Was ist neu

Stille

Mitglied
Beitritt
27.01.2004
Beiträge
356
Zuletzt bearbeitet:

Stille

Das Haus ist still. Es wird förmlich von Stille durchflutet; eine Stille, die sich in die Gehörgänge brennt, unausweichlich in sie hineinätzt und mich taub macht.
Es kommt mir vor, als ob jedes Geräusch, das ich verursache, sofort verklingt, ja, dass es verschluckt wird. So laut ich auch schreie, so kraftvoll ich singe, ich vermag dieser Stille nichts anzuhaben.
DU hattest sie einmal durchbrochen. Dein Lachen hatte das Haus erfüllt, die Wände zum Erzittern gebracht und meine Lippen zum Beben verdammt.
Wo ist es hin?
Wo hast du’s versteckt? Wo bist DU?
Ich kann nichts mehr sehen, die Lichter verschwimmen, löschen sich von selbst, sie entziehen sich meiner Erkenntnis. Schatten senken sich über mich, erdrücken meine Sorgen - doch ohne Freude kauere ich, kaum atmend, in der Ecke. Ich weiß, dass die Schatten auch mich vernichten werden, so wie sie es einstweilen bei meinen Problemen tun.
Es ist aus.
Wo bist DU?
Ich kann dich nicht finden. Bist du noch da?
Leben wir noch? Sind wir noch hier?
Meine Hand tastet im Finsteren, aber ich spüre nichts, als ob selbst meine letzten noch verbliebenen Sinne sich dem dumpfen Nicht-Sein ergeben hätten.
Ich suche deine Wärme. Fühle nichts.
Ich rufe deinen Namen. Höre nichts.
Mir wird panisch bewusst, dass mir die Zeit davonläuft und ich bemerke, dass du nicht mehr da bist.
Warum bist du gegangen?
Hast du Angst? Komm her – ich nehme dich bei der Hand.
Lass uns gehen. Wie?
Zu spät. Ja, ich weiß, zu spät.
Illusion. Du bist ja nicht mehr hier.
Traum. Du bist weg.
Warum?
Der Weg aus meinem Zimmer, nichts einfacher als das, und trotzdem, ich finde nicht hinaus. Ich laufe, krieche, schleppe mich nach vorn. Aber vorne ist hinten, rechts ist links, verkehrt scheint so korrekt und das Richtige ist mehr als nur falsch.
Wo muss ich hin?
In meinem Kopf kreist eine Spirale, die lustig bunte Farben malt, sich immer schneller drehend, mich in einen schwarzen Abgrund befördert.
Stille.
Bumm. Bumm.
Lachen.
Ich öffne die Augen, nur zum Schein. Wo bin ich?
Ich höre Musik. Hart, zackig, unrund.
Junge Menschen zucken in ekstatischen Bewegungen zum nicht vorhanden Rhythmus der Nicht-Musik.
Ein Pandabär spielt Billard mit einem Fuchs.
Mogli dreht die Trommel eines Revolvers, um zum finalen Akt zu kommen.
Ich schließe die Augen.
Stille.
Sinneseindruck.
Kalt, porös, glitschig.
Ich öffne die Augen.
Licht. Im Vorhaus. Daheim?
Ich will mich bewegen, aber ich stecke fest.
Muss husten.
Spucke Blut.
Dann merke ich. Es ist aus.
Rot, glitzernd, spiegelt in den Augen.
Beim Versuch aufzustehen, verwischt meine Hand Glassplitter und rutscht am Blut weg.
Schmerzen.
Schwarze Wellen, die gegen rote Felsen branden.
Ich höre Blut in meinen Ohren rauschen.
Alles andere ist ohrenbetäubende Stille.

 

Hallo One Weak...

Die Geschichte ist eigenwillig gut, aber zuweilen ein wenig zu durchschaubar für meinen Geschmack (Mittelteil).

Im ersten Teil spannend düster: finde ich gut. Man weiß als Leser noch nicht so recht was genau los ist, aber der Stil des Textes nimmt einen gekonnt mit. Macht mir Spaß.

Der Mittelteil hingegen ein wenig zu viel "Wo bist du nur". Vielleicht liegts daran, dass ich oft von notorischen Beziehungsbeendern umgeben bin, aber ich kanns kaum noch hören. Was los ist kann man sich denken und ich finde es von daher ein wenig oft eingebettet. Aber das ist ja eh nur subjektives Empfinden.

