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Tag für Tag

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22.10.2007
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Tag für Tag

Tag für Tag saß er da, auf der Treppe vor der Stadtbücherei. Auf einer grauen, abgewetzten Decke, schmuddelige Hose, schmuddeliges Hemd, schmuddelige Haare, die ihm strähnig ins Gesicht hingen. Neben ihm sein schmuddeliger Hund, um den die meisten Leute einen großen Bogen machten. In der Hand eine Blockflöte, auf der er ab und zu ein paar unsaubere Töne spielte. Vor ihm ein schon etwas zerfledderter Pappbecher. Und daneben: Ein Schild auf dem in zittrigen, kindlichen Buchstaben „Danke.“ gemalt war. Er saß einfach da, Tag für Tag, und sah dem Treiben auf dem Platz zu. Vielleicht dachte er sich ja auch eine neue Melodie für seine Flöte aus oder schlief mit offenen Augen, genau konnte das schließlich keiner wissen. Jedenfalls saß er dort, auf seiner schmuddeligen Decke auf der Treppe vor der Bücherei, Tag für Tag, und die meisten Menschen hatten sich bereits an seinen Anblick gewöhnt. Nur noch selten geschah es, dass jemand ihm ein Geldstück in seinen zerfledderten Pappbecher tat und auch die etwas mutigeren Kinder hatten es mittlerweile aufgegeben, zu versuchen, seinen Hund zu ärgern. Es machte ihnen einfach keinen Spaß mehr, viel interessanter war es doch, dem Mann, der vor H&M Schuhe putzte, die Schuhcreme wegzunehmen, der regte sich wenigstens auf. Nein, der Mann von der Treppe war eben genauso einfach da, wie die rostigen, kaputten Bänke auf der anderen Seite des Platzes. Sie waren hinüber, sahen nicht schön aus, aber waren eben einfach da. Sie gehörten zu dem Platz vor der Stadtbücherei, der schmuddelige Mann und die rostigen Bänke.
Doch eines Tages waren diese Bänke einfach weg. Einfach weg, an ihrer Stelle knallorange Plastikbänke, sauber und steril. Unfassbar. Und auf einmal hatte man das Gefühl, etwas auf diesem Platz war falsch, nicht richtig, irgendwie verkehrt. Natürlich dauerte es nicht lange, bis man auf den Mann auf der Treppe kam, mit seiner schmuddeligen Decke und dem Hund. So wie sie vorher unentdeckt auf ihrem Platz saßen, schienen sie nun heraus zustechen und waren der Blickfang aller. Und natürlich dauerte es auch nicht lange, bis der Mann und sein schmuddeliger Hund beseitigt worden waren. Wegradiert. Und an ihrer Stelle stand nun ein Mülleimer. Knallorange und steril.

 

Hallo Mirinda!

Ich sehe das ist dein erster Beitrag hier also erstmal herzlich willkommen auf kg.de!
Deine Geschichte hat mir sehr gefallen, sie kommt still daher und hat mich berührt. Dein Schreibstil gefällt mir auch, der Text liest sich flüssig.
Nur eins hat mich ein wenig gestört:

Jedenfalls saß er dort, auf seiner schmuddeligen Decke auf der Treppe vor der Bücherei, Tag für Tag, und die meisten Menschen hatten sich bereits an seinen Anblick gewöhnt. Nur noch selten geschah es, dass jemand ihm ein Geldstück in seinen zerfledderten Pappbecher tat [...] Natürlich dauerte es nicht lange, bis man auf den Mann auf der Treppe kam, mit seiner schmuddeligen Decke und dem Hund. So wie sie vorher unentdeckt auf ihrem Platz saßen, schienen sie nun heraus zustechen und waren der Blickfang aller. Und natürlich dauerte es auch nicht lange, bis der Mann und sein schmuddeliger Hund beseitigt worden waren.
Die Wortwiederholungen. Ich weiß du hast das bewusst eingesetzt und am Anfang
Auf einer grauen, abgewetzten Decke, schmuddelige Hose, schmuddeliges Hemd, schmuddelige Haare, die ihm strähnig ins Gesicht hingen. Neben ihm sein schmuddeliger Hund, um den die meisten Leute einen großen Bogen machten. In der Hand eine Blockflöte, auf der er ab und zu ein paar unsaubere Töne spielte. Vor ihm ein schon etwas zerfledderter Pappbecher.
da passt das ganz gut als Stilmittel. Aber wenn es dann vereinzelt im Text nochmal auftaucht, stockt man einfach und denkt: Das hab ich doch vorhin schon gelesen. Das passt also nicht als vereinzelte Einstreuung und stört den Lesefluss.

Ansonsten fand ich deine Geschichte klasse, weiter so.
Liebe Grüße,
Apfelstrudel

 

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