Mich würden ja talentierte männliche Schriftstellerinnen viel mehr interessieren... 
In der Hoffnung, dies wird dem Titel des threads trotzdem gerecht, grins:
Leonora Carrington:
Von ihr ist einfach alles gut, besonders die Kurzgeschichten in Die ovale Dame und Das Haus der Angst. Sie schrieb nicht nur toll, sondern war auch eine ausgesprochen talentierte surrealistische Malerin. Carrington war die Lebensgefährtin von Max Ernst – als ihr fälschlich berichtet wurde, daß er von den Faschisten verhaftet und ermordet worden sei, erlitt sie einen schweren Nervenzusammenbruch. Ihre Erlebnisse in der Psychiatrie hat sie in Unten geschildert, weitaus intensiver und besser als Plath’s Glasglocke.
Als Roman noch heiß zu empfehlen: Das Hörrohr.
Das Buch liegt ein paar hundert Kilometer weiter südlich auf meinem Speicher, daher kann ich nicht zitieren, aber als schnellen Eindruck eine Kurzfassung der „Debütantin“ aus der ovalen Dame: Ein junges Mädchen hat keine Vertraute, die sie zum verhaßten Debütantinnenball einladen könnte. Sie freundet sich mit einer Hyäne an, und lädt diese anstelle einer menschlichen Freundin in die Villa ihrer Eltern ein. Die Hyäne soll sich natürlich verkleiden – dafür wird das Dienstmädchen hereingerufen, der die Hyäne das Gesicht abreißt und sich selbst überzieht, dazu kommen ein Abendkleid und Satinhandschuhe übers Fell. Der Ball verläuft ruhig, und niemand merkt etwas, bis die Hyäne die gestelzte, steife Atmosphäre nicht mehr erträgt, ausruft „Hier riecht es etwas streng!“, sich die Haut des Dienstmädchens vom Gesicht reißt und auffrißt.
Klingt es nach Horror? Ist es nicht, es sind einfach hübsche kleine surreale Geschichten mit schwarzem Humor.
Ähnlich phantastisch, aber konventionell-romantischer, ohne Carringtons Witz und Schärfe:
Leonor Fini, ebenfalls eine surrealistische Malerin.
Die folgenden Bücher habe ich nur auf Englisch gelesen, kann also nicht sagen, inwieweit sie nach Übersetzung noch taugen:
Patricia Duncker: The Deadly Space Between (Der tödliche Zwischenraum). Eine sehr intensive, aber leise Interpretation des Frankenstein-Motivs – SEHR dezent. Hauptgeschichte ist die eigentümliche Freundschaft eines Teenagers zum Geliebten seiner selbst noch sehr jungen Mutter.
Auch eine hübsche kleine Obsession, fast eine Novelle: Hallucinating Foucault (Die Germanistin)
Alles andere von Duncker finde ich oberschnarchig und sprachlich schwach.
Ach ja, die Autorin von Frankenstein, Mary Shelley, war natürlich auch nicht ohne.
Kirsty Gunn: The Keepsake (Eine Geschichte mit blassen Augen). Schlimm schlimm schlimm... ein wunderbar geschriebenes Buch mit teils schwer erträglichen Szenen um emotionale Abhängigkeiten.
Helen Walsh: Brass (Millie)
Die mehr als eindeutige Antwort auf die Frage, ob Frauen harten, realistischen Sex bzw. postpubertäre Problematiken um dieses und andere Themen schildern können. Ein tolles Buch, ohne Selbstmitleid, durchdacht und temporeich. Angenehm, daß sowas mal aus GB und nicht aus den USA kommt.
Siri Hustvedts Romane sind alle zu empfehlen, leises Drama, intensive Beobachtungen, fast schon moderne American Gothic.
Kiana Davenport: Shark Dialogues (Haifischfrauen). Drei Generationen starker, hawai’ianischer Frauen, mit etwas Mythologie, etwas Romantik, viel Drama und einigen fast surrealistischen Szenen.
Kathy Acker: Blood and Guts in High School (Harte Mädchen weinen nicht, war vor 20 Jahren in Dt auf dem Index: Ironie versteht halt nicht jeder), besser noch: Empire of the Senseless (Im Reich ohne Sinne). Punk in Literaturform. Acker war aber auch anerkannte Literaturtheoretikerin und Kulturkritikerin.
Lydia Lunch: Paradoxia: A Predator's Diary. (Paradoxie. Tagebuch eines Raubtiers)
Autobiographisch angehauchte Stories um Selbstzerstörung und Sadomasochismus – das Raubtier des Titels ist die Ich-Erzählerin selbst. Lunch ist eigentlich Punkmusikerin und feministische spoken word performer im Kreis um Henry Rollins und Filmemacher/Photograph Richard Kern. Alles nicht so klischeehaft, wie es hier klingen mag.
Die Mutter des Magischen Realismus, Angela Carter, ist inzwischen leicht angestaubt, aber immer noch gut für phantasievolle Unterhaltung.
Wer es intellektueller mag: Djuna Barnes. Antiphon ist wohl eine ähnliche Herausforderung wie Joyces Ulysses. Ihre Klassiker: Nachtgewächs und Ladies' Almanach.
Kann jemand hier Finnisch? Das gibt es leider nicht übersetzt:
Ein sprachlich wie inhaltlich herausragendes Buch, das eigentlich als Lyrik geschrieben ist, sich aber ebenso als Roman lesen läßt:
Outi Mäenpää: Naarassika ("Das Frauenschwein")
Mäenpää ist international bekannte (Film-)Schauspielerin und Stückeschreiberin, verarbeitet hier ihre Scheidung – wer da an Frauenzeitschriften denkt, ist auf dem falschen Dampfer. Ein ironisches, unsentimentales Buch, das einen trotzdem mitfühlen läßt.
Zwar kein Roman: Das mE mit Abstand beste theoretische Buch über Horrorfilme, obendrein witzig, und sprachlich ein Genuß: Carol J. Clover: Men, Women and Chainsaws.
Viel Spaß!
Heippa hei,
Katla