Das Ende dann finde ich wieder sehr gelungen. Diese Mischung aus Frustbetrinken, Drogenrausch und der guten alten völligen Orientierungslosigkeit und Umweltsbewusstseinslosigkeit.

Die Stille kennt man. Gut beschrieben, finde ich.

 

hoi daniel!

Danke für's lesen und commenten. Freut mich, dass es dir gefallen hat.
Wegen der Durchschaubarkeit, naja, hatte nichts zu verbergen ;)

Diese Mischung aus Frustbetrinken, Drogenrausch und der guten alten völligen Orientierungslosigkeit und Umweltsbewusstseinslosigkeit.

Bis auf den Drogenrausch lass ich alles gelten :)

Schönen Abend noch,
one

 

Hallo Jynx!

EIn Dankeschön fürs lesen und ich bin äußerst erfreut, dass es dir gefallen hat. Hätte weniger damit gerechnet...
Deine Anmerkungen hab ich ausgebessert.

Habe die Geschichte gern gelesen

Das hört man gerne.
Danke

Gruß
one

 

Hi one,

eine wirklich bedrückende Geschichte, die die Trauer des Prots schön rüberbringt. Man spürt den Schmerz, den er durch den Verlust eines geliebten Menschen empfindet.
Schade, dass er keinen anderen Ausweg sieht

Fazit: Eine absolut gelungene Story, die nicht zuletzt durch ihre sprachliche Ausgefallenheit besticht. Habe sie mehrmals gelesen und immer wieder neues entdeckt.
Für mich dein bislang bestes Werk.

Gruß! Salem

 

Ahoi Salem!

Danke für deinen Comment!

Schade, dass er keinen anderen Ausweg sieht
In der Ursprungsversion endet das Ganze ein bisschen anders, wobei man aber immer nach dem Leser ausgeht, es bleibt ihm offen, zu denken, ob der Prot tot ist oder nicht.

Für mich dein bislang bestes Werk.
Tut gut zu hören, dass man sich nicht am Stand bewegt, aber ich frag' mich, ob ich sowas nochmal hinkrieg. Mal sehen.

Gruß!
one

 

hi one!

oh gott, ich gebe zu, es dauerte ewig. hier meine offizielle Entschuldigung dich solange warten zu lassen.

Aber vorne ist hinten, rechts ist links, verkehrt scheint so korrekt und das Richtige ist mehr als nur falsch.
sehr schöner satz!

ich muss sagen, dass mir die geschichte gefallen hat. sogar ziemlich gut gefallen hat. du schaffst es mit dem einsetzen dieser abgehackten sätze die stimmung perfekt rüber zu bringen, die stille, die auch gleichzeitig einsamkeit ist. (was gehört bitte mehr zueinander? oder folgt dem einen?)

auch das ende ist sehr schön:

Schmerzen.
Schwarze Wellen, die gegen rote Felsen branden.
Ich höre Blut in meinen Ohren rauschen.
Alles andere ist ohrenbetäubende Stille.

eine wirklich gelungene Geschichte!

liebe grüße
Tama

 

Hallöchen Tama!

Freut mich, dass du die Geschichte gelesen hast und dass sie dir gefallen hat.

die stille, die auch gleichzeitig einsamkeit ist. (was gehört bitte mehr zueinander? oder folgt dem einen?)
Wie wahr, wie wahr :crying:

Danke für deinen Kommentar.

Liebe Grüße!
One

 

Ein Gedicht ohne Reime. Intensiv und ungewöhnlich. Und natürlich seltsam ...

 

Hey Labude!

Na was soll ich darauf sagen, außer: ja!

Und danke fürs lesen und deinen Comment

Gruß!
One

 

Hi one,

eine wirklich traurige Geschichte.
Gefallen haben mir deine kurzen Sätze, die nicht nur das Leid/Schmerz deines Prots zeigen, sondern auch das langsame Schwinden seines Lebens.

Auch wenn du das Ende offen gelassen hast, so ist es für mich klar, dass er sich die Pulsadern, oder sonst etwas aufgeschnitten hat.(Scherben, Blut) er blutet aus dem Mund? Er wird sich doch wohl nicht ...? :sealed:
Vielleicht wird er noch gerettet, aber ich glaube nicht.

