbar.

In Borcherts „Draußen vor der Tür“ hat man das mit dem Tod, der sich mit Leichen vollgefressen hat und als fetter Straßenkehrer vorgestellt wird, der ständig rülpst, weil er eben so vollgefressen ist. Also, so in der Art.

Ach Du meinst, dass sich die Stille von den beiden ernährt ... ahh!
"Draußen vor der Tür" ist übrigens ein sehr großes! Buch. Da wird ja alles mögliche personifiziert. Und es hat mich seinerzeit sehr beeindruckt.

Langweilig war’s nicht, aber toll auch nicht. Ich wurd einfach nicht warm mit der Geschichte.

Kenne ich.

Ich find’s aber recht beachtlich, wie krass hier die Meinungen auseinandergehen. :)

Ich finde das auch spannend. Und wenn es nicht bei allen funktioniert, kann ich das sogar gut verstehen.

Danke Dir für die Hinweise. Da hab ich ja noch ordentlich was vor mir. Aber ich will schon noch dran arbeiten, und wenn ich es für mich tue. Ich möchte den Text hier irgendwie gern sauber verpackt wissen. Auch, wenn ers nie die Supergeschichte wird.

Was mich echt freut, ist, dass Du zum zweiten Teil recht wenig rausgesucht hattest. Den hab ich gestern überarbeitet, sollen die Koffer wieder rein und dann steht der hoffentlich.

Liebe Grüße und Dank
Fliege

 

Hallo Fliege!

Ich schreib mal mit.

Die Stille hockte auf den noch warmen Pflastersteinen der Straße, die aus dem Stadtzentrum herausführte.

Da ist sehr viel im Satz: Es ist Abend, der Tag war sonnig, die Straße besteht aus Pflastersteinen (ist also wohl doch noch näher am Stadtzentrum), wir sind in einer Stadt und irgend eine Stille hockt drauf. Ich schätze, es ist Sommer.

Hm. Mir gefällt nicht, dass das so reflexiv ist. Vielleicht: "Die Stille hockte auf der Straße am Rand des Stadtzentrums, die Pflastersteine waren von der Sonne noch warm."

Aber zuviel muss man darüber nicht nachdenken, mir kams nur gerade so. :)

Marve und Lars schoben ihre Räder und als Marves Vorderrad der Stille gefährlich nahe kam, sprang sie auf, musterte die beiden und beschloss, sie ein Stück des Weges zu begleiten.

Da bin ich verwirrt, ob Marve ein Junge oder ein Mädchen ist. Den Namen kenn ich nämlich nicht. Und das hat dann dazu geführt, dass ich bei "sprang sie auf", zuerst daran gedacht habe, dass Marve aufspringt.

Marve malte Bilder von unendlich weiten Landschaften, die im Sommer durch Moose und Flechten in Herbstfarben leuchteten.

... so ... gedanklich? Das fand ich übertrieben.

Marve fröstelte in ihrer dünnen Bluse.

Oh, ich dachte, es wäre warm.

Zu Hause bei Marve angekommen, lehnte Lars sein Rad gegen den Gartenzaun und zog Marve an sich, küsste sie auf die Wange und als der Protest ausblieb, auf den Mund. Halt die Hände still, halt bloß die Hände still, zwang er sich, um Marve keinen Vorwand zu liefern, diesen Kuss vorzeitig abzubrechen.

Süß. :)

In der Küche roch es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel. Das abgebrannte Zündholz lag kopflos auf seinem Glasuntersetzer.

Wessen?

Zu Lars Seite die Himbeermarmelade im Keramiktöpfchen mit passendem Löffel; näher zu Marves Platz, das Holzbrett mit Wurst und Käse.

Das Komma da weg.

Du hast den Stil gewechselt und ich weiß nicht, warum du das getan hast. Der alte war doch okay, also der im ersten Absatz. Hier ists so knapp, das passt nicht zum Rest davor.

Jedes Jahr werden es weniger, dachte er, sie verschwinden einfach in der Erde.

Das musste Ben dahingestellt haben, sein Enkel.

Dahingestellt? Gibts das so?

Hmmm ... der Text ist schon ganz nett, aber die Geschichte fand ich irgendwie fad. Was ist diese Stille, warum ist sie da? Warum hat sie sich gerade dieses Pärchen ausgesucht? Sie muss ja irgendwie ne Motivation haben, die Leute so anzustillen, finde ich.
Und dieser Lars, warum ignoriert er die Stille am Ende einfach? Das passiert dann einfach so ... aber warum? So hab ich den Eindruck, Marve hat verhindert, dass er auf die Stille nicht hört ... und durch ihren Tod klappt das jetzt doch ganz plötzlich.

Die Geschichte sagt mir auch nichts. Zwei Leute, und irgendwann stirbt die Frau. Ich seh nicht, dass das was mit der Stille zu tun hat. Sie haben ja auch keine Nachteile davon. Aber auch keine Vorteile. Irgendwie ist die Stille so ne Art Beiwerk ... und ich versteh nicht, warum sie es bis in den Schluss geschafft hat.

So, hab jetzt noch kurz die anderen Kommentare gelesen und festgestellt, dass ich vielleicht nicht viel Neues geschrieben hab. :) Naja ...

... jedenfalls bis bald!

yours

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo niname,

und vielen Dank für Deinen Kommentar.

böse Fliege, böse Fliege ... Das geht ja gar nicht, so gemein von Dir.

:) - aber entschuldigen muss ich mich jetzt nicht, oder?

Über Deine drei Punkte Auflistung habe ich mich wirklich gefreut. Und hab sie gleich ganz oft gelesen ;).

Für mich bricht das das Bild, da ich immer Kino im Kopf habe, höre ich da saugende Geräusche und eklige Speisereste grinsen mich gemein an.

Ich hänge dran. Das passt so hübsch zu einem alten Ehepaar. Da macht man sich eben keinen Kopf mehr um Körpergeräusche.

Würde mir ohne 'fluchen' besser gefallen, das klingt für mich nicht. Warum bleibt die Sille nicht einfach zurück?

Hab ich rausgenommen, wurde ja auch Zeit.

Müsste das nicht Plusquamperfekt sein?

Diese vielen "hatte" - und weil ich sie nicht leiden mag, hab ich die Geschichte jetzt einfach ins Präsens geholt. So!

Fazit: Ne, wat war dat schön.

Wie schön!


Hey yours,

Danke fürs vorbeischauen.

Hmmm ... der Text ist schon ganz nett, aber die Geschichte fand ich irgendwie fad. Was ist diese Stille, warum ist sie da? Warum hat sie sich gerade dieses Pärchen ausgesucht? Sie muss ja irgendwie ne Motivation haben, die Leute so anzustillen, finde ich.

Sie hat sich nicht dieses Pärchen ausgesucht. Und sie stillt alle Leute an. Da braucht sie keine Motivation zu. Ich wollte halt nur ihre Vielfältigkeit exemplarisch an den beiden darstellen.

Und dieser Lars, warum ignoriert er die Stille am Ende einfach?

Er ignoriert sie doch nicht einfach. Er erträgt ihre Anwesenheit nicht mehr. Er bekämpft sie, er will, dass sie verschwindet. Als Marve noch gelebt hat, da hat sie sich anders angefühlt. Das ist ja, was ich erzählen wollte, mal fühlt sie sich schön an, mal lebt man mit ihr und sie gehört eben zum Alltag und in anderen Situationen erträgt man sie nicht.

Zwei Leute, und irgendwann stirbt die Frau. Ich seh nicht, dass das was mit der Stille zu tun hat.

Nichts.

So, hab jetzt noch kurz die anderen Kommentare gelesen und festgestellt, dass ich vielleicht nicht viel Neues geschrieben hab. :) Naja ...

Trotzdem gern von Dir gehört ;)

Lieben Dank und Gruß an Euch
Fliege

edit: So,habe jetzt die Landschaftsbeschreibungen raus (aus mir wird ja doch kein Fontane) und mehr küssen rein, Einsprüchen stattgegeben, das "brüllen" der Stille eleminiert, hoffe auch dem Erzähler etwas Raum genommen, und so Sachen, die mir sinnvoll erschienen umgesetzt. Hoffe, ich habe nicht schlimmverbessert.

 

Hallo Fliege

Marve und Lars führen ja ein stilles und unaufgeregtes Leben, daher passt die bummelige Stille schon hier rein. Aber etwas mehr hättest du daraus machen können, so ist sie nur eine Dreingabe.

Mit dem Namen Marve werde ich nicht warm, der erinnert entfernt an spröde skandinavische Vornamen, aber Marve hat was, das mich immer stört, wenn ich den Namen spreche oder lese. Vllt fehlt ihm auch was.

Die einzelnen Szenen gefallen mir und auch die Skurillitäten und Perspektiven - das ist wirklich hübsch zusammengefunden. Zuerst so tapsig tastend, seine verstohlenen Blicke, ihre Unerfahrenheit und seine Selbstdisziplin mit den Händen - toll gesehen und beschrieben.

Lars lässt sich ein Stück zurückfallen, um Marves Rock zu betrachten, der sich weich über die Konturen ihres Pos schmiegt und an den Knien endet. Er schaut auf ihre Waden, die sich anspannen und auf ihr Haar, um das sie ein rotes Band gebunden hat. Lars malt sich aus, wie seine Hände ihre Schultern berühren, wie sie sacht über ihren Rücken gleiten, wie er sie an sich zieht und ihren Mund küsst. Wie seine Lippen zart mit ihrer Unterlippe spielen und seine Zähne sanft zubeißen. Wie der Honigduft ihres Haares ihm in die Nase steigt.

Das ist eine schöne Stelle. Lars malt sich aus stört mir den Eindruck und
Honigduft. Ausmalen klingt so grob und passt mE nicht zu seinen feinsinnlichen Vorstellungen. Ein schlichtes stellt sich vor fände ich hier besser. Honigduft ist ein Tropfen zuviel Süße. Einfach Duft.

Auch die zweite ist gut und glaubwürdig - die beiden sind distanzierter, im Alltag eingerichtet, schauen sich nicht an, aber beide auf die Straße. Als wäre jeder bellende Hund interessanter als der Gegenüber. Ich kriege die aber nicht so gut ins Gesamtbild integriert. Also nach Liebe sieht das da nicht aus - eher wirken sie dort entfremdet oder wenigstens gleichgültig. Später schreibst du, dass er das Geklapper ihrer Stricknadeln vermisst. In der Szene direkt jedoch finde ich keine Herzlichkeit oder Zuneigung.

Wenn ein Auto vorbeifährt oder ein Hund bellt oder sonst irgendetwas vor ihrem Haus geschieht, schauen sie aus dem Fenster.

Ein manchmal reinschummeln. So gucken die ja wirklich bei jedem Geräusch aus dem Fenster! Das sieht komisch aus.

nachdem das letzte Kinderzimmer zu einem weiteren Gästezimmer umgestaltet worden war

Schlichter: geworden war. Ist ja trotzdem alles drin.

sucht die ersten Krokussen,

Krokusse

Er lauscht in die Wohnung, sucht nach Geräuschen, die die Stille durchbrechen.

Das geht nicht. Man kann doch Geräusche nicht suchen!

Danach ging er auf den Friedhof,

geht

Grüße!

Kubus

 

Hallo Kubus,

schön das Du hier noch vorbeigeschaut hast, nachdem ich den ersten Teil ein drittes Mal umgestrickt habe und es freut mich, dass er nun scheinbar endlich zu funktionieren scheint.

Mit dem Namen Marve werde ich nicht warm, der erinnert entfernt an spröde skandinavische Vornamen, aber Marve hat was, das mich immer stört, wenn ich den Namen spreche oder lese.

Du bist jetzt schon der Zweite, der so seine Probleme mit dem Namen hat. Aber ich mag "Marve" als Namen, warum auch immer, mir gefällt er. Skandinavische Namen waren Absicht, ich finde, die passen hier gut her.

Deine Liste fand auf jeden Fall Gehör, da besser ich noch Mal nach. Auch was die Lieblosigkeit im zweiten Teil betrifft, da werde ich noch was reinbasteln, um die beiden etwas Näher aneinanderzubringen.

Vielen Dank und Beste Grüße

Fliege

 

damit er ihr Gesicht nicht sehen kann, in dass die Hitze kriecht,

in das

Wow. Habe lange keine Geschichte mehr gelesen, die mich so traurig gemacht hat. Zum Glück gibt’s zum Schluss einen kleinen Hoffnungsschimmer… Die Stille bleibt auf dem Friedhof zurück und es kehrt wieder Leben ins Haus ein.
Wie mutig, in einem eher kurzen Text ein ganzes Leben zu umreißen.
Hat mir sehr gefallen!

Liebe Grüße, T.

 

Hallo T Anin,

das ist ja ein schöner Kommentar. Vielen lieben Dank.

Wow. Habe lange keine Geschichte mehr gelesen, die mich so traurig gemacht hat.

Ich hoffe nun bist Du wieder fröhlich. Aber es freut mich, dass die Geschichte so auf Dich wirken konnte.

Hat mir sehr gefallen!

:)

Lieben Gruß Fliege

 

Hallo Fiege :)

Diese Geschichte ist genau mein Ding! Dein Erzählstil gefällt mir auch. Dieses Detailverliebte gibt mir das Gefühl mittendrin zu sein. Es ist leise und ruhig erzählt und macht sie damit zu etwas Besonderen in meinen Augen :) Die Stille zu einer Protagonistin zu machen ist allerdings ungewöhnlich, aber es paßt einfach. Ich freue mich darauf noch ein paar weitere Geschichten von dir zu lesen :)

Liebe Grüße

Sweetie

 

Hallo sweetie,

und vielen Dank für die vielen positiven Worte. Freut mich sehr, dass es Dir gefallen hat.

Dieses Detailverliebte gibt mir das Gefühl mittendrin zu sein. Es ist leise und ruhig erzählt ...

Hehe, das lass ich mir doch immer wieder gern nachsagen :).

Mehr bleibt mir ja nicht zu sagen. Freue mich, von Dir gelesen zu haben.
Besten Gruß Fliege

 

Hallo Fliege!

Wurde ja schon viel gesagt, daher nur kurz: Ich mag die Sache, so rein als Stimmungbild. Ich kann - glaube ich - gut verstehen, was Dich an der Geschichte reizt, besonders gefällt mir die erste Szene, die ist wirklich toll! Auch der Abschluß ist als solcher garnicht übel, nur wie er vorbereitet wird... Hmm, ja, keine Ahnung, aber ein wenig Diät könnte da bestimmt nich schaden. Wie Katla schon sagte, die Sache mit dem Frühstück is jetzt der Geschichte nich so dienlich, und dass sehe ich auch so. Die Stille als Figur... Prinzipiell auch das eine sehr schöne Idee (obwohl, ja Märchen, und so, stimmt schon. Neu ist es eben nicht, aber halt auch nich schlecht), die bei mir genauso ankam, wie bei MariaMeer; auch mir kam es so vor, als wäre das Ding gut/böse, alles in einem. Was aber irgendwie geil gewesen wäre, wenn die Stille auch dazu beträgt, dass es schließlich zu diesem Ende kommt. Dann wäre sie aktiv, und würde das alles lebendiger machen, wenn man denn darauf wert legt (weiß ich ja jetzt nich:D). Na ja, nur so'ne Idee eben...

Gruß,
Satyricon

 

Hallo Satyricon,

und Danke!

besonders gefällt mir die erste Szene, die ist wirklich toll!

Das freut mich. Weil es doch doch die dritte Fassung :). Wenn ich den Rest von Deinem Kommentar auch noch lese, vielleicht sollte ich die anderen beiden Szenen auch noch ein paar Mal umschreiben ... aber ich glaube nicht. Nein.

... die Sache mit dem Frühstück is jetzt der Geschichte nich so dienlich, und dass sehe ich auch so.

Das sehe ich anders. Geht hier ja mal nicht um Spannungsbogen und so, sondern um die drei Arten, wie Stille wirken kann. Schön - naja - beschissen. Und wenn da zwei essen und sich nix mehr zu sagen haben oder in stiller Übereinstimmung miteinander leben ... ach doch, passt schon.
Aber das darf der Leser natürlich ganz anders empfinden. Er darf es auch langweilig und so finden. Doch, doch.

Neu ist es eben nicht, aber halt auch nich schlecht

Ach komm. Wer kann denn heut schon noch "neu" sein? Ich beginne sofort damit, einen Roman zu schreiben, wenn mir was Neues einfällt - etwas, was zuvor noch nie dagewesenes in der Literatur. Ich wollte das auch nie als meine Idee gewertet wissen. Ich hab es benutzt, weil es mir in den Kram gepasst hat. Und viel spannender - ob es neu oder alt ist - ist die Frage, ob es funktioniert.

auch mir kam es so vor, als wäre das Ding gut/böse,

Und es funktioniert, wenn Du zu dieser Erkenntnis gekommen bist :).

Dann wäre sie aktiv, und würde das alles lebendiger machen,

Stille ist nicht aktiv. Es wäre eine ganz andere Geschichte gewesen, und nicht mit meiner Erzählabsicht vereinbar. Auch wenn ich gut verstehen kann, dass man an einer solchen Geschichte mehr Spaß gehabt hätte. Das kann ich tatsächlich.

Und auch wenn ich Deine Gedanken jetzt so ablehnend behandele, es hat mich doch gefreut sie zu lesen, macht ja schlau für künftige Geschichten. Das Projekt hab ich jetzt fertig, ich hab das eben mal probiert und demnächst wird es wieder klassischer, im Aufbau und mit dem Erzähler und etc.


Frohes Fest und besten Gruß Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Fliege,

so ganz kann ich mich mit der personifizierten Stille, wie sie uns vorgestellt wird, nicht anfreunden. Mir ist das zu kindlich, das Bild mit den baumelnden, kurzen Beinen und dem Finger im Marmeladentopf. Das erinnert mich so sehr an PanTau oder an andere Kindergeschichtenfiguren, dass ich das als solche vor Augen habe. Würdest du die Stille etwas Abstrakter lassen, würde mir das besser gefallen. So finde ich wenig Zugang zu den ersten zwei Abschnitten suche nach der Verknüpfung zwischen dem Paar und der Stille und frage mich, was der Autor eigentlich will.
Im dritten Abschnitt finde ich, wie du die Stille agieren läßt, noch am passensten.

Du hast schöne Bilder in deiner Geschichte und ich mag deine Schreibe sehr gerne, aber die Idee, die du mit dem Text verfolgst, finde ich so noch nicht optimal umgesetzt. Damit habe ich dann auch ein Problem mit dem Text, weil nur drei Miniausschnitte aus dem Leben der Beiden zu mir rüberkommen, da ist mir zu wenig Fleisch dran. Is eben nicht mein Ding, anderen gefällts ja :).


Noch direkt zum Text:

Früher, als die Mädchen erst ihre Freundinnen und später die Freunde mitbrachten, mussten sie oft den Tisch ausziehen und Stühle aus den Zimmern heranholen. Marve schimpfte oft, wenn sie davon beim Einkauf nichts wusste; wenn sie zu wenig Fleisch oder Gemüse im Haus hatte, um die Gäste zu bewirten.
Dieses Geschimpfe - und dann auch noch oft - kommt für mich hart, weil sonst keine Szenen mit den Kindern erzählt werden. Sicher hat sich Marve trotz allen darüber gefreut, dass die Mädchen soviel Freunde hatten und man hat immer irgendwas im Haus, dass man Kindern auftischen kann. Zudem ist sie ja nicht dazu verpflichtet, den unangemeldeten Besuch zu verköstigen. Also hat sie es gerne getan. Deswegen finde ich eher, dass sie vielleicht theatralisch schimpfen könnte oder kurz die Augen verdrehn oder so. Ansonsten wirkt Marve schlechter, als sie wahrscheinlich ist.

Jedes Jahr werden es weniger, denkt er, sie verschwinden einfach in der Erde.
Sehr schön in Bezug auf Marve.

Paul mit Emma und Ben.
Wenn das Paar nur Mädchen als Kinder hatte, ist ja Emma wohl die Tochter. Ein Vater wird immer erst sein eigenes Kind in der Aufzählung nennen.
Also: Emma mit Paul und Ben.

Wenn ein Auto vorbeifährt oder ein Hund bellt oder sonst irgendetwas vor ihrem Haus geschieht, schauen sie aus dem Fenster.
Das irgendetwas stört mich sehr und nimmt dem Satz Qualität. Lass doch diesen Teil des Satzes einfach weg oder in der Art: wenn vor dem Haus etwas in Bewegung ist ...

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo bernadette,

so ganz kann ich mich mit der personifizierten Stille, wie sie uns vorgestellt wird, nicht anfreunden. Mir ist das zu kindlich, das Bild mit den baumelnden, kurzen Beinen und dem Finger im Marmeladentopf.

Diese Geschichte stellt mich vor ein ganz großes Rätsel. Du bist mit dieser Meinung ja nicht allein. Anderen gefällt es. Und als ich die Geschichte geschrieben habe, dachte ich immer, das geht schief, sehe ja selber die Schwachpunkte und trotzdem kam am Ende etwas heraus, was ich irgendwie mochte. Auch die Schwachstellen.
Inzwischen ist wohl genügend Zeit vergangen, dass ich mir die Geschichte tatsächlich auch mit einer abstrakteren Stille vorstellen könnte. Aber dann wäre sie mir (sag ich jetzt mal so) zu schwermütig.

Damit habe ich dann auch ein Problem mit dem Text, weil nur drei Miniausschnitte aus dem Leben der Beiden zu mir rüberkommen, da ist mir zu wenig Fleisch dran. Is eben nicht mein Ding, anderen gefällts ja :).

Verstehe ich. Aber ist ja eh so ein Ding von mir. Ich habe ja noch andere Skelette hier rumliegen. Und ich gebe mir Mühe, wenigstens jeder zweiten Geschichte etwas Fleisch angedeihen zu lassen. Ein Grund, warum ich niemals versuchen sollte einen Roman zu schreiben, der bestünde aus lauter Skelettkapitel!

Deine Textanmerkungen gefallen mir und ich werde sie ausbessern. Die sind alle gekauft!

Lieben Dank fürs Kommentieren und viele Grüße
Fliege

 

Hey Fliege,

Idee lobenswert. Drei Episoden, gut! Nur mal so eine Überlegung. Es geht doch um die Stille die in allen 3 Sequenzen eine Rolle spielt. Warum wird sie dann immer nur in einem Nebensatz erwähnt. Da sie in ihrer ungewohnten, personifizierten Art ja in allen Szenen allgegenwärtig ist, sehe ich es irgendwie nicht ein, dass sie so am Rand steht. Würde die Geschichte aus ihrer Perspektive erzählen um dann auch sprachlich etwas Außergewöhnliches zu bieten.
Ich hätte noch einen Vorschlag. Die Geschichte ist ja eher gradlinig. Natürlich sind die Momente die du dann wählst sehr symbolträchtig und so. Aber wenn schon eine klar zu verstehende Geschichte mit keinen Twists und Turns, warum dann keine Situationen die etwas von Individualität, Realität und Atmosphäre ausstrahlen. Ich sage nicht, dass du die sprachlichen Fähigkeiten besitzt, finde nur die Wahl der Szenen eher...naja...etwas langweilig. Glaube da könnte mehr Charakter entstehen...
Aber klar, kritisieren ist immer leichter als so eine abstrakte Sache dann in Worte zu fassen. Trotzdem hoffe ich du kannst mit meiner ehrlichen Meinung etwas anfangen.

Grüße,

Nikonotiz

 

Hallo nikonotiz,

Es geht doch um die Stille die in allen 3 Sequenzen eine Rolle spielt. Warum wird sie dann immer nur in einem Nebensatz erwähnt. Da sie in ihrer ungewohnten, personifizierten Art ja in allen Szenen allgegenwärtig ist, sehe ich es irgendwie nicht ein, dass sie so am Rand steht.

Dazu gibt es in den Kommentaren ja die verschiedensten Meinungen. Von abstrakter bis zu völlig überflüssig, von mehr Stille bis zu mir hat sie so gefallen. Das ist wohl sehr von den Vorlieben abhängig und die kann ich unmöglich alle erfüllen. Deshalb wird sie wohl bleiben, wie sie ist, auch wenn das für viele unbefriedigend scheint. Ich kann aber Deinen Einwand gut verstehen und sehe durchaus auch einen Reiz darin, dass blöde ist nur, ich sehe ebenfalls einen Reiz darin, sie abstrakter zu gestalten und sie noch mehr im Hintergrund zu halten. Und deshalb bleibe ich bei meinem Mittelweg.

Aber wenn schon eine klar zu verstehende Geschichte mit keinen Twists und Turns, warum dann keine Situationen die etwas von Individualität, Realität und Atmosphäre ausstrahlen.

Also das mit der Realität und Atmosphäre trifft mich schon hart. Werde aber wohl in Kauf nehmen müssen, Dich nicht erreicht zu haben.

... finde nur die Wahl der Szenen eher...naja...etwas langweilig.

Naja, sind ja Szenen, in denen es still wird um die Beiden. Langweilig ist natürlich schlecht, aber Stille fühlt sich nicht unbedingt wie groß Action an.

Trotzdem hoffe ich du kannst mit meiner ehrlichen Meinung etwas anfangen.

Auch wenn ich Deine Anmerkungen jetzt für mich abgelehnt habe, heißt das nicht, dass ich eine ehrliche Meinung nicht schätze. Und das die Geschichte für Dich nicht funktioniert, ist doch sehr konstruktiv.
Zumindestens habe ich nicht vor, mich an solchen Geschichten weiter zu versuchen ;)

Beste Grüße Fliege

 

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