Ein Drama, dass es soweit kommen muß. Wenn diese Menschen doch mehr an das Leben glauben könnten. :(
Hat mir gefallen deine Geschichte.

Und jetzt schau ich mal, was Humor so zu bieten hat. :shy:

lieben Gruß, coleratio

 

Hallo coleratio!

Vielen Dank fürs lesen und kommentieren.

Es freut mich zu hören, dass es dir gefallen hat. Tatsächlich wäre das Ende ursprünglich anders gewesen, aber so ist es besser.
Ob er gerettet wird? Gute Frage.

Ein Drama, dass es soweit kommen muß. Wenn diese Menschen doch mehr an das Leben glauben könnten.
"Das Leben ist ein komischer Zustand", wenn ich hier mal Cerberus zitieren darf. Wenn Glaube und Hoffnung weg sind, was ist dann noch da, das bleibt?
Und jetzt schau ich mal, was Humor so zu bieten hat.
Gute Idee :D

Liebe Grüße,
One

 

hey noel!

Du machst auch alles gleich so populär ;)

Die Geschichte gefiel mir nicht so gut. Das liegt aber sicher daran, dass ich lieber Geschichten mit einem echten Erzählstrang habe.
Ach erkennst du den roten Faden nicht? :D
Im ernst: schade, aber kann man nichts machen.

das ist wirklich seltsam, hehe.
Deshalb steht's ja auch in dieser Rubrik ;)

Danke dir trotzdem für's lesen und deinen Kommentar!

Grüße,
One

 

Hallo one weak,

leider gefällt mir deine Geschichte nicht: Der Anfang mit der Stille ist noch ganz vielversprechend, doch z.B.

„Dein Lachen hatte das Haus erfüllt, die Wände zum Erzittern gebracht und meine Lippen zum Beben verdammt.“

wirkt doch übertrieben - „zum beben verdammt“?

„Ich kann dich nicht finden. Bist du noch da?
Leben wir noch? Sind wir noch hier?“

Diese Fragen mögen rhetorischer Art sein, doch jemand, der eben noch genau analysierend wusste „dass die Schatten auch mich vernichten werden, so wie sie es einstweilen bei meinen Problemen tun.“ muss sie wohl kaum stellen.

Das Vermissen einer Sie (man sucht „Wärme“), führt normalerweise nicht zu dem beschriebenen Zustand, ohne einen Blick hinter die Kulissen wirkt die Situation unbefriedigend. (Gut, man kann - gerade bei einer Kurzgeschichte - sagen, es ist halt so, aber - wo ist der Spannungsbogen, die Aussage?).

Natürlich wirkt so eine Beobachtung seltsam: „Ein Pandabär spielt Billard mit einem Fuchs.“ Doch das macht die Beschreibung einer psychischen Anspannung nicht zu einem seltsamen Text, auch nicht der Hintergründe offenen lassende Inhalt.

Änderungsvorschlag:

„Das Haus ist still. Es wird förmlich von Stille durchflutet; eine Stille, die sich in die Gehörgänge brennt, unausweichlich in sie hineinätzt und einen taub macht.“

- und mich taub macht.

Sorry, wenn ich da jetzt Essig in den süßen Wein meiner Vorgänger gekippt habe, andere Werke von dir gefallen mir ja durchaus .

L G,

tschüß... Woltochinon

 

Hey Woltochinon!

Schade, dass es dir nicht gefallen hat. Ich danke dir trotzdem fürs lesen und vor allem für deine ehrliche Kritik.
Du hast natürlich recht, dass nur wegen dem Pandabären es nicht gerechtfertigt wäre, in Seltsam zu posten, das war oben ehe als Scherz gemeint.
Ich hahb gefunden, dass es noch am ehesten hier rein gepasst hat.
Und du hast auch recht, dass es ohne die nötigen Hintergründe nciht einfach ist - aber mit ihnen wäre es ja auch nciht mehr dasselbe.

Grüße,
One

 

Hallo one weak,

"Und du hast auch recht, dass es ohne die nötigen Hintergründe nciht einfach ist - aber mit ihnen wäre es ja auch nciht mehr dasselbe."

Yep - wahr gesprochen. Deshalb ist es ja auch so schwierig, inhaltliche Änderungsvorschläge zu geben.

Gruß,

tschüß... Woltochinon

